Monatsarchiv: August 2009

die surfpoeten – ein tipp

es gibt einzelne versuche, eine verbindung zwischen schreiben, politik und abendunterhaltung herzustellen, die schon in der ankündigung viel spaß bereiten. eine dieser gruppen, die sich ein wenig von dem inzwischen weit verbreiteten poetry slam unterscheiden, sind in berlin die „surfpoeten„.

sie laden wöchentlich zur versammlung ein, die inzwischen im „klub der republik“ stattfindet. begonnen werden die veranstaltungen mit einem „gebet gegen die arbeit“ (zu finden auf der homepage der surfpoeten unter: http://www.surfpoeten.de/gebet_gegen_die_arbeit ). im anschluss werden texte, die im laufe der woche entstanden sind, vorgetragen. daneben wird musik, teil passend zum text, präsentiert, es gibt eine offene bühne und es kann getanzt werden. auch den wünschen nach preiswertem eintritt, relativ preiswerten getränken und der möglichkeit zu rauchen, wird gefolgt. denn wie schon bemerkt, geht es nicht allein um das geschriebene, sondern um den versuch dieses in einen gesellschaftlichen kontext zu bringen.

wer einen kleinen vorgeschmack davon bekommen möchte, sollte auf alle fälle die homepage aufsuchen: http://www.surfpoeten.de . diese bietet auch die möglichkeit, eigene texte den kritischen leserInnen zur verfügung zu stellen und diese bewerten zu lassen. zudem wird ein sudoku-lösungsrechner, ein wahl-automat und eine automatische entscheidungshilfe angeboten. man kann manches über das konzept der „surfpoeten“ erfahren, texte nachlesen und aktuelle ankündigungen finden. viel spaß bei dieser empfehlenswerten einrichtung.

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schreibidee (149)

wasser, es ist warm, also wasser. viel wasser soll der mensch zu sich nehmen, er besteht auch hauptsächlich aus wasser. wasser ist sowohl existentiell, umkämpft, teilweise sehr knapp, wird verschwendet, überschwemmt und macht nass. es kühlt, es friert, es fließt vor allen dingen und regt zu vielem an, wie zum beispiel „wassermusik“. darum eine schreibanregung zu „wassergeschichten„.

hier kann der einstieg in das schreiben auf vielfältige weise geschehen. man kann ein flussufer, einen bachlauf oder den meeresstrand aufsuchen. man kann diverse trink- und tafelwasser mitbringen, man kann den klimawandel mit seinen zunehmenden meeresspiegeln ansprechen, dokumentationen über das wasser zeigen, die verschiedene aggregatzustände des wassers präsentieren oder einfach reden wie ein wasserfall. diese einstiege dienen dazu, die teilnehmerInnen der schreibgruppe aufzufordern, ein cluster mit all den assoziationen zu wasser zu erstellen.

als nächstes ist von allen ein fokussiertes freewriting durchzuführen, das sich der frage des persönlichen bezuges zum wasser widmen soll. nun wird zur anregung gemacht, dass eine kurze zweiseitige geschichte zu verfassen ist, die entweder „im wasser“, „am wasser“ oder „auf dem wasser“ spielt. diese geschichten werden in der schreibgruppe vorgetragen.

und in der folge soll aus all den vorbereitenden texten und assoziationen eine idee für eine „wassergeschichte“ ausgewählt werden, die über eine längere schreibzeit verfasst wird. diese geschichten werden nochmals in der runde der schreibgruppe vorgestellt und anschließend bei einem gemeinsamen schluck wasser gewürdigt.

selbstbefragung (28) – soziales gewissen

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich ab nun ein wenig unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „soziales gewissen„.

  • fühlen sie sich durch das elend auf der welt unter druck gesetzt?
  • wo sehen sie ihre beteiligung an den sozialen bedingungen für alle menschen? beschreiben sie.
  • glauben sie etwas verändern zu können? begründen sie.
  • wie wichtig ist für soziales engagement?
  • können sie „nein“ sagen, wenn sie um hilfe gebeten werden?
  • was beeinflusste ihr soziales gewissen?

a.) die erziehung
b.) die schule
c.) der glaube, die kirche
d.) das elternhaus
e.) eigene erkenntnisse
f.) vorgelebtes engagement
g.) eigene notsituationen
h.) eigene kinder
i.) anderes

  • haben sie in ihrem leben schon einmal wirklich hilfe benötigt? was geschah dann?
  • in welchen zusammenhängen geben sie gern unterstützung, in welchen nicht? nennen sie beispiele.
  • glauben sie, dass der mensch nur auf seinen vorteil bedacht ist? begründen sie.
  • haben sie eher ein gutes soziales gewissen oder ein schlechtes? warum?

