Tagesarchiv: 15. Juni 2012

mein computer und ich – eine umgangslehre (22)

aufmerksamkeit

nicht die technik ist das problem, sondern die propagierung des multitaskings als lösung für zeitknappheit und beständige erreichbarkeit. arbeitgeber, die verlangen, dass man ein handy bei sich führe, damit man immer erreichbar sei, fördern die unkonzentriertheit ihrer mitarbeiter. denn die aufmerksamkeit muss auf mehrere dinge gleichzeitig gerichtet sein. klingelt das handy, trifft eine mail ein oder empfängt man eine sms, werden andere tätigkeiten unterbrochen. nimmt man dann noch das großraumbüro, dann kommen zusätzliche geräusche und störungen ins spiel, die auch den arbeitsprozess beeinflussen.

gleichzeitig wird aber beklagt, dass viele menschen nur noch über eine geringe aufmerksamkeitsspanne verfügen und keine geduld mehr haben, längere texte zu lesen. dieses defizit wird am computer festgemacht, da das gerät zu viel gleichzeitig anbiete. nicht dabei bedacht wird aber, dass ich auch am computer alles störende abschalten kann, viel eher als ein großraumbüro zur ruhe zu verpflichten oder meinem chef nicht zu antworten. nicht der computer, nicht das internet erheben das multitasking zum lebenskonzept, sondern die vorstellungen vom perfekten mitarbeiter.

fluglotsen werden zum beispiel nach nicht allzu langen zeitintervallen in eine pause geschickt. vorher mussten sie konzentriert multitasken. wenn keine pausen eingelegt werden, ist die gefahr von fehlern zu groß. da wir aber nicht alle flugzeugabstürze verursachen, sind wir oft auch nicht mehr bereit (und fähig) pausen einzulegen. auch dieses phänomen wird der verführungsmacht der neuen medien zugeschrieben. wie wenn wir geräten hilflos ausgeliefert wären und uns nicht mehr zu ihnen verhalten können.

gelinde geschrieben ist das quatsch. wir können uns auch zu anderen menschen verhalten, die uns nerven. wir können sie stehen lassen, ihnen ausweichen oder ihnen sagen, sie sollten jetzt einfach mal die klappe halten. doch anscheinend fällt uns dies leichter, als einen computer auszuschalten und das internet zu verlassen.

wer ständig in habacht-stellung lebt und arbeitet, da jederzeit eine nachricht eintreffen oder ein anruf kommen könnte, der kann irgendwann diesen zustand nur noch schwer verlassen. es fällt von mal zu mal schwerer, seine aufmerksamkeit Weiterlesen

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biografisches schreiben und alter

als jugendlicher schreibt man nicht unbedingt eine autobiografie (obwohl es auch beinahe jugendliche (er)lebensberichte gibt). die meisten menschen kommen erst nach dem ausscheiden aus dem beruflichen leben auf die Idee, ihr eigenes leben aufzuschreiben. oder bekannte und verwandte bitten sie darum, doch einmal die spannende lebensgeschichte zu notieren. immer wieder entbrennt danach bei biografien der streit, ob das beschriebene denn wirklich so gewesen sei oder ob nicht manche darstellungen geschönt und auslassungen gemacht wurden.

doch die form des umgangs mit der eigenen lebensgeschichte ist auch in jungen jahren kein anderer. ganz gleich welches alter man hat, biografisches schreiben geschieht immer beeinflusst von der aktuellen lebenssituation. in jüngeren jahren blendet man eventuell andere dinge aus, als in älteren jahren. dafür blickt man im alter mit mehr erkenntnissen und erfahrungen auf das eigene leben zurück und kann es vielleicht in einen größeren zusammenhang stellen. eine objektive (auto)biografie gibt es nicht. selbst bei der aneinanderreihung von puren daten ist schon die auswahl der daten eine subjektive.

also kann man nur empfehlen, sich erst gar nicht außergewöhnlich zu bemühen, bei den beschreibungen immer objektiv zu sein. vielmehr sollte man zeit und energie auf ein paar (schreib)techniken verwenden, die einem das erinnern erleichtern und die „verschüttetes“ wieder zu tage befördern. denn meist erinnert man sich im laufe der zeit an mehr, als man vorher annahm. einmal angefangen mit der erinnerungsarbeit fallen einem stück für stück weitere details ein. und sollte dies nicht der fall sein, tut es einer biografie keinen abbruch, wenn man schreibt, dass man sich an manche details nicht mehr erinnern könne.

spannender scheint mir beim biografischen schreiben der blick darauf, was das alter mit einem macht. hat man das gefühl, dass sich in bezug auf die eigenen einstellungen und vorstellungen etwas verändert hat? hat man im laufe der jahre eine neues lebenskonzept für sich entwickelt? wie geht man mit dem prozess des alterns um? was sind die vorteile des alters, wo liegen Weiterlesen