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biografisches schreiben und männer

immer wieder wird diskutiert, wie groß denn nun die geschlechterdifferenzen seien. ein paar biologische und medizinische phänomene lassen sich festmachen, aber auch hier ist vieles nicht so eindeutig, wie lang angenommen wurden. und doch wird jedem jungen mann nahegelegt (auch heute zu großen teilen noch), die männliche rolle einzunehmen. dekonstruktionisten versuchten lang, diese vorgaben zu relativieren. doch so lang die verteilung von arbeitsplätzen und die beteilung am profit eher männern zugesprochen wird, wird sich am rollenverständnis nichts ändern.

was bedeutet es nun in der lebensgeschichte „mann zu sein“ oder eben „nicht mann zu sein“? die meisten männer im deutschsprachigen raum haben in ihrem leben einen abschnitt, der entweder wehrdienst, zivildienst oder in-den-krieg-ziehen heisst. dieser lebensabschnitt folgt kurz nach der schule oder schon zu schulzeiten (beim krieg). und er hinterlässt bei jedem seine wirkung. wie sah die aus? wie sahen die erlebnisse aus? änderte sich etwas dadurch im eigenen leben?

es lohnt sich, beim biografischen schreiben einen blick darauf zu werfen, wie weit man mit der rolle als mann konfrontiert wurde. hat sie einem immer gefallen oder gibt es momente, wo einen die rituale der männlichkeit nerven? aus der sicht von frauen kann in der biografie betrachtet werden, inwieweit sie einen umgang mit der männerrolle gefunden haben. wo begegnete einem ein ausdruck von männlichkeit und was hat man davon gehalten? in die biografie vieler frauen fällt sicher auch die etablierung des feminismus. welchen effekt hatte dieser auf das eigene leben?

und dann gibt es noch spezielle aspekte beim thema „männer“ im biografischen schreiben. war man zum beispiel teil eines männerbundes? wie erlebte man diese zeit und welche bedeutung hatte er? oder distanzierte man sich irgendwann von der männerrolle (zum beispiel als transgender – aber dies ist sicherlich die modernere variante) und welche reaktionen kamen vom näheren umfeld. es gab zeiten, da war schon das leisten des zivildienstes in den augen anderer die abkehr von der männlichkeit.

das mündet in der frage, wie man andere männer erlebt hat. an erster stelle natürlich den vater. welche rolle nahm der mann vater gegenüber tochter oder sohn ein? welche rolle nahm der vater als mann in der familie ein. wurde ihm von der mutter Weiterlesen

wortklauberei (107)

„a wie angriff“
„a wie a-klasse“

endlich spricht es eine werbung einmal aus: es herrscht krieg auf den strassen. und daimler liefert den neuen panzer dafür. in dem martialischen spot bezieht sich der autohersteller zwar auf den fussball, der wohl auch nur die funktion besitzt ein ventil für all die angestaute angst und wut einer gesellschaft darzustellen. selten hat es ein werbespot so auf den punkt gebracht, wofür heutzutage die großen karossen gekauft werden oder fussball gespielt wird. ach ja, daimler ist übrigens auch ein recht ergiebiger rüstungskonzern.

wie war das noch einmal mit dem „stahlhelm“, der nur ein versprecher war (aber was für einer?). die relativierung folgt auch schon auf dem fuße: die briten würden sich noch viel stärker vor großen fussballspielen einer kriegerischen sprache bedienen. na dann, ist ja alles in ordnung. der mediale großangriff ist trotzdem nur noch eine verlogene farce. gebetsmühlenartig ist vor der em betont worden, es sei ja ein sportlicher wettkampf, der nicht zur hauptaufgabe habe, sich mit gesellschaftlichen verhältnissen in den gastgeberländern oder überhaupt auseinanderzusetzen.

ein blick in die teilnehmerländer würde viel mehr offenbaren. der tagesspiegel aus berlin hielt es abermals für notwendig zu betonen, dass beim autokorso nach dem sieg der deutschen mannschaft ein großer teil der teilnehmer einen migrationshintergrund (und wahrscheinlich einen deutschen pass) hattena. zudem hätten einige teilnehmer feuerwerkskörper mit auf die fanmeile genommen und dort auch abgefeuert. wie in allen wohngebieten schon beim ersten spiel silvesterstimmung herrschte, nur dass mancher knall nicht mehr nach feuerwerk sondern nach waffe klang. aber auch hier folgt die relativierung sofort: es lag am alkoholeinfluss.

