man erinnert sich nicht an alles. beim versuch seine eigene lebensgeschichte aufzuschreiben, helfen zwar verschiedene vorgehensweisen, sich immer mehr ereignisse wieder ins gedächtnis zu rufen, doch es wird bei jedem menschen auch eine ganze menge lücken geben, an die man sich nicht mehr genau erinnern kann.
das fängt meist schon damit an, dass menschen sich an sehr verschiedene altersabschnitte in ihrer kindheit erinnern. manch einer kann sich bis ins früheste kindesalter zurückerinnern, manch andere nur an die schulzeit. bei den frühen erinnerungen ist sowieso vieles mit vorsicht zu genießen, da sich gern familienerzählungen mit eigenen erinnerungen vermischen.
auch andere erinnerungen können natürlich nicht mehr ganz der realität entsprechen, da das gehirn zwischenzeitlich gern die lücken, die vorhanden sind, mit fantasie oder erzähltem ausfüllt. anschließend wieder die trennung zu machen, was denn nun tatsächlich geschehen ist und was man sich „einbildet“ ist oft schwer, wenn zum beispiel keine tagebücher oder andere aufzeichnungen vorhanden sind. doch die umgangssprache bietet in diesem zusammenhang die lösung: „mut zur lücke„.
es wird sich mit großer wahrscheinlichkeit keine biografie lückenlos nachvollziehen lassen. es wird auch keine biografie ausschließlich „wahr“ sein. jede geschriebene lebensgeschichte wird auslassungen und zufügungen beinhalten. solang man sich nicht selber dazu antreibt, lügengeschichten wie münchhausen zu schreiben, tut dies dem ganzen werk keinen abbruch. denn das wichtigste ist sicherlich das gesamtbild. zumindest sollte man sich davor hüten, sich selbst dafür zu verurteilen, wenn man sich ob der informationen unsicher ist. das setzt nur unnötig unter druck. es ist eine idealisierung des menschen, zu glauben, man könne jede verdrängung auflösen und sich selber allem bewusst werden. verdrängung bedeutet auch selbstschutz. solang nicht geleugnet wird, zum beispiel in einer diktatur eine unrühmliche rolle eingenommen zu haben, ist alles nur menschlich.