schreibberatung und arbeit

die schreibberatung ist eine stete gratwanderung zwischen der vermittlung eines entspannteren schreibens und dem hinweis, dass schreiben auch immer arbeit bedeutet. menschen suchen die schreibberatung meist auf, da das schreiben für sie zur qual geworden ist oder überhaupt nicht funktioniert. hier ist es an den beraterInnen eine einfachere, direktere vorgehensweise beim schreiben zu vermitteln und den positiven lerneffekt auszulösen, dass schreiben nicht so anstrengend sein muss, wie man es sich bisher vorgestellt hat.

doch gleichzeitig steckt hinter dem flüssigen und entspannten schreiben doch wieder eine „anstrengung“, nämlich die regelmäßige übung, also in den augen vieler klientInnen eben doch arbeit. und damit ist es in vielen zusammenhängen noch nicht getan: im anschluss muss der entstandene text oft noch überarbeitet werden. der zeitaufwand für das überarbeiten ist nicht zu unterschätzen. darum sollte man in beratungen eine zweiteilung vornehmen.

schreiben ist wie rechnen oder lesen nicht frei von arbeit, aber die arbeit kann entspannter vollzogen werden, da der text oder die geschichte nicht von anfang an perfekt sein muss, sondern der einstieg ins schreiben ein spielerischerer ist. es wird also erst einmal „drauflos geschrieben“. der gedanke, jeden text noch einmal überarbeiten zu können, lässt einen beruhigter in den schreibprozess einsteigen. doch das überarbeiten kostet natürlich zeit. es wäre ein trugschluss, zu glauben, schreiben würde keine zeit kosten. und man kann auch nicht versprechen, dass am anfang, wenn man noch nicht viel übung hat, diese form des schreibens schneller geht.

man kann nur versprechen, dass das gefühl einer qual oder die inneren blockaden im laufe der zeit verloren gehen. es geht also erst einmal um die qualitativen aspekte des schreibprozesses. erst im im zweiten schritt, im laufe der zeit, reduziert sich dann auch der arbeitsaufwand. es fällt bei entspannterem schreiben leichter, für den text die richtigen worte zu finden. das bedeutet, dass nachbesserungen und überarbeitungen abnehmen. es bedeutet aber nicht, dass dies nicht mehr notwendig ist. und schreiben lernen, darin sind sich alle schriftstellerInnen und journalistInnen einig, ist arbeit.

schwieriger zu vermitteln ist dies, da schreiben in unserer gesellschaft als selbstverständliche komeptenz angesehen wird und nicht automatisch als arbeit angesehen wird. „wer den ganzen tag rumsitzt und was schreibt“, der arbeitet in den augen vieler nicht. gut, als sekretär oder sekretärin, diktate aufzunehmen, etwas abzuschreiben oder geschäftsbriefe zu verfassen, das wird noch als arbeit anerkannt, das ist eine dienstleistung für jemand anderen. doch erst einmal für sich selbst zu schreiben, das wird automatisch als hobby betrachtet – denn es ist in den augen vieler nicht notwendig.

hier kann sich das schreiben in die reihe anderer kunstfertigkeiten stellen, die auch erst wenn sie erfolgreiche ergebnisse vorweisen können, als eine form von arbeit angesehen werden. erfolglose versuche, ebenso wie „fehlerhafte“ produkte (etwas, das es auch in anderen berufsbereichen gibt), wird weiter in die kategorie „hobby“ verschoben. das wäre ungefähr so, wie wenn für einen rechtsanwalt ein verlorener prozess als hobby betrachtet würde oder wenn verluste einer firma dem management nicht als arbeit entlohnt werden würden.

in der schreibberatung lässt sich dieser blickwinkel nur schwer vermitteln. wahrscheinlich müssen erst andere erfahrungen mit dem schreiben gemacht werden, bis auch formen der selbstreflexion oder des biografischen schreibens als arbeit anerkennung finden.

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