schreibidee (148)

hochsommer- und vollmondnächte verbindet der teils unruhige schlaf. auslöser können hitze, langer besuch eines biergartens oder die wirkung des mondes sein. unruhiger schlaf geht nicht selten mit träumen einher, die sich in eine richtung entwickeln, die man als träumender schwer steuern kann und die sehr emotional leider in die negative richtung sind. manche literarischen werke bedienen sich dieser traumsequenzen. deshalb dreht sich dieses mal die schreibanregung um „albtraumgeschichten„.

zu beginn mögen die teilnehmerInnen der schreibgruppe zwei bis drei sehr schöne sequenzen aus ihrem leben auf jeweils einer seite umschreiben. das können selbst erlebte dinge sein oder auch geschichten aus ihrem umfeld. die beschreibung soll nur das ereignis wiedergeben und die protagonisten benennen. sollten keine ideen zu hand sein, kann man auch das happyend eines romans oder einer kurzgeschichte nehmen und diese noch einmal mit eigenen worten umschreiben.

nun wird in kurzen stichworten notiert, wie die geschichten aussehen würden, wenn sie sich in einen „albtraum“ verwandelten. es muss also überraschend an einer stelle der geschichte eingehakt werden, um eine garstige, böse und unangenehme wendung einzuführen. wichtig ist bei den stichworten, dass keine idee einer wendung zum guten verwendet wird. ein albtraum entwickelt sich selten zum guten, sondern lässt einen irgendwann aufwachen.

anschließend wählen die teilnehmerInnen der schreibgruppe für sich die idee aus, die ihnen am prägnantesten und grausamsten erscheint. nun wird eine längere geschichte um den albtaum geschrieben. wie aus schockerfilmen bekannt und den albtraum verstärkend empfiehlt sich ein einstieg über die beschreibung eines „harmonischen“ alltags oder eines kleinen, unbedeutenden problems. dann kann alles anwachsen und sich umkehren. im anschluss werden die geschichten in der schreibgruppe vorgelesen. beim feedback fließt mit ein, wie gut die ausweglosigkeit in der geschichte gefasst wurde.

nabelschau (22)

qual der wahl. der wahlkampf ist eröffnet und er scheut sich nicht, soweit dies ein wahlkampf kann, sehr inhaltslos daherzukommen. es wird eher auf platitüden gesetzt, obwohl man momentan anderes erwarten sollte. es wäre zu vermuten, dass nach all den finanzdebakeln und verfassungskorrekturen, ein wenig die nerven bloß liegen und mal wieder politisch gestritten wird.

doch anscheinend hat man in diesem land den diskurs um wirkliche gesellschaftliche prozesse und entwicklungen verlernt. man echauffiert sich über dienstwagen, wirbt mit oberweiten und hinterteilen, ja, man verspricht konstantes, bewahrendes. doch was wäre zu bewahren? die einzige veränderung, die angesprochen wird, ist der abbau der arbeitslosigkeit. dabei stellt sich heraus, dass die unterschiede zwischen den parteien vor allen dingen ein zahlenspiel sind.

da bietet die spd vollbeschäftigung in geraumer zeit, die cdu will sich doch nur auf mehrere millionen festlegen und die grünen zählen eine million abbaubarer arbeitslosigkeiten. man könnte das spiel eröffnen: „wer bietet mehr?“ (oder weniger). in die eine richtung ließe sich die steigerung vorstellen, vollbeschäftigung bis zum 75sten Lebensjahr, fehlen uns doch sowieso Arbeitnehmer in den nächsten Jahren und verlängert sich die Beschäftigungsdauer von Jahr zu Jahr.

oder aber die linke wird ihrem namen noch einmal gerecht und verspricht anstatt der schaffung von arbeitsplätzen endlich die weltrevolution. doch auch damit ist nicht zu rechnen. Weiterlesen

kreatives schreiben und freizeitvergnügen

eine der konsequenzen aus der mitbestimmung durch arbeitnehmer besteht in relativ viel freizeit im gegensatz zu den arbeitszeiten anfang des letzten jahrhunderts. diese freizeit will gefüllt sein, eine möglichkeit ist zum beispiel das kreative schreiben, und verbracht werden. manch einer gestaltet seine freizeit noch stressbehafteter als seine arbeitszeit. doch man kann diese zeit auch anders betrachten, indem man über sie schreibt.

