an der universität von pennsylvania lehrt kenneth goldsmith das fach „uncreative writing“ oder übersetzt „unkreatives schreiben“. schon der titel des faches lässt zweifel aufkommen, worum es sich bei dem seminar handeln könnte. was ist un-kreatives schreiben? da bin ich wieder bei der frage danach, was eigentlich untiefe ist? eine große tiefe oder eine anhöhe?
in dem buch „uncreative writing“ entfaltet goldsmith die gedankengänge zum unkreativen schreiben. dieses schreiben lebt von vorhandenem, schon geschriebenen, das überall auf der welt existiert. seit dem internet und der digitalisierung unseres lebens ist das angebot an „schon geschriebenem“ dermaßen angewachsen, dass sich die frage stellt, inwieweit ständig neues produziert werden muss. dazu kommt bei mir der gedanke, ob man nicht jeden satz, den man verfasst, irgendwo im netzt demnächst noch einmal finden kann?
jedenfalls zeigt goldsmith das enorme potential des schon geschriebenen auf und er benennt diverse möglichkeiten, wie man das vorhandene material bearbeiten kann – als rearangieren, remixen, rekombinieren, zusammenfassen, überhaupt wahrnehmen, beachten, auflisten, verkürzen, verstärken, zitieren, plagiieren und vieles mehr. dabei stellt der autor bezüge zu den dadaisten, den surrealisten, den konzeptionisten und vielen anderen künstlerInnen und schriftstellerInnen her, z.b. walter benjamin, andy warhol, samuel beckett, gertrude stein und andere. vor allen dingen beschreibt er auch aktuelle schreib- und kunstprojekte. und er berichtet von den vorgehensweisen in seinem seminar zu „uncreative writing“.
das buch ist extrem spannend, da es unsere aktuellen lese- und schreibveränderungen aufgrund der computer und des intenets aufgreift, vorurteilsfrei nutzbar macht und neues entstehen lässt. einen neuen bezug zum schreiben und zur literatur. ich habe selten so ein die kreativität anregendes buch gelesen, obwohl es unkreativ sein möchte (mit einem augenzwinkern). und dem schreiben am computer wird eine neue (eigentlich schon vorgedachte) riesige spielwiese eröffnet. absolut lesenwert (leider nur in englisch). die lust, unkreatives schreiben zu lehren ist riesengroß.
das buch ist 2011 in der columbia university press in new york erschienen. ISBN 978-0-231-14991-4
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