über die lustvollen erlebnisse im eigenen leben wurde hier schon nachgedacht und darüber wie man sie in die eigene biografie einbinden könnte (siehe https://schreibschrift.wordpress.com/2009/06/15/biografisches-schreiben-und-lust/). doch dieses mal möchte ich den blick auf die lust am biografischen schreiben lenken, denn die beschäftigung mit dem eigenen leben hat auch eine sehr angenehme komponente, mit der wenige rechnen.
beim biografischen schreiben geht es nicht nur darum, vergangenheiten aufzuarbeiten, verdecktes offenzulegen und erinnerungen zu reaktivieren. es geht auch darum, sich seiner zu vergewissern, also für sich selbst eine haltung zu finden, die nicht mit vergangenem hadert. oft wird erklärt, dass der schritt dorthin anstrengend und schwer sei. sich all die widrigkeiten zu vergegenwärtigen, um sie loszulassen, koste viel energie und es gehe einem dann nicht immer gut. das ist möglich, doch oft genug ist das gegenteil der fall.
die schönen momente im leben vergessen wir gern schneller, als die widrigen. das schmerzhafte und problematische bleibt anscheinend besser im langzeitgedächtnis haften und scheint leichter abrufbar zu sein. fragen sie einmal andere menschen, welches die eindrücklichsten erlebnisse in ihrem leben waren und sie bekommen oft traumatische ereignisse geschildert. viele schreibtechniken des biografischen schreibens können aber auch darauf angewendet werden, sich verstärkt an die schönen dinge der eigenen biografie zu erinnern.
und plötzlich fällt menschen auf, wie viele schöne momente sie erlebt haben. es geht mir hier nicht um vorstellungen des „positive thinking“, sondern um das gleichgewicht in den betrachtungen. wenn man sich wohl gefühlt hat, hat man sich wohl gefühlt, auch wenn es verlockenden ist, gleich eine „aber“-einschränkung hinterher zu schicken. natürlich könnte alles noch besser sein, da gibt es keinen widerspruch von meiner seite. und doch gibt es so etwas wie befriedigte bedürfnisse, freuden, freundschaften und positive ereignisse, mit denen man nicht gerechnet hat.
fängt man einmal an damit zur abwechslung einen anderen blickwinkel einzunehmen, dann kann das biografische schreiben nicht nur arbeit an sich selbst sein, sondern auch ein lustvolles erleben. sich seiner selbst immer sicherer zu werden (dies geht oft einher mit der erkenntnis, dass es auch außergewöhnlich angenehme ereignisse gab) ist ein schönes gefühl. und wie es auch sonst im leben war, die schönen gefühle möchte man gern öfter erleben. dafür eröffnet das biografische schreiben manche möglichkeit.
wenn man erlebtes schon in waagschalen werfen möchte (was nicht unbedingt bei einer rückschau zu empfehlen ist), dann sollte man die eine seite nicht zu sehr vernachlässigen. man sollte der freude über erlebtes genauso viel raum geben wie der trauer. und selbst bei der betrachtung negativer ereignisse kann durch die selbstvergewisserung beim biografischen schreiben eine schreiblust raum greifen, da man sich vieler situation der vergangenheit bewusster wird.