wissenschaftliches schreiben lebt eigentlich davon, den zufall auszuklammern, zu bewältigen und in den griff zu bekommen. darum erscheint hier der zufall eher als störfaktor, denn als bereicherung. das fängt schon im vorfeld bei wissenschaft und forschung an, bevor ein wort niedergeschrieben wird. versuchsanordnungen sollen eines schaffen, zufällige variablen ausschließen. dass dies nicht schwer gelingt wissen alle wissenschaftlerInnen. auch die kritik an der statistik, eine zufallserhebung zu sein, soll möglichst ausgehebelt werden.
aber wie geht man nun damit um, wenn einem mitten im wissenschaftlichen schreiben ein zufälliger geistesblitz die vorannahmen des forschungssettings verhagelt? alles noch einmal neu schreiben? die idee unter den tisch fallen lassen? einen einschub formulieren, der den neuen gedanken anreisst? einen zweiten wissenschaftlichen text verfassen, der sich ganz dem geistesblitz widmet? zu empfehlen ist, dass man als erstes rücksprache mit anderen wissenschaftlerInnen hält. was scheint ihnen vorstellbar? teilen sie die neue erkenntnis oder ist sie zumindest nachvollziehbar?
das ist ein heikles thema, da die wissenschaft heute von einem gehörigen konkurrenzverhältnis lebt. der freie austausch von ideen und entdeckungen ist selten üblich. kommen noch hierarchien im akademischen umfeld dazu, gestaltet sich das vorgehen noch schwerer. man mag zwar für sich entscheiden, den geistesblitz erst einmal für sich zu behalten, das anschließende weiterschreiben wird sich schwer umsetzen lassen, ohne immer wieder den neuen gedanken einzubeziehen. aber auf gut glück das neueste aufzunehmen, wenn man sich beim verfassen einer bewerteten abschlussarbeit befindet, dann kann dies kontraproduktiv wirken und als alleingang gewertet werden.
hier hilft es vielleicht, sich durch selbstreflexive texte einer entscheidung anzunähern. es bleibt einem mit großer wahrscheinlichkeit nichts anderes übrig, als eine entscheidung zu treffen. denn sonst kann das schreiben schnell zu einer nicht zu überwindenden anstrengung werden. es war ja ein zufälliger gedanke, etwas das man erst einmal nicht steuern und kontrollieren kann. wieso nicht so damit umgehen? man kann nicht die verantwortung für zufälle übernehmen, darum kann man sie auch anderen zur verfügung stellen. und je nach situation sollte man auf das geistige eigentum bestehen oder auf ein copyright verzichten.
vorteilhaft ist es auf alle fälle, den gedanken gesondert zu notieren und die konsequenzen aufzuschreiben. somit hat man einen beweis, wann man zufällig eine neue erkenntnis erlangte. und dann kann man sich nur noch freuen, dass es den zufall gibt. viele große entdeckungen hatten mit diesem seltsamen, absolut unwissenschaftlichen und unkontrollierten phänomen zu tun. das ist doch ein beruhigender gedanke.