schreibpädagogik und stress

bei der schreibpädagogik müssen zwei blickwinkel in bezug auf die anleitung von schreibgruppen eingenommen werden. zum einen der blick auf den stress als anleiterIn einer schreibgruppe. zum anderen der auf den stress innerhalb einer schreibgruppe, den man als anleiterIn feststellt. beide stressformen können in jederzeit auftreten, sie sind kein weltuntergang, aber im vorfeld kann man sich eventuell schon ein paar strategien überlegen.

man gerät bei der anleitung einer schreibgruppe sehr in (negativen) stress. was kann man tun? ursache kann zum beispiel sein, dass die vorgeschlagene schreibanregung nicht funktioniert, dass am ende eines treffens die teilnehmerInnen ein negatives feedback geben oder dass einzelne teilnehmerInnen den ablauf des gruppentreffens negativ beeinflussen.

in allen drei situationen heisst es erst einmal tief durchatmen, nicht sofort handeln, nicht sofort reagieren, sich nicht augenblicklich verteidigen. am wichtigsten wird es sein, weiterhin authentisch zu wirken. dies bedeutet, keinen hehl aus der eigenen situation machen. gruppen haben ein gespür dafür, wenn jemand versucht, schwierige situationen zu überspielen. natürlich leitet man noch die gruppen, man sollte auch nicht unbedingt allen emotionen freien lauf lassen. es geht eher darum, die ereignisse aufzugreifen und für sich selbst zu nutzen.

man kann zum beispiel offenlegen, dass man sich den verlauf der schreibanregung anders vorgestellt hatte und sich im anschluss mit der schreibgruppe auf die suche nach einer besseren variante begeben. man kann sich erst einmal das feedback ohne verteidigungsargumentationen anhören und dann die gruppe noch einmal konkret nach alternativen fragen. danach kann man selber entscheiden, ob man die vorgeschlagenen alternativen annehmen möchte oder nicht. in diesen momenten sollte man seine handlungen begründen. oder man kann die teilnehmerInnen, die negativ in der gruppe agieren, direkt ansprechen und ihnen offenlegen, dass einen das verhalten stört und andere wahrscheinlich auch.

nicht hilfreich scheint es, die schwierigkeiten zu umgehen, zu ignorieren. dies verstärkt den stress eher, als dass es ihn vermindern könnte. die hier genannten drei ansätze sind ein anfang auf der sache nach neuen handlungsmöglichkeiten. das eröffnet einem mehr spielraum und man ist nicht ständig damit beschäftigt zu „vertuschen“ und zu „besänftigen“.

wenn man wiederum feststellt, dass sich schreibgruppenteilnehmerInnen entweder selber oder gegenseitig unter druck setzen, dann sollte man den eigenen eindruck aufgreifen und verbalisieren. man sollte eine meinung der gruppenteilnehmerInnen einholen, ob man mit seiner vermutung richtig liegt. nur die teilnehmerInnen können für sich selber sprechen und ihr befinden ausdrücken. sollte sich der eindruck bestätigen, kann man versuchen, den ablauf zu verändern, indem man das thema stress kreativ aufgreift. man kann eine das schreiben einer geschichte über den stress anregen. man kann entspannungsübungen einstreuen oder zum beispiel den konkurrenzdruck, die eigenen versagensängste in geschriebene dialoge überführen lassen.

dieses vorgehen ist nicht immer umsetzbar, da der zeitrahmen für eine umfassende programmänderung nicht gegeben ist. in diesem moment kann man noch ein gespräch nach dem gruppentreffen anbieten oder anregungen für schriftliche reflexionen zuhause geben. insgesamt entlastet man durch dieses relativ offene vorgehen schnell die gruppe und auch sich selber. was nicht bedeuten soll, dass es nach dem gruppentreffen nicht mehr zu thematisieren wäre. da jede schreibgruppe anders ist, kann man überlegen, welche vorgehensweisen beim nächsten mal zu ändern wären und welche reaktionen man nicht verhindern kann. wie geschrieben, jede(r) kann in diese situationen geraten. sie sind ganz menschlich.

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