kreatives schreiben und alter (2)

kreativität ist kein zeichen von jugend, auch wenn viele menschen bei sich selber davon ausgehen. es gibt eine beunruhigend beruhigende grundhaltung bei manchen älteren menschen: das leben sei gelaufen, die dinge sind erlebt und gedacht, es gibt keine anlässe mehr für unruhe und veränderung. dabei bietet uns das leben mehr möglichkeiten: neben dem gesellschaftliche hofierten „lebenslangen lernen“ kann man auch „lebenslang spass haben“ oder „lebenslang politisch sein“. also steht einer lebenslangen kreativität nichts im wege.

bei künstlerInnen wird im nachhinein gern despektierlich vom „alterswerk“ gesprochen, wie wenn ihre kreativität etwas mit dem alter zu tun hätte. einzig die gedanken werden davon vielleicht bestimmt. seltsamerweise würde man bei anderen berufsgruppen nicht von ihrem alterwerk sprechen, sie machen einfach ihren job weiter, so lange sie spass daran haben. also sollte man sich auch beim schreiben nicht von gesellschaftlichen vorstellungen bremsen lassen. so wie ältere menschen noch sexuell aktiv sein können, so können sie geistig aktiv sein. und wie beim sex geht vielleicht manches beim schreiben nicht mehr so schnell, doch dies sagt nichts über die qualität aus.

unsere aufbewahrungsstätten für ältere menschen gehen auch heute noch oft davon aus, dass die interessen ihrer bewohnerInnen sich darauf beschränken, volkslieder zu singen, bastelkurse zu besuchen und stuhlgymnastik zu machen. dabei müsste den persönlichen bedürfnissen nur genug raum gegeben werden und man könnte schnell feststellen, dass die interessen vielfältiger sind. hier bietet das kreative schreiben zwei möglichkeiten: da weiter zu schreiben, wo man schon immer geschrieben hat (und sollten die finger nicht mehr mitmachen – zu diktieren und schreiben zu lassen), oder das schreiben neu für sich zu entdecken.

es muss sich beim schreiben im alter nicht immer um die eigene biografie drehen. es kann auch der spaß am fantasieren, am intuitiven und an der anarchie des alters sein. warum die ganze hege, pflege und sorge des vorherigen lebens nicht einmal über den haufen werfen und einen ausdruck für die eigene „frechheit“ finden. platz machen für spielerische momente und selber die entscheidung treffen, wie weit man dabei gehen mag.

wenn bis dahin nicht geschrieben wurde, wenn kann es gut möglich sein, dass kinder und anverwandte befremdet reagieren, wenn die welt der hege, pflege und sorge verlassen wird. wenn die texte und geschichten das „übliche“ verlassen, dann kann dies schnell als alterssonderlichkeit abgetan werden. man sollte sich davon nicht beirren lassen und darauf bestehen, dass man sehr wohl weiß, was man da tut. und sonst kann man ja darüber schreiben, was einem als älterem mensch widerfährt, wenn man die kreativität für sich entdeckt.

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Eine Antwort zu “kreatives schreiben und alter (2)

  1. Ich find es super, dass das Thema mit dem Älter sein mal auf diese Weise aufgegriffen wird. Schließlich macht kreatives schreiben Spaß und hält den Geist fit. Meine Oma hat auch spät damit angefangen und konnte sogar hier http://www.frieling.de ihr erstes Buch veröffentlichen

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