Schlagwort-Archive: emotionen

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (14)

aber arbeit

„seit wann hat schreiben spass gemacht?“, wird manche/r denken, wenn die überschrift wenn er/sie die überschrift liest. schreiben wird von vielen menschen zu den kompetenzen gezählt, die notwendig sind, aber nicht freude oder lust auf mehr bereiten. gut, mails, chats, sms, twitter, briefe und postkarten, das sind sondersituationen für die einzelnen, die eher mit kommunikation, mit reden, mit gegenseitigem austausch zu tun haben. doch so für sich erst einmal, einfach zu schreiben, geschichten zu notieren, gedanken auszuformulieren, das machen die wenigsten.

schreiben muss für viele von uns in eine „sinnvolle“ aufgabe eingebunden sein. schreiben muss angefordert oder erwartet werden, muss einen effekt haben. dabei wird unterschätzt, dass schreiben für sich, aus einer kreativen laune heraus, sehr wohl einen effekt hat. hat man diesen effekt jedoch noch nie erfahren, dann ist es schwer von außen nachzuvollziehen, dass schreiben und spass überhaupt kein widerspruch sind.

der wichtigste grund, weshalb nicht zum stift oder zur tastatur gegriffen wird, der liegt in der zeitknappheit, die als führendes argument ins feld geführt wird. „ich habe gar keine zeit und nicht die ruhe, mich hinzusetzen, um zu schreiben.“ schon an zweiter stelle folgt die argumentation: „ich muss während meiner arbeit schon so viel lesen und schreiben, da habe ich in meiner freizeit keine lust mehr dazu.“

es macht keinen sinn, jemanden zum schreiben zu überreden, der keine lust dazu hat, der schreiben als einzig anstrengendes unterfangen ansieht. aber es macht lust, menschen dazu zu überreden, es einmal kurz auszuprobieren, wie es sich anfühlt, wenn man „kreativ“ schreibt. denn meist schon nach den ersten versuchen des schreibens für sich selbst kommen viele menschen auf den geschmack. es ist qualitativ für alle schreibenden etwas anderes, selbst eine geschichte, ein gedicht oder auch nur ein elfchen zu schöpfen, als einen Weiterlesen

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wie man den spass am schreiben abgewöhnt (13)

wichtige witzigkeit

da geschriebenes, sobald es öffentlich wird, bewertet wird, versuchen alle schreibenden, die leserInnen, die lehrerInnen oder die hörerInnen mitzudenken. dabei gibt es einen effekt, der einem teil des geschriebenen und veröffentlichten die kraft und die wirkung nimmt. die angenehmsten reaktionen gibt es meist auf humorvolle und witzige texte. somit bemühen sich viele schreibende um lustige aspekte, um absurde wendungen und humorvolle ideen.

dagegen spricht so lang nichts, so lang der glaube an den humor nicht das schreiben erschwert und letztendlich blockiert. doch schaut man sich die häufigen reaktionen in schreibgruppen an, dann muss dies die menschen verzweifeln lassen, die einen ernsthaften text verfasst haben. und dies passiert leider auch: wenn zum beispiel alle ihre ergebnisse der reihe nach vortragen und die gruppenreaktion eindeutig zum humorvollen tendiert, dann unterlassen manche teilnehmerInnen ihren vortrag. denn sie wissen, sie werden nie die positive reaktion erhalten, wie ihre vorgängerInnen mit den schenkel-klopf-wendungen.

ähnliches lässt sich oft in feedbackrunden beobachten: wird es ernst, wird es nachdenklich, wird es sehr real, dann ist der hang zur kritik größer als bei humorvollen, lockeren texteinheiten. das ernsthafte kann den raum nur durch die einzelnen leserInnen erobern. erst wenn das ernsthafte einen gewissen bekanntheitsgrad durch verkaufszahlen oder feuilleton erlangt hat, macht auch eine lesung sinn. das ernste muss sich erst den weg bahnen, bis es von anderen akzeptiert, gefeiert und mit positiven reaktionen bedacht wird. meist darf humorvolles und leichtes eine große emotionale bandbreite abdecken, ernstes muss bei uns aber ganz ernst ernstes sein, beschwingte ernsthaftigkeit ist „zu populär“ in den augen vieler und lässt bei „dem thema“ ernsthaftigkeit vermissen.

aber zurück zu den versuchen, witzig zu sein. es ist schwer, beim schreiben den gedanken an die leserInnen und hörerInnen zu ignorieren, doch es ist die einzige möglichkeit, sich dem zwanghaften versuch am humorvollen zu entziehen. es ist ein lernprozess, die erwartungen und reaktionen auszublenden. wenn einem gerade ein ernsthaftes thema durch den kopf geht, dann sollte Weiterlesen

kreatives schreiben und verwandlung

die verwandlung von gegenständen, personen, tieren oder ganzen welten ist einer der vielfältigsten gedanken des kreativen schreibens. ob es sich um märchen, fabeln oder entwicklungsromane handelt, vorlagen der verwandlung gibt es viele. nehme man nur den renner „harry potter“ oder die momentan bei jugendlichen angesagten vampirgeschichten – diese stories leben von der verwandlung. eben noch ein kleiner junge in einem britischen vorort und schon ein kleiner zauberer, der es mit der größten bedrohung der zauberwelt aufnimmt. eben noch ein jugendlicher und schon ein blutausgender mensch, der aber weiter romantische emotionen pflegt.

nimmt man noch comics und trickfilme dazu, dann gibt es die superhelden, die kleinen roboter und maschinen, oder auch nur die spielzeuge im kinderzimmer, die eine verwandlung vollziehen. und als kontrast der autorenfilm, der häufig die innere verwandlung eines menschen, der die einschneidenden veränderungen im leben zum thema hat.

