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web 2.94 – autismus und bloggen

autismus tritt sehr unterschiedlich in erscheinung, der grad der beeinträchtigungen bei der gestaltung des alltags ist ebenso verschieden. das asperger-syndrom ist die etwas abgeschwächtere form des autismus. bis heute sind sich die psychologen und mediziner bei ihrer diagnostik nicht einig. doch dies spielt eigentlich keinen rolle, wenn ein mensch sich in seinen handlungsmöglichkeiten beeinträchtigt fühlt.

den gedanken und dem empfinden von menschen mit autistischen störungen wurde lang keine aufmerksamkeit geschenkt. erst in den letzten jahrzehnten (teilweise einhergehend mit der entwicklung des internets) wurde dem erleben des autismus mehr aufmerksamkeit geschenkt. und es entwickelte sich ein digitales medium, das von menschen, die schwierigkeiten mit sozialen interaktionen und der kommunikation haben, teilweise gut gehandhabt werden kann. das medium internet bietet eine plattform, auch mit autistischen störungen am gesellschaftlichen austausch teilzuhaben.

selbst wenn die störung autismus nicht hinreichend diagnostiziert und erklärt werden kann, so kann doch inzwischen von den betroffenen auskunft über ihr erleben gegeben werden. und das bloggen ist dafür eine gute möglichkeit. darum möchte ich hier ein paar blogs von menschen über ihr leben (mit der störung) verlinken. ich will sie gar nicht einzeln vorstellen, sondern alle dazu einladen, sich lesend ein eigenes bild zu machen und vielleicht in austausch zu treten:

http://nach21.wordpress.com/

http://autzeit.wordpress.com/

http://realitaetsfilter.wordpress.com/

http://herzlichchaotisch.wordpress.com/

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schreibpädagogik und alter

das alter spielt in schreibgruppen erst einmal keine rolle. ganz gleich welchen alters jemand ist, kann man schreiben und vorlesen, kann man auch mitmachen. das ist eigentlich das schöne an schreibgruppen, dass sie altersungebunden und generationsübergreifend tätig sein können. und doch wäre es ein trugschluss zu glauben, dass das alter keine rolle spielt. so wie in anderen sozialen zusammenhängen kann man auch weiterhin (heute etwas versteckter als früher) unterschiede in den generationen ausmachen.

es wird auch in schreibgruppen die ungeduld der jugend gegenüber dem alter geben. und es wird ebenso die belehrende weisheit des alters gegenüber den jungen menschen geben. darum ist die leitung einer schreibgruppe dazu aufgerufen, zwischen den verschiedenen untergruppen in einer schreibgruppe (es kann auch ganz andere zusammenschlüsse geben) zu vermitteln. aber die große chance dabei ist, überhaupt einen austausch zwischen den generationen zu ermöglichen und mag es auf der kreativen ebene sein.

denn altersgruppen können sich auch gegenseitig in erstaunen versetzen. so können jüngere menschen feststellen, dass die älteren neben ihnen in ihrer jugend auch rebellisch, ungegduldig und unerbittlich waren. die älteren der gruppe werden feststellen, dass die anliegen der jüngeren berechtigt und längst nicht so oberflächlich sind, wie sie immer annahmen. letztendlich geht es in gemischten schreibgruppen um nichts anderes, als gegenseitige vorurteile abzubauen. warum diese bei uns immer noch so vertreten sind? weil sowohl jüngere als auch ältere in unserer gesellschaft nicht ernst genommen werden und sich somit auch kaum gehör verschaffen können. beide gruppen werden nicht wahrgenommen und bleiben somit unbekannt.

vielleicht kann eine schreibgruppe von jüngeren und älteren menschen genau diese ungerechtigkeit zum thema machen. auf der einen seite wird erklärt, dass jungen menschen mehr verantwortung und mitsprache ermöglicht werden soll, aber gleichzeitig werden sie verwaltet und verwahrt, wie lange nicht mehr. sie werden eingeengt und bevormundet. auf der anderen seite wird älteren menschen die teilhabe am arbeitsleben und am lebenslangen lernen schmackhaft gemacht, doch wenn es darauf ankommt, dann werden auch sie verwahrt und bevormundet.

warum also nicht texte gegen bevormundung und verwahrung verfassen und zur lesung die generation der 30- bis 60-jährigen einladen? oder es ergibt sich gleich von anfang an, dass auch die gruppe der mittelalten in der Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und medien

die wissenschaften verlangen heute die nutzung aller zur verfügung stehenden medien. sie sind in vielen bereichen die vorreiter bei der etablierung des internets. zudem reduzierten die hochschulen und wissenschaftlichen einrichtung den druck von büchern und zeitschriften. in deutschland hat dies viel mit den kosten zu tun. bibliotheken bestellten aus einspargründen abonnements ab und schafften weniger bücher an.

