Schlagwort-Archive: empathie

schreibpädagogik und arbeit

schreibpädagogik ist nichts anderes, als der versuch, menschen über die verschiedensten wege zum schreibprozess anzuleiten. am umfassendsten kann man dies in einer schreibgruppen-arbeit verwirklichen. dabei wird man als schreibpädagoge zur anleitenden person der gruppe. und dies bedeutet, sich gedanken über die anleitung einer schreibgruppe machen zu müssen. denn auch in diesem arbeitsfeld gibt es sehr verschiedene vorstellungen von der praktischen umsetzung.

generell, wie bei allen anderen (lern)gruppen, kann man eine grobe vorplanung vornehmen, aber nie abschätzen, wie die einzelne gruppe sich zu den vorschlägen verhält. nun gibt es zwei möglichkeiten: stringent die eigenen vorgaben zu verfolgen und durchzusetzen (zum beispiel, wenn es sich um die umsetzung von lehrplänen handelt) oder dem eigentlichen gruppenprozess mehr gewicht zu geben und auf jede gruppe zugeschnitten das angebot zu verändern (mit der folge, dass die lernergebnisse einer gruppe sehr verschieden ausfallen).

um es einmal platt zu formulieren: die stringenz kostet weniger planungsaufwand dafür aber mehr durchsetzungsaufwand. die ausrichtung auf die gruppe kostet dafür mehr planungsaufwand, dafür ermöglicht sie aber individuelles lernen, das für die anleitung weniger energie benötigt. insgesamt benötigen aber beide vorgehensweisen die aktive auseinandersetzung mit den teilnehmenden durch die schreibpädagogInnen. dies ist arbeit. die wertigkeit sozialer und pädagogischer berufe ist in unserer gesellschaft nicht sehr hoch angesiedelt. es wird davon ausgegangen, dass kommunikation zwischen menschen keinen sehr hohen aufwand bedeutet.

die wissenschaft spricht da eine andere sprache. nimmt man einmal den dienstleistungssektor, dann hat man inzwischen festgestellt, dass ständige freundlichkeit und das eingehen auf die bedürfnisse der anderen, ungemein stresst. grund dafür ist, dass die eigenen emotionen in schach gehalten werden müssen, da sonst die gefahr, einen kunden zu verlieren, groß ist. auch die pädagogischen tätigkeiten verlangen Weiterlesen

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schreibberatung und unsicherheit

da wir in einer gesellschaft leben, die weiterhin das „self-made“-prinzip propagiert, die teamarbeit nur teilweise honoriert, die mit „kooperativ“ und „kollaborativ“ ihre schwierigkeiten hat, in einer gesellschaft, die entsolidarisiert und dann erstaunt ist, dass es in allen lebensbereichen so viele beschwerden gibt, darum sind auch beratungen weiterhin schambesetzt. bis sich jemand bei uns hilfe sucht, dauert es gewöhnlich lang und das problem ist oft schon sehr fortgeschritten.

darum fühlen sich viele menschen, wenn sie denn den schritt zu einer beratung wagen, sehr unsicher. diese unsicherheit zeigt sich in manchen effekten, die wiederum nicht selten ausdruck von angst und scham sind. ich möchte dies nicht allen ratsuchenden unterstellen, aber ich finde es relevant für beraterInnen, sich gedanken über sehr menschliche verhaltensweisen zu machen.

am auffälligsten ist für beraterInnen die nicht-wahrnehmung von vereinbarten terminen. da wendet sich jemand an einen, formuliert seine schwierigkeiten und kommt dann nicht zum termin. gerade bei niedrigschwelligen, kostenlosen angeboten ist dies öfter der fall. doch es kann noch ganz andere gründe haben: untersuchungen zeigen, dass schon der schritt, sich einzugestehen, hilfe zu benötigen und einen termin zu vereinbaren, effekte hat. diese effekte können so weit gehen, dass die erfahrene entlastung dazu führte das problem selber angehen zu können.