aus dieser palette kann man im kreativen schreiben schöpfen. viele der hier vorgeschlagenen schreibideen basieren auf der überlegung einer verwandlung. die meiner ansicht nach einfachere variante ist es, dingen und wesen leben einzuhauchen, die bis dahin keines hatten. die schwerere variante ist es, die veränderung eines menschen in einer geschichte abzubilden, da der zeitliche vorlauf der veränderung meist längere zeit benötigt, auch in der geschichte.

so kann man sich zum beispiel in dem raum umschauen, in dem man sich gerade befindet. man kann den nächstbesten gegenstand wählen und mit ihm ein gespräch anfangen. wie geht es der blumenvase da drüben im moment? was macht sie heute noch? wie erlebt sie ihre umwelt? was ärgert sie am meisten?
im zweiten schritt kann man der vase außergewöhnliche kräfte oder ein großes geheimnis „geben“. und schon befindet man sich in einem märchen oder einer zaubergeschichte, in einer abenteuerstory oder in einem rätseltext.
im dritten schritt kommen weitere menschen ins spiel, die sich auf der suche befinden, die die vase brauchen, um etwas zu verändern, die entweder sich selbst oder ihre umwelt verwandeln wollen. sie finden die vase und in der geschichte vollzieht sich dadurch eine vewandlung.

um emotionale vewandlungen bei menschen auszulösen benötigt es für geschichten einen auslöser. dies kann ein großer geldgewinn sein, eine katastrophe oder die begegnung mit einem anderen menschen, der starke emotionen hervorruft (ganz gleich ob positiv (liebe) oder negativ (wut, hass)). es sind meist einzelne momente, die ein umdenken, eine veränderung verursachen. und in den kreativen geschichten darf dies schneller gehen als im alltag. normalerweise benötigt ein mensch Weiterlesen

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (12)

alles aufräumen

dieser beitrag ist nun der übergang zu den selbstverursachten abgewöhnungsstrategien. sie hängen natürlich mit den bisher gemachten erfahrungen in bezug auf das schreiben und den schreibprozess zusammen. sie stehen nicht für sich allein im raum und entspringen einer persönlichen laune. „alles aufräumen“ ist eine vorgehensweise, um den einstieg ins schreiben zu umgehen, zu verhindern und teilweise selbst zu boykottieren. daher wird das vorgehen selten positiv erlebt, sondern eher als belastung, die man nicht abstellen kann.

doch erst einmal eine typisierung: es gibt zwei arbeitstypen unter den menschen: die einen, die früh mit einer aufgabe anfangen, sie für sich strukturieren und planen und das ziel konsequent verfolgen. und dann gibt es den arbeitstypen, der die besten und effektivsten ergebnisse erreicht, wenn er auf den letzten drücker handelt und arbeitet. zwischen den beiden polen von arbeitstypen gibt es viele unterschiedliche varianten an arbeitsstrategien. doch die meisten menschen tendieren in eine der beiden richtungen.

beide arbeitstypen kommen am ziel an, beide liefern die geforderte arbeit ab und beide haben die gleiche zeit zur verfügung. es gibt also qualitativ im ergebnis keinen unterschied. und ganz wichtig, es gibt auch keinen bewertung, welche arbeitsweise besser oder schlechter ist. allein die emotionale befindlichkeit kann für den einzelnen menschen ein kriterium sein. wann wird der arbeitsprozess (schreibprozess) oder der einstieg in den arbeitsprozess (einstieg in den schreibprozess) quälend und unangenehm? dann sollte man einen blick darauf werfen, welche form des arbeitens man bevorzugt. denn: weiß man, wie man am liebsten arbeitet, bekommt man auch kein schlechtes gewissen oder zweifel, ob das alles so richtig ist, wie man das gerade handhabt.

womit ich beim „aufräumen“ bin: wenn ich weiß, dass ich am effektivsten arbeite, wenn ich auf den letzten drücker arbeite, dann muss ich mir in der zeit vorher keine ausreden überlegen, warum ich nicht schon am schreibtisch sitze und schreibe. also kann ich es sein lassen mit den ausweichhandlungen, wie das aufräumen der wohnung. weiß ich aber, dass ich eine klare struktur brauche, dann kann ich mir einen zeitplan erstellen, der für mich bindend wird. in diesen plan kann ich schon meine ausweichhandlungen einbauen, wenn ich weiß, dass ich eine unangenehme aufgabe vor mir habe. ich gebe mir pro tag zum beispiel zwei stunden zeit, die wohnung aufzuräumen. ist dies erledigt, setze ich mich entspannter ans schreiben und verurteile mich nicht für meine ausweichhandlungen.

man gewöhnt sich das schreiben eher dadurch ab, dass man der meinung ist, ausweichhandlungen seien sehr verwerflich. dabei kennt beinahe jeder mensch die situation, plötzlich fenster zu putzen, obwohl eine hausarbeit geschrieben werden sollte. geben sie den ausweichhandlungen und ihren arbeitsweisen genug raum und zeit, und vieles wird Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und männer

das wissenschaftliche schreiben ist überspitzt formuliert, ein männliches schreiben. möglichst ohne emotionen, ohne zu viel persönliche meinung ist eine untersuchung oder ein experiment zu beschreiben, eine ausarbeitung zu erstellen. es wird kein grosses gewese darum gemacht, es bedarf keiner schmückenden und verzierenden sprache. wissenschaftliches schreiben reduziert das schreiben auf die wiedergabe von tatsachen. dies kommt dem weiterhin gelebten männlichen prinzip nahe.

