warum schreiben menschen so viel? da sich alle langweilen? oder vielleicht, weil es immer wichtiger wird sich auszudrücken und dies nach außen zu tragen? mensch muss heute zeigen, dass er auch öffentlich bestehen kann. je mehr wir uns von einer industriellen gesellschaftform abwenden und zu einer dienstleistungs-gesellschaft werden, um so stärker sind die kompetenzen der einzelnen gefragt.
man geht nicht mehr einfach zur maloche, verrichtet körperliche arbeit. nein, man signalisiert sein sozialen fähigkeiten und alle anderen positiven eigenschaften der eigenen person den anderen, um anerkannt und eingestellt zu werden. wer diesen sozialen umgang nicht beherrscht bekommt schnell ein problem, kann er doch sich und den arbeitgeber nicht angemessen präsentieren.
und so beweisen wir beständig, auch schriftlich, dass wir zu vielem fähig sind. schreibpädagogik möchte diese grundhaltung vermitteln. das ist ein schönes anliegen, das aber auch einer kritischen betrachtung zu unterziehen ist. dazu ist es, wie bei allen anderen wissenschaften und professionen auch, notwendig die schreibpädagogik im gesellschaftlichen gesamtzusammenhang zu betrachten. manche mögen jetzt aufschreien und denken, so eine überbewertung eines kreativen vergnügens. wäre es nur ein vergnügen, hätte sich das „creative writing“ nicht so sehr an den universitäten und in der produktion von unterhaltung etabliert. es geht auch um den versuch, ansprechendes, vermarktbares zu formulieren. und die schreibpädagogik sollte sich zumindest bewusst sein, dass sie dieses anliegen fördert. auch von ihr ist zu verlangen, dass sie sich aus einer kritischen distanz betrachtet und sich fragt, ob sie einzig den menschen mehr kompetenzen vermittelt, sich im wust der gesellschaft zurecht zu finden und sich ausdrücken zu können. es gibt ein pädagogisches anliegen. zu dem gehört eine vorstellung, was für den einzelnen und die gesellschaft gut ist, sonst bräuchte ich es ja gar nicht zu lehren. dann könnte ich weiter auf der position beharren, den einen ist es gegeben und die anderen können eben nicht schreiben. also müssen auch in der schreibpädagogik gesellschaftstheorien abgeglichen werden mit den intentionen das schreiben zu lehren. denn es geht nicht nur um kompetenzerweiterung, es geht auch um die kommunikationsfähigkeit der gesellschaft und um die verwertbarkeit der worte. also um einen gesellschaftlichen konsens, sich auszudrücken. wer diese form der kommunikation verweigert provoziert und verweigert sich. vielleicht wäre dies vermehrt zu wünschen.