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schreibpädagogik und männer

schaut man sich in schreibgruppen und schreibstudiengängen um, dann sind männer stetig in der minderzahl. schaut man sich die neuveröffentlichungen auf dem buchmarkt an, dann kann man dies nicht behaupten. schaut man sich dann noch die zahl der nobelpreisträger an, dann schon gar nicht. herrschen beim lesen und verlegen partriarchale strukturen und beim schreiben abseits des buchmarkts matriarchale? es macht den eindruck. ein phänomen, das anscheinend nichts mit dem schreiben oder nicht-schreiben der geschlechter zu tun hat, sondern eher mit dem schreibverhalten.

so gibt es auch abseits des biografischen schreibens schreibgruppen explizit für frauen. für männer gibt es dies nicht. schreiben frauen so anders, oder wollen männer lieber nicht in schreibgruppen? ich kann da nur spekulieren. es scheint, wie wenn mann eher für sich agiert, für sich schreibt und den austausch sucht, wenn er geschrieben hat. frau wiederum schätzt das schreiben in gruppen, tauscht sich auch gern dort aus, wünscht sich aber nicht unbedingt männer dabei. es scheint, wie wenn frauen schreibgruppen als freiraum, wenn nicht sogar als kreative form der befreiung nutzen. und es scheint, wie wenn männer schreibgruppen eher als beschränkung und einengung empfinden und diesen meist fern bleiben.

oder wenn ich auf den studiengang biografisches und kreatives schreiben schaue, dann fällt auf, dass pro jahrgang maximal 15 prozent der studierenden männer sind. der studiengang, der eine schreibpädagogische ausrichtung hat, wird seit sechs jahren mehrheitlich von frauen studiert. bedeutet das etwas für die schreibpädagogische praxis?

erst einmal nicht, da bei schreibanregungen nicht zwischen den geschlechtern unterschieden wird. auch bei den entstandenen texten kann man eigentlich keinen rollenunterschied ausmachen. es hat dann doch eher mit dem setting zu tun. aber meist wird der geringe anteil an männern von den teilnehmerInnen bemerkt. man kann darüber hinweggehen oder man greift die beobachtung der schreibgruppenmitglieder auf. warum nicht einmal darüber schreiben lassen, weshalb eventuell so wenige männer an den gruppen teilnehmen? nur einen schluss kann man daraus nicht ziehen: dass männer nicht so gern schreiben wie frauen. das haut zumindest dann nicht hin, wenn man die neuerscheinungen im buchhandel betrachtet.

bedeutung gewinnen die geschlechterrollen bei schreibgruppen des biografischen schreibens. denn hier spielen natürlich die erfahrungen, die man aufgrund seines geschlechts in der gesellschaft gemacht hat (z.b. als alleinerziehende mutter in den 50er jahren), eine rolle. und hier sollte sich auch eine schreibgruppenleitung gedanken machen, wie Weiterlesen

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wie man den spass am schreiben abgewöhnt (04)

vorsichtige verlage

es gibt wahrscheinlich eine menge menschen, die schreiben, die interessantes schreiben und die gern das geschriebene veröffentlichen würden. also drucken sie ihre texte aus, schreiben einen brief dazu und senden das ganze an einen verlag. oder sie wandeln den text in eine pdf-datei, schreiben eine mail und senden das ganze auch an einen verlag. und die meisten werden keine antwort erhalten, geschweige denn eine zusage bekommen.

es mag sein, dass darunter literarische produkte sind, die leserInnen nicht schätzen werden. aber ich schätze, dass es viele werke gibt, die mindestens so interessant sind, wie das angebot im buchhandel. doch sie werden nie den werbeaufwand erleben oder einen großen verlag finden. denn die verlage sind vorsichtig geworden. es gibt nur noch wenige experimente. man greift auf bewährtes zurück und hält dieses angebot, bis es sich erschöpft hat.

man schaue sich die bestsellerlisten an und man weiß, was zur zeit „mode“ auf dem buchmarkt ist. das traurige an dieser vorgehensweise stellt eine parallele zum öffentlich-rechtlichen fernsehen dar: eigentlich befindet sich der buchmarkt in deutschland in einer recht geschützten position: es gibt eine buchpreisbindung, die verdrängung auf dem markt kann also schwer über dumpingpreise geschehen. und ein niedrigerer mehrwertsteuersatz soll das buch fördern. insgesamt also zu anderen wirtschaftszweigen eine sicherere position.

doch man folgt eher den einer unausgesprochenen anspruchslosgikeit. hier hat sich eine seltsame allianz gebildet. schon in der schule werden die klassiker gelesen, selten greifen lehrerInnen zu moderner, außergewöhnlicher literatur. im fernsehen gibt es ein paar büchersendungen, die man an einer hand ablesen kann und deren sendeplatz sich in den randzonen befindet – vergleicht man dies mit dem sport, packt einen das grauen. und dann beherrschen ein paar große verlage den markt. wie soll mensch in diesem moment von neuen büchern erfahren?

die existentielle fähigkeit des lesens wird schlecht behandelt, im gegensatz zur fähigkeit der bewegung und des sehens oder des handels. wie wäre es mit einem buchtipp vor den hauptabendnachrichten anstatt der börsenkurse? tja, und in diesem moment gehen schreibende davon aus, dass sie ihr buch oder ihren text sowieso nie losbekommen werden und stecken das werk in die schublade, manche veröffentlichen vielleicht noch im eigenverlag oder im internet. heute gibt es wenigstens books on demand und e-books, also recht preiswerte möglichkeiten das geschriebene zu verbreiten.

und doch werden sich viele überlegen, ob sie überhaupt ein buch veröffentlichen wollen, sich also an das schreiben eines langen textes wagen wollen, wenn es sowieso niemand anders als vielleicht ein paar gute freunde lesen werden. gut es gibt schreibwettbewerbe, in denen man kleinere texte platzieren kann. aber es gibt eigentlich nur den ingeborg-bachmann-preis in österreich für längere werke. vergleicht man auch dies mit wissenschafts-, sport-, film- oder musikwettbewerben, so ist der betriebene aufwand für neu geschriebenes und unveröffentlichtes auffällig gering. warum keine buch-berlinale?

und wenn sie nicht gestorben sind, dann sitzen sie noch heute in ihrem kämmerlein und schreiben für sich den außergewöhnlichen roman, eine grandiose lyriksammlung oder die ultimative abenteuergeschichte. andere werden davon nie erfahren.