„ehrensold“
ich will auch bundespräsident werden, also zumindest für anderthalb jahre. ich wüsste auch, was ich für reden halten würde, es gäbe manches zu sagen. wenn ich das schön durchhalte, dann bekomme ich einen „ehrensold“. das ist ein seltsames wort. es geht wohl davon aus, dass menschen in der position eines bundespräsidenten per se ehrenhaft sind, sonst wären sie nicht bundespräsident geworden. im ränkespiel der parteien eine etwas übertriebene vorstellung.
und irgendwie steckt da auch die vorstellung drin, dass man als bundespräsident anscheinend der wehrpflicht unterliegt oder „teil der truppe“ ist. wie käme sonst jemand auf die idee, es „sold“ zu nennen. jetzt steht natürlich die frage im raum, für was denn ehemalige bundepräsidenten gekämpft haben? aber vielleicht leisten sie zivildienst, da bekam man ja auch „sold“. man bekam sogar ein häufchen geld, wenn der dienst beendet war. wäre hübsch gewesen, wenn man es „ehrensold“ genannt hätte, bei dem knochenjob, den man gemacht hatte.
und noch schöner wäre es gewesen, wenn man über eine ähnlich hohe abfindung monatlich verfügen könnte. da wäre das häuschen, das man sich nach dem zivildienst gekauft hat, schnell abbezahlt. oh, das klingt jetzt nach sozialneid. stimmt, man möchte nicht zum bundespräsidenten werden, man möchte die rolle gar nicht übernehmen, allein der terminkalender, der einen da durch die gegend scheuchen wird.
aber doch impliziert das wort etwas, nämlich „ehre“. und da wird es auch schwierig. es ist ein sehr altbackener begriff, der schwammig daherkommt. meist wird auch dieser begriff im zusammenhang mit dem militär gebraucht, abgesehen vom ehrenamt. ehrenamtlich tätige dürfen eine aufwandsentschädigung erhalten, die in berlin zum beispiel für jeden geleisteten dienst den wert von zwei bvg-tickets umfasst für die fahrt hin und zurück.
gut es gibt ehrenämter, da wird mehr aufwandsentschädigung gezahlt, aber es darf eben kein gehalt sein. bei 200 000 euro im jahr, kann es sich aber nicht mehr um eine aufwandsentschädigung handeln (vor allen dingen nicht wenn im nachhinein bezahlt wird). wer in der glücksspirale oder in anderen lotterien die „rente“ gewinnt, liegt immer noch locker unter dem „ehrensold“. nein, es ist wahrscheinlich kein sozialneid – es ist die frage nach der verhältnismässigkeit zwischen leistung und entlohnung auf lebenszeit. hier werden durch den ehrensold viele ehrhaften tätigkeiten entehrt. wir leben da wohl über unsere verhältnisse.