man könnte sich vornehmen, zu jedem freizeitvergnügen, das man in nächster zeit absolviert, einen zettel und einen stift mitzunehmen und sich ein paar eindrücke und gedanken notieren. oder nach vollbrachter freizeitgestaltung, immer ein kurzes fokussiertes freewriting dazu verfassen. denn die freizeit bietet viele anhaltspunkte für zukünftige geschichten oder schreibanregungen, ist sie doch eine der kommunikativsten und emotionalsten zeit des menschen. hier kann man beobachten, mitfühlen oder auch nur teilnehmen.

wenige geschichten und romane spielen ausschließlich in der arbeitswelt. viele storys werden in der freizeit erzählt. um zum beispiel einen minigolfplatz beschreiben zu können, vielleicht als ort eines mordes mit dem minigolfschläger, sollte man zumindest schon einmal auf einem gewesen sein. da es aber nur noch wenige minigolfplätze gibt (ist bestimmt das wii-zeug dran schuld 😉 ), wäre es jetzt gut, wenn man noch notizen davon hätte, als man auf einem war.

diese kurzen notizen oder reflexionen können vor allen dingen auch die atmosphäre der jeweiligen orte und vergnügungen einfangen. Weiterlesen

schreibidee (147)

da sich berlin gerade darauf vorbereitet, dass eine ganze menge menschen hier rennen, werfen und andere körperliche anstrengungen ausüben, erscheint mir eine schreibanregung mit sportlichem flair als angemessen. darum wird es dieses mal um ausdauersportarten gehen, die eines gemeinsam haben: neben der körperlichen anstrengung haben die sportlerInnen viel zeit. es sollen „ausdauersporttexte“ verfasst werden.

denn, was denkt ein marathonläufer, während er so dahintrabt? oder, was betrachten radfahrerinnen bei ganzen rundfahrten? wie gehen triathleten für gedanken durch den kopf? hier können die sportarten eine art klammer der geschichten bilden, also als rahmen einer erlebten geschichte dienen, aber auch reflexive anstrengungen einleiten oder landschaftsbeobachtungen beinhalten.

der einstieg kann ein sehr beweglicher sein, wenn alle teilnehmerInnen der schreibgruppe ein fahrrad besitzen. denn dann könnte eine kleine radtour unternommen werden und alle teilnehmerInnen werden zur selbstbeobachtung aufgefordert. was denken sie während die tour stattfindet, was geht ihnen durch den kopf? es sollte möglichst wenig gesprochen werden und aus eigener erfahrung wird viel zeit damit verwendet werden, nicht auf die vor einem fahrenden aufzufahren. und doch regt körperliche bewegung so manche gedanken an.

ist dies nicht möglich kann natürlich auch erst einmal gesammelt werden, was es für ausdauersportarten gibt, es können cluster dazu erstellt werden und es kann gesammelt werden, welche sportart, welche beobachtungen zulässt. es kann ein kurzer text dazu verfasst werden, wie sportlerInnen mit ihrem inneren schweinehund diskutieren. es kann überlegt werden, welche gedanken zum aufgeben beim wettbewerb führen.

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„ruhm“ von daniel kehlmann – ein buchtipp

kurzgeschichten haben den großen vorteil, dass sie sich schneller lesen lassen als romane und eine unterbrechung des lesens nach einer geschichte, keinen einfluss auf das gesamtverständnis des buches hat. dem ist nicht ganz so in dem buch „ruhm“ von daniel kehlmann, denn es handelt sich um einen „roman in neun geschichten„.

jede geschichte kann ohne schwierigkeiten für sich allein stehen. doch bei genauem lesen fällt auf, dass die geschichten miteinander verknüpft sind. teilweise nur am rande, teilweise durch perspektivwechsel und teilweise durch zeitliche verschiebungen. dabei drehen sich viele geschichten um die schwierigkeiten der menschen, miteinander zu kommunizieren. das buch handelt von missverständnissen, von sprachbarrieren oder von schwierigkeiten auf einer lesetour.

meist beginnen die geschichten mit einer recht profanen angelegenheit, wie es die kurzgeschichte mag, um dann einem höhepunkt zuzusteuern, der an witz und absurdität selten zu wünschen übrig lässt. wenn man sich dann das gesamtnetzwerk der verwobenheit der protagonisten am schluss betrachtet, dann fragt man sich schon, wie eigentlich so viel geredet werden kann, ohne dass es den gewünschten effekt hat. wieviel doch wiederum vom zufall oder von persönlichen stimmungen abhängig ist, ob kommuniziertes zum erfolg führt. und eines lässt sich auch festhalten, die modernen kommunikationsmittel und -formen kommen nicht unbedingt gut dabei weg.