alles nur ein unterhaltsames spiel, bei dem aus jeder pore aggression schwallt. a wie angriff. g-e wie germany. da wirkt der anschließende spot der uefa für die gegenseitige nationale toleranz wie eine veraltete benetton-werbung. wäre man doch endlich einmal ehrlich: es geht um das große geschäft von großen konzernen, von fanmeilen-betreibern oder von handelszonen. und es geht darum, emotionen zu kanalisieren. denn zeitgleich werden wieder 120 milliarden beigesteuert, um banken zu retten. hier will niemand den slogan „a wie angriff“ hören. ist ja auch kein spiel.

schreibidee (340)

ich könnte geschichten erzählen über den gefrierpunkt des wassers in wasserleitungen, die schlecht isoliert und und beinahe unauffindbar verlaufend, irgendwann nicht mehr das flüssige nass transportieren und jegliche zufuhr verweigern. die konsequenzen zeigen einem, wie wichtig wasser in unserem alltag ist und wie unerbittlich die momentanen niedrigen temperaturen sind. darum eine schreibanregung für „wasser-geschichten“.

zu beginn erhalten alle teilnehmerInnen ein glas wasser und verfassen eine kurze geschichte zu der einstellung, ob man ein glas wasser für halb voll oder halb leer halte. dies kann eine biografische betrachtung oder ein kreativer text sein. die texte werden ohne anschließende feedbackrunde vorgetragen.

anschließend werden die bedeutungen des wassers für den menschen am flipchart gesammelt. das beginnt beim wassergehalt des menschlichen körpers über das grundbedürfnis des trinkens bis zum waschen und vielem mehr. die schreibgruppenteilnehmerInnen wählen sich einen aspekt aus der erstellten liste aus, erstellen ein cluster und schreiben eine geschichte. die geschichten werden anschließen in der gruppe vorgetragen und es findet eine kurze feedbackrunde statt.

da wasser, wie sich mit großer wahrscheinlichkeit bei der vorhergehenden schreibübung herausgestellt hat, existentiell ist, soll in der nächsten schreibanregung ein blick auf die probleme mit wasser geworfen werden. die einen haben zu viel wasser, die anderen zu wenig, wiederum anderen nur verschmutztes wasser und irgendwie ist aus der flüssigkeit ein handelsgut und ein kriegsgrund geworden. diese situationen werden sich mit großer wahrscheinlichkeit noch verschärfen. darum soll zum „problem“ wasser eine längere geschichte geschrieben werden. die texte werden in der gruppe vorgetragen und anschließend findet eine feedbackrunde statt, bei der betrachtet wird, wie überzeugend die wasser-probleme einfließen.

zum abschluss des treffen werden zu der aussage „stille wasser sind tief“ von allen teilnehmerInnen haikus verfasst, die anschließend vorgetragen werden. gemeinsam kann dann noch mit einem schluck wasser angestossen werden.

nabelschau (57)

40 millionen versus 2,1 milliarden. ein tag, zwei zahlen. der bundesumweltminister will zur bekämpfung des klimawandels für die weltgemeinschaft 40 millionen euro zur verfügung stellen. hübsch, aber zu wenig. deutsche firmen haben im letzten jahr waffen für 2,1 milliarden vertickt. gruselig und teilweise fragwürdig. beides zeigt, dass die eigentlichen schwierigkeiten auf der welt immer noch nicht verstanden werden oder verstanden werden wollen.

keiner macht die rechnung auf, wie viele menschen im letzten jahr durch naturkatastrophen umgekommen sind und wie viele durch kriege. es mag sein, dass der krieg zahlenmäßig immer noch vorn liegt, ich weiß es nicht. aber es ist damit zu rechnen, dass der klimawandel schnell aufholt. beinahe alle meteorologen und wissenschaftler sind sich einig, dass extreme wetterlagen zunehmen. doch irgendwie geht das in die gesamtrechnung immer noch nicht ein. man kann sich ja gegen manches unglück versichern.

