menschen, die zuhause an einer schriftlichen wissenschaftlichen arbeit sitzen, verwandeln sich. sie verwandeln sich oft in menschen, die ein schlechtes gewissen haben. eigentlich sollten sie jetzt an ihrer arbeit sitzen, aber sie machen was anderes: sie telefonieren mit einem, gehen in die kneipe, ins kino oder zu irgendwelchen anderen events, sie lesen romane, sie machen großputz und sie wissen genau, dass sie eigentlich etwas anderes machen sollten.
also entwickeln menschen, die an einer wissenschaftlichen arbeit sitzen, ganz persönliche strategien, wie sie sich zum schreiben motivieren können. die einen suchen räume auf, in denen sie kaum etwas anderes machen können als schreiben. wieder andere stellen sich einen strikten zeitplan auf, um allen schreibverpflichtungen nachzukommen. wieder andere sind dabei sich persönliche aufpasserInnen im bekanntenkreis zu engagieren, um immer wieder zum schreiben angetrieben zu werden.
das unangenehme am wissenschaftlichen schreiben ist für viele, dass es nur einen abgabetermin, aber keine weitere struktur gibt. darum sind auch alle eben aufgezählte strategien, keine garantie dafür, dass es mit dem schreiben klappt. aber sie bewegen sich in eine richtige richtung: zu schauen, welche atmosphäre und welches umfeld man benötigt, um konzentriert schreiben zu können. manchmal genügt schon ein ruhiger raum oder überhaupt ein freier schreibtisch. dann vielleicht noch kleine mahlzeiten dazwischen, ein abgestelltes telefon, eine gesperrte mailfunktion und ein paar bewegungspausen dazwischen. aber vielleicht benötigt man auch musik oder zwischendurch gespräche mit anderen menschen, die auch an einer wissenschaftlichen arbeit sitzen. wichtig scheint nur, um sich nicht in einen panik-zombie zu verwandeln, sich einmal etwas zeit zu nehmen und darüber nachzudenken, welches für einen selber das beste schreibsetting ist.
man kann die frage eventuell schriftlich beantworten. man kann sich aufschreiben, möglichst ohne lang nachzudenken, was es braucht, damit man sich beim schreiben wohl fühlt. man kann es anderen erzählen und danach das gesagte noch einmal notieren. man kann sich das notierte über den schreibtisch oder an den badezimmerspiegel hängen. man kann sich kleine belohnungen notieren, für den moment, an dem festgeschriebene abschnitte erledigt wurden. man kann sich ebenso, wie man arbeitszeiten festlegt, die entspannungszeiten festlegen. also in die planungsstruktur auch einen kneipen- oder kinoabend einbinden. und man kann für sich selbst aufschreiben, was man an einem tag geleistet hat, damit man nicht trotz getaner arbeit, weiterhin ein schlechtes gewissen hat.
sicherlich ist es letztendlich oft hilfreich, den rückzug für die wissenschaftliche arbeit im freundes- und bekanntenkreis anzukündigen. dadurch fühlt sich niemand vernachlässigt oder schlecht behandelt, wenn eine sendepause eintritt. und man weiß für sich selber, dass die verwandlung zum konzentrierten eremiten nach einer gewissen zeit vorüber sein wird, denn es gibt ja den abgabetermin und danach kann man erst einmal sein leben wieder so führen, wie man es immer geführt hat.