Tagesarchiv: 5. Mai 2009

wortklauberei (36)

„bossnapping“

frankreichs gewerkschaften sind dafür bekannt, arbeitskämpfe drastischer durchzuführen, als es in deutschland üblich ist. so erscheinen die demonstrationen auf den straßen nicht nur größer, sondern auch gewaltbereiter. in letzter zeit machten die arbeitnehmer dadurch auf sich aufmerksam, dass sie ihre chefs als geisel nahmen, wenn es zu entlassungen oder schließungen von betrieben kommen sollte.

diese sicherlich nicht feine art des arbeitskampfes erhielt den namen „bossnapping“. hier wurden begriffe zusammengesetzt, die eine seltsame bedeutung erhalten. „napping“ bedeutet eigentlich „schlafen“ oder „schlummern“. so wird der boss anscheinend zum schlafen außerhalb seines hauses gebracht. er wird in der firma festgehalten. dabei stellt sich immer wieder die frage, ob heutzutage überhaupt noch ein boss die vollständige verantwortung für den niedergang seiner firma hat. meist mag es missmanagement geben, doch die eigentliche entscheidung einer schließung übernehmen viele menschen.

wahrscheinlich müsste es eher zum „banknapping“ oder „managementnapping“ kommen, wenn man wirklich die verantwortlichen treffen möchte. doch die wut entlädt sich an den bossen. dabei so ein verniedlichendes wort zu verwenden, scheint im widerspruch zur eigentlichen tat zu stehen. schnell sind begrifflichkeiten gefunden, die das eigentliche problem ausklammern. eine „firmenbesetzung“ oder „produktionsmittelenteignung“ würde nicht einzelpersonen treffen, sondern besitz und dessen verwendung in frage stellen. doch das findet seltsamerweise nicht statt.

Werbung

schreibspiel (05) – metaphernspiel

sicherlich kennen viele das spiel „tabu“, in dem die umschreibung bestimmter begriffe ohne die verwendung häufig gebräuchlicher worte gemacht werden muss. das ausschlussverfahren bestimmter worte kommt dem vorherigen schreibspiel nahe. in diesem spiel wird „tabu“ schriftlich gespielt.

das spiel bedarf einer gewissen vorbereitung, denn man sollte im vorfeld die worte zusammenstellen, die bei der erklärung eines begriffs nicht verwendet werden dürfen. dies wären zum beispiel bei „sonnenuntergang“ die worte „sonne“, „abend“, „rot“, „planet“, „kugel“, „horizont“ und so weiter. es sollten karteikarten erstellt werden, auf denen oben das zu umschreibende wort steht und darunter die wörter, die nicht verwendet werden dürfen. die erstellung dieser karten kann im vorfeld in schreibgruppen durchgeführt werden. so werden die teilnehmerInnen aufgefordert, sich ein wort zu überlegen und anschließend zehn wörter, die bei dessen beschreibung nicht verwendet werden dürfen.

anschließend werden zwei gruppen gebildet. jeweils eine person aus den gruppen erhält eine karteikarte und hat fünf minuten zeit, eine metapher zu dem wort auf der karteikarte schriftlich zu notieren. diese metapher liesen die schreibenden dann ihrer gruppe vor. wenn die gruppe errät, worum es sich handelt, erhält sie einen punkt. wenn seine eigene gruppe mit dem raten scheitert, kann die andere gruppe raten.

das spiel kann ein wenig abgewandelt werden, indem alle raten dürfen, also beide gruppen gleichzeitig. wenn jemand glaubt, er weiß, worum es sich handelt, schreit er „stopp!“ und nennt das wort, das er glaubt, erkannt zu haben. stimmt seine antwort, erhält seine gruppe einen punkt. im laufe des spiels kann somit gleichzeitig eine kleine sammlung von metaphern entstehen, die im nachhinein allen teilnehmerInnen der schreibgruppe zur verfügung gestellt wird.