unsere kultur fördert die haltung, sich selbst zu mögen, nicht. wir lernen sehr früh, dass die urteile anderer (über)lebensnotwendig sind. es gibt garantiert den aspekt, dass ich mich nur durch rückmeldungen von anderen weiterentwickeln kann. doch ich setze die urteile anderer nur dann in ein angemessenes verhältnis zu meinen bedürfnissen und fähigkeiten, wenn ich mir selbst vertraue, mich annehmen kann. der schwerpunkt unserer kultur liegt auf der kritik, lob wird meist sehr spärlich gegeben. darum tun sich alle kulturellen professionen recht schwer. „fördern und fordern“ erschöpft sich meist im fordern.
der schreibprozess des kreativen oder biografischen schreibens bietet eine gute alternative zu dieser entwicklung. denn eines bewirkt schreiben ganz von allein (so lang ich mir nicht zu viele gedanken um die leserInnen mache), man schöpft aus sich. man wendet sich also sich selber zu. egal was geschrieben wird, wie hier schon öfter erwähnt, es wird immer persönliches, subjektives einfließen.
natürlich bietet das biografische schreiben im schreibprozess einen größeren anteil an persönlicher zuwendung als das verfassen eines zeitungsartikels.
jedoch allein der rückzug in die eigene gedankenwelt, der prozess des sammelns von ideen, von neuen gedankenkombinationen, das kreative denken, fördert die selbstannahme. voraus geht dieser handlung der gedanke, man hätte etwas mitzuteilen.
dieser gedanke spiegelt schon eine gewisse selbstwertigkeit wieder. ich käme gar nicht auf die idee eigenes zu schreiben, womöglich noch zu veröffentlichen, wenn ich mir nichts zutraue. zu dieser selbstannahme gesellt sich während des schreibprozesses ein weiteres empfinden: während man sich im fluss des schreibens befindet, bildet sich meist langsam ein angenehmes körpergefühl heraus, gepaart mit dem empfinden, etwas zu schaffen. ist der schreibprozess dann erst einmal beendet, blickt man auch sofort auf konkretes ergebnis. natürlich kann man dies noch verwerfen oder verändern. aber im gegensatz zu vielen anderen langfristigen handlungen und prozessen, bietet das schreiben sofort ein konkretes ergebnis.
dieser vorgang ist der „selbstliebe“ förderlich (ich setze den begriff in klammern, da er für viele leserInnen weiterhin befremdlich sein wird). doch, man kann sich mögen, wenn man geschrieben hat. und es spricht nichts dagegen, eben nur der gesellschaftliche hintergrund tut sich schwer damit.