gruppen verleiten manchmal zur übertriebenen selbstdarstellung. kreative gruppen fördern diesen prozess. das kann erst einmal sehr unterhaltsam sein, und es gehört zu gruppenprozessen auch dazu, aber es wird dann lästig, wenn sich die anderen gruppenmitglieder nicht zur wehr setzen oder wenn sich eine gruppe keine regeln gibt. es entwickeln sich alpha-positionen von einzelnen gruppenmitgliedern. früher wurde diese rolle meist von männern besetzt, heute kann man das nicht mehr so eindeutig sagen. die alpha rolle kann sowohl von teilnehmerInnen einer gruppe eingenommen werden als auch von der gruppenleitung.
es soll hier klar unterschieden werden zwischen der rolle der aktiven teilnahme an einem gruppengeschehen und der rolle der coolen führerschaft. bei schreibgruppen sind diese führungsrollen schwieriger einzunehmen, da durch das schreiben viel allein und eigenständig gearbeitet wird, also alle teilnehmerInnen nicht in einem ständigen kommunikativen austausch miteinander stehen. zudem gibt es meist die regel, dass alle teilnehmerInnen ihren text vortragen, was das aufbauen einer hierarchie schwerer macht.
aber natürlich kann es auch in schreibgruppen die teilnehmerInnen geben, die aus ihrer vorstellung vom schöpferischen und künstlerischen die haltung ableiten, dass ihre beiträge so einzigartige seien, dass sie viel (zeit)raum einnehmen dürfen, dass sie nur positive rückmeldungen verdienen und dass ihre wortbeiträge, zum beispiel beim feedback, die einzigen treffenden interpretationen liefern. dies kann schnell zu diskussionen führen, die die ganze gruppe beschäftigen, aber keine weiterentwicklung der schreibprozesse fördern.
die überzeugung der außergewöhnlichkeit geht nicht selten mit einer (lauten) coolness einher. beim film kann man dies zum beispiel schön am verhalten auf dem roten teppich festmachen. in schreibgruppen ist das eher an anderen punkten feststellbar. wenn jemand sich bei leserunden stetig vordrängt, wenn überbetont vorgetragen wird oder wenn stetig scherze über die beiträge anderer gemacht werden (obwohl meist eher das gegenteil der fall ist: die große zurückhaltung die eigenen texte vorzutragen). coolness kostet meist die anderen teilnehmerInnen viel zeit. die geforderte aufmerksamkeit durch den coolen menschen möchte bedient werden.
funktionierende gruppendynamiken setzen diesen prozessen eine grenze. entweder wurden im vorfeld klare regeln der verfahrensweisen festgelegt, deren einhaltung von anderen eingefordert wird oder in anstrengenden momenten setzen sich andere teilnehmerInnen zur wehr. auch die gruppenleitung kann einschreiten und dafür sorgen, dass alle teilnehmerInnen gleich viel (zeit)raum zur verfügung gestellt bekommen. denn in kreativen gruppenprozessen schaffen alle etwas einzigartiges, besonderes und beachtenswertes. sicherlich gibt es qualitative unterschiede, doch die werden ohne viel aufhebens hör- und lesbar. coolness entsteht nicht aus herausragender kompetenz und kreativität, sondern sie entsteht meist aus einer guten portion unsicherheit. und wie schon geschrieben, sie darf auch sein, so sie nicht eine hierarchie aufbaut und andere abwertet.