viele möglichkeiten bietet das nachdenken über kreatives schreiben und der/die/das fremde. ich könnte über das herstellen von fremden welten in texten und geschichten schreiben, über die kommunikation mit „fremdem“ in dialogen, über die kreative schriftliche auseinandersetzung mit dem thema „fremdenfeindlichkeit“, um reiseberichte aus der „fremde“ und vieles mehr. aber ich möchte den blick auf ein anderes thema werfen: macht es sinn im kreativen schreiben fremde textgattungen auszuprobieren, auch wenn man sie nicht sonderlich interessant findet?
das kreative schreiben lebt vom spielerischen umgang mit dem schreiben, von der freiheit, selbst zu entscheiden, zu was man schreibt. gleichzeitig lebt das kreative schreiben aber auch davon, für sich zu erleben, dass man mehr schreibkompetenz besitzt als man immer vermutet hat. das erstaunen über die leichtigkeit und freude des schreibens gehört zum kreativen schreiben dazu. den ersten schritt macht man selber: man entscheidet, dass man sich mit dem kreativen schreiben auseinandersetzen möchte.
der zweite schritt wird meist von außen angeregt, entweder durch bücher oder durch gruppe, das internet und schreibübungen: sich auf eine neue art und weise mit dem schreiben auseinanderzusetzen. eine art und weise, die man bis dahin nicht erprobt hat. die erfahrung zeigt, dass am anfang die unsicherheit bei vielen schreibenden groß ist, ob man sich diesen schritt, texte zu verfassen, anderen zur verfügung zu stellen und ein feedback zu bekommen, zutraut. da wird es als hilfreich erlebt, anregungen und anweisungen zu bekommen, was man schreiben sollte.
und natürlich haben alle kreativ schreibende ihre lieblingstextformen oder -gattungen. die einen konzentrieren sich gern auf die lyrik, andere auf die kurzgeschichte und wiederum andere auf den dialog, die szenen, das haiku, die bildergeschichte und vieles mehr. andere formen des schreibens bleiben oft weiterhin unbekannt oder werden umgangen. so gehen etliche menschen davon aus, sie könnten keine lyrik verfassen, weshalb sie sich in diesem genre auch nicht ausprobieren. manche textgattungen bleiben für immer fremd.
hier kann nur die empfehlung ausgesprochen werden, alles einmal auszuprobieren, auch wenn man nach eigenen maßstäben vermutet, dass das ergebnis „schlecht“ sein wird. denn man erinnere sich an die frühere unsicherheit, das kreative schreiben als möglichkeit für sich selber überhaupt zu sehen. diese unsicherheit wird einen auch dann ergreifen, wenn man sich einer neuen textgattung zuwendet, die einem fremd ist und die einen nicht sonderlich anspricht.
denn erstaunlicherweise ergeben sich durch die schreibtechniken und -anregungen auch bei fremden textgattungen viel interessantere text, als man sich zugetraut hätte. das kreative schreiben ist immer auch eine brücke, sich allen möglichen formen des schreibens annähern zu können. die schreibübungen müssen nur dementsprechend gestaltet sein. förderlich in diesem zusammenhang ist immer der besuch einer schreibgruppe, denn die gruppendynamik unterstützt den prozess des kennenlernens neuer schreibformen.
zum einen kann man erleben, dass andere menschen ähnliche unsicherheiten bei fremden genres haben. zum anderen erhält man ein schnelles und oft erstaunliches feedback auf die neu geschaffenen texte. und es lässt sich zudem gemeinsam neues entdecken. der innere schweinehund verliert an kraft gegenüber dem fremden. (was auf keinen fall bedeuten soll, dass einem alles gefallen muss. man darf auch der meinung sein, bestimmte schreibformen machen einem einfach keinen spaß.) einmal neues auszuprobieren gibt einem zumindest gewissheit, was einem liegt und was nicht.