web 2.0 und bilderflut

das web 2.0 füllt sich oder anders formuliert, die speicherkapazitäten nehmen ständig zu und werden mit daten angefüllt. darunter ist viel geschriebenes. doch insgesamt sind es vor allen dingen die bilder und filme, die unsere gewohnheiten der wahrnehmung der welt verändern. die kommunikation zwischen den menschen wird visueller. war es früher das gespräch auf der straße mit den nachbarn, ist es heute die mail mit links und bildern der sozialen bezugsgruppe im netz.

wenn ich in meinem realen umfeld kommuniziere, nehme ich aus meinem blickwinkel heraus die welt um mich herum wahr, höre die aussagen der anderen und es entsteht für mich eine authentische wahrnehmung. kommuniziere ich im virtuellen umfeld, lese ich die anderen, nehme ich die welt um mich herum immer öfter aus dem blickwinkel der anderen wahr, indem ich ihre fotos oder ihre filme betrachte. ich kann schwer überprüfen, wie authentisch das mir dargebotene ist. und ich weiß nicht, welche beweggründe die anderen hatten, die welt genau so abzubilden, wie sie es getan haben.

da es aber nicht sinnvoll erscheint, das mir dargebotene ständig zu hinterfragen und nach erklärungen zu suchen (gerät in diesen momenten doch die kommunikation ins stocken), verführt mich mein gehirn, mein soziales gewissen dazu, diese virtuelle welt als bare münze zu nehmen, zur realität zu machen. ich blende aus, dass es sich um eine zweidimensionale darstellung, um ein digitales abbild handelt.

geschriebenes lässt spielraum, eigene bilder und gedanken einfließen zu lassen, vergleiche zwischen dem gelesenen und eigenem erlebten herzustellen. abbilder suggerieren authentizität, dabei bewege ich mich aber auf schwankendem boden. es fällt mir immer schwerer eine trennung zwischen meiner eigenen wahrnehmung und der der anderen herzustellen. weit gedacht könnte man diskutieren, ob ich durch die dargebotenen fremdwahrnehmungen nicht meine individualität oder subjektivität verliere. alle sehen das gleiche.

zumindest kann man vermuten, dass dadurch eigene positionen schwerer werden, denn die bilder sprechen eine „eindeutige“ sprache. das fernsehen als mediale vorstufe konnte schon realitäten abbilden, doch es stand noch in größerem widerstreit zur realen alltagswelt. je mehr lebensäußerung sich inzwischen ins internet verlagern (angefangen bei der kontaktaufnahme, der anbahnung von beziehungen, das einkaufen, das wissen abfragen, die reise planen, den ausblick genießen bis zum alltäglichen kommunizieren), desto schwieriger wird es, meinen alltag selbstständig wahrzunehmen. der blickwinkel und das filtern der information liegt in den händen anderer. dies kann ungemein verunsichern oder eben auch realität suggerieren.

medien sind in ihrer wirkung nicht zu unterschätzen. da erinnere man sich an die radiosendung von der landung der marsmenschen oder an die tv-spielshow, in der menschen gejagt werden sollten. medien schlüpfen in unsere realität und verändern unsere wahrnehmung. die vielen bilder fordern von uns ständige aufmerksamkeit, reales von irrealem zu trennen und dem dargebotenen zu vertrauen oder zu misstrauen. das strengt im hintergrund an.

auf der anderen seite bieten uns die vielen bilder im web 2.0 einblick in so viele neue welten, die uns vor jahrzehnten noch verschlossen geblieben wären, dass sie gleichzeitig eine enorme anregung zur erfassung der welt sein können. wir kannten vieles nicht, was wir nun kennen lernen können. darunter kann sich sowohl positive als auch negatives, angenehmes wie unangenehmes befinden. unsere welt erweitert sich um menschen, räume und orte. worauf dies hinausläuft in unseren lebenszusammenhängen und wahrnehmungen ist erst einmal schwer zu sagen. manche klagen über große orientierungslosigkeit, andere lassen sich gern in der bilderflut wie in einer nussschale treiben und genießen den ausblick. man sollte sich nur bewusst sein, dass die abbilder nicht real sein müssen.

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