doch dies weiß man als (schreib)beraterIn nicht. ebenso kann es sein, dass unsicherheit und angst so zugenommen haben, dass der nächste schritt, einen termin wahrzunehmen, unmöglich erscheint. darum landen beraterInnen in dem zwiespalt, dass sie auf der einen seite einen verdienstausfall haben und auf der anderen seite abklären sollten, ob es eine hemmung gibt, den termin wahrzunehmen. darum ist nachfragen, soweit es sich um keine anonyme beratung handelt, sinnvoll. im therapeutischen setting gibt es zusätzlich oft die regelung, dass die kosten für einen ausgefallenen termin trotzdem übernommen werden müssen. die schreibberatung verhält sich da meist umgänglicher, je nach vorheriger absprache und geschäftsbedingungen.

zur unsicherheit kann es auch gehören, dass am anfang der beratung ein recht aggressiver tonfall vom ratsuchenden angeschlagen wird. die beraterInnen werden abgetestet, es wird versucht die kompetenz abzuklären oder es wird deutlich zu verstehen gegeben, dass man eigentich keinen grund hat, in beratung zu gehen. hier ist es an den beraterInnen, eine verständnisvolle atmosphäre zu schaffen, gelassen zu reagieren und das angebot des gemeinsamen arbeitens an einem problem aufrecht Weiterlesen

schreibberatung und lachen

im rahmen von beratungen kann lachen viele funktionen habe. eine sehr häufige und sicherlich im kontext von schreibschwierigkeiten oft auftauchende funktion, ist die scham, ob der probleme. diese scham und unsicherheit wird gern mit einem lachen überspielt, wenn davon berichtet wird. manchmal kann man es aufgrund des klangs des lachens vermuten. aber man sollte davon absehen, jedes lachen in einem beratungskontext zu deuten. auch in der schreibberatung kommt man mit fragen weiter als mit deuten. darum wäre es in diesen momenten angebracht, nachzufragen, ob den klientInnen das schildern ihrer schwierigkeiten unangenehm ist.

aber es gibt noch eine andere form des lachens: das vorher gesagte soll möglichst wieder weggewischt werden, die schwere aus dem gespräch genommen werden. so kann es in einer schreibberatung vorkommen, dass ratsuchende persönlich und humorvoll gegen ende des gesprächs agieren. sie ziehen sich eventuell damit aus der situation und bauen eine distanz zum gesagten auf. beratende sollten sich überlegen, wann sie mitlachen und wann nicht. das mag jetzt sehr schwierig klingen, aber meist bekommt man im laufe der zeit ein gespür dafür, wann etwas relativiert und überspielt werden soll und wann einfach nur fröhlichkeit herrscht.

ich hatte schon sehr heitere klientInnen in beratungen doch im laufe des gesprächs zeigte sich, welche ängste, probleme oder schwierigkeiten im hintergrund eine rolle spielten. da schien es hilfreich, zwar teilweise mitzulachen (da die ratsuchenden wirklich witzig und humorvoll waren), aber gleichzeitig immer wieder zur eigentlichen fragestellung zurück zu kehren. man kommt sich zeitweise wie der zerstörer einer Weiterlesen

schreibpädagogik und diskurs

schreibgruppen leiten bedeutet auch, sich auf die diskussionen, die in der gruppe entstehen, einzulassen. in jeder gruppe gibt es früher oder später diskussionen über die vorgehensweise, über den inhalt oder über die beziehungen untereinander. dies lässt gruppen zusammenwachsen und sich weiterentwickeln.

oft werden aber diskurse als bedrohung empfunden, sowohl von der leitung als auch von manchen teilnehmerInnen. es ist hilfreich, wenn man von anfang an signalisiert, dass man bereit, diskurse zu führen. eigentlich kann diesen diskussionen manchmal nur eines im wege stehen, die zeitknappheit. doch man sollte in solchen momenten signalisieren, dass man die gespräche an einem geeigneteren zeitpunkt weiterführt. manchmal können diskurse auch ins internet verlagert und zum beispiel zwischen zwei gruppentreffen per mail weitergeführt werden.

gleichzeitig sollte man als schreibgruppenleitung die quadratur des kreises vollführen. möglichst vielen bedürfnissen der teilnehmerInnen gerecht werden, das eigene konzept nicht vollständig aus den augen verlieren, persönliche betroffenheiten oder zwistigkeiten in eine fruchtbare diskussion überführen, damit sie nach einer gewissen zeit abgeschlossen werden können, und unberechtigte kritiken erkennen und zurückweisen.