also ein kurzweiliges buch mit gesellschaftlichem tiefgang und humor. es wurde vom rowohlt-verlag in reinbek bei hamburg 2009 veröffentlicht. ISBN 978-3-498-03543-3

biografisches schreiben und arbeitsleben

arbeit dient der eigenen absicherung und der existenzsicherung oft für mehrere menschen. somit lässt sie sich schwer umgehen. um diese nutzung der eigenen lebenszeit ein wenig attraktiver zu machen, ist arbeiten an lohn und an wertschätzung gekoppelt worden. wer arbeitet leistet nicht nur für den arbeitgeber etwas, sondern auch für den erhalt der gesellschaft. das klingt schön, versucht aber auszublenden, dass arbeit auch nur der veräußerung der eigenen arbeitskraft dient.

beinahe jeder arbeitnehmer gelangt im laufe seines lebens einmal an den punkt, sich nach dem sinn des ganzen zu fragen. der diskurs um die arbeit hat auch dieses problem aufgegriffen und propagiert die vorstellung von einer sinnvollen tätigkeit. so bemühen sich viele im laufe ihrer lebensgeschichte, um einen erfüllenden job, der nicht nur wert schöpft, sondern ideelle vorstellungen transportiert. dies kann sicherlich befriedigender sein, bedeutet aber auch nichts anderes, als seine arbeitskraft zur verfügung zu stellen. nur die ideellen erwartungen sind noch ein wenig größer.

beim betrachten der eigenen biografie, lohnt sich ein blick auf die eigene einstellung zum arbeitsleben. wieweit hat man sich strategisch verhalten, sich gesagthat, ich muss es machen, also augen zu und lohn erhalten? oder wollte man gleichzeitig mit seiner eigenen tätigkeit größere ziele erreichen, die einem einen platz in der gesellschaftlichen anerkennung sicherten? wie stark beeinflusste das arbeitsleben die eigene private entwicklung? sind arbeit und leben zu trennen gewesen oder verschwamm alles? gab es momente, in denen man ob der eigenen tätigkeit zweifelte und wieweit hat das das eigene leben verändert?

beim blick auf das eigene arbeitsleben können sich viele aufschlussreiche erkenntnisse einstellen, die die eigene lebenshaltung stark beeinflusst haben.

nabelschau (21)

fussball regiert die welt. brot und spiele sind immer noch ein befriedungskonzept, das in den heutigen gesellschaften ganz gut funktioniert. eine zeitlang machte es den eindruck, dass das brot die überhand beim ruhigstellen gewinnt. doch gerade in letzter zeit stellt sich heraus, wahrscheinlich seit der finanzkrise, die den rubel nicht mehr so rollen ließ, dass das brot in den hintergrund tritt. fussball aus den arenen wird bestimmend.

woran sich das ablesen lässt? die ziehung der lottozahlen wurde zum beispiel verschoben. da interessiert es nicht, dass wahrscheinlich sehr viel mehr menschen der hoffnung auf den großen gewinn, auf einen riesigen laib brot folgen, als dem über den rasen getretenen ball. doch das spielt keine rolle, in der konkurrenz um die senderechte für die übertragungen wird alles andere im fernsehprogramm gekippt. das hat zur folge, dass die ziehung der lottozahlen an sich, schon zu einem lotteriespiel werden. denn im vorfeld laufen in zukunft solch bewegende sendungen wie das „musikantenstadl“, die generell unklare schlusszeiten haben. also folgt die ziehung der lottozahlen nicht unbedingt den zeitangaben der programmzeitschriften. alles nur, wegen diesem fussball.

ähnlich sieht es in berlin aus. die stadt schämt sich ein wenig dafür, dass ihre schnellbahn nur sehr eingeschränkt verkehrt. dies bedeutet für alle ihr tägliches brot verdienenden bei dreißig grad im schatten, sich in verkürzte züge zu drängen, um überhaupt den arbeitsplatz zu erreichen. doch wenn der heimatverein ein spiel in der liga hat, dann schafft es die s-bahn, sonderzüge einzusetzen, damit jeder zuschauer pünktlich das stadion erreichen kann. und dies, obwohl der spielort auch noch von der u-bahn angefahren wird. wenn das mal keine aufforderung ist, arbeit arbeit sein zu lassen und brot brot sein zu lassen, um sich nur noch dem spielen zu widmen. oder sich einfach mal bei der s-bahn zu beschweren, warum diese sonderzüge nicht im alltag eingesetzt werden können. alle nur, wegen diesem fussball.

selbstbefragung (27) – zweifel

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich ab nun ein wenig unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „zweifel„.

