biografisches schreiben und verwandlung

von sich selbst kann man oft schwer sagen, ob man sich als person verändert hat, wenn man zurückblickt. gut, die übergänge vom kind zum jugendlichen und vom jugendlichen zum jungen erwachsenen, die waren spürbar, sowohl an den körperlichen veränderungen, als auch an den dingen, die man machen durfte und wollte. da war ganz klar, dass man sich auch als mensch verwandelt hat, nahm man doch langsam seinen gleichberechtigten platz in der gesellschaft ein.

doch danach ist lang ruhe. einzige äußere veränderungen sind meist die ausbildungen und die entwicklungen im berufsleben. kommen eigene kinder ins spiel, dann ist dies auch häufig ein spürbarer umbruch. man verwandelt sich zu sorgenden eltern und andere belange treten in den hintergrund. doch wie sieht es nun aus mit dem eigenen verhalten und auftreten? wann hat man sich verwandelt, ist ein anderer, eine andere geworden? gab es diese momente oder blieb man der junge mensch, der man immer war?

darüber kann man im biografischen schreiben eine kleine selbstreflexion verfassen. dabei sollte man sich erst einmal nicht lang gedanken machen, sondern nur notieren, welche verwandlungen an sich selbst einem in den kopf kommen. anschließend kann man mit dem text zu guten freunden oder lebenspartnerInnen gehen und ihn vorlesen. fragen sie die ihnen nahestehenden menschen, welche verwandlungen sie an ihnen wahrgenommen haben. geben sie ihnen die erlaubnis, offen zu sprechen. und vor allen dingen, setzen sie sich nicht unter druck, allen gefallen zu müssen.

es ist zwar schön, wenn sie von allen menschen tolle rückmeldungen bekommen, doch für manche veränderungen in ihrem leben gibt es für sie gute gründe. biografisches schreiben hat in erster linie nicht das ziel, selbstkritisch einen blick auf sich zu werfen. es sollte nicht ausschließlich dem streben, ein perfekter mensch werden zu wollen, dienen. das ist ein ideal. das biografische schreiben soll und kann ebenso ein verständnis für die eigenen, ganz menschlichen „macken“ und „fehler“ entwickeln. es treffen immer sie die entscheidung, welche verwandlungen sie vollziehen wollen.

biografisches schreiben hat einen angenehmen effekt: man trifft seine entscheidungen für sich selbst bewusster. und um sich den eigenen verwandlungen stellen zu können, gibt es nicht hilfreicheres als offene und unterstützende mitmenschen. wenn sie also freunde und lebenspartnerInnen fragen, sehen sie nicht jede kritische bemerkung als angriff, sondern nur als beschreibung des status quo. ob sie dann etwas ändern wollen, liegt in ihrer hand. und seien wir doch mal ganz ehrlich, nicht alles kann man ändern. aber sie können sich ebenso sicher sein: ihre mitmenschen wären nicht bei und mit ihnen, wenn es nicht auszuhalten wäre mit ihren kleinen „fehlern“ und „macken“.

man kann den fokus bei den betrachtungen der eigenen verwandlungen auch in eine bestimmte richtung lenken: wie weit habe ich meine freiheitsgrade erhöht? wie weit bin ich selbstbestimmter geworden? wie weit komme ich meinen vorstellungen von einem angenehmen leben näher? wie weit konnte ich etwas verändern, das ich verändern wollte? wie stark kann ich einfluss auf meine lebensbedingungen nehmen? wie sehr schade ich mir selbst? beim betrachten der persönlichen verwandlungen ergeben sich fragen über fragen. nicht alle muss man beantworten. und vielleicht bekommt man ja lust auf eine weitere verwandlung.

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