doch ist das haus mal weggespült, sind die kinder verhungert oder hat ein wirbelsturm alles mitgenommen, dann kann man das nicht rückgängig machen und dann zahlt das keiner. man kann nur hoffen, dass regierungen und die weltgemeinschaft einspringen, um überhaupt wieder eine existenz gründen zu können. und die gestorbenen macht es nicht wieder lebendig. 40 millionen scheinen in diesem moment als schlechter witz. setzt man diese summe in beziehung zu den kosten in afghanistan, verstärkt sich die schieflage.

schaut man sich dann noch an, wie europa auf der un-konferenz zum thema migration argumentiert und wie es sich verhält an seinen grenzen, dann scheint alles noch absurder. und es scheint kein umdenken in aussicht. wenn ich in einem land leben würde, in dem regelmäßig der monsun mein haus wegspült, dann würde ich auch versuchen mich vom acker zu mache und dorthin zu gehen, wo dies nicht passiert. und was glauben sie, wie wird die zukunft der menschheit auf der welt aussehen. kriege scheinen in diesen momenten beinahe wie ein zuckerschlecken. aber naturgewalten scheinen so weit weg und schicksalshaft. ich empfehle: schnell umdenken!

selbstbefragung (68) – krieg

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um den „krieg„.

  • haben sie in ihrem leben schon einmal einen krieg miterlebt? beschreiben sie. wenn nicht, kennen sie erinnerungen älterer generationen?
  • warum begeben sich menschen ihrer ansicht nach mit menschen in den kampf?
  • was würden sie tun, damit es keine kriege mehr auf der welt gibt?
  • erinnern sie sich an einen konflikt in ihrem leben, der sich beständig hochschaukelte? was war da los?
  • wie rechtfertigen sie, dass deutschland einer der größten waffenproduzenten der welt ist?
  • wem aus ihrem umfeld würden sie den friedensnobelpreis verleihen? warum?
  • wie funktioniert es ihrer ansicht nach, dass menschen absoluten gehorsam leisten?
  • wie diplomatisch sind sie? begründen sie.
  • würden sie in eine armee eintreten? warum?
  • wann würden sie in unserer gesellschaft widerstand leisten? begründen sie.

biografisches schreiben und dunkelheit

erinnern sie sich an ihre ersten albträume als kind? irgendwann steht jedes kind einmal nachts auf und ruft nach seinen eltern oder kriecht zu ihnen ins bett, da es von bösen wesen oder unangenehmen dingen geträumt hat. ab diesem moment wird einem die wirkung der dunkelheit, der nacht, ein wenig bewusst.

dann entwickeln sich die menschen im laufe ihrer entwicklungen auseinander. die einen werden „lerchen“, menschen, die gern früh aufstehen und viel tageslicht mitnehmen, die anderen, „eulen“, sind die, die nachts am besten arbeiten können, die die nacht zum tag machen. sie haben sich mit der dunkelheit arrangiert und bevorzugen eventuell die stille die nachts einkehrt.

manche menschen schlafen bei vollmond schlecht, wenn er in der nacht aufgeht. sie können sich nicht erklären, wie die natur solche auswirkungen auf ihre befindlichkeit haben kann. in unserer „erleuchteten“ kultur und gesellschaft stellt dunkelheit eher etwas bedrohliches dar, da passt die schlecht geschlafene vollmondnacht gut dazu. aber haben nicht viele von uns auch ihren meisten sex in der dunkelheit, also jedenfalls ist es draußen dunkel, das schlafzimmer mag ja beleuchtet sein.

es lohnt sich, beim betrachten der eigenen lebensgeschichte einmal einen blick auf die nächte und in die dunkelheit zu werfen. wie hat man denn seine nächte verbracht. wer im krieg die wohnungen abdunkeln musste und die nächte in luftschutzkellern verbringen musste, der wird mit der dunkelheit eventuell dramatisches und bedrohliches verbinden. wer immer nachts gearbeitet hat, wird sich im laufe der zeit an diesen rhythmus gewöhnt haben und die anderen menschen mit ganz eigenen augen sehen.

aber man kann beim thema „dunkelheit“ im zusammenhangen mit dem biografischen schreiben noch einen schritt weiter gehen: was war das dunkelste kapitel in der eigenen lebensgeschichte? jeder mensch hat ein dunkles kapitel, das ihn über jahre begleitet. das müssen nicht immer hochdramatische oder grausame situationen sein. es genügt, dass es situationen sind, die einen nicht los lassen, Weiterlesen