klar kann man wissenschaft auch ganz anders aufbereiten (übrigens können dies auch männer), doch betrachtet man sich einmal die deutschsprachige wissenschaftslandschaft, dann ist dies nicht erwünscht. wann werden bei uns schon einmal essays oder kommentare in seminaren geschrieben? wo finden noch große diskurse statt? manchmal wünscht man sich die emotionalen und direkten 68er zurück, wenn man die heutigen hochschulen betrachtet. da gab es stundenlange diskussionen von 3000 menschen im audimax der fu mit marcuse oder anderen lehrenden zur gesellschaftlichen lage. (siehe http://web.fu-berlin.de/chronik/chronik_Home.html). hier wurde um wissenschaft und ihre ausrichtung gestritten.

dies ist alles vergangenheit. bis heute beherrschen weiter die männer die hochschulen (auch wenn es immer mehr frauen in gehobenen positionen gibt) und verfolgen das eher hierarchisch-emotionslose prinzip. ausreisser aus diesem gefüge darf es nur in den „kreativen“ fächern und hochschulen geben. schaut man genau hin, dann herrscht bei vielen wissenschaftlerInnen eine große begeisterung für das eigene forschungsgebiet und die entdeckungen, die dabei gemacht werden. leider finden sich diese begeisterungen in den wissenschaftlichen texten nicht wieder.

wenn man die freude über die wahrscheinliche entdeckung der higgs-teilchen im fernsehen gesehen hat, dann fragt man sich, weshalb sich in wissenschaftlich geschriebenem diese freude nicht zeigt. es gilt die vorstellung, dass emotionen unwissenschaftlich seien. dem widerspricht aber die persönliche begeisterung für das eigene fach, die eigene disziplin (sonst würde man sich nicht über jahrzehnte mit ein und demselben thema auseinandersetzen). hier wünscht man sich ein seminar mit forschern, um einmal selber zu erforschen, wie männer ihre begeisterung in worte fassen. und dann möchte man sie fragen, Weiterlesen

kreatives schreiben und männer

vor kurzem in der doku über das bestsellerschreiben wurde auch eine kreative schreibgruppe aus frankreich vorgestellt. wie in deutschland schien es, besuchen beinahe ausschließlich frauen gruppen, die gemeinsam kreativ arbeiten. bei männern scheint es einen stärkeren vorbehalt gegenüber den kreativen techniken zu geben und die einsamen wölfe schreiben lieber für sich in ihren kammern, suchen weniger den austausch.

statistischen untersuchen zu der frage, wie weit männer kreativen und intuitiven techniken raum in ihrem leben geben, gibt es meines wissens bis jetzt nicht. aber es ist schon ein phänomen, welchen dingen sich männer in unserer welt eher zuwenden und welchen weniger. dies kann nicht frei von erziehungs- und geschlechterrollenfolgen sein. autos reparieren, rasen mähen oder eine neue veranda bauen, da blühen manche männer auf. sich hinsetzen, einen stift in die hand nehmen und den eigenen gedanken und emotionen freien lauf lassen, das fällt schon schwerer.

ich weiß, ich weiß, das ist ein vorurteil, doch die zahlen der schreibgruppen deuten zumindest darauf hin, dass es unterschiedliche umgänge mit kreativität gibt. so wäre zum beispiel mal eine geschlechts-gemischte schreibgruppe interessant, die lust hätte selbstreflexionen über das eigene schreiben zu verfassen. und es wäre einmal eine ausschließliche männerrunde des kreativen schreibens interessant, um zu schauen welche formen der annäherung an das kreative gewählt werden.

aber abseits des schreibverhaltens sind männer natürlich auch in texten, geschichten und literatur immer wieder mit der zugeschriebenen rolle konfrontiert. es gibt so gut wie keine männerbewegte literatur, also texte, in denen sich männer anders verhalten, als es ihrer von der gesellschaft erwarteten rolle entspricht. ganz gleich, welches genre man betrachtet, ob roman, krimi, science fiction oder fantasy, männer erhalten auch von vielen frauen die rolle, die sie schon immer inne haben müssten.

im kreativen schreiben könnte man diese rollen verändern. wie wäre es mit einer schreibanregung, in der nicht nur die verunsicherung der männer durch emanzipiertere frauen thema wäre, sondern in denen männer eine rolle einnehmen, die abseits Weiterlesen

biografisches schreiben und männer

immer wieder wird diskutiert, wie groß denn nun die geschlechterdifferenzen seien. ein paar biologische und medizinische phänomene lassen sich festmachen, aber auch hier ist vieles nicht so eindeutig, wie lang angenommen wurden. und doch wird jedem jungen mann nahegelegt (auch heute zu großen teilen noch), die männliche rolle einzunehmen. dekonstruktionisten versuchten lang, diese vorgaben zu relativieren. doch so lang die verteilung von arbeitsplätzen und die beteilung am profit eher männern zugesprochen wird, wird sich am rollenverständnis nichts ändern.

was bedeutet es nun in der lebensgeschichte „mann zu sein“ oder eben „nicht mann zu sein“? die meisten männer im deutschsprachigen raum haben in ihrem leben einen abschnitt, der entweder wehrdienst, zivildienst oder in-den-krieg-ziehen heisst. dieser lebensabschnitt folgt kurz nach der schule oder schon zu schulzeiten (beim krieg). und er hinterlässt bei jedem seine wirkung. wie sah die aus? wie sahen die erlebnisse aus? änderte sich etwas dadurch im eigenen leben?

es lohnt sich, beim biografischen schreiben einen blick darauf zu werfen, wie weit man mit der rolle als mann konfrontiert wurde. hat sie einem immer gefallen oder gibt es momente, wo einen die rituale der männlichkeit nerven? aus der sicht von frauen kann in der biografie betrachtet werden, inwieweit sie einen umgang mit der männerrolle gefunden haben. wo begegnete einem ein ausdruck von männlichkeit und was hat man davon gehalten? in die biografie vieler frauen fällt sicher auch die etablierung des feminismus. welchen effekt hatte dieser auf das eigene leben?