teilweise geht es aber auch um die geschwindigkeit der kommunikation im internet und um die möglichkeiten der (sozialen) vernetzung. schriftliche wissenschaftliche arbeiten sind oft auf plattformen zu stellen oder direkt per mail an die bewertenden wissenschaftlerInnen zu senden. pdf-dateien benötigen viel weniger platz und papier als kopien und drucke. die belegung von seminaren und anderen veranstaltungen lassen sich online einfacher organisieren.

und dann ist da noch die präsentation. früher wurden so genannte „thesenpapiere“ zu vorträgen und referaten erstellt. irgendwann wurden sie umbenannt in „handouts“ und gleichzeitig kam die möglichkeit der powerpoint-präsentation auf. dies ließ den overhead-projektor und die ausgedruckten folien verschwinden. zudem konnte die präsentation leicht in ein handout umgewandelt werden, es musste also keine zusätzliche zusammenfassung erstellt werden.

mit der erweiterung des datentransfers durch online-konferenzen und chat-ähnlichen strukturen, verlagert sich der wissenschaftliche diskurs mehr und mehr ins internet. vieles kann inzwischen von zuhause aus verfolgt werden. hochschulen stellen vorlesungen und seminare als digitale aufzeichnungen in ihr internes netz oder ins internet. somit sind hochschulen wegbereiter eines kollaborativen internets und auch des arbeitens von zuhause aus. wahrscheinlich werden sie nur noch von der it-branche übertroffen.

auf der anderen seite ist die umfassende nutzung von medien und vor allen dingen vom internet, eine zusätzliche hürde für studierende. letztendlich muss, wer heute studiert, einen großen teil seiner zeit auf die richtige nutzung von hard- und software verwenden. es gibt zwar rechenzentren an den hochschulen, doch die sind meist zahlenmäßig zu gering ausgestattet, soll heißen, es fehlt personal und es fehlen computer.

und als lehrender in einem fernstudium mit der thematik „schreiben am computer“ finde ich vor allen dingen einen aspekt für lehrende, forschende und lernende problematisch: die individualität im umgang mit den technischen voraussetzungen. das wäre beim wissenschaftlichen schreiben dann kein problem, wenn alles mit allem kompatibel wäre. doch dies ist nicht der fall. es ist so, dass man sehr viel zeit darauf verwenden muss Weiterlesen

biografisches schreiben und fremde

reisetagebücher sind eigentlich notizen aus der fremde, biografische notizen. reisetagebücher beschreiben meist nicht nur die die fremden landschaften, gesellschaften und gebräuche, sondern ebenso die befindlichkeit der reisenden. oder wie man heute so schön formulieren würde: was macht die reise mit mir?

das biografische schreiben kann verschiedene hintergründe haben, sich der „fremde“ anzunähern, die angenehmste ist sicherlich das reisen. als nächstes kann der freiwillige auslandsaufenthalt entweder während der ausbildung oder aus beruflichen gründen auch noch zur angenehmen seite gezählt werden.

schwieriger wird es da schon bei der „gastarbeit“ oder den wanderarbeiterInnen. denn diese bewegung in die fremde ist selten ganz freiwillig. oft spielt die eigene schlechte finanzielle situation eine rolle, in die fremde zu ziehen. im besten fall halten sich bei der gastarbeit vor- und nachteil die waage. von vorteil ist es sicherlich, wenn eine finanzielle verbesserung mit der fremde einhergeht, von nachteil bleibt es, dass diese verbesserung nur in der fremde zu finden ist.

die weiteren gründe, in die fremde zu gehen, sind negativ zu sehen: flucht, vertreibung, verfolgung, hungersnot oder andere katastrophen vertreiben einen aus dem bekannten lebenszusammenhang. das schmerzt, macht oft hilflos und erschwert den kontakt mit der fremde. die situationen beinhaltet auch, dass es oft kein zurück mehr gibt, im gegensatz zu den reisenden und studierenden. menschen landen an orten, in die sie nie wollten.

