schreiben kann spaß machen, kreativ sein kann gut tun, das gruppengefühl kann einen stärken. doch das muss nicht sein. biografisches und kreatives schreiben kann auch gedanken und gefühle hervorrufen, die man lieber nicht erleben wollte. das hat zwar langfristig mit großer wahrscheinlichkeit einen positiven effekt, kann aber kurzfristig zum gegenteil führen.
doch wie geht man nun damit um, wenn jemand in der schreibgruppe einen text geschrieben hat, bei dessen vortrag es dem teilnehmer, der teilnehmerin die stimme verschlägt, die tränen kommen und nicht weitergelesen werden kann. viele menschen fühlen sich durch diese reaktion unter druck gesetzt und reagieren recht hilflos, versuchen übertrieben zu trösten, was für die vortragenden nicht immer angenehm ist.
sinnvoll ist es sicherlich, zu empfehlen, doch erst einmal mit einem anleiter, einer anleiterin den raum zu verlassen, tief durchzuatmen und eine pause zu machen. vor der tür oder in einer ecke des schreibraums kann man nachfragen, ob hilfe benötigt wird. möchte man einfach für die restliche dauer der schreibgruppe aussetzen, will man weitermachen oder sind gedanken hochgekommen, die einem zeigen, dass man langfristig professionelle hilfe benötigt.
man kann noch so sehr betonen, dass die angebotene schreibgruppe keine therapeutische gruppe ist, es lässt sich nicht vorhersagen, was manche schreibaufgabe bei teilnehmerInnen auslösen kann. natürlich noch leichter beim biografischen schreiben, als beim kreativen schreiben. deshalb erscheint es mir sinnvoll, zum einen als schreibgruppenleiterIn ein unverkrampftes verhältnis zu tränen und anderen gefühlsausdrücken zu bekommen, zum anderen aber auch ein paar tipps parat zu haben, wie und wo man sich hilfe suchen kann.
den teilnehmerInnen ist es meist schon peinlich genug, dass sie nicht mehr herr und frau ihrer gefühle sind, da wäre es kontraproduktiv, diese vollständig zu ignorieren oder sie übermäßig zu thematisieren.
für die teilnehmerInnen scheint es mir wichtig, dass eine atmosphäre herrscht, die nicht ausschließt, dass so etwas passieren kann. dadurch handelt es sich noch nicht um eine therapeutische gruppe. aber kreative prozesse sind immer ein ausdruck eines selbst, da kann es vorkommen, dass sich eine lebenskrise zu wort meldet. doch dies ist meist eine gute chance, sich weiter zu entwickeln. dabei muss man nicht alles allein schaffen und sich auch nicht ständig zusammenreißen.
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