„warum?“ von nikolai popov – ein buchtipp

dieses buch enthält weder text noch erklärung, es ist ein bilderbuch. ein bilderbuch eher für erwachsene, das in schön gemalten ganzseitigen bildern versucht, die ursache für kriege zu finden. womit ich beim bezug zu den letzten posts bin. es liegt vielleicht nur im unterschied. ein kurzer abriss:

ein frosch sitzt mit einer blume auf eine ast. der frosch erfreut sich an der blume. eine maus kommt hinzu und möchte auch diese blume, obwohl drumherum lauter blumen der gleichen art wachsen. aber die maus hätte gern ausgerechnet diese blume, wahrscheinlich, da sie den frosch so erfreut. und weil es eben ein frosch ist, den die blume erfreut, also jemand anderes, keine maus. so kommt es zum kampf um die blume. und in der folge geht es gar nicht mehr um die blume, sondern um die gruppe, also frosch und maus holen sich unterstützung von anderen fröschen und mäusen. der schluss ist recht einfach, die blumenwiese ist verwüstet, die kontrahenten sind verletzt, der krieg ist irgendwann vorüber. und es bleibt die frage des titels: „warum?„.

nikolai popov hat ein schlichtes aber eindrückliches bilderbuch geschaffen. es könnte ohne probleme eine wunderbare schreibanregung für das thema unterschiede und konflikte in schreibgruppen sein, na ja und es könnte den blick für neid schärfen. das buch ist im neugebauer verlag 1995 in zürich, hamburg, salzburg erschienen und nur noch antiquarisch erhältlich. ISBN 3-85198-539-0

selbstbefragung (46) – frieden

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „frieden„.

  • sind sie ein friedlicher mensch? begründen sie.
  • was bedeutet heute frieden für sie?
  • was tun sie für den weltfrieden? glauben sie, keinen einfluss darauf haben zu können? warum?
  • haben sie feinde? welche?
  • mit wem haben sie in letzter zeit ihren frieden geschlossen? berichten sie.
  • weshalb entstehen ihrer ansicht nach überhaupt kriege? was wäre nötig, damit es nicht so weit kommt?
  • haben sie waffen? warum?
  • wie machen sie mit sich selber frieden? berichten sie.
  • mit wem müssten sie eine streit beilegen? warum haben sie es bis jetzt nicht getan?
  • wer in ihrem umfeld ist der friedlichste mensch? warum?

schreibidee (126)

es gibt da etwas unter den menschen, das mit macht und uneinsichtigkeit zu tun hat. es ist schwer dagegen anzukommen, da das gegenüber beständig der meinung ist, es könnte sein gesicht verlieren. es beginnt mit einem streit und endet im krieg. dabei handelt es sich um eskalation. nur nicht nachgeben, nichts verändern, der status quo muss geschützt werden. darum dieses mal die schreibanregungen zu „eskalationsgeschichten„.

zu beginn wird zusammengetragen, wie die konsequenzen von eskalationen aussehen können. denn krieg ist nicht die einzige folge, schon im subjektiven alltag können konflikte, die sich hochschaukeln, zu nervenzusammenbrüchen, handgreiflichkeiten oder schlimmerem führen. darum sollten die ideen auf dem flipchart gesammelt werden und allen angeboten werden.

nun ist es an den teilnehmerInnen, sich eine form der eskalation auszuwählen und am unteren ende eines blattes zu notieren. danach soll eine eskalationskette erstellt werden. dazu kann entweder von unten nach oben in stichworten notiert werden, wie sich schrittweise alles hochschaukelt oder man macht sich als erstes gedanken, wie der auslöser der eskalation aussah und notiert in der folge die kette bis zur eigentlichen katastrophe.

im anschluss ist eine geschichte zu notieren, die die eskalation schildert. dies kann in form eines dialogs geschehen, in einer geschichte oder auch als protokoll, wie es zum beispiel bei einsätzen diverser organisationen verfasst wird. die geschichten werden sich anschließend in der schreibgruppe gegenseitig vorgelesen und beim feedback berücksichtigt, wie schlüssig die ereignisse klingen. dies dürfte nicht so schwer sein, da eskalationen nicht unbedingt logischen mustern folgen.