um dies zu schaffen, entwickelt man einer gruppe gegenüber eine form der empathie, wie man sie sonst zum beispiel in beratungsgesprächen, einer einzigen ratsuchenden person gegenüber entwickelt. eigentlich kann man viele der massgaben für beratungen auch auf gruppendiskurse übertragen: die menschen ausreden lassen, sie in ihren anliegen ernst Weiterlesen

schreibberatung und weinen

in jeder beratungssituation kann es vorkommen, dass die klientInnen an ihre grenzen gelangen und zu weinen anfangen. es kann manchmal schon genügen, dass ihnen jemand zuhört und sie sich aufgehoben fühlen. auch wenn schreibberatungen seltener als psychologische beratungen mit tiefgreifenden lebenskrisen beschäftigt sind, so kann der emotionale druck bei einzelnen ratsuchenden trotzdem enorm hoch sein.

natürlich kann es also auch in schreibberatungen vorkommen, dass jemand in tränen ausbricht. dagegen spricht erst einmal überhaupt nichts. der kathartische effekt des weinens hat meistens eine entspannende funktion (zumindest für kurze zeit) und macht es möglich noch einmal anders an die fragestellung heranzugehen.

und doch ist es den meisten ratsuchenden recht peinlich, dass sie das weinen vor einer ihnen recht fremden person nicht mehr zurückhalten können. hier sind die beraterInnen gefragt, um den gefühlsausbruch kein großes aufheben zu machen. ideal ist es, wenn man ein taschentuch oder papiertücher zur hand hat, die man den klientInnen geben kann. sollten sich die weinenden entschuldigen, dann kann man ihnen sagen, dass sie sich für die tränen nicht zu entschuldigen brauchen. man sollte den weinenden zeit und raum geben, ihren tränen nachzugeben.

manche beraterInnen verunsichern weinende klientInnen. dies kann mehrere effekte haben: der gefühlsausbruch wird übergangen und es wird nicht darauf reagiert. es wird recht hektisch reagiert, da sich die beraterInnen emotional unter druck gesetzt fühlen und meinen schnell reagieren zu müssen. es ist den beraterInnen unangenehm und peinlich, dass jemand vor ihnen in tränen ausbricht. oder es wird vehement versucht, die positiven aspekte der situation hervorzuheben. all dies wird von ratsuchenden nicht als sehr hilfreich empfunden.

die sinnvollste reaktion besteht darin, die ruhe zu bewahren, nichts schön zu reden und den emotionalen ausbruch Weiterlesen

schreibberatung und finden

die richtigen schreibberaterInnen für das eigene anliegen zu finden, gestaltet sich ebenso schwer, wie die richtige schreibgruppe für die eigenen interessen zu finden. es gibt keinen umfassenden kriterien, die für alle schreibberatungen verallgemeinerbar sind.

menschen, die schreibberatung oder schreibcoaching anbieten, kommen aus den verschiedensten professionen. angefangen bei der germanistik über die literaturwissenschaft, kommunikationswissenschaft, pädagogische ausbildungen, dem lektorat bis zur psychologie oder diversen sozialwissenschaften, die verschiedensten berufsbiografien haben menschen der schreibberatung näher gebracht. allen gemein ist, dass sie sich meist schon länger mit dem schreiben beschäftigen und jeweils vorstellungen entwickelt haben, was bei schreibkrisen weiterhelfen kann.

ähnlich wie bei anderen beratungsangeboten, gibt es bis heute keine eindeutige effekt- und effizienzforschung. schaut man sich die über jahrzehnte durchgeführte psychotherapie-forschung an, dann zeigt sich schon dort, dass der nachweis von (positiven und negativen) effekten schier unmöglich ist. denn man befindet sich hierbei auf einem absolut subjektiven terrain und es kann nicht trennscharf ermittelt werden, was den therapien (oder beratungen) zu verdanken ist und was den sonstigen ereignissen oder einzelnen personen zu verdanken ist.

so zeigte sich in der psychotherapie-forschung zum beispiel, dass schon die anmeldung zum erstgespräch oder auch das erstgespräch einen effekt haben können, sogar einen positiven, da der schritt, etwas verändern zu wollen, genügte, selbstständig veränderungen herbeizuführen. ähnliches lässt sich für die schreibberatung vermuten. nicht alle interessentInnen werden als klientInnen bei den beraterInnen landen. allein die vorherige auseinandersetzung mit der schreibkrise und die überlegungen zu unterstützungsmöglichkeiten könnten eine veränderung hervorrufen.

