workshops, fortbildungen und bücher sollen heute allen helfen, den umgang mit den 24 stunden, die einem pro tag zur verfügung stehen, effektiv und richtig zu gestalten. das zauberwort lautet „zeitmanagement“. selten wird hinterfragt, weshalb so etwas überhaupt notwendig wird. sind die menschen früher gedankenloser mit ihrer zeit umgegangen? sicherlich nicht, aber sie hatten klarere strukturen. der tag war durch die festen arbeitszeiten unterteilt, der rest nannte sich „frei“zeit. davon kann heute in vielen berufen nicht mehr die rede sein. die flexibilisierung der arbeitszeiten und -verhältnisse hat erst so etwas wie zeitmanagement notwendig gemacht.
dies bedeutet jedoch, dass der einzelne unter vorgegebenen gesellschaftlichen und kapitalistischen bedingungen, sein zeitkontingent zu managen hat. dabei kann er aber wenig an den bedingungen ändern. und je schwieriger die trennung von arbeits- und freizeit fällt, desto schwerer wird auch die kontinuierliche verfolgung eines hobbys. kreatives schreiben lebt aber auch von seiner regelmäßigen verwirklichung. ich habe hier schon öfter die möglichkeiten der kurzen und schnellen schreibübungen und schreibeinstiege gezeigt. doch wie soll man nun die dabei entstandenen ideen in ausführlicher schreibprozesse überführen? wie lässt sich dies in das eigene zeitmanagement einpassen?
so fürchterlich das klingen mag, aber um selbstdisziplin kommt der mensch in solchen momenten nicht herum. selbstdisziplin erscheint ein widerspruch zum spielerischen schreiben zu sein, das eben nicht auf leistung ausgerichtet ist. meiner ansicht nach hat man zwei möglichkeiten der selbstdisziplin:
zum einen kann man sich feste zeiten im laufe jeder woche setzen, die einzig für das schreiben reserviert sind. sie können nicht gekippt werden oder anders formuliert: diese festen termine werden als letztes verändert. manche menschen animieren sich zum beispiel „morgenseiten“ zu schreiben, also nach dem aufstehen sich dem schreiben zu widmen. die ist oft gekoppelt mit dem aufarbeiten von träumen, muss es aber nicht sein. also das frühstück und wach werden für die eigenen interessen nebenher zu nutzen. andere schreiben gern noch vor dem einschlafen, hier mag aber häufig die müdigkeit einen strich durch die rechnung machen.
zum anderen kann aber auch selbstdisziplin im aufschieben anderer dinge an den tag legen, um zu schreiben, wenn man gerade lust hat oder eine idee verfolgen möchte. da wird dann die wohnung später gereinigt, da das schreiben sich in den vordergrund drängt. diese idee folgt etwas stärker dem lustprinzip. doch auch hier ist es notwendig den gedanken, dass andere dinge nicht so wichtig sind, konsequent zu verfolgen, also diszipliniert durchzusetzen gegen das eigene schlechte gewissen.
beide formen der selbstdisziplin stellen weiterhin kompromisse dar, sich einem zeitmanagement nicht ganz entziehen zu können. also persönliches, subjektiv schön empfundenes gegen die anmutungen von außen durchzusetzen. das klingt beim lesen wahrscheinlich einfacher, als es für viele ist. doch es bedarf vielleicht auch nur der übung. soll heißen, es kann in kleinen schritten vollzogen werden. und da bin ich wieder bei den schnellen schreibübungen. es ist vielleicht möglich, erst einmal mit zehn minuten zu beginnen und sich vorzunehmen, die zeit für das schreiben konsequent immer wieder um ein paar minuten auszudehnen. der positive effekt, etwas für sich getan zu haben, motiviert vielleicht den wunsch nach selbstdisziplin, so absurd das klingen mag. am schönsten ist natürlich unendlich viel zeit, um einfach kreativ sein zu können, doch das bleibt im alltag vieler ein traum. also die stifte gespitzt und dem tag schreibzeit abtrotzen. die entstandenen texte werden es einem angemessen erscheinen lassen 😮