um einen friedlichen abschluss für die schreibgruppe zu finden, wäre nun die geschichte ab einem bestimmten punkt umzuschreiben. den wählen alle teilnehmerInnen für sich aus, wenn sie ihre eigene eskalationsgeschichte betrachten. dabei wird an dieser stelle die eskalation durch eine handlung, ein ereignis oder einen zufalle durchbrochen und das ereignis geht glimpflich aus. diese geschichten werden zum schluss vorgetragen.

biografisches schreiben und kriegserfahrungen

man muss nicht soldat oder soldatin auf dieser welt sein, um einen krieg hautnah mitzuerleben. es gibt weiterhin viel zu viele kriege. immer wieder versagt die diplomatie und menschen meinen, die einzige lösung könne es sein, andere menschen zu töten. wer solche situationen miterlebt, wer den schrecken und die angst spüren muss, wird diese situation nie vergessen.

wie die generationen, die den zweiten weltkrieg miterlebt haben, zeigen, kann man ein traumatisierendes erlebnis aber oft erst einmal gut verdrängen, so dass man sich nicht weiter mit dem erlebten auseinandersetzen muss. da ist nichts verwerfliches dran, da der menschliche körper die verdrängung auch als selbstschutz bei traumatisierungen eingebaut hat. der alltag kann aufrecht erhalten werden, das funktionieren wird gesichert.

aber es hat sich herausgestellt, dass die generationen so lang verdrängen konnten, so lang sie gefordert waren und nicht zur ruhe kamen. das schwierige am gedächtnis ist aber, dass die traumatisierungen gern dann erinnert werden, wenn man einmal zur ruhe kommt. als die kriegsgenerationen in rente gingen, stellte sich für viele plötzlich die frage, weshalb es ihnen so schlecht ging. sie fanden keine worte für ihre empfindungen. etliche projekte boten und bieten heute noch daraufhin das biografische schreiben als möglichkeit an, sich selbst seiner zu vergewissern und seine lebensgeschichte aufzuarbeiten. dabei stellte sich heraus, dass erlebnisse, die jahrzehnte lang vergessen schienen wieder die oberfläche erreichten und einen ausdruck suchten. die traumatisierung war nicht vergessen.

man kann sich die frage stellen, ob die aufarbeitung der vergangenheit sein muss, Weiterlesen

schreiben über den krieg – ein filmtipp

auf der welt werden immer noch zu viele kriege geführt. oft wird dabei versucht, die kriege nach außen als humaner erscheinen zu lassen. das ist und bleibt ein trugschluss, denn im endeffekt geht es immer darum, andere menschen zu töten. wer in den nachrichten oder in dokumentationen die berichte über kriege sieht, wird feststellen, dass vor allen dingen junge menschen weiterhin in die kämpfe geschickt werden und im vorfeld davon ausgehen, dass sie einer guten sache dienen. kehren sie dann zurück, sind die meisten vom erlebten traumatisiert und wissen nicht, wie sie das erlebte verarbeiten sollen.

in den usa gab es ein projekt, in dem soldatInnen über ihre kriegserfahrungen schreiben sollten. inzwischen versuchen militärs eine rundumversorgung für ihre soldaten, um die kriege leichter zu verkraften. es scheint absurd, an den traumatisierungen zu arbeiten aber nicht an der verhinderung von kriegen. richard e. robbins hat eine doku zum schreiben über den krieg gedreht, die für den oscar nominiert wurde. sie heisst „operation heimkehr“ und lief gestern auf arte. leider fiel mir zu spät auf, dass diese spezielle form des biografischen schreibens in einer doku gesendet wurde.

das schöne an arte ist aber, dass manches aus dem programm sieben tage lang im internet wiederholt wird. also ist es noch möglich, die nächsten sieben tage den film unter folgendem link: http://plus7.arte.tv/de/detailPage/1697660,CmC=2509154,scheduleId=2472116.html am computer anzuschauen. es scheint lohnenswert.

schade ist wieder, dass man zwar wild diskutiert, kriegscomputerspiele zu verbieten, es aber nicht schafft, solch eine dokumentation um 20.15 uhr in der ard oder dem zdf zum beispiel am samstagabend auszustrahlen. also am besten mit den eigenen kindern zusammen anschauen.

wortklauberei (20)