und dann gibt es noch spezielle aspekte beim thema „männer“ im biografischen schreiben. war man zum beispiel teil eines männerbundes? wie erlebte man diese zeit und welche bedeutung hatte er? oder distanzierte man sich irgendwann von der männerrolle (zum beispiel als transgender – aber dies ist sicherlich die modernere variante) und welche reaktionen kamen vom näheren umfeld. es gab zeiten, da war schon das leisten des zivildienstes in den augen anderer die abkehr von der männlichkeit.

das mündet in der frage, wie man andere männer erlebt hat. an erster stelle natürlich den vater. welche rolle nahm der mann vater gegenüber tochter oder sohn ein? welche rolle nahm der vater als mann in der familie ein. wurde ihm von der mutter Weiterlesen

web 2.0 und coolness

das web 2.0 für sich ist ja schon cool. zumindest bietet es viele online-möglichkeiten, die vor ein paar jahren noch unvorstellbar gewesen wären. der kontakt, der austausch, das soziale netz – alles ist einfacher und schneller geworden. und zum digitalen austausch online gehört es eben auch, dass emotionen schwer zu vermitteln sind. schon vor etlichen jahren entwickelten user die emoticons, die zumindest ansatzweise emotionen abbilden sollten. doch schaut man sich zum beispiel 😉 , 😯 , 😦 oder 😳 an, so sind dies nicht unbedingt sehr aussagekräftige zeichen.

emotionen können im internet entweder bildlich angedeutet oder schriftlich ausformuliert werden. aber es gibt ein problem: mimik und tonfall fehlen erst einmal. es mag sein, dass liebesbriefe auch heute noch funktionieren und sehr emotional sind. aber sie sind erst einmal einseitig und meist schließen sich andere formen der kommunikation an. aber eine diskussion oder ein gespräch (chat) werden immer daran kranken, dass einem für das verständnis der anderen person bezugspunkte fehlen. schon das telefonieren ist eine einschränkung, die sich noch durch das hören des tonfalls reduzieren lässt, aber schriftlich ist die gefahr von missverständnissen eine größere.

gleichzeitig kann man aber die frage stellen, inwieweit das web 2.0 die coolness in unserer gesellschaft verstärkt. nicht ohne grund definiert sich inzwischen eine gruppe selbst als „emos“, etwas, das vor zwei jahrzehnten seltsam erschienen wäre, da sich die menschen ungern emotionale kompetenzen absprechen lassen würden. heute ist man wahrscheinlich stolz darauf, im netz auf eine strategische art und weise zu kommunizieren. emotionalität kommt am ehesten bei protest und abwertung ins spiel, positive emotionen werden ins private gerettet.

einher mit der coolen kommunikation geht das nesting im engsten vertrautenkreis, abseits des webs. hier wird all das an emotionaler kommunikation gelebt, das virtuell nicht gelebt werden kann. da gleichzeitig das arbeitsleben entgrenzt ins privatleben funkt und die kommunikationsbereitschaft rund um die uhr praktiziert wird ist auch rund um die uhr strategisches verhalten angesagt. kulturpessimistisch könnte man formulieren: je cooler und strategischer kommuniziert werden muss Weiterlesen

wissenschaftliches schreiben und coolness

wissenschaftliches schreiben ist eigentlich pure coolness. keine andere schreibform zeigt weniger emotionen im text, vielleicht noch gebrauchsanweisungen, doch selbst juristen schreiben lebhafter. aus dem wissenschaftlichen schreiben wurden emotionen verband, um eine wie auch immer geartete objektivität zu bewahren. es ist der glaube, dass eine gefühllose und subjektlose sprache die reinheit der wissenschaften bewahrt.

betrachtet man jedoch die forschungsfelder und studien, ergebnisse oder erkenntnisse genau, ist eigentlich das gegenteil der fall. in alle untersuchungen fließen auch die auffassungen der forschenden mit ein. das beginnt bei einem menschenbild, das grundlage ist für die vorstellungen, was neue erkenntnisse für uns seien. es geht weiter über das forschungssetting und die frage, welche aussagen sich aufgrund von statistischen erhebungen treffen lassen und geht bis zur frage, wie viel persönliche meinung in einen wissenschaftlichen text einfließen darf.

gerade die naturwissenschaften vermitteln, dass es möglich wäre in einem menschenungebundenen neutralen raum forschen zu können. was für ein trugschluss. und so werden alle forschenden zu einer angemessenen coolness angehalten, die ihnen gerade einmal im schlusskapitel die möglichkeit eröffnet, persönlich position zu beziehen. man kann dies auch anders und nicht weniger wissenschaftlich handhaben. wissenschaft hat einen gemeinsamen kleinsten nenner: meinungen und thesen müssen belegt oder widerlegt also begründet werden. das hat zur folge, dass die behauptung auch von anderen durch experimente, befragungen oder studien belegt und widerlegt werden kann, die begründung also wiederholt werden kann.

doch momentan haben wir eine gegenteilige entwicklung: da keine zusammenhänge mehr erfasst werden, keine emotionen mehr im spiel sind, sondern beinahe alles nur noch auf mathematikbasierte statistiken runtergebrochen wird, fehlt in vielen zusammenhängen die eigentlich begründung. coolness ist exakt der richtige ausdruck dafür. denn coole kommunikation lässt möglichst alles menschliche außen vor und führt zu handlungen, die keiner menschlichen logik mehr folgen. doch durch dauercoolness verlieren wird den kontakt Weiterlesen

liste (121) – coolness

wer lust hat, kann sich diese seite ausdrucken und ausfüllen. ich schlage listen vor, die einem vielleicht einen überblick zu verschiedenen themen der eigenen lebensgeschichte geben können. dieses mal geht es um die „coolness“.

