Tagesarchiv: 5. März 2009

biografisches schreiben und lebenslügen

jeder mensch hat seine geheimnisse, die niemand anderes kennt. daran ist nichts verwerfliches oder problematisches, nein sie sind teil der eigenen identität. schwieriger wird es aber mit so genannten „lebenslügen“. sie bedeuten, dass nach außen, anderen menschen gegenüber etwas vorgegaukelt wird, eventuell sogar sich selber gegenüber, was nicht der eigenen einstellung und manchen eigenen handlungen entspricht. lebenslügen sind oft gekoppelt an die doppelmoral.

beim biografischen, also der aufschlüsselung der eigenen lebensgeschichte, lässt es sich kaum vermeiden, mit seinen eigenen lebenslügen konfrontiert zu  werden. hier besteht zumindest die selten gelegenheit, sie sich vor augen zu führen und zu notieren. das bedeutet nicht, dass sie in die eigene biografie, die veröffentlicht oder anderen zugänglich gemacht werden soll, einfließen müssen. doch die chance, einmal genauer hinzuschauen, wo man anderen oder sich selbst unrecht getan hat, sollte nicht ungenutzt an einem vorüberziehen.

wenn man so etwas wie hier oben schreibt, muss man aufpassen, dass dies nicht nach einem generalverdacht klingt. menschen neigen nicht selten dazu, wenn sie einmal mit der suche nach „wahrheiten“ anfangen, gleich das kind mit dem bade auszuschütten. nicht jeder mensch trägt dinge mit sich herum, die unbedingt offen gelegt werden sollten. nicht überall versteckt sich eine lebenslüge. hier ist auch etwas toleranz sich selbst gegenüber gefordert. es gab im leben eines menschen viele gute gründe für das jeweilige verhalten. oder man rutschte in eine haltung, die man schwer vor sich aufrecht erhalten konnte, man vertrat sie aber weiter.

das biografische schreiben bietet in diesem moment die möglichkeit von ausführlichen analysen der gründe und aufschlüsselungen der haltungen. dies kann einem selber zugute kommen, indem man anderen eine begründung offerieren oder sich bei ihnen entschuldigen kann. dieser aspekt des biografischen schreibens ist eigentlich ein angenehmer, da er befreiende Wirkung haben kann. denn eines ist allen lebenslügen gemein, sie sind sehr anstrengend.

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bloggen wie gott in frankreich

unser nachbarland kann man um vieles beneiden: das gute essen, die lebhafte kulturszene, die philosophen, die filme, den gesellschaftlich verankerten intellektualismus und den unverkrampfteren umgang mit sozialismus (obwohl dies zur zeit ein wenig in frage zu stellen ist). und nun auch noch um das bloggen. in der zuletzt erwähnten süddeutschen zeitung vom 28.02. wird die bloggerszene frankreichs beschrieben.

neid, da kommt neid auf. zum einen wird anscheinend in frankreich viel mehr gebloggt. zum anderen wird anders gebloggt. blog haben eine gesellschaftliche funktion des sozialen und politischen austauschs. in den blogs wird anscheinend mehr über gesellschaftliche belange diskutiert und diese diskussionen werden auch mehr beachtet. das soll nicht heißen, dass es in deutschland solche blogs nicht auch gibt und sie nicht zu genüge gelesen werden.

aber die diskussionskultur lässt doch weiterhin zu wünschen übrig. manche tageszeitung schließt ihre diskussionsforen über nacht, da ohne moderation gar nichts geht. einen diskurs pflegen ist nicht unbedingt die stärke dieses landes. wird es wahrscheinlich auch nicht so schnell werden. man schaue sich als vorbild nur die talkshows im fernsehen an. meist handelt es sich nur noch um eine aneinanderreihung von plattitüden. und was vor allen dingen auffällt, es sind immer die gleichen gäste. viele wollen sich nicht dem diskurs, vor allen dingen dem politischen, aussetzen. woher die angst rührt ist unklar, bietet aber „meinungsmacherInnen“ zu viel raum. so wird auch im blog die diskussion um gesellschaftliche entwicklungen schwierig und bleibt oft beschränkt auf aussagen wie „stimme ich zu“ oder „stimme ich nicht zu“ in verschiedensten ausformungen. vielleicht ergibt sich noch häufiger tiefschürfendes, wenn die zahl der bloggerInnen weiter steigt und zahlen wie in frankreich erreicht.