da sich auch in der schreibberatung vieles um subjektive wahrnehmung, selbstreflexion und persönliche schwierigkeiten dreht, kann man ähnliches wie bei der suche nach therapeutInnen oder supervisorInnen empfehlen: die chemie sollte stimmen. man darf gern seinem ersten eindruck folgen. auch wenn eine schreibberatung nicht immer sehr persönliche fragestellungen Weiterlesen

schreibberatung und qual

„qual“ ist ein recht drastischer begriff für die situation, in die jemand aufgrund seiner schwierigkeiten mit dem schreiben geraten kann. es ist immer ein subjektives empfinden, wie groß der leidensdruck ist. „leidensdruck“ ist eigentlich der bessere begriff, da „druck“ variieren kann. das hängt mit der frage zusammen, welche strategien und ausweichhandlungen zur verfügung stehen, um die schwierigkeiten zu umgehen. dies ist zwar nicht die ideale lösung, aber es ist eine möglichkeit, den druck zu reduzieren.

und doch mag es von manchen menschen als qual empfunden werden, einen bericht oder eine text schreiben zu müssen, vor dem leeren papier oder bildschirm zu sitzen und nicht starten zu können. ein gedanke, versagensangst oder vielleicht zu hohe erwartungen an sich selbst führen zu der schwierigkeit, mit dem schreiben zu starten oder es unverkrampft weiterzuführen.

wichtig in der beratung ist es, die beschreibung des leidensdrucks, den klientInnen zu überlassen. nur sie empfinden so und beraterInnen können diesen zustand niemals vollständig nachvollziehen. da mag jemand eine situation beschreiben, die einem als beraterIn nicht dramatisch erscheint, und doch fühlt es sich für die oder den ratsuchenden so an. es ist kontraproduktiv, wenn man versucht den emotionalen zustand in der beratung zu bagatellisieren. in diesem moment fühlen sich alle klientInnen übergangen oder denken, sie seien die einzigen mit diesen schwierigkeiten, alle anderen kommen damit besser klar.

auch der hinweis, dass man ja schon viel geleistet habe, das wetter schön sei und gelassenheit weiterhelfen kann, ist für ratsuchende in diesen momenten nicht nachvollziehbar. empathische atmosphäre zu schaffen, bedeutet klientInnen in ihren anliegen ernst zu nehmen, also auch in ihren emotionalen befindlichkeiten. und ist „qual“ das was die ratsuchenenden empfinden, dann ist es die aufgabe von schreibberaterInnen, gemeinsam mit den klientInnen nach handlungsmöglichkeiten zu suchen, wie sich das gefühl von qual Weiterlesen

web 2.0 und fühlen

das internet macht es schwer, etwas zu fühlen. nicht ohne grund mussten emoticons eingeführt werden, um überhaupt eine form des emotionalen ausdrucks zu finden. natürlich kann man seine emotionen auch schriftlich ausdrücken, doch diese form der kommunikation würde in vielen zusammenhängen der geschwindigkeit des internets widersprechen. selten lassen sich gefühle in drei worten so darstellen, dass die empfänger der botschaft sich in den zustand ihres gegenübers einfühlen können.

da war es nur eine logische konsequenz, dass das telefonieren oder auch kommunizieren mit gespräch und bild in die sozialen netzwerke des internets eingebunden werden. so bietet facebook seit kurzem diese möglichkeiten an. chat, mail oder twitter, sms und bloggen, all diese formen der schriftlichen kommunikation ermöglichen nur ein eingeschränktes fühlen und spüren, akustische signale ermöglichen schon mehr. der tonfall des gesagten erleichtert formen der empathie. noch einfacher wird das mitfühlen, wenn es gleichzeitig in beinahe-echtzeit aufnahmen von den gesprächspartnerInnen gibt. hier kommt zusätzlich die mimik ins spiel.