das ist für mich „echt cool“:

diese menschen sind für mich „echt cool“:

das stört mich sehr am „cool sein“:

hierbei hat mir coolness weitergeholfen:

hierbei stand meine coolness oder die von jemand anderem im weg:

biografisches schreiben und coolness

cool sein kann zur lebensaufgabe werden. meist wird die haltung der coolness mit männern verbunden. man nehme zum beispiel einen echten kerl, versiert in kampftechniken und kriegsführung, mit spiegelverglaster sonnenbrille, der in der kommunikation nur zu einzelnen, kurzen und knappen antwortsätzen fähig ist. in seinem öffentlichen auftreten möchte der coole mann keine näheren kontakte aufbauen und schon gar nicht emotionen äußern.

so das klassische bild der coolness. seitdem ich den begriff „coolness“ hier im blog bespreche, landete prompt die suche „ist weinen cool?“ hier auf der seite. anscheinend hat sich in der vorstellung, was coolness sein könnte und was nicht, einiges verändert. coolness ist auch schon länger nicht mehr auf das männliche geschlecht beschränkt. beim biografischen schreiben kann man für sich vielleicht erst einmal festhalten, was man selber unter „cool sein“ versteht. denn nur wenn man seine eigene erklärung gefunden hat, kann man auch schauen, ob man nun im laufe seines lebens öfter cool war oder nicht.

und dann kann man den blick auf die eigene lebensgeschichte noch zusätzlich verändern: war man in situationen cool, in denen es im nachhinein betrachtet viel sinnvoller gewesen wäre, wenn man emotionen gezeigt hätte, sich gehen lassen hätte oder geflohen wäre? wie oft stand man sich mit coolness selbst im weg und wie oft erreichte man durch coolness positives im laufe seines lebens? wie oft war coolness bei einem selber eher ein ausdruck von unsicherheit, angst oder scham? wo hat man überhaupt gelernt, cool zu sein? oder war man vielleicht nie in seinem leben cool und findet dies auch weiterhin nicht erstrebenswert?

der blick kann noch stärker geweitet werden: kennt man coole menschen? und welche coole menschen Weiterlesen

wund-starr-krampf (07)

fussball – nachgetreten

ja, man könnte es ruhen lassen, denn es sollte nicht sein. war ja nur ein spiel und somit ist das kapitel männer-fussball-em erledigt. mir scheint aber, dass man einmal nachschauen sollte, was da eigentlich für mechanismen sowohl im vorfeld, als auch im nachhinein im spiel sind. denn die ganze kiste kommt nicht so harmlos daher, wie dann gern getan wird.

so hysterisch war es noch nie. mit ein paar jahresringen im holz erinnert man sich an die diversen meisterschaften. klar, teilweise waren die strassen leer, aber diese em hat so manchen rekord gebrochen. schon das erste spiel entmenschlichte den öffentlichen raum. das war aber kein zufall, sondern eine folge des medialen wahnsinns. tage vorher war auf allen medialen kanälen nichts anderes mehr zu vernehmen als die vorbereitung auf das spiel. da sah man es auch nicht so eng, dass konsequent für die fanmeile in berlin (eine privatwirtschaftliche angelegenheit) werbung gemacht wurde. seriöse nachrichten verkamen zu einer fussball-hofberichterstattung. der effekt: nicht verlieren können (dazu gleich mehr).

so politisch war es noch nie. nein, ich meine nicht das fernbleiben der kanzlerin und den hauch kritik an den undemokratischen verhältnissen in der ukraine. ich meine die tatsache, dass medien im schulterschluss mit den regierenden die em zu einer nicht-politischen veranstaltung erklärten und ja alles so hübsch in der ukraine war. man hätte das auch ganz anders thematisieren können, doch das war nicht erwünscht. hier ist keine trennschärfe mehr erkennbar. das ist das politische und bedenkliche (ähnliche berichterstattungen finden sich zum beispiel beim thema steigende strompreise, wenn wir die energiewende wollen).

so viele steuergelder wurden noch nie verschwendet. die preise für übertragungsrechte steigen beständig. da man sich anscheinend dem marktdenken des fussballs (der sowieso schon von der sporthilfe gefördert wird) anpasst und auch hier kein kritisches wort mehr verliert (aus der tour de france hat man sich einmal wegen kritischer momente zurückgezogen), wird inzwischen zu jeder tages- und nachtzeit zusätzlich werbung eingeblendet. doch nicht genug damit. die sendezeiten der öffentlich-rechtlichen sender werden kurzfristig geändert und spiele, die gerade gesendet wurden, gleich noch einmal ausgestrahlt. es gibt keine alternativen mehr (die privaten passten sich so weit an, dass sie eigentlich nur noch dauerwiederholungen sendeten). medial herrschte bald einen monat ein ausnahmezustand.

so schlecht wurde noch nie verloren. man muss es ja auch einmal auf den sportlichen punkt bringen. seit über 10 jahren verliert die deutsche mannschaft. doch vorher wird jedesmal propagiert, man könne jede mannschaft schlagen. und wie erbärmlich dann die folgen: niemand geht beim endspiel mehr zur fanmeile (also geht es doch um nationalismus und nicht um den schönen sport). man kann sich auch nicht für die andere mannschaft freuen. es kommt zu einer skurrilen emotionale verquickung eines sportereignisses mit offenem ausgang und nationaler gefolgschaft. ja, man stilisiert das nicht-gewinnen zu einem sommermärchen hoch, um irgendwie das gesicht zu wahren. was für altbackene rituale – wenn man schon meint, sich in wettbewerb mit anderen begeben zu müssen.

