Tagesarchiv: 9. März 2010

wen sollte meine biografie interessieren?

mich selber. so einfach lässt sich in bezug auf das biografische schreiben eine antwort geben. nur wenn ich ein interesse an meiner eigenen lebensgeschichte habe, macht das biografische schreiben sinn. schnell wird über das eigeninteresse geurteilt: menschen, die sich so intensiv mit ihrer eigenen geschichte auseinandersetzen sind narzistisch, egozentrisch oder einfach nur gelangweilt.

es ist heute üblicher, das licht unter den eigenen scheffel zu stellen und davon auszugehen, dass die eigene geschichte nichts besonderes bietet, um sie festzuhalten. also benötigt man so etwas wie biografisches schreiben auch nicht. hier wird verkannt, dass es gar nicht um besonderes geht. es geht nicht um eine außergewöhnliche biografie außergewöhnlicher menschen. es geht um die faszination, dass jedes leben einen bunten strauß an begebenheiten bietet, die einmalig und individuell sind. sie zu betrachten hat nichts mit selbstverliebtheit zu tun, sondern mit dem interesse an den hintergründen.

denn bei genauerer betrachtung wird jeder biografisch schreibende mensch feststellen, dass in seinem leben mehr geschehen ist, als er vorher annahm. ähnlich wie beim kreativen schreiben eröffnet sich im laufe der zeit eine bandbreite an ideen und blickwinkeln, die nie vermutet wurde. ebenso wie bei der kreativität, wird der blick für die details geschärft: es fällt einem mehr ein und auf. und, neben den effekten der selbsterkenntnis, der wert der eigenen person wird in der skala der wertschätzung höher eingeordnet.

das biografische schreiben ist ein ausdruck der sorge um sich selber. gern wird in unserer gesellschaft vermittelt, das höchste gut bestehe darin, sich um andere zu kümmern und zu bemühen, eine leistung für das gemeinwohl erbringen zu müssen, sich anzustrengen, um ein gutes auskommen zu haben. dabei verlieren viele sich selber aus den augen, ignorieren ihren eigenen wert. das biografische schreiben kann einen wieder zu sich selbst zurückführen.

es ist nur ein nebeneffekt, dass die ergebnisse des biografischen schreibens auch andere interessieren könnten. Weiterlesen

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selbstbefragung (51) – lernen

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „lernen„.

  • was verstehen sie unter lernen? beschreiben sie.
  • das wichtigste, das sie bis jetzt in ihrem leben gelernt haben? warum?
  • ab wann macht ihnen lernen spaß? was benötigen sie dafür?
  • welcher mensch hat sie in ihrem leben das wichtigste gelehrt? berichten sie.
  • was möchten sie unbedingt anderen menschen mitgeben, beibringen?
  • was sollten menschen ihrer meinung nach für sich lernen? begründen sie.
  • welche bedeutung hat ihre schulzeit, ihre ausbildungszeit für sie?
  • welches gelernte würden sie gern wieder verlernen? warum?
  • was möchten sie unbedingt noch lernen? beschreiben sie.
  • wie weit erweitert lernen ihr leben?

schreibidee (172)

der mensch teilt sich die zeit ein. die natur kennt zeit nicht, sie kennt ausschließlich abläufe. wir dagegen versuchen ein korsett für die abläufe zu finden. ein jahr ist ein schöner zeitabschnitt. doch ein jahrzehnt klingt gewichtiger und begründet meist eine neue generation in mode, musik, politik, kultur und dergleichen mehr. da erinnern wir uns, je nach alter, an das letzte jahrhundert, doch es fällt schwer dafür einen umfassenden begriff zu finden. doch mit den 40ern, den 50ern, 60ern und 70ern, 80ern, 90ern können wahrscheinlich alle etwas verbinden. es geht in der woche des biografischen schreibens um meine eigene persönliche verbindung zu den jahrzehnten. darum lautet die schreibidee auch „mein jahrzehnt„.