doch bis jetzt konzentriert sich im web 2.0 vieles auf den schriftlichen austausch. und hier liegen auch zeitweise die schwierigkeiten. denn es genügt nicht, eine eigene sprache und emoticons zu verwenden, um gegenseitiges verstehen abseits der worte zu ermöglichen. hier wird fühlen sehr schwierig und dies verführt zu deutungen, die immer wieder zu missverständnisse führen. der „tonfall“ des geschriebenen ist schnell falsch zu verstehen.

auch hier gleichen die empfängerInnen das gelesene mit bisher erfahrenem ab. und da es keine so klaren signale gibt wie bei der face-to-face-kommunikation, manch eine(r) schwierigkeiten hat, sich schriftlich klar auszudrücken, darum werden dem deuten tür und tor geöffnet. das kann zwei konsequenzen haben: zum einen vertraut man extrem seinen deutungen und laviert sich immer wieder durch die daraus folgenden konflikte, in denen sich jemand falsch verstanden fühlt. oder man hält sich im internet sehr mit emotionalen reaktionen zurück, versucht Weiterlesen

biografisches schreiben und fühlen

wie gut ist mein gespür gegenüber menschen und situationen? auf diesen nenner lassen sich wahrscheinlich gedanken zum biografischen schreiben und fühlen bringen. es soll nicht darum gehen, ob man selber emotional ist und gefühle zulassen kann. diese frage stellt sich in einzelsituationen immer wieder. aber wie sieht es mit dem fühlen an sich aus?

spürte man zum beispiel die stimmungen von mitmenschen und konnte man sie treffend einordnen? das meint nicht die vorstellung, dass man auf menschen zugeht und ihnen sagt: „ich weiß genau wie es dir geht, ich spüre das!“. das würden sich zwar viele paare in ihrer beziehung wünschen, endet aber immer in einem ungerichteten „deuten“ von stimmungen, das zu fünfzig prozent falsch sein kann.

es geht eher darum, wie man auf andere menschen zugeht. natürlich bilden sich normalerweise erste eindrücke. ob sie treffend sind, lässt sich nur durch kommunikation klären. aber schaffte man es dann auch in dem kontakt zu anderen menschen (ganz gleich, ob im beruf oder im privatleben), mit ihnen mitfühlen zu können, empathie zu entwickeln und eine angenehme ebene der kommunikation zu finden? man kann das „fühlen“ auch als einen bestandteil sozialer kompetenz betrachten.

beim biografischen schreiben kann man also einen blick darauf werfen, wie man mit anderen menschen in kontakt gekommen ist, und wie weit man sich dabei auf seine gefühle verlassen konnte. denn es ist nicht selten, dass menschen im laufe ihres lebens verlernt oder gelernt haben, ihren eigenen gefühlen zu trauen. auch in die andere richtung kann man einen blick darauf werfen: bei welchen menschen hatte man das gefühl, dass sie einen so gut kennen, dass man sich auf ihr fühlen verlassen konnte, sie einem also auch hilfreiche rückmeldungen geben konnten, wie man auf sie wirkt?

mit diesem fühlen und spüren ist ein gefühl von aufgehobenheit eng verknüpft. wann haben einem andere menschen zurückgemeldet, dass sie sich bei einem aufgehoben fühlen? und wann hat man anderen zurückgemeldet, dass man sich bei ihnen aufgehoben fühlt? das hat viel mit vertrauen zu tun, und vertrauen basiert Weiterlesen

schreibberatung und fühlen

wie bei jeder beratung, spielt auch bei der schreibberatung der vertrauensvorschuss eine große rolle. dessen sollten sich die beraterInnen bewusst sein: klientInnen oder ratsuchende bringen einem, dadurch dass sie einen mit den subjektiven problematiken aufsuchen und davon berichten, viel vertrauen entgegen. dies wird normalerweise nicht offen formuliert, hat aber einfluss auf das setting.

im gegenzug bemühen sich beraterInnen eine vertrauensfördernde und sicherheit vermittelnde atmosphäre zu schaffen. dies hängt eng mit dem versuch, sich in die situation der ratsuchenden zu versetzen, zusammen. die psychologie verwendet dafür den begriff „empathie“. empathie ist schwer in eine definition zu packen, hat aber mit der erlernten fähigkeit, sich verstärkt auf den anderen menschen einzulassen, zu tun. dies bedeutet, „mitfühlen zu können“.