man ahnt, was in zwei jahren auf einen zukommt. nun ist man erst einmal spielverderber 😉

schreibberatung und coolness

wie hier schon öfter beschrieben, spielen bei (schreib)beratungen unsicherheiten der klientInnen am anfang oft eine rolle. dabei handelt es sich um einen mix aus scham (hilfe zu benötigen), angst (was kommt da auf mich zu?) und misstrauen (hilft mir das hier überhaupt?). ein ausdruck dieser unsicherheit kann coolness sein.

ich kenne aus meinen langjährigen beratungstätigkeiten ein auftreten von klientInnen, das im ersten moment den eindruck hinterlässt, es gebe überhaupt kein problem. als berater fragt man sich, weshalb denn jemand in beratung kommt, wenn es scheinbar keine schwierigkeiten gibt. die menschen sind cool. sie überdecken in einer sehr professionellen art alle unsicherheiten und leider auch alle probleme. darum kann man als berater erst einmal nicht weiterhelfen.

sinnvoll war es dann immer, die frage weiterzugeben: „ich habe den eindruck, es gibt überhaupt keine schwierigkeiten, es klingt doch alles gut und in ordnung. vielleicht benötigen sie gar keine beratung.“
erst in diesem moment realisierten viele klientInnen, dass ihre aussenerscheinung nicht mit ihren gedanken und emotionen übereinstimmen. doch manchmal wird es auch in diesem moment nicht realisiert. die ratsuchenden bestätigen sogar, dass alles in butter zu sein scheint. da ist es hilfreich, die beratung zu beenden, da es augenscheinlich keinen beratungsbedarf gibt.

nicht sinnvoll scheint es mir, spekulationen darüber anzustellen, warum jemand, wenn er eine (schreib)beratung aufgesucht hat, nicht benennt, um was es eigentlich geht. ich als berater kann dies nicht wissen und helfe weder mir noch dem klienten durch mein Weiterlesen

schreibidee (378)

oooh, ist das alles aufgeregt. unsere formen des multitaskings, die beständige handy-ruf-bereitschaft und die kaskaden an schnellen eindrücken und bilderfolgen in den medien lassen uns so langsam immer unruhiger werden. vor ein paar jahren saß ich einmal in einem kino, das sehr knarrende sitze hatte. im kontrast dazu lief ein extrem ruhiger film. an diesem abend konnte man hören, wie nervös die welt und wie groß das aufmerksamkeitsdefizit inzwischen ist. greifen wir das phänomen doch einmal auf: dies ist eine schreibanregung zu „nervösen geschichten“.

zu beginn werden alle schreibgruppenteilnehmerInnen eingeladen, für sich stichwortartig zu notieren, was sie nervös macht. dann wird eine begebenheit, sache oder ein gedanke ausgewählt und in einem kurzen text beschrieben (maximal zwei seiten). die texte werden in der schreibgruppe vorgestellt.

aus den vorgestellten nevös-macherInnen und der eigenen liste wird abermals ein vorschlag ausgewählt. nun schreiben die teilnehmerInnen einen gedanklichen monolog eines menschen, der nervös ist. dabei soll der ausgewählte nervös-macher im vordergrund stehen. schon das hören der texte soll nervös machen. anschließend werden die texte vorgetragen und es wird in einer feedbackrunde diskutiert, welche techniken angewandt wurden, um den gedanklichen monolog nervös erscheinen zu lassen.

wenn alle schreibgruppenteilnehmerInnen nach dem hören der monologe nervös genug sind, dann kann man sich der ausführlicheren schreibübung zuwenden. es soll eine geschichte geschrieben werden, in der die nervosität im vordergrund steht. mindestens eine person in der geschichte muss nervös sein, es kann sich aber auch um eine ganze gruppe handeln. wichtig ist bei dieser schreibübung, dass die nervosität sich im text wiederfindet. und als zweite vorgabe an die schreibenden: die nervosität soll eine wichtige rolle in der handlung spielen. das kann zum beispiel über fehlhandlungen aufgrund großer nervosität dargestellt werden. es kann zwei menschen in der kommunikation sich verwirren und verstricken lassen, da sie beide so nervös sind. es kann dargestellt werden, wie zunehmende nervosität ein umfeld auf distanz gehen lässt und vieles mehr. die geschichten werden in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine ausführliche feedbackrunde statt.

zum abschluss notieren nun alle schreibgruppenteilnehmerInnen jeweils drei techniken, um nervosität abzubauen und sich zu entspannen. die techniken werden kurz beschrieben. alle vorgestellten techniken werden nach dem treffen der gruppe von der gruppenleitung zusammengeschrieben und den teilnehmerInnen ausgehändigt. wenn sie einmal nervös werden sollten und der emotionale zustand stört, dann haben sie alle eine schöne sammlung an entspannenden techniken, auf die sie zurückgreifen können.

alle 378 schreibideen dieses blogs können auch gebündelt in einem extra-blog nachgelesen werden: http://schreibideen.schreibboutique.de .

selbstbefragung (174) – coolness

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um die „coolness“.

