es soll nicht darum gehen, ob jemand hilfe benötigt, wenn er beim verfassen seiner biografie unangenehme erinnerungen weckt. es geht mir vielmehr darum, dass man beim betrachten der eigenen lebensgeschichte den fokus auf das helfen oder die hilfe, die man erhalten hat, lenken kann. viel zu oft sind menschen ab einem bestimmten punkt frustriert, da sie beständig anderen geholfen haben, aber selbst keine hilfe erhalten. doch wenn sie genau schauen, sich ihrer biografie zuwenden, dann werden sie meist erkennen, dass ihnen zum einen oft geholfen wurde, dass aber auch zum anderen, hilfe geben nicht nur ein selbstloser akt war.
denn wäre es ein selbstloser akt gewesen, dass man anderen menschen geholfen hat, dann würde man später nicht auf den gedanken kommen, anderen so oft geholfen zu haben, aber nichts dafür zurück zu bekommen. in diesen momenten fängt jemand an, gegeneinander aufzurechnen. schauen sie einmal genau auf ihre lebensgeschichte. was haben sie empfunden, wenn sie helfen konnten? und was haben sie empfunden, wenn sich jemand nicht helfen lassen wollte? was waren das für situationen, in denen sie ihre hilfe angeboten haben?
bei genauerer betrachtung der eigenen biografie kann einem auffallen, dass man immer aus hilfssituationen für sich selber etwas gewonnen hat. sei es dankbarkeit, sei es anerkennung, sei es, beschäftigt zu sein, sei es ein gutes gefühl oder anregungen für reflexionen über die eigene lebenssituation. hilfe ist nie selbstlos. sie wird nur schal, wenn sie ausschließlich auf profitgedanken basiert. aber auch dies können biografisch schreibende nur für sich selbst entscheiden. doch es kann hilfreich sein, lebenssituationen einmal nach hilfssituationen zu durchforsten.
gleichzeitig schärft dies beim betrachten des eigenen lebens auch den blick für situationen, in denen man hilfe erhalten hat. es sind manchmal keine großen, dramatischen momente, sondern die unterstützungen und hilfestellungen, die nebenher passieren, die man vielleicht erst später realisiert. notieren sie sich doch einmal in welchen situationen sie sich hilflos gefühlt haben und fragen sie sich, ob sie diese momente allein bewältigen mussten. ebenso können sie schauen, wie weit sie sich aktiv hilfe gesucht haben.
denn viele menschen wagen es lange nicht, hilfe in anspruch zu nehmen. das rührt wiederum aus einem anderen gedanken: man muss mit allem selber klar kommen, eigene wege finden, andere haben ja auch nicht diese schwierigkeiten. leider kann dann manchmal die hilfe zu spät kommen. wagt man aber aktive um hilfe zu bitten, wird diese selten abgelehnt.
vielleicht kann in die eigene biografie ein kapitel über das helfen und die hilflosigkeit aufgenommen werden. das biografische schreiben ermöglicht die schrittweise annäherung daran. und vielleicht fällt einem dann auf, wem man eigentlich noch einmal sagen sollte, wie sehr er oder sie einem im laufe des lebens geholfen haben, dann haben wieder beide etwas davon. denn hilfe muss und kann beinahe nicht selbstlos sein.