dabei sollten beraterInnen sich bewusst sein, dass sie nie vollständig die beweggründe der klientInnen nachvollziehen können. selbst wenn sie beinahe identische situationen erlebt haben, bleiben die erfahrungen und das erleben doch immer ein subjektiver prozess. denn der mensch stellt seine erlebnisse in einen persönlichen kontext, der mit früheren erfahrungen in verbindung gebracht wird.

darum finden auch bei schreibberatungen aus sicht der beraterInnen zwei prozesse gleichzeitig statt: zum einen versucht man zu erspüren, wie die befindlichkeit der klientInnen im moment der beratung ist. zum anderen versucht man die emotionen durch nachfragen einzugrenzen und sich ein bild zu machen. dies ermöglicht es einem, eine angenehme und vertrauensvolle atmosphäre zu schaffen, die dem vertrauensvorschuss der klientInnen entgegenkommt.

die fähigkeit, empathie zu entwickeln, wird oft als begabung beschrieben. ich bin der meinung, dass es ein lernprozess ist, den jede(r) nachvollziehen kann. letztendlich geht es darum zu lernen, die ratsuchenden nicht zu deuten, Weiterlesen

schreibberatung und vertrauen

schreibberatung ist in erster linie eine beratung. wie lässt sich vertrauen in beratungen herstellen? eine wichtige frage, da beratung ohne vertrauen mit großer wahrscheinlichkeit kaum erfolg und wirkung zeigen wird.

eines der grundkonzepte von beratung besteht in der vorstellung, empathie herzustellen. empathie (einfühlsamkeit, feingefühl) ist ein recht schwammiges theoretisches konstrukt. wenn man davon ausgeht, dass jeder mensch anders tickt, dann bedeutet einfühlsamkeit, ihn erst einmal in seinem anliegen ernst zu nehmen. dazu gehört, dass ich als berater, die ängste und probleme meines gegenübers nicht relativiere, sondern davon ausgehe, dass diese situation sich für diese person so anfühlt. ich bin mir als berater bewusst, dass ich die gefühlslage nie hundertprozentig nachvollziehen kann, ist sie doch subjektiv. ich kann mich ihr nur annähern.

da mag mir die beschriebene situation noch so absurd erscheinen, da mag ich noch so wenig nachvollziehen können, erst einmal leiste ich als berater einen vertrauensvorschuss den klientInnen gegenüber. ich glaube ihren aussagen. und an den punkten, an denen zweifel aufkommen, kann ich nachfragen. das ist sehr grob beschrieben, empathie.

leider geistern in beratungstheorien und -analysen vorstellungen von „schwierigen“ oder „widerständigen“ klientInnen durch das geschriebene. eine wenig hilfreiche vorstellung, da sie zur folge hat, dass die personalisierung von schwierigkeiten den blick für lösungsmöglichkeiten verstellen kann. natürlich kann es in einer beratung, auch in einer schreibberatung, passieren, dass ratsuchende den beraterInnen misstrauen. dass sie nicht alles offenlegen, hinzu erfinden und weglassen. doch es ist nicht aufgabe von beraterInnen, dies ständige zu vermuten und zu entlarven.

klientInnen stellen meist nach einer gewissen zeit fest, dass es nicht sehr hilfreich für sie ist, wenn lösungsmöglichkeiten an falschen tatsachen gemeinsam ausgearbeitet werden, da sie dann teilweise nicht greifen. doch auch dies ist ein entwicklungsprozess. ebenso wie für etliche klientInnen es vielleicht das erste mal in ihrem leben ist, zu erleben, dass ihnen jemand vertraut, sie ernst nimmt, also empathie entwickelt. Weiterlesen

schreibpädagogik und blickwinkel

es gibt zwei aspekte bei der frage, welche rolle der eingenommene blickwinkel bei der schreibpädagogik spielen kann. zum einen kann man die schreibgruppen oder einzelnde schreibende anregen, einmal einen anderen blickwinkel einzunehmen. zum anderen kann man seinen eigenen blickwinkel auf die schreibenden und ihre texte verändern, aus einer anderen perspektive einen blick darauf werfen.