  • sind sie manchmal zu cool? warum?
  • in welchen situationen sind sie nicht cool genug (glauben zumindest sie)?
  • was ist für sie der vorteil von coolness? beschreiben sie.
  • wann waren sie das letzte mal cool, obwohl sie sich ganz anders gefühlt haben? warum?
  • wie verhalten sie sich, wenn sie cool sind?
  • ab wann wird coolness für sie ein machtspiel?
  • welche mitmenschen finden sie im positiven sinne „cool“?
  • wer geht ihnen mit seiner coolness auf die nerven?
  • wann finden sie es absolut notwendig, gefühle zu zeigen und nicht cool zu sein? beschreiben sie.
  • wie leicht fällt es ihnen, vor anderen menschen zu weinen? (wie cool ist das denn? 😉 )

die letzten 150 selbstbefragungen sind als links hier gebündelt: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/01/05/1500-fragen-zur-selbstbefragung-aus-diesem-blog/

wortklauberei (107)

„a wie angriff“
„a wie a-klasse“

endlich spricht es eine werbung einmal aus: es herrscht krieg auf den strassen. und daimler liefert den neuen panzer dafür. in dem martialischen spot bezieht sich der autohersteller zwar auf den fussball, der wohl auch nur die funktion besitzt ein ventil für all die angestaute angst und wut einer gesellschaft darzustellen. selten hat es ein werbespot so auf den punkt gebracht, wofür heutzutage die großen karossen gekauft werden oder fussball gespielt wird. ach ja, daimler ist übrigens auch ein recht ergiebiger rüstungskonzern.

wie war das noch einmal mit dem „stahlhelm“, der nur ein versprecher war (aber was für einer?). die relativierung folgt auch schon auf dem fuße: die briten würden sich noch viel stärker vor großen fussballspielen einer kriegerischen sprache bedienen. na dann, ist ja alles in ordnung. der mediale großangriff ist trotzdem nur noch eine verlogene farce. gebetsmühlenartig ist vor der em betont worden, es sei ja ein sportlicher wettkampf, der nicht zur hauptaufgabe habe, sich mit gesellschaftlichen verhältnissen in den gastgeberländern oder überhaupt auseinanderzusetzen.

ein blick in die teilnehmerländer würde viel mehr offenbaren. der tagesspiegel aus berlin hielt es abermals für notwendig zu betonen, dass beim autokorso nach dem sieg der deutschen mannschaft ein großer teil der teilnehmer einen migrationshintergrund (und wahrscheinlich einen deutschen pass) hattena. zudem hätten einige teilnehmer feuerwerkskörper mit auf die fanmeile genommen und dort auch abgefeuert. wie in allen wohngebieten schon beim ersten spiel silvesterstimmung herrschte, nur dass mancher knall nicht mehr nach feuerwerk sondern nach waffe klang. aber auch hier folgt die relativierung sofort: es lag am alkoholeinfluss.

alles nur ein unterhaltsames spiel, bei dem aus jeder pore aggression schwallt. a wie angriff. g-e wie germany. da wirkt der anschließende spot der uefa für die gegenseitige nationale toleranz wie eine veraltete benetton-werbung. wäre man doch endlich einmal ehrlich: es geht um das große geschäft von großen konzernen, von fanmeilen-betreibern oder von handelszonen. und es geht darum, emotionen zu kanalisieren. denn zeitgleich werden wieder 120 milliarden beigesteuert, um banken zu retten. hier will niemand den slogan „a wie angriff“ hören. ist ja auch kein spiel.

selbstbefragung (170) – unsicherheit

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um die „unsicherheit“.

  • woran merken sie, dass sie sich unsicher fühlen? beschreiben sie.
  • wann fühlten sie sich das letzte mal sehr unsicher? warum?
  • wie überwinden sie am leichtesten ihre unsicherheit?
  • wann brachte sie ihre unsicherheit einmal in schwierigkeiten?
  • wann waren sie zu selbstsicher und bemerkten es erst im nachhinein?
  • in welcher lebenssituation erstaunte sie ihr eigener mut? beschreiben sie.
  • welcher mensch macht sie immer unsicher? warum?
  • welchen menschen machen sie immer unsicher? was glauben sie warum?
  • was schätzen sie an unsicheren momenten?
  • wie kontrolliert wären sie gern? beschreiben sie.

die letzten 150 selbstbefragungen sind als links hier gebündelt: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/01/05/1500-fragen-zur-selbstbefragung-aus-diesem-blog/

schreibpädagogik und verlust

dieses mal ein sehr ernster beitrag zur anleitung von schreibgruppen. vor allen dingen im biografischen schreiben sollte man meines erachtens sehr vorsichtig vorgehen, wenn man schreibübungen zum thema verlust oder tod anleitet. es ist nicht sinnvoll das thema auszusparen, nur um die eventuellen folgen zu umgehen. verlust und tod beeinflussen unser leben sehr. jeder mensch hat seine eigenen strategien damit umzugehen. und doch scheint es, wie wenn vor allen dingen das thema tod mit einem tabu versehen ist. das ist um so erstaunlicher, dass man ab einem höheren alter immer wieder damit konfrontiert wird (und manchmal auch schon viel früher).

schreibt man in schreibgruppen also über verluste, vor allen dingen über persönliche verluste, kann es leicht vorkommen, dass menschen nicht nur darüber schreiben, wie sie durch eine trennung einen partner verloren haben, sondern dass sie darüber schreiben, wie ein mensch in ihrem umfeld gestorben ist. das schreiben darüber kann noch einmal sehr aufwühlend erlebt werden. und dies wiederum kann zu emotionalen reaktionen führen, wenn texte vorgetragen oder besprochen werden. dies sollte eine gruppe aushalten können. doch damit darf man als schreibgruppenleitung nicht rechnen.

