wie verantwortlich sind schriftstellerInnen für ihre texte, die sie verfassen und veröffentlichen? haben sie eine ethisch-moralische verantwortung gegenüber der gesellschaft oder ist alles beliebig? diese und andere fragen bewegten viele schreibenden nach den 68ern und sie versuchten antworten zu finden. dabei stellten sie, wie es in anderen berufen und ausbildungen zu dieser zeit auch geschah, ihr eigenes tun sehr in frage.
das reclam-heft „absichten und einsichten – texte zum selbstverständnis zeitgenössischer autoren„, herausgegeben von markus krause und stephan speicher, versammelt eine große zahl von statements zur situation der literatur und den grundlagen des schreibens. unter den autorInnen befinden sich rolf hochhuth, heinrich böll, peter handke, elias canetti, peter rühmkorf, friedrich dürrenmatt, max frisch und viele andere. die meisten texte sind ende der sechziger und anfang der siebziger jahre entstanden, haben aber an aktualität überhaupt nicht verloren. eher das gegenteil ist der fall, je beliebiger der literaturbetrieb wird, je unpolitischer die haltungen, umso interessanter scheint eine diskussion über die rolle der literatur. meiner ansicht nach einer der schönsten beiträge des heftes sind die „55 sätze über kunst und wirklichkeit“ von dürrenmatt. es finden sich aber noch viele andere anregungen, auch für die rolle des kreativen schreibens in der heutigen gesellschaft. leider ist das heftchen 1990 erschienen und wahrscheinlich nur noch antiquarisch zu erhalten, aber der versuch es zu bekommen lohnt sich. erschienen ist es im verlag philipp reclam jun., Stuttgart, 1990. ISBN 3-15-008640-X