nein, es soll hier nicht darum gehen, ob schreibberaterInnen schön aussehen müssen. das wäre dann doch ein sehr anmaßender gedanke. es geht um die fragen, ab wann ein text für die schreibenden selber „schön“ ist. oft wird im rahmen der blockierenden selbstkritik formuliert: „ich schreibe keine schönen texte“. diesem selbsturteil ist meist nicht sehr leicht etwas entgegenzusetzen, wenn man nicht in die bestärkung der kleinkinderziehung verfallen möchte, und als beraterIn alles als „schön“ bezeichnet, das geschrieben wird.
am anfang einer solchen beratung kommt man nicht drumherum, den schönheitsbegriff zu klären. wie der volksmund schon sagt: über geschmack lässt sich nicht streiten. also ist die beurteilung, ob ein text schön ist, immer ein absolut subjektive. auch wenn sich text- und literaturkritik daran üben, der schönheit von texten und geschichten auf die spur zu kommen, sind die urteile eng mit den kritikerInnen verknüpft. es geht also darum, mit den ratsuchenden zu klären, wessen urteil ihnen den wichtig ist und inwieweit sie sich zu ihren texten denn schon einmal feedbacks eingeholt haben.
oft zeigt sich bei den selbsturteilen nämlich, dass die umwelt ganz anderer meinung zu dem geschriebenen sein kann. zudem ist es schwer, im näheren umfeld menschen zu finden, die ihrem geschmack wirklich ausdruck verleihen und nicht unter gedanken der rücksichtnahme und der engen verbindung zu den schreibenden, doch alles schön finden. diese form des feedbacks verhindert eine entwicklung im schreibprozess. vielleicht kann man sich mit den klientInnen darauf einigen, dass man die bezeichnung „schön“ vollständig weglässt. anschließend kann man sich, je nach textsorte, auf allgemeingültigere bewertungskriterien einigen. zum beispiel, dass ein krimi auf möglichst viele leserInnen spannend wirken sollte oder eine wissenschaftliche arbeit verständlich und logisch ein forschungsergebnis präsentieren sollte.
für schreibberaterInnen ist dabei vor allen dingen auf ein aspekt zu achten: ratsuchende hätten gern ein externes, neutrales urteil, darum kann schnell die frage auftauche „finden sie meine geschichte denn schön?“. darauf sollte man die antwort verweigern, da man sonst in die subjektive be- und verurteilungsschiene einschwenkt. der persönliche geschmack von beraterInnen hat in beratungen nichts verloren. da könnten klientInnen gleich die frage stellen: „gefalle ich ihnen?“. aber man kann die fragestellung umlenken in eine diskussion, wie wichtig äußere bewertungen für den eigenen schreibprozess sind. bei akademischen abschlussarbeiten sind sie wichtig, bei literarischem sicherlich bis zu einem gewissen grad auch, bei persönlichen texten eher weniger und bei ausschließlich kreativen schreibprozessen, empfiehlt es sich den inneren zensor in den hintergrund zu drängen.
so bietet der aspekt schönheit in schreibberatungen einen guten anknüpfungspunkt, um den ursachen von schreibproblemen auf den grund gehen zu können und andere beurteilungsmaßstäbe zu vermitteln.