  • sind sie ein misstrauischer mensch? beschreiben sie.
  • haben sie schon einmal das gefühl gehabt, entwicklungen zu verhindern, da sie zu viel zweifelten? begründen sie.
  • was löst bei ihnen zweifel oder misstrauen aus?
  • was ist für sie gut daran, in manchen momenten bedenken zu haben?
  • in welchen lebenszusammenhängen sind sie am misstrauischsten? zählen sie auf.
  • möchten sie mehr oder weniger zweifeln?
  • wie reagieren sie meist auf bedenken anderer in bezug auf ihre eigenen entscheidungen? beschreiben sie.
  • gibt es situationen, in denen sie nie zweifeln?
  • waren sie schon einmal verzweifelt? wann?
  • wie überwinden sie zweifel? beschreiben sie.

schreibidee (146)

uralte bücher zeugen davon, dass es einmal einen mann gab, der sich viele auf der welt lebende tierarten vornahm, um sie in kurzen texten zu beschreiben. man nannte ihn tiervater brehm, dessen porträts von der allein naturwissenschaftlichen betrachtung abwichen, da er dem einzelnen tier nebenher menschliche charakterzüge zuschrieb. danach kamen micky mouse, die biene maja und der kleine maulwurf. und nun soll die schreibanregung sich den „tiergeschichten“ widmen.

dazu gibt es sowohl ein paar bände von „brehms thierleben“ als vorlage als auch ein lexikon mit diversen tierarten zum betrachten. wenn es der leitung der schreibgruppe möglich ist, sollten ein paar anschauungsbeispiele für die teilnehmerInnen vorliegen. alle teilnehmerInnen wählen sich fünf tiere aus, die sie auf einer halben seite in der art des tiervaters beschreiben. dabei sind naturwissenschaftliche aspekte nebensächlich, es geht um den charakter des tieres. diese tierbeschreibungen werden in der schreibgruppe vorgetragen.

im anschluss wählen sich alle teilnehmerInnen aus der großen palette ein tier aus, das sie als hauptprotagonist ihrer geschichte verwenden wollen. es geht hierbei nicht darum, eine tierfabel zu verfassen, diese schreibidee gab es hier schon einmal. es geht darum, das leben in die tierwelt zu verlagern. für die geschichte steht viel zeit zur verfügung. anschließend werden die „tiergeschichten“ in der schreibgruppe vorgetragen. beim feedback kann betrachtet werden, ob die anderen teilnehmerInnen die charakterzüge des beschriebenen tieres teilen.

diese schreibidee lässt sich natürlich auch wunderbar an einem anderen ort durchführen, wie zum beispiel im zoo oder auf einem bauernhof. außerdem bietet sich die idee für das schreiben mit kindern und jugendlichen an, da der bezug zu tieren für viele aus anderen kindergeschichten oft schon gegeben ist und gleichzeitig noch manches neue vermittelt werden kann.

kreatives schreiben und songtexte

musik begleitet bei vielen menschen den alltag. musik berührt und erzeugt stimmungen. so haben menschen oft songs und lieder, die sie mit bestimmten ereignisse verbinden oder für eine gewisse zeit stücke, die sie am liebsten hören. laden sie ihre schreibgruppe einmal dazu ein, das lieblingsmusikstück mitzubringen und möglichst gleichzeitig, die songtexte dazu.

es ist heute nicht schwer an songtexte zu kommen, sie sind im internet meist leicht zu finden. die texte stehen im einklang mit der melodie und dem rhythmus. so wie jede lyrik einen eigenen rhythmus hat, so verbindet sich dieser mit der musik. normalerweise orientiert sich das kreative schreiben wenig an vorgegebenen mustern oder strukturen.

doch songs und musikstücke bieten eine schöne grundlage, einen einstieg in die lyrik zu bieten. sie können umgeschrieben werden, indem man erst versucht einzelne worte auszutauschen, die die rhythmischen vorgaben einhalten. im anschluss kann man sich überlegen, welche eigenen worte zur melodie passen könnten. dies kann die grundaussage des ganzen muskstücks verändern.

sollten teilnehmerInnen keine hemmungen haben, sich vor der gruppe zu produzieren, dann ließe sich sogar nach der umformulierung von songtexten sogar eine karaokeveranstaltung durchführen. das bedeutet zwar ein wenig vorbereitung, könnte aber auch der kontrolle dienen, ob sich der eigene text in die melodie einfügt und viel spaß machen. hier ist es auch kein problem, einen englischsprachigen text durch einen deutschen text zu ersetzen. die verwendung von songtexten bietet jedenfalls viele weitere möglichkeiten für das kreative schreiben. manche rap-workshops nutzen dies schon seit langem und sind auch für jugendliche und junge erwachsene attraktiv.

