Tagesarchiv: 20. Mai 2011

schreibpädagogik und angst

die angst der gruppenleitung vor der schreibgruppe. ein thema, das selten beschrieben wird, aber sehr wohl existent ist. auch gruppenleitungen sind auf die rückmeldungen der gruppe angewiesen, um zu realisieren, wie ihre leitungsfunktion ankommt oder nicht ankommt. und doch ist jede gruppe anders, niemand weiß, was auf ihn oder sie zukommt. da ist es nicht abwegig, dass auch bei moderationen, anleitungen und beim referieren ängste ins spiel kommen.

ein gedanke dreht sich darum, ob man gut genug vorbereitet ist und den erwartungen der teilnehmerInnen genügt. selten weiß man etwas von den persönlichen kompetenzen der schreibgruppenteilnehmerInnen. man hat keine ahnung, welches niveau erwartet wird. der druck nimmt zu, wenn für die teilnahme bezahlt wird. denn die menschen wollen etwas für ihr geld geboten bekommen. und sie möchten nicht unterfordert werden.

dann werden texte geschrieben. etliche schreibgruppenleitungen schreiben nicht mit. doch eigentlich schafft man beim mitschreiben eine vertrauensvolle atmosphäre. aber dies kann auch für die gruppenleitung bedrohliche ausmaße annehmen, vor allen dingen, wenn man seine eigenen in texte mit denen der teilnehmerInnen vergleicht. hier wird antizipiert, dass alle teilnehmerInnen nichs anderes machen, als darauf zu achten, was die leitung schreibt. ganz abwegig ist der gedanke nicht, denn eine gruppenleitung ist eine gruppenleitung ist eine gruppenleitung. der versuch, sich dieser rolle zu entziehen wird zum scheitern verurteilt sein. gleichzeitig wird aber gern die bewertungsskala von teilnehmerInnen überschätzt.

es gibt ebenso die angst davor, nicht jede frage beantworten zu können. dabei verzeihen auch schreibgruppenteilnehmerInnen die tatsache, dass man sich nicht in jedem bereich auskennen muss und nicht jede antwort parat hat. Weiterlesen

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schreibidee (258)

nachdem ich hier im blog der sinnvollen angst das wort geredet habe, die angst in schutz genommen habe vor den „coolen“ typen, ist es an der zeit einen blick auf die unberechtigte, übertriebene angst zu werfen. eine schreibanregung bietet eine schöne möglichkeit, dieser angst raum zu geben, in „schisserstories„. psychopathologisch ist dies natürlich fragwürdig, aber kreativ schreibend kann es spaß machen.

um dann gleich den „schisser“ ein wenig in schutz zu nehmen, notieren sich die schreibgruppenteilnehmerInnen zu beginn dinge und ereignisse, vor denen sie angst haben, obwohl sie wissen, dass es nicht notwendig und sinnlos ist. gern kann man dazu die so genannten „phobien“ zählen, zum beispiel die angst vor spinnen, schlangen oder auch gelben frotteehandtüchern. diese listen werden kurz in der schreibgruppe vorgestellt und noch um weitere beispiele ergänzt, damit alle teilnehmerInnen eine reichhaltige auswahl an „schisser-grundlagen“ haben.

im nächsten schritt wird ein kleiner, fiktiver lexikoneintrag für zwei der ängste und phobien verfasst. darin enthalten sei eine kurze beschreibung, wie sich die angst äußert, zu welchen reaktionen sie führt und welche strategien oder heilmethoden abhilfe schaffen können. dabei darf die realität aus den augen verloren und der fantasie raum gegeben werden. die lexikoneinträge werden ohne feedback in der schreibgruppe kurz vorgestellt.

und nun wird eine längere story daraus. es ist eine geschichte um die angst zu schreiben. wie verändert sich zum beispiel das leben eines menschen, der angst vor gelben frotteehandtüchern hat? was kann deswegen passieren. welche komplikationen tauchen auf, wenn ich auf einer party bin und auf der toilette hängen ausschließlich gelbe frotteehandtücher? in den „schisserstories“ darf alles aufgefahren werden, was mit irrationalen ängsten zu tun hat. anschließend werden die geschichten in der schreibgruppe vorgetragen und es wird im feedback gesondert die vermittlung der angstzustände reflektiert.

da wir uns mit dem kreativen schreiben auch im märchenland bewegen, kommt irgendwann eine gute fee vorbei und nimmt dem schisser plötzlich seine ängste. zum abschluss wird eine geschichte geschrieben, in der die angst plötzlich verschwunden ist, die alten verhaltensmuster aber noch nicht abgelegt sind. was kann passieren? die geschichten werden in der schreibgruppe ohne feedback vorgetragen.