den blickwinkel der schreibenden verändern. die bekannteste variante ist sicherlich, verschiedene geschichten zu verfassen mit mehreren protagonisten. dabei wird die geschichte jeweils aus der sicht eines protagonisten erzählt. man nimmt beim schreiben immer wieder eine andere rolle in der geschichte ein. dann kann man noch den beobachtenden schreiber geben, der den überblick über alle geschehnisse hat und sogar eine ahnung vom ausgang der erzählung vermitteln.

daneben kann man aber auch „zoomen“, aus der entfernung beschreiben, ganz nah herangehen an das geschehen. man kann einen gegenstand beobachten lassen, dem gegenstand leben einhauchen und seine rolle einnehmen. es gibt viele varianten, wie der blickwinkel beim schreiben ein und desselben geschehnisses verändert werden kann.

als schreibpädogInnen kann man den schreibgruppen die anregung geben, jeweils den blickwinkel zu verändern. man kann die entstandenen texte vergleichen lassen. dadurch entwickelt sich bei den teilnehmenden ein gespür für die veränderten sichtweisen. wenn man dann dem blickwinkel eine emotion hinzufügt, dass zum beispiel protagonist eins gerade von seiner frau verlassen wurde, dann ergeben sich immer differenziertere geschichten und szenen.

das einnehmen eines veränderten blickwinkels kann den schreibenden zum beispiel beim szenischen schreiben ein gefühl für dialoge geben, da jeder protagonist in seine äußerungen die eigene sicht einfließen lässt. oder es lässt sich ein mosaik eines geschehnisses erstellen, dass die sicht auf das eigentliche geschehen langsam darstellt. der perspektivenwechsel kann einer geschichte erst ihre spannung geben. dies sollte in schreibgruppen vermittelt werden. die schreibpädagogik entwickelt dazu die schreibanregungen und -ideen.

die veränderung des eigenen blickwinkels. hierbei geht es um einen ganz anderen aspekt. wenn man eine schreibgruppe anleitet, begegnet man meist verschiedenen subjekten, die schon unterschiedliche gründe haben, weshalb sie überhaupt schreiben wollen. Weiterlesen

schreibpädagogik und die richtigen momente

schreibgruppen anzuleiten orientiert sich an vorstellungen der gruppenpädagogik und der gruppendynamik, da sich die gruppen nicht sehr von anderen in ihren abläufen unterscheiden. und doch unterscheiden sich verschiedene gruppen in kleinen details. es ist schwer diese differenzen klar einzugrenzen.

in sportgruppen wäre sicher die angemessene motivation für außergewöhnliche körperliche leistungen ein wichtiger aspekt. bei politischen gruppen scheint die diskursfähigkeit wichtig. so ließe sich die liste fortsetzen. doch was unterscheidet schreibgruppen von anderen gruppen in der anleitung? eine der grundlagen von schreibgruppen ist die kreativität. sie kann weder durch motivationen noch durch diskurse oder andere vorgehensweisen aktiviert werden.

schreibgruppenleitung benötigt dagegen ein gespür für die „richtigen momente„. es ist schwer zu umschreiben, was ich damit meine. am besten scheint mir der vergleich mit empathie, soll heißen einem einfühlungsvermögen für das vermögen und die stimmung der teilnehmerInnen. das ist schwer zu beschreiben und wahrscheinlich auch eine übungssache. es scheint notwendig zu merken, wenn eine schreibübung auf wenig interesse stößt oder außergewöhnliche texte entstanden sind.

dazu gehört ein repertoire, das es ermöglicht die impulse aus der gruppe aufzugreifen und fortzuführen. wenn sich eine schreibgruppe in regelmäßigen abständen trifft, kann man zum beispiel schreibideen anbieten, die vorherige entwicklungen fortführen. es macht keinen sinn, die gruppe beständig zu deuten, prozesse für sich zu erklären. wichtiger scheint es, die momente einer kreativ-produktiven entwicklung zu erkennen und durch nachfragen den anregungen näher zu kommen.

dabei meine ich kein normales abschlussfeedback zum gruppentreffen, sondern eine unterbrechung einzufügen (die von den teilnehmerInnen gar nicht so wahrgenommen werden muss) und texte, ideen oder anregungen durch die teilnehmerInnen aufzugreifen. man kann dann aber nur fragen, ob die gruppe auch ein interesse daran hat, die entwicklung fortzuführen.

doch woran erkennt man nun diese richtigen momente? Weiterlesen