schreibpädagogik und spontanität

stellen sie sich vor, sie haben für das nächste schreibgruppentreffen eine schreibanregung draußen im wald geplant. es ist wunderschönes wetter und sie begeben sich mit ihrer gruppe in den wald. nach einer stunde kommt ein gewittersturm auf, der keinen zweifel daran aufkommen lässt, dass es nicht sinnvoll ist, im wald weiterzuschreiben. also müssen sie als leiterIn der gruppe eine alternative anbieten.

oder sie geben eine schreibanregung und neun von zehn teilnehmerInnen kennen diese anregung schon aus dem letzten volkshochschulkurs im kreativen schreiben, finden die anregung langweilig oder sagen, ihnen falle nichts dazu ein. sie können nun natürlich ihr konzept auf biegen und brechen durchführen oder sich schnell eine andere anregung einfallen lassen.

hier unterscheidet sich die anleitung von schreibgruppen nicht groß von anderen gruppenleitungen. es können immer dinge geschehen, mit denen sie nicht gerechnet haben. dies sollte man sich schon im vorfeld bewusst machen. bei manchen führt das dazu, dass sie versuchen, sich gegen alle eventualitäten abzusichern und drei alternativvarianten vorzubereiten. dadurch schaffen sie nur eine teilweise sicherheit, denn es kann noch so viel passieren, das ihnen gar nicht in den sinn kam.

wichtig scheint es in solchen momenten, die ruhe zu bewahren, gelassen zu bleiben und spontan alternative möglichkeiten anzubieten. die vorfälle sind selten eine kritik an ihrem konzept sondern zufällige begebenheiten. natürlich wäre es schöner gewesen, im wald zu schreiben, aber nun kann man vielleicht das thema „gewitter“ als anregung nutzen. es scheint eine übungssache zu sein, die man im laufe von gruppenanleitungen lernt, auch einmal vollständig das eigene konzept über den haufen werfen zu können. und es spricht auch nichts dagegen, in solchen momenten die teilnehmerInnen in die ideenfindung einzubeziehen. sie verspielen dadurch nicht den status der leitung, da sie weiterhin die umsetzung anleiten. meist kann man im nachhinein nur über die absurden zufälle, die einem das eigene konzept demontierten, lachen.

schreibidee (145)

eine meldung der letzten tage bescheinigte den deutschen einen hohen wasserverbrauch, höher als viele andere nationen. dabei geht es nicht um die verschwendung des nass bei der körperpflege, sondern um die wassermassen bei der produktion von waren. doch bei den momentanen sommerlichen temperaturen wird sich die schreibanregung einmal um eines der wichtigen körperlichen bedürfnisse drehen, nämlich den besuch des badezimmers. es sollen „badezimmergeschichten“ geschrieben werden.

vor dem treffen der schreibgruppe werden die teilnehmerInnen aufgefordert als hausaufgabe, sich eine halbe stunde in ihr badezimmer zu setzen und zwei dinge zu erledigen. zum einen ist ein einseitiges stimmungsbild aus dem badezimmer zu verfassen, zum anderen sind assoziationen zu notieren, die man zur nutzung des raumes hat. die stimmungsbilder werden in der schreibgruppe zu beginn vorgetragen.

anschließend werden cluster erstellt, was in diesem zimmer alles passieren kann. denn das badezimmer kann sowohl ort der beziehungskonflikte (die klassische zahnpastatube, bartstoppeln im waschbecken oder haare im abfluss) sein, als auch der annäherung (sex in dusche oder wanne). es ist ein ort der nacktheit, der zuwendung zum eigenen körper (spiegel) oder auch abwendung (wieder spiegel), des waschens, der reinigung und dergleichen mehr. in diesem raum entblößt sich der mensch, macht sich schutzloser und rüstet sich für den gang in den feindlichen alltag.

nun werden ausführliche geschichten von den teilnehmerInnen zu einem ereignis im badezimmer geschrieben. was trägt sich zwischen zwei menschen dort zu? die geschichten werden anschließend vorgetragen. und zum abschluss kann noch ein zweiseitiger text zum eigenen körperempfinden oder einer körpererfahrung im bad verfasst werden. alternativ kann zum thema „körper und wasser“ geschrieben, eine besondere taktile erfahrung. diese texte bleiben bei den teilnehmerInnen und werden nicht vorgetragen. wer möchte kann sich noch einmal zuhause ins badezimmer setzen und nach der schreibgruppe einen weiteren text verfassen.

web 2.0 und 25 jahre e-mail

vor ein paar tagen jährte sich das versenden der ersten e-mail in deutschland zum fünfundzwanzigsten mal. immerhin der tagesschau eine meldung wert und ein kleines jubiläum mit großen wirkungen.

