Tagesarchiv: 21. März 2009

biografisches schreiben und leistungsprinzip

menschen finden sich im laufe ihres lebens meist an einem punkt wieder, an dem sie sich fragen, für wen sie eigentlich die ganzen mühen auf sich nehmen. dieser gedanke kann sich in verschiedenen momenten bemerkbar machen. zum beispiel, wenn für die eigene leistung keine anerkennung von außen gegeben wird, wenn man sein leben lang geschuftet hat und am schluss kaum rente übrig bleibt, wenn die kinder aus dem haus sind und signalisieren, dass sie ihr elternhaus nicht sehr schätzen oder wenn der körper bei all dem stress nicht mehr mitmacht.

diese krisenhafte überlegung hat meist einen längeren vorlauf und basiert auf der vorgabe, sich in einer leistungsgesellschaft zu befinden. der gegenentwurf ist im „aussteigen“ zu finden, in brüchen, die zu radikalem umdenken geführt haben und plötzlich das genießen der „früchte der arbeit“ erlauben.

beim aufschlüsseln der eigenen lebensgeschichte und ihrer konzepte lohnt es sich, einmal einen blick darauf zu werfen, wieweit man ein leistungsprinzip umgesetzt hat und diesem gefolgt ist. dazu kann man eine leistungskurve entlang des lebensalters für das eigene leben aufzeichnen. zum beispiel lassen sich in dieser kurve die zeitpunkte verzeichnen, an denen man überdurchschnittlich leistungsbereit war und die punkte, die einen obige frage nach dem sinn des ganzen stellen ließen. zudem wären noch die momente zu verzeichnen, an denen man sich den leistungsanforderungen entzogen hat oder ihnen entzogen wurde (z.b. durch krankheit).

wenn man nun seine eigene leistungsbilanz betrachtet, dann könnte man im anschluss ein resümee in form des freewriting verfassen. auf welcher seite der waagschale möchte man sich befinden. auf der seite der beständigen steigerung des eigenen potentials oder auf der seite des durchatmens und innehaltens? wieweit wurde man von dem wunsch nach anerkennung angetrieben, immer mehr leistung zu bringen? und hat man die anerkennung bekommen, die man sich immer erwünschte? dieses resümee kann viele hinweise auf die entwicklung der eigenen biografie geben und vielleicht das biografische schreiben mit persönlichen einsichten unterfüttern.

Werbung

wortklauberei (29)

„athletisches design“

design ist hip. heutzutage wird alles designt, ob grafik, möbel, schnickschnack für die wohnung oder die verpackung der grundnahrungsmittel. ansprechendes design garantiert anscheinend einen verbesserten absatz der produkte. nicht immer, aber immer öfter. so manches fällt sofort ins auge, da es eine außergewöhnliche form bekommen hat (wir feiern dieses jahr 90 jahre bauhaus). der sinn von design kann die vereinfachung von strukturen sein, aber auch das hinzufügen von tand und schnörkeln (siehe barock oder landhausstil) sein.

eine moderne variante ist laut werbung „athletisches design„. was hat man sich darunter vorzustellen? schwer zu sagen, möbel mit muskeln, butter mit drei streifen auf der verpackung oder eine batterie, die marathon läuft. der athlet ist der popstar einer leistungsgesellschaft, geht er doch gern mal über seine grenzen hinaus. er beweist anderen, dass leistungsgrenzen worthülsen sind und sich jede(r) bis zu erschöpfung verausgaben kann. so ist athletisches design eine steigerung der steigerung. die spicknadel für den speckbraten in form eines speers, der salz- und pfefferstreuer als hantel, das bügelbrett als schwebebalken oder die badewanne als schwimmbecken, all dies wäre vorstellbar.

aber es handelt sich bei dem produkt in athletischem design um ein auto, den „toyota avensis“. da kommen dann doch zweifel auf, wie bei einem auto dieses design umgesetzt werden kann. entweder hat nun auch der toyota ein maschinenleistung erhalten, die so überflüssig ist, wie bei den meisten benzinschluckern. oder die karosserie gleicht sich beständig einem formel-eins-rennwagen an. man könnte natürlich sich auch ein extrem sparsames auto vorstellen, das sich an den ausdauersportarten orientiert. leider wäre ebenso ein stark pannenträchtiges auto denkbar, das sich die „geher“ als vorbild genommen hat. aber eines ist heute beinahe schon standard: das auto wird gedopt sein.

schreibspiel (01) – falt- und knicktexte (1)

eine rubrik, die bis jetzt hier fehlte. abseits der anregung zum kreativen oder biografischen gibt es noch die möglichkeit, einfach spielerisch mit der sprache umzugehen. eine schöne variante ist das schreibspiel. in unregelmäßigen abständen möchte ich hier ein paar möglichkeiten für schreibspiele aufzeigen.

gleich zu beginn die bekannteste und schlichteste variante, der einfache falt- oder knicktext. eine gruppe von menschen sitzt beisammen, am besten im kreis, und hat lust zu schreiben. jede person besitzt ein unbeschriebenes din a4-blatt und einen stift.

variante 1: es gibt keine vorgaben, es wird von jeder person nur ein satz oben auf das papier geschrieben, ein satz, der gerade einfällt. dann werden in der runde die blätter nach links weitergegeben. nun schreiben alle einen weiteren satz unter den ersten satz. ein bezug der sätze sollte zueinander bestehen. anschließend, wird der erste satz umgeknickt. das blatt wird wieder eins weiter nach links gegeben. für alle ist nun nur der zuletzt geschriebene satz sichtbar. an diesen fügen sie alle wieder einen satz an, knicken den vorher sichtbaren satz um und geben wieder weiter nach links. diese variante lässt sich so lang durchführen bis das blatt voll ist. im anschluss werden die blätter aufgefaltet und die texte vorgelesen.

variante 2: es gibt eine inhaltliche vorgabe für die zu schreibenden sätze. diese kann darin bestehen, nur zu einem gewissen thema zu schreiben. dies kann zum beispiel die aufforderung sein, über die natur, die liebe oder den supermarkt zu schreiben.

variante 3: es kann aber auch die textform vorgegeben werden. so sind dann von den teilnehmerInnen dialoge zu verfassen. oder es werden manifeste, liebesbriefe, werbetexte und kleinanzeigen miteinander verfasst. die vorgehensweise bleibt die selbe aber die ausdrucksform variiert.

variante 4: die vorgaben können verfeinert und kombiniert werden. so wird jedesmal bevor ein weiterer satz notiert wird, der buchstabe vorgegeben, mit dem die wörter beginnen müssen. dazu ist dann der satz noch im manifest-stil zu notieren. oder es dürfen zwei sätze geschrieben werden, die auch noch bestimmte worte enthalten müssen.

fortsetzung folgt