„kampfmittelbeseitigung“


bei der fernsehberichterstattung über die evakuierung eines teils der bevölkerung osnabrücks, um bomben entschärfen zu können, fiel immer wieder ein aufsteller ins blickfeld der kamera: „vorsicht kampfmittelbeseitigung!„. in diesem moment stellte ich mir die vielen menschen aus anderen ländern vor, die gerade deutsch lernen und deutschsprachige nachrichten über das internet ansehen. sie sehen das schild und fragen sich, was in osnabrück los ist. immerhin im „dictionary“ des computers finden sich unter „englisch – deutsch“ die kampfmittel.


doch die militärsprache hat im alltag noch nicht so richtig fuss gefasst. meinereiner dachte im ersten moment an schädlingsbekämpfung aber nicht unbedingt an bombenentschärfung, wäre nicht das zeichen für explosiv darunter abgebildet gewesen. man könnte sich auch das einsammeln von klappmessern unter dem begriff ausmalen. nur die evakuierung ganzer stadtbezirke passt nicht in dieses bild. oder vielleicht das einsammeln der restlichen feuerwerkskörper von silvester. vielleicht auch das einsammeln der weltweit gestreuten tretminen.


der begriff „bombenentschärfung“ hätte eine durchschlagendere bedeutung, würde er verwendet werden. macht er doch bewusster, was krieg eigentlich ist. „kampfmittel“ ist wie das gerade im radio wieder gehörte „minuswachstum“, das suggeriert, da wächst was, obwohl es abnimmt. So kann man unter „kampfmittel“ natürlich etwas kämpfendes verstehen, das aber nicht unbedingt „mörderisch“ ist. das sind bomben oder andere militärische waffen aber 😦

biografisches schreiben und traumata

in den letzten jahren, ja inzwischen schon jahrzehnten, bekamen das aufarbeiten der eigenen lebensgeschichte, das biografische schreiben eine große bedeutung. das hatte ursächlich mit der deutschen geschichte zu tun.

die generation derjenigen, die den krieg als kinder und jugendliche erlebt haben, wurden im laufe der jahre verrentet und kamen zur ruhe. waren sie doch sehr daran beteiligt, den wiederaufbau zu bewerkstelligen und die wirtschaft auf vordermann zu bringen. es war für viele keine zeit da, darüber nachzudenken, was eigentlich im krieg geschehen war, was ihre eltern oder sie selbst im nationalsozialismus gemacht hatten, wofür sie sich eingesetzt hatten und vor allen dingen, was sie selber in dieser zeit erlebt hatten. und das war oft genug traumatisch.

das gemeine an traumata ist, sie machen sich gerne dann bemerkbar, wenn man zur ruhe kommt. also führte die verrentung bei der kriegskindergeneration zu zweierlei reaktionen. die einen, die nicht zu ruhe kommen und weiter arbeiten, agieren und organisieren. und die anderen, die feststellten, dass es ihnen nicht so gut geht, wenn sie zur ruhe kommen. doch da diese generation meist gelernt hat, nicht groß darüber nachzudenken, wenn es ihr nicht so gut geht, brauchte es mancher anstösse durch beraterInnen oder therapeutInnen, sich einmal mit seiner vergangenheit auseinanderzusetzen.

und hier bietet das biografische schreiben eine gute möglichkeit, sich mit der vergangenheit auseinanderzusetzen. hat schreiben doch häufig den effekt, dass während des schreibprozesses manche weiteren erinnerungen geweckt werden. das war für viele teilnehmerInnen quälend, doch um erlebtes wirklich zu verarbeiten, ist es manchmal notwendig, sich an alles zu erinnern und es ansatzweise in gedanken noch einmal zu durchleben. so bildeten sich gruppen, die gemeinsam in ihren erinnerungen nach erlebtem suchten. manche menschen arbeiteten lieber alleine zuhause ihre lebensgeschichte auf. allen gemeinsam ist, dass sie plötzlich eine erklärung dafür fanden, weshalb es ihnen so schlecht geht, obwohl sie nun zeit hätten, es sich gut gehen zu lassen. und es hat zur konsequenz, dass immer mehr schriftliche zeugnisse entstanden, aus der zeit im krieg, die anderen zur verfügung gestellt wurden, eine menge zeitzeugenberichte.

so wie der kriegskindergeneration kann auch anderen traumatisierten menschen das schreiben eine stütze sein.