eines des erstaunlichsten phänomene, wenn menschen älter werden, ist es, dass eine gewisse form von narrenfreiheit entsteht. viele stellen fest, dass sie die von ihnen verlangte leistung für die gesellschaft erbracht haben und sie fühlen sich ab diesem moment den anforderungen nicht mehr so verpflichtet. oft geht diese entwicklung einher mit der pensionierung, muss aber nicht.
dieser moment kann zu zwei reaktionen führen. die einen fallen beinahe in eine depression, da an sie keine großen anforderungen von außen mehr gestellt werden. die anderen genießen diese form der narrenfreiheit und gestehen sich dinge zu, die sie ihr leben lang nicht verwirklicht haben. ab diesem moment lohnt sich beim verfassen der eigenen biografie oder lebensgeschichte ein blick in die vergangenheit. erst dann sind menschen oft bereit, sich einzugestehen, dass sie in vielen handlungszusammenhängen sachzwängen gefolgt sind, die sie nicht nachvollziehen konnten oder zu denen sie eigentlich eine gegenposition einnahmen. am häufigsten geschieht dies sicherlich im berufsleben. hier steht für viele menschen die angst im hintergrund, dass sie ihren job verlieren könnten, wenn sie sich nicht konform verhalten. diese angst ist meist nicht unbegründet. beim rückblick auf das geschehene stellt man häufig fest, dass die gefahr in der form gar nicht bestand, aber man konnte es damals nicht wissen.
aber es lohnt sich ein blick genau auf diese momente, da es einem zeigen kann, wie stark man die eigene entwicklung auch durch ein sachzwang-geprägtes verhalten beeinflusst hat. deshalb erscheinen manche depressionen nach der pensionierung auch nicht erstaunlich, wird etlichen in dieser zeit klar, dass sie immer bemüht waren, den anforderungen von außen genüge zu tun, dabei aber die eigenen bedürfnisse oft genug aus den augen verloren haben. man sollte sich dafür nicht schämen und auch nicht an allem nur die eigene verantwortung oder schuld suchen, sondern man sollte sich dadurch entlasten, indem man sich genau anschaut, welche alternativen für einen damals überhaupt vorstellbar waren. und dann vielleicht in seiner biografie oder lebensgeschichte, den leserInnen aufzeigen, was man eigentlich gern gelebt und wie man am liebsten gehandelt hätte.
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