Tagesarchiv: 26. März 2012

schreibpädagogik und bürokratie

der mensch ist ein aufreger. gern regt man sich entweder über mitmenschen oder über institutionen auf und teilt dies anderen menschen mit. diese grundlagen der kommunikation werden nur noch von den berichten über persönliche krankheiten und von der wetterlage übertroffen. in schreibgruppen kann man diesen mitteilungsbedarf aufgreifen.

so kann man sich den erlebnissen mit bürokratischen abläufen oder in service-wüsten mit schreibanregungen zuwenden. was haben die teilnehmerInnen jeweils erlebt? lässt sich dies in geschichten packen? (so hat zum beispiel die süddeutsche zeitung das thema aufgegriffen und eine extra-homepage zu zugverspätungen eingerichtet. siehe: http://www.sueddeutsche.de/thema/Bahn-Verspätungen .) man kann dem amt-wutbürger spielraum für seine frustrationen und ohnmacht geben.

ein wenig besteht die gefahr, dass sich die stimmung in allgemeinen empörungen hochschaukelt, und für die hinter den abläufen steckenden menschen kein verständnis mehr besteht. darum sollte man beim thema „bürokratie“ mit schreibgruppen ruhig auch mal einen perspektivwechsel vornehmen. wie würde man selber auf menschen reagieren, die schon von anfang an mit schlechter laune Weiterlesen

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wie man den spass am schreiben abgewöhnt (01)

schön-schreiben

wer schreibpädagogisch oder in der schreibberatung tätig ist, kann meist feststellen, dass es in vielen schreibbiografien einen moment gibt, in dem den menschen der spass am schreiben ausgetrieben wurde. leider erleben auch heute noch die meisten menschen diesen moment während ihrer schulzeit oder in ihrem elternhaus. versucht man dagegen zu steuern, unterliegt man oft notwendigkeiten, haltungen und regeln.

um die mechanismen einer schreib-verekelung zu entlarven, sollte man sie sich einmal genau anschauen – und immer wieder die frage stellen: ist dies notwendig? oder anders formuliert: was wäre das schlimmste szenario, das eintreten könnte, wenn man sich nicht an die vorgaben und notwendigkeiten hält, wenn man seinem spass folgt. in meiner neuen rubrik „wie man den spass am schreiben abgewöhnt“ werde ich verschiedene vorgehensweisen aufzeigen, die einem das schreiben verleiden können.

fange ich doch mal mit dem schreiben lernen an. kinder sind meist sehr stolz, wenn sie das erste mal ihren namen selber schreiben können (und was glauben sie, wie stolz ihre eltern erst sind). viele kinder wollen schreiben lernen. sie möchten ebenso an der welt teilhaben können, wie ihre eltern. und so sind die ersten unterrichtseinheiten entweder in der schule oder heute oft schon in der kita das lesen, das rechnen und das schreiben.

doch kaum werden die ersten buchstaben gelernt, können die ersten wörter geschrieben werden, kommt die vorgegebene schreibschrift ins spiel. jeder bogen, jedes häkchen sollen exakt sitzen. so müssen buchstabe um buchstabe wieder und wieder gemalt werden. es sollen die proportionen sitzen, es soll alles korrekt der vorgegebenen schreibschrift nachempfunden werden. wäre dies nicht der fall, so wird vermittelt, könnten andere das geschriebene nicht lesen.

die folge ist aber, dass das neue wissen um die buchstaben und wörter nicht wild und freudig in kleine sätze und geschichten gepackt werden darf, dass nicht drauflos geschrieben werden darf, sondern dass erst einmal das schriftbild sitzen muss. „schön-schreiben“ wird vermittelt und teilweise benotet. es wird nicht darauf vertraut, dass kinder sich um eine gewisse leserlichkeit Weiterlesen