als einstieg werden die schreibgruppenteilnehmerInnen aufgefordert, für jedes der jahrzehnte, das sie miterlebt haben, 10 assoziationen zu notieren. im anschluss gibt es die möglichkeit mit hilfe verschiedener recherchemöglichkeiten (internet, bücher, zeitungen, datenbanken…), die notizen zu den jahrzehnten zu erweitern. die teilnehmerInnen können sich noch ein paar ereignisse in die erinnerung rufen und sollten die eindrücklichsten zum jeweiligen jahrzehnt auswählen und notieren.

anschließend verfassen alle eine viertelseitige kurzbeschreibung zu den jeweils erlebten jahrzehnten. diese kurzfassungen werden in der schreibgruppe vorgelesen. sie können auch für die anderen teilnehmerInnen zusätzliche anregungen sein, sich zu erinnern. wenn alle beschreibungen vorgestellt wurden, suchen sich die teilnehmerInnen jeweils „ihr“ jahrzehnt aus. welches jahrzehnt war das wichtigste, das beeindruckendste für sie? im anschluss wird zum ausgewählten jahrzehnt ein cluster erstellt. dieses cluster konzentriert sich auf die persönlichen erlebnisse.

nun geht es darum, eine geschichte zum titel „mein jahrzehnt“ zu schreiben. um alles noch mehr unterfüttern zu können, wenn bedarf besteht, kann zum gewählten jahrzehnt weiter recherchiert werden. sind alle infos zusammengetragen, lässt sich vielleicht ein thema für das gewichtige jahrzehnt finden. es kann ein überblickstext, eine persönlich bedeutende geschichte geschrieben, eine entwicklung beschrieben oder ein kreative geschichte fantasiert werden. die texte werden anschließend in der schreibgruppe vorgetragen. das feedback sollte unter dem blickwinkel, wie treffend das jahrzehnt erfasst wurde, stattfinden. finden sich die anderen gruppenteilnehmerInnen auch in dem text wieder oder haben sie alles anders erlebt?

zum abschluss kann eventuell noch eine doku über die jeweiligen jahrzehnte angeboten werden. in einer biografischen schreibgruppe kann die schreibidee insoweit abgewandelt werden, dass zu einem festgelegten jahrzehnt texte verfasst werden.

woche des biografischen schreibens

nach diversen motto-wochen ist es an der zeit, sich neben der selbsterkenntnis, dem schlichten biografischen schreiben zu zu wenden. darum wird diese woche und ein teil der nächsten woche zur „woche des biografischen schreibens“ von mir ernannt. in den letzten jahren gewinnen dokus im fernsehen beständig an zuschauerInnen, ein zeichen für das interesse am authentischen, am realen. die eigene lebensgeschichte ist wahrscheinlich das realste, das uns zur verfügung steht. alle anderen abläufe in unserer umwelt werden wir nur ausschnitthaft wahrnehmen können, aber uns erleben wir rund um die uhr.

trotzdem stellt sich die frage: warum sollte ich mich mit meiner lebensgeschichte auseinandersetzen? so interessant ist mein leben nicht. dieser frage und überlegungen dazu, was ich mit dem biografischen schreiben erfassen kann und möchte, werde ich in den nächsten tagen nachgehen. daneben versuche ich schreibideen zu biografischem schreiben vorzustellen. und die vorschläge zur selbstbefragung werden weitergeführt. ich hoffe, dass dies ein wenig neugierig macht.

apropos, neugierde ist beim biografischen schreiben, wie die kreativität beim kreativen schreiben, eine grundlage. wenn ich nicht neugierig auf mich selber, auf die erlebnisse, die ich hatte, auf die menschen um mich bin, wird es schwer werden, erlebtes zu beschreiben. außerdem hofft das biografische schreiben auf die neugierde anderer, wenn es zu veröffentlichungen kommen soll. die leserInnen sind hoffentlich neugierig auf die lebensgeschichte von mir. viele menschen vermuten dazu benötige es ein wahnsinnig aufregendes leben. hier verhält es sich wie bei den dokus im fernsehen, manchmal ist schon der allgemeine alltag sehr spannend. und eines zeigt das biografische schreiben immer: wie vielfältig die menschen und ihre leben sind. keine lebensgeschichte gleicht der anderen.

viel neugierde und spaß in den nächsten tagen wünsche ich.