biografisches schreiben und schicksal

man kann vortrefflich darüber streiten, wie viel im eigenen leben beeinflussbar war und ist und wie viel schicksalshaft eintrat, man also nichts dagegen machen konnte. krankheit oder tod sind oft kaum zu beeinflussen, bei unfällen wäre die eigenbeteiligung zu klären, ähnlich wie beim verlust des arbeitsplatzes oder ähnlichem.

es geht immer wieder um die beeinflussbarkeit der eigenen geschicke. zur zeit liegt der gedanke im trend, dass viele aspekte unseres verhaltens, unserer handlungen und unserer gedanken genetisch bedingt sind, also eine schicksalhafte komponente haben. diese betrachtungsweise schmälert eine errungenschaft des menschen, die ihn klar vom tier unterscheidet: die fähigkeit der reflexion der eignen situation.

auch wenn mancher naturwissenschaftler der meinung ist, unser gehirn habe intuitiv schon entschieden, bevor wir anfangen zu reflektieren. doch dieser wissenschaftler muss ebenso zugeben, dass die intuitiven entscheidungen des menschen auf gemachten erfahrungen und lernprozessen, also speicherungen im gehirn basieren. also lässt sich vielleicht doch mehr an zu machenden erfahrungen bestimmen als die neurophysiologie uns erklären möchte.

davon hängt auch beim biografischen schreiben und bei der betrachtung des eigenen lebenskonzeptes ab, ob ich davon ausgehe, dass eh alles nur schicksal ist und ich es nicht ändern kann, oder ob ich glaube, ich könnte in vielen bereichen einfluss auf das geschehen nehmen. wenn man seine lebensgeschichte betrachtet, dann kann man ja als erstes einmal einen blick darauf werfen, wie man zum thema schicksal steht. man kann sich überlegen, wo man die entscheidungen selber in die hand genommen hat und wie der effekt war.

man kann genauer betrachten, in welchen situationen man sich ohnmächtig gefühlt hat und inwieweit es sich wohl um schicksalshafte fügungen handelte. wie viel zufall erlaubt man sich im leben? und, was oft bei dem wort „schicksal“ vernachlässigt wird, wie viele glückliche fügungen gab es zudem? geht man dann davon aus, dass das schicksal zugeschlagen hat: wie ging man damit um? wie reagierte man auf so genannte schicksals“schläge“?

gerade die betrachtung der zufälle und des eigenen engagements für veränderungen, kann einem einen tiefen einblick in die eigenen lebensauffassungen geben. denn es gibt niemanden, der nicht reagiert und kurz reflektiert, wenn unvorhergesehenes geschieht. hier gibt es kein gut oder schlecht, es gibt nur situationen oder ereignisse, die sich für mich gut anfühlen und welche, die sich schlecht anfühlen. kaum ein mensch wird es als angenehm erleben, sich ohnmächtig zu fühlen. wir möchten uns stetig die welt aneignen, sie verstehen und sie nutzen. macht die welt aber etwas mit uns, kann uns dies auf uns selbst zurückwerfen. darüber zu in der eigenen biografie zu schreiben, zeichnet auch anderen ein eindringliches bild unserer selbst.

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