das biografische schreiben kann sowohl im rückblick auf die eigene lebensgeschichte die konfrontation mit der „fremde“ und den „fremden“ bearbeiten als auch das arrangement, das man in den situationen trifft, abbilden. so kann die fremde eben auch zur neuen heimat werden und das neue lebensumfeld sehr positiv erlebt werden. das biografische schreiben bietet zumindest etliche techniken, die eigene haltung zu Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und politik

abseits der schwierigen situation an hochschulen im rahmen der bildungspolitik, unterliegt auch das forschen und die wissenschaft nicht selten politischen bedingungen. als die damals so genannte „drittmittel“-forschung eingeführt wurde, also die hochschulen für verträge mit der privatwirtschaft geöffnet wurden, um selbstständig verträge zu forschungsaufträgen abschließen zu können, in diesem moment wurde auch ein teil der wissenschaftlichen freiheit veräußert.

denn nun konnten bei finanzierungen von forschungsaufträgen auch die veröffentlichungsbedingungen festgelegt werden. das soll heißen, der geldgeber entscheidet mit darüber wann was veröffentlicht wird. das hatte zwei effekte: der wissenschaftliche austausch wurde begrenzt. in foren, auf kongressen oder in fachblättern wurde nicht mehr alles veröffentlicht, da andere forschende ja in konkurrenz zu einem standen. verwertbare, sich auszahlende vorschungsergebnisse wurden vorenthalten. dies beeinträchtigt die gesamte wissenschaft, macht es doch die weiterentwicklung von gedanken und erkenntnissen brüchig.

daneben wurde gleichzeitig die forschung an den hochschulen verstärkt an der verwertbarkeit, auch ohne finanzierungsverträge, ausgerichtet. es ging darum, den finanziellen wert der eigenen forschung zu erhöhen, um eventuell drittmittel einwerben zu können. diese entwicklung geht logischerweise zu lasten der grundlagenforschung.

was bedeutet dies für das wissenschaftliche schreiben? es richtet sich offen oder auch nur untergründig an den geldgebern aus. forschung lebt zwar zum teil auch von einer sportlichen konkurrenz im entdecken und untersuchen, sie lebt aber auch von kooperation und austausch. dies wird den schreibenden teilweise genommen. Weiterlesen

schreibidee (220)

er kommt langsam aus der mode, der handgeschriebene brief. der persönliche brief gewinnt in den letzten jahren sehr an bedeutung. wer heute noch einen brief schreibt und keine mail, dem ist der adressat wichtig, der nimmt sich die zeit, seinen gedanken ausdruck zu verleihen. vor zwanzig jahren hatten briefe zwar auch bedeutung, aber längst nicht in diesem ausmaß. und wenn man sich die posthum veröffentlichten briefwechsel bekannter persönlichkeiten anschaut, kann man feststellen, dass ganze lebensgeschichten oder stories dort nachgezeichnet werden. darum soll die heutige schreibanregung zu geschichten, die sich aus einem „briefwechsel“ ergeben, führen.

als einstieg lässt sich zwischen zwei möglichkeiten wählen. sollten die technischen voraussetzungen vorhanden sein, dann könnte man einen gemeinsamen chat der schreibgruppe durchführen. die aufgabe besteht darin, in dem chat, eine geschichte (vom hörensagen oder vom gemeinsam erlebten aus) zu entwickeln. ohne die technischen voraussetzungen führt man zu zweit, handschriftlich, einen chat-ähnlichen schreibdialog durch, der auch eine geschichte im hintergrund entwickelt. die texte werden nicht in der gruppe vorgetragen.

im nächsten schritt werden die schreibgruppenteilnehmerInnen aufgefordert, zu überlegen, wem sie schon seit längerer zeit einen brief oder eine ausführliche mail schreiben wollten. alle erstellen jeweils eine liste von 5 personen, wählen die momentan wichtigste aus und schreiben diesen brief, diese mail. dann überlegen sie parallel, welche geschichte (es muss keine realistische sein) sie schon immer schreiben wollten, welcher roman noch nicht in angriff genommen wurde. zu der geschichte werden ein paar stichworte notiert.

die letzte runde der schreibidee nimmt recht viel schreibzeit in anspruch. alle gruppenteilnehmerInnen verfassen jeweils einen brief- oder mailwechsel, in dem sich ihre geschichte langsam entwickelt. es kann sein, dass ein protagonist ständig von seinen erlebnissen berichtet, aber es kann auch sein, dass beide etwas gemeinsam erlebtes brieflich aufarbeiten. der briefwechsel tritt stück für stück in den hintergrund und die geschichte in den vordergrund. anschließend werden die briefwechsel in der schreibgruppe vorgetragen und beim feedback wird betrachtet, wie stark sich die story in den vordergrund schiebt.

zum abschluss kann noch kurz auf bücher verwiesen werden, die ihre gesamte story als brief- oder mailwechsel oder tagebuchnotizen konstruieren. zum beispiel „die ansichten des pudels ali“ von wolfdietrich schnurre.