viele menschen halten es schwer aus, andere weinen zu sehen. in gruppen kann dies zu hilflosen unterstützungsversuchen und tröstungen führen. in diesem moment sollte eine schreibgruppenleitung einschreiten. denn wenn teilnehmerInnen für sich entscheiden, einen sie selbst sehr berührenden text vorzutragen, dann entscheiden sie sich auch dafür, eventuell beim lesen Weiterlesen

kreatives schreiben und verlust

verluste sind häufig auslöser starker menschlicher emotionen und somit auch gern genutzte themen in geschichten und stories. wenn das schicksal zuschlägt und man plötzlich einen menschen verliert, dann gerät die bisherige welt ins wanken und bietet stoff für zu schreibendes. aber abseits der kreativen und fantasievollen szenarien von dramen und tragödien, kann das kreative schreiben auch bei realen verlusten eine große rolle spielen.

die grenzen zwischen biografischem und kreativem schreiben verschwimmen in dem moment des schreibens zu realen verlusten. und doch kann man seinen persönlichen schwerpunkt auf das kreative schreiben legen. es geht eben nicht darum, geschehenes wieder aufzuarbeiten und zu berichten, sondern es geht darum, geschehenes in geschichten zu packen und diese stellvertretend für sich sprechen oder trauern zu lassen.

man kann metaphern für das geschehene finden, man kann märchen heranziehen, eine fabel aufschreiben oder den protagonisten das antlitz von verlorenen menschen geben. trauer um verlorene menschen (ob nun durch trennung oder tod) durchläuft verschiedene phasen. angefangen bei ohnmacht über wut bis zu einem abfinden mit dem geschehenen kann sich all dies in geschichten widerspiegeln. warum nicht die wut auf die ganze welt, das geschehene und die verlorene person kanalisieren und in eine geschichte, die thematisch nichts mit dem verlust zu tun hat, packen? warum nicht das geschehen in ein drama mit anderem hintergrund übertragen?

das zweifeln an der welt nach einem verlust findet beim schreiben eine sprache. dies wiederum kann entlastend sein. vielleicht ist man es satt, immer wieder über das geschehene nachzudenken, die ereignisse hin und her zu wälzen. da bietet das kreative schreiben einen ausweg, eine alternative. und man kann noch einen schritt weitergehen, man kann erinnerungen an den mitmenschen herbeizaubern, etwas verewigen, um ganz persönlich Weiterlesen

schreibidee (367)

es gibt berufsgruppen, die nah am drama und am leben sind. manche leser haben dies in ihrem zivildienst oder in einem freiwilligen sozialen jahr erlebt. andere haben die berufe der kranken- oder altenpflege gewählt. dabei kommt man den patienten oder bewohnerInnen nicht nur körperlich nahe, sondern auch oft emotional. nicht selten geht es um leben und tod. darum heute eine schreibanregung zu „stationen-stories“.

es soll bei dieser schreibidee nicht um texte, wie den arztroman oder die krankenhausserie gehen, beides produkte, die zwar dramatisches aufgreifen, aber gleichzeitig mit romantisierendem und idealisierendem unterfüttert sind. dieses mal soll beim kreativen schreiben der realität nahe gekommen werden. darum gleich als einstieg die für manche sehr intime frage: wie möchten sie sterben? alle schreibgruppenteilnehmerInnen schreiben einen kurzen, maximal zweiseitigen text darüber, der nicht vorgelesen. wird.

man kann die durchführung der schreibgruppe mit einer lesung von bisher verfassten texten auf einer pflege- oder krankenstation verbinden, wenn sich so etwas organisieren lässt. dabei können eindrücke notiert werden. ist dies nicht gewünscht oder nicht möglich, kann man vesuchen sich in die situation pflegebedürftiger und erkrankter menschen zu versetzen. manche teilnehmerInnen mögen dies am eigenen leib verspürt haben. eine der unangenehmsten situationen für menschen ist der schmerz. zu schmerzen kann ich mich nicht verhalten, da ich ihnen nur teilweise ausweichen kann. darum sollen im zweiten schritt kurze geschichten über den schmerz geschrieben werden (maximal drei seiten). wie wird jemand diese situation erleben? was wird man tun, damit der schmerz vorüber geht? die geschichten werden in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine kurze feedbackrunde statt.

der schwierigste abschnitt dieses schreibgruppentreffens besteht in einer längeren geschichte über einen menschen, kurz vor dem sterben oder schwer erkrankt. die medizinischen gründe und behandlungen sollten nur teilweise beachtung finden. der schwerpunkt der schreibidee liegt auf den gedanken und handlungen der menschen. es gibt zum beispiel das phänomen, dass die betroffenen oft emotional stabiler reagieren als die angehörigen. manche lassen ihr leben revue passieren, andere haben große todesangst und die nächsten empfinden gelassenheit, haben die tatsache akzeptiert. in dieser geschichte sollen auch die pflegerInnen und andere berufe eine rolle spielen. was passiert in einer extremen lebenssituation?

die texte werden in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine ausführliche feedbackrunde statt. in dieser feedbackrunde sollte vor allen dingen auch raum für die eigenen emotionen sein. krankheit und tod sind heute bei uns weiterhin sehr tabuisierte themen, obwohl jeder mensch irgendwann davon betroffen ist. hier kann die frage an die schreibenden gestellt werden, wie schwer oder leicht ihnen diese schreibübung fiel.

generell sind solche schreibübung im vorfeld anzukündigen, da es auch das gute recht gibt, bei diesen themen an einer schreibgruppe nicht teilzunehmen, wenn einem das zu intim oder zu bedrohlich ist. aber sie bergen zum beispiel auch die chance in sich, das kreative schreiben mit dem ersten formulieren einer patientenverfügung zu verknüpfen. denn vielleicht ergeben sich durch die schreibprozesse vorstellungen, wie man selbst mit solchen lebenssituationen umgehen möchte und wie man behandelt werden will. solche vorstellungen sind natürlich nicht vorzulesen, können jedoch, wenn gewünscht, diskutiert werden.