wo wäre der „spam“, wenn es die mail nicht gebe. wo wären all die unwichtigen newsletter und inhaltsleeren botschaften, wenn es die mail nicht gäbe. postwurfsendungen gibt es zwar auch noch, doch sie halten sich im rahmen. aber so eine kurze mitteilung, dass man eigentlich sein geld in russland anlegen solle oder viagra unentbehrlich für zukünftige sexuelle abenteuer sei, hatte man nie im briefkasten, mancher aber täglich im mail-postfach.

ja, die verbindungen und kommunikationen sind schneller und einfacher geworden. aber eben auch unklarer. dadurch dass die mail suggeriert, sie sei eine schnelle eins-zu-eins-kommunikation, fördert sie auch die hoffnung einer schnellen antwort. doch die muss nicht kommen. früher machten sich die menschen im netz noch die mühe, auf jede mail zu antworten, so wie man auch jeden persönlichen brief im laufe der zeit beantwortete. doch heute ist erst einmal meist schweigen.

und da fängt man an, sich zu fragen, ob die übertragung überhaupt geklappt hat. denn manche mail ist schon im netz verschütt gegangen, umgeleitet oder von anderen gelesen worden. offiziell gehen wahrscheinlich viel weniger mails verloren als behauptet wird. aber die verleugnung der ankunft vereinfacht die bewältigung der massenkommunikation. zum glück wurde inzwischen twitter erfunden. hier wird keine antwort mehr erwartet. wer die nachrichten liest, liest sie, der andere lässt es einfach sein. man kann reagieren, muss aber nicht. es ist ungerichtetes schreiben. wie schön, dass die verbindlichkeiten aus dem alltag verschwinden. eigentlich können wir es dann doch ganz sein lassen, uns zu schreiben. oder?

wortklauberei (49)

„du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“

jawoll ja, da stimmt man doch sofort zu und vermutet einen revolutionären aufruf dahinter. wie sonst sollte man die äußerung „du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“ verstehen. macht den mund auf, lasst euch nichts gefallen, schaut nicht weg, reiht euch ein! oder richtet sich der satz an eltern, die ihren kleinen kindern das sprechen beibringen sollten, anstatt sie mit süssigkeiten abzufüttern?

weit gefehlt. dieser satz prangt auf plakatwänden und wirbt für die handy-flatrate von vodafone. oh, wie treffend der aufruf erscheint. oder anders formuliert, es hätte des plakates gar nicht bedurft, um die menschen auf ihr rederecht aufmerksam zu machen. denn wer durch die straßen zieht, glaubt neben dem lärm der verbrennungsmotoren, nur noch geplapper zu hören.

auf dem bürgersteig, in der u-bahn, im buchladen, im zug, in der bäckerei, im kino, beim frisör, im discounter, in und vor den kneipen und natürlich in den wohnungen. die menschen schweigen schon lang nicht mehr. sie belabern sich gegenseitig mit vielen nichtigkeiten und seltsamerweise finden die wichtigen gespräche wohl nicht am handy statt. oder es finden überhaupt keine wichtigen gespräche mehr statt. doch das wäre eine unterstellung, die nicht glaubwürdig erscheint.

denn das soziale gefüge ist noch nicht aus den fugen geraten, also müssen sich die menschen auch noch über die existentiellen dinge des lebens verständigen. doch wenn man es richtig versteht, dann nicht im mobilen raum. das ist ein trost, der einen auffordert die plakatkampagne zu starten „du bist nicht auf der welt, um zu plappern“. wäre doch einmal etwas für den sozialen frieden 😆

biografisches schreiben und region

mit blick auf den vorhergehenden buchtipp, möchte ich die rolle der region, in der man aufwächst, ein wenig beleuchten. der mensch unterliegt im laufe seiner entwicklung nicht nur dem einfluss des elternhauses, der familie und der nachbarschaft, sondern auch den bedingungen, die ihm in seiner lebensregion zur verfügung gestellt werden.

beim verfassen der eigenen lebensgeschichte kann es eine rolle spielen, wie groß dieser einfluss auf die eigene biografie war. fühlte man sich in seiner heimat wohl und hat sie nie verlassen oder hat man es nach einer gewissen zeit nicht mehr ausgehalten und wollte den lebensraum wechseln? hier gibt es unterschiede, zum beispiel bei der frage, ob man in einer großstadt oder in ländlicher umgebung aufgewachsen ist. wie sahen die möglichkeiten für eine eigentständige entwicklung aus? wie beschützend war das soziale netzwerk?

