Das Portfolio im Kindergarten
Der Begriff „portfolio“ leitet sich aus dem lateinischen Wort folium „Blatt“ und portare „tragen“ ab. Schon im alten Rom gab es das Portfolio als Arbeitsinstrument. Hier wurde das Portfolio genutzt um architektonisch besonders gestaltete Gebäude zu skizzieren und aus diesen „Notizen“ die Architektur weiter zu entwickeln. Auch heute noch wird besonders in der Kunstwissenschaft das Portfolio als Mappe genutzt, die „[…] mit einer Serie von Druckgrafiken od. Fotografien eines od. mehrerer Künstler“ (DUDEN, 2005, S. 829) ausgestattet ist.
In der heutigen Praxis wird der Begriff des Portfolios im Bereich der Kunst und Architektur häufig verwendet. Darunter versteht man Sammelmappen, in denen Studierende den Verlauf von Arbeitsprozessen dokumentieren, über die Entwicklung von individuellen Erkenntnissen reflektieren und Ausblick halten, auf die nächsten Arbeits- und Lernschritte. Es sollen im Portfolio die wichtigsten Materialien und Tätigkeiten, die zu Schlüsselerkenntnissen geführt haben, gesammelt werden und gegen Ende des Künstler- bzw. Architekturseminars reflektiert werden (Bräuer, 2003)
Einen eher negativen Einschlag erhält das Portfolio im Elementarbereich, weil sein Wortursprung nicht mehr beachtet wird und der heutigen Zeit entsprechend eher dem Portfoliobegriff aus dem Wirtschaftbereich angepasst wird. Hier wird das Portfolio abgeleitet aus dem französischen „Portefeuille“, welches veraltet für die Bedeutung der Aktenmappe und Brieftasche steht (vgl., DUDEN, 2005, S. 829). Eine kursierende Negativbeschreibung von „Portfolio“ ist also die Akte und Brieftasche mit allen persönlichen Inhalten bzw. der Identität (Personalausweis u.a.), die von manchen ErzieherInnen der ehemaligen DDR abgelehnt wird mit dem Kommentar: „Das hatten wir doch schon mal!“
Das gelingende Portfolio im Kindergarten als wissenschaftlicher Qualitätsauftrag für die Frühpädagogik konzentriert sich auf den Stand der aktuellen Durchsetzung eines Dokumentationssystems für frühkindliche Bildungs- und Entwicklungsprozesse. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und das Institut für angewandte Sozialforschung (infans) haben bereits Konzepte zur Bildungsdokumentation unter dem Namen „Portfolio“ und „Bildungsbuch“ erprobt. Ob diese Arten der pädagogischen Dokumentation tatsächlich gelungen sind sollte sich hier als Frage stellen. Außerdem gilt es zu fragen, wie ein gelingendes Portfolio für den Kindergartenalltag gestaltet sein könnte. Unerlässlich werden dabei die Beachtung aller „Nebenwirkungen“ bzw. der behutsame Umgang mit den Portfoliomaterialien (Datenschutz) sowie der Nutzen des Portfolios für das Kind (die Rede ist hier von Kindern zwischen 3 – 6 Jahren).
Was soll die Dokumentation im Kindergarten nach Ansicht der Bildungs- und Orientierungspläne in deutschen Kindertagesstätten leisten?
Welche Funktionen werden dem Portfolio als Dokumenationsform im Kindergarten zugesprochen:
- sichtbar machen von Entwicklungstempi, Lernen, Talenten und Potenzialen der Kinder
- Bildungserfolge und Bildungsbiografie des Kindes verdeutlichen
- verbesserte Kooperation zwischen Schule und Kindergarten
- Gesprächsbasis zwischen Eltern und Erzieher
- Pädagogische Qualität
- Pädagogische Professionalisierung
Was bleibt also von dem Ursprung und dem Sinn des Portfolios übrig? Die Übertragung des Portfolios vom Architektur-/ Kunstmarkt und Wirtschaftbereich hin zur frühkindlichen Bildung und Erziehung kann nachdenklich stimmen. Besonders mit dem Wortlaut einer Erzieherin in dem Film „Portfolio – Das Bildungstagebuch im saarländischen Kindergarten“. Sie deutet auf den Portfolio-Ordner und sagt: „Und das hier ist ein echtes Wertpapier!“ – wer jetzt? Der Ordner oder das Kind darin?
Nächster Beitrag am 11.03.09 „Dokumentation – eine pädagogische Herausforderung“
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