in beziehungen ist das entschuldigen manchmal schwierig. man glaubt, die eigene position aufzugeben und eine schwäche in der machtkonstellation zu offenbaren. darum kommt das „entschuldigung“ einfach nicht über die lippen, obwohl man die restliche zeit mit einem schlechten gewissen rumläuft. in der schreibidee (130) wurden schon anregungen für entschuldigungstexte gegeben. doch die lassen manchen konflikt größer erscheinen als er war. darum soll dieses mal eine anregung für „sorry-gedichte“ gegeben werden. die gedichtform entschärft ein wenig die ernsthaftigkeit der entschuldigung, zieht die situation aber nicht ins lächerliche.
als einstieg werden zehn sätze mit dem anfang „sorry für …“ von allen schreibgruppenteilnehmerInnen geschrieben. diese texte werden nicht vorgelesen, erhalten aber durch die wiederholung des satzanfangs schon beinahe gedicht- oder gebetsstruktur. die sätze können an mehrere oder eine person gerichtet sein, und bei manchen teilnehmerInnen kann sich das gefühl von unterwürfigkeit einschleichen. es darf ausdrücklich auch humorvoll nach entschuldigungen gesucht werden. das wörtchen „sorry“ strahlt schon etwas gelassenheit aus.
darum der zweite schritt: es wird ein einseitiger text mit der überschrift „was wäre so schlimm daran, wenn ich mich entschuldige?“ verfasst. diese texte werden jedoch in der schreibgruppe vorgetragen. dadurch kann sich noch einmal über die beweggründe für entschuldigungen ausgetauscht werden. anschließend wählen alle teilnehmerInnen jeweils den gewichtigsten satz aus ihren zehn „sorry-sätzen“ aus. zu diesem satz verfassen sie ein elfchen, einen schneeball und ein haiku. die drei kleinstgedichte werden in der gruppe ohne feedback vorgetragen.
im letzten schritt werden aus den kleinstgedichten ein längeres gedicht formuliert. vorgabe ist es nicht, dass es sich reimen müsste. einzige vorgabe ist es, dass die erste zeile mit dem wort „sorry“ beginnen muss. das gedicht kann eine begebenheit wiedergeben, kann die beweggründe für das fehlverhalten beschreiben oder kann einfach nur eine rhythmisch formulierte entschuldigung sein. das letzte wort des gedichts muss dann auch noch einmal „sorry“ sein. die gedichte werden in der schreibgruppe vorgetragen und beim feedback formuliern die schreibgruppenteilnehmerInnen zusätzlich, ob sie die entschuldigung annehmen würden und wie ernsthaft das gedicht auf sie wirkt.