denn eines ist offensichtlich: es gibt unterschiede, sowohl in der sozialen absicherung als auch kontrolle. das kann verschieden empfunden werden und hängt von den subjektiven bedürfnissen ab. so lohnt sich ein blick auf die ehemalige lebensumwelt. was wollte man zur damaligen zeit erreichen? wieviel ließ sich davon umsetzen und gab es momente, in denen einen das eigene umfeld daran hinderte oder förderte?

in diesem zusammenhang interessant scheint auch, ob man sich die eigene lebensregion überhaupt im laufe seines lebens selber wählen konnte. musste man wegen möglicher arbeitsangebote in regionen leben, in die man nie wollte. und wie hat sich dieses leben entwickelt. es kann zum beispiel vorkommen, dass man anfängt, die unfreiwillige heimat zu schätzen. und möchte man zur zeit des biografischen schreibens den eigenen lebensraum noch einmal wechseln?

„kein schöner land“ von patrick findeis – ein buchtipp

die provinz, im besonderen die schwäbische provinz, hat einen besonderen charme. inzwischen touristisch erschlossen, scheint es, als würde nur gutes essen genossen, geputzt und gewienert und nebenher die landschaft bäuerlich bestellt. dies ist schon lang nicht mehr der fall.

viele mittelständischen betriebe, überalterung der dörfer und abwanderung der jugend, kratzen an der heilen welt der provinziellen idylle. und auch in der vergangenheit gab es die idylle nie. nur der versuch, von den abgründen beim engen zusammenleben, nicht nach außen dringen zu lassen, klappte ganz gut. wer aber in solchen regionen aufgewachsen ist, kann ein lied von tragödien, süchten und langeweile singen.

dieses lied singt der relativ junge autor patrick findeis in seinem buch „kein schöner land“ grandios. er steigt in die tiefen der abgründe und holt sie stück für stück hervor. dabei malt er im laufe des buches ein sittenbild, wie es vielen in provinziellen regionen aufgewachsenen bekannt sein dürfte. dabei scheint es nicht mehr wichtig, ob es sich um die schwäbische provinz oder eine andere in deutschland handelt.

die kleinen und großen privaten tragödien könnten sich auch in einer großstadt zutragen, doch die anderen würden sie nicht so mitbekommen und es böten sich mehr ausweichmöglichkeiten an. auf dem land punker, hippie oder langhaariger zu sein, musste direkter inszeniert werden, um zu überleben. und manch einer, der den absprung nicht schaffte, blieb auf der strecke. wie so etwas geschehen könnte, beschreibt das buch eindringlich. lesenswert. das buch ist bei dva in münchen erschienen. ISBN 978-3-421-04417-4

p.s.: der autor absolvierte sein studium im literaturinstitut in leipzig.

schreibidee (144)

diese schreibidee ist nicht meine, sondern wurde mir von johannes g., einem doch recht regelmäßigen leser dieses blogs, vorgeschlagen. gruß!
man gerät immer wieder in die situation, einladungen für festivitäten zu erhalten, die mit einem zu machenden geschenk verbunden sind. freundlicherweise legen viele menschen diesen geschenken grußkarten bei. doch was auf die karten schreiben? deshalb soll dieses mal die schreibanregung zu „grußkartentexten“ führen.

als einstieg werden in der schreibgruppe anlässe für grußkarten gesammelt. wann muss man eigentlich etwas auf eine karte schreiben? aus den am flipchart notierten situationen, wählt man sich die aus, die zur zeit für einen am aktuellsten ist. dann überlegen die teilnehmerInnen der schreibgruppe, an wen sich diese grußkarte richtet.

als erstes wird eine einseitige beschreibung der person, für die die karte bestimmt ist, verfasst. dabei sollen eigenschaften, gemeinsame erlebnisse und die ursache des feierlichen anlasses berücksichtigt werden. anschließend wird in kurzen stichworten notiert, was man dieser person denn wünscht. bei den wünschen zeigen sich schnell die unterschiede, wie nahe einem die person steht. die teilnehmerInnen sollen anschließend noch notieren, was sie sich mit dieser person wünschen, also sich selbst als bezugsperson einbeziehen. auch diese wünsche werden als stichworte verfasst.

im nächsten schritt wird ein brief an die zu grüßende person verfasst. dabei thematisieren die teilnehmerInnen der schreibgruppe, was sie mit der person erlebt haben, wie wichtig sie ihnen ist, was sie ihr für die zukünftige zeit wünschen und was sie gemeinsam erleben wollen. die briefe werden gegenseitig in der schreibgruppe vorgelesen. und im nächsten schritt auf postkarten- oder grußkartenformat zusammengestrichen oder verdichtet. dieser text wird auf einer karte (es stehen verschiedene zur auswahl) notiert.

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