Schlagwort-Archive: entdeckung

wortklauberei (110)

„gottesteilchen“

nun, blasphemie ist das hier nicht. eher eine seltsame begebenheit, wie namen entstehen können. also da fanden wissenschaftlerInnen wahrscheinlich das higgs-teilchen (http://de.wikipedia.org/wiki/Higgs-Boson) im cern-forschungszentrum. wissenschaftlich eine sensation, wenn dem wirklich so sein sollte. aber dann macht eben auch der begriff „gottesteilchen“ die runde, eine doch etwas seltsam anmutende bezeichnung.

doch der name führt in die irre, wie man vorgestern abend im zdf erfahren konnte: ursprünglich wurde es einmal auf englisch als das „gottverdammt-nicht-zu-findende-teilchen“ bezeichnet. und eine fehlerhafte wiedergabe dieser bezeichnung (die neben dem fluch auch nicht unbedingt eine klare beschreibung liefert) führte zum „gottesteilchen“. erstaunlich, dass solche sprachlichen ausrutscher eher übernommen als verworfen werden.

für menschen, die nur an den einen gott glauben, ist unvorstellbar, dass es teilchen von ihm gibt oder dass gott teilchen hergibt. er hat in den augen der gläubigen die welt an sieben tagen erschaffen (also eigentlich an sechs) und später nichts mehr hinzugefügt oder weggenommen. geschöpft ist geschöpft. also würde gott nie andere teilchen schöpfen, die wiederum ihm selber entstammen.

man könnte aber noch anders an die sache rangehen, und die meinung verbreiten, dass es so ein wichtiges teilchen ist, dass es nur eine der ersten schöpfungen gottes sein kann. darum nennt man es „gottesteilchen“. dann hätte aber die gottesanbeterin zu unrecht ihren namen. zudem könnte man in zukunft, um den fluch und den glauben beiseite zu lassen, nur noch vom „higgs-teilchen“ reden. damit würde man den theoretiker, der das teilchen vermutete, ehren und benennen. nur leider bekommt das teilchen im deutschen ausgesprochen einen stark alkoholischen beigeschmack und verführt immer wieder dazu, die ernsthaftigkeit der erkenntnis in die humorvolle ecke zu drängen.

wie wäre es da mit dem namen „universum-schaffendes-masse-teilchen“ (usmt)? leider geht auch das nicht. bedeutet dies bei microsoft doch „user state migration tool“. schwer ist es, einfach schwer mit der wissenschaftssprache. alternativvorschläge werden gern entgegengenommen. 😉

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wissenschaftliches schreiben und zufall

wissenschaftliches schreiben lebt eigentlich davon, den zufall auszuklammern, zu bewältigen und in den griff zu bekommen. darum erscheint hier der zufall eher als störfaktor, denn als bereicherung. das fängt schon im vorfeld bei wissenschaft und forschung an, bevor ein wort niedergeschrieben wird. versuchsanordnungen sollen eines schaffen, zufällige variablen ausschließen. dass dies nicht schwer gelingt wissen alle wissenschaftlerInnen. auch die kritik an der statistik, eine zufallserhebung zu sein, soll möglichst ausgehebelt werden.

aber wie geht man nun damit um, wenn einem mitten im wissenschaftlichen schreiben ein zufälliger geistesblitz die vorannahmen des forschungssettings verhagelt? alles noch einmal neu schreiben? die idee unter den tisch fallen lassen? einen einschub formulieren, der den neuen gedanken anreisst? einen zweiten wissenschaftlichen text verfassen, der sich ganz dem geistesblitz widmet? zu empfehlen ist, dass man als erstes rücksprache mit anderen wissenschaftlerInnen hält. was scheint ihnen vorstellbar? teilen sie die neue erkenntnis oder ist sie zumindest nachvollziehbar?

das ist ein heikles thema, da die wissenschaft heute von einem gehörigen konkurrenzverhältnis lebt. der freie austausch von ideen und entdeckungen ist selten üblich. kommen noch hierarchien im akademischen umfeld dazu, gestaltet sich das vorgehen noch schwerer. man mag zwar für sich entscheiden, den geistesblitz erst einmal für sich zu behalten, das anschließende weiterschreiben wird sich schwer umsetzen lassen, ohne immer wieder den neuen gedanken einzubeziehen. aber auf gut glück das neueste aufzunehmen, wenn man sich beim verfassen einer bewerteten abschlussarbeit befindet, dann kann dies Weiterlesen

web 2.0 und finden

das internet ist eine große wolke an informationen und nicht-informationen. die wolke wächst von tag zu tag, die speicherkapazitäten nehmen enorm zu und die datenfülle kann nur noch eine rechenmaschine bewältigen, der mensch wäre dazu überhaupt nicht mehr fähig. dies erscheint manchmal bedrohlich, da kein mensch den überblick hat, was überhaupt vorhanden ist. es wird niemanden geben, der die informationsflut bewältigen kann.

bis zur digitalen ära glaubte der mensch, er habe all seine technischen errungenschaften unter kontrolle (wie aber zuletzt fukushima zeigte, war auch dies ein aberglaube). hier kommt ein emotionale komponente ins spiel, die mit logik nicht viel zu tun hat. bei selbstgeschaffenem, abstraktem erwartet der mensch die vollständige verfügung über die produkte in händen zu halten. etwas, das er in bezug auf die ihn umgebende natur nicht erwartet. würde man sich nur die prozesse auf einem quadratmeter wiese vergegenwärtigen wollen, würde man ebenso scheitern wie im internet.

und so ist die hoffnung groß, wenn man im internet beginnt zu suchen, auch auf anhieb das richtige zu finden. auch wenn suchmaschinen versuchen, das unübersichtliche angebot ansatzweise geordnet zu bekommen, so werden immer daten dabei übersehen werden. politisch wird es, wenn bestimmte daten gewollt übersehen werden. wenn also die verfügung über die suchmaschinen in den händen einzelner liegt, die wiederum nach eigenen vorstellungen das finden lenken.

und doch hilft einem im web gelassenheit beim finden wollen weiter. es beginnt schon bei der eingabe der suchbegriffe. oft wird das gesuchte zu wenig eingegrenzt. der glaube, zwei wörter eingeben zu müssen und gleich einen volltreffer zu landen, folgt dem aberglauben der beherrschung von technik und natur. die erweiterten suchfunktionen werden viel zu selten Weiterlesen

kreatives schreiben und suche

warum nicht zwischendurch literarisches versteckspielen? der krimi macht das eigentlich schon immer: strafverfolger und leserInnen begeben sich gemeinsam auf die suche nach dem täter. und es funktioniert immer wieder. die autorInnen sind die einzigen, die alle informationen haben. sie geben häppchen in ereignisse geschnürt preis, bis beinahe alles entblättert ist und man ahnt, wer es war. gute krimis haben dann noch eine unvorhersehbare wendung eingebaut, die alle bisher verdächtigen ignoriert und eine ganz unerwartete entdeckung oder begründung der tat präsentiert. die suche macht den krimi spannend.

warum also im kreativen schreiben nicht auch einmal irrgärten aufbauen, die leserInnen in sackgassen schicken, um sie dann wieder auf einen anderen pfad zu lenken. es muss kein krimi sein. auch geschichten können in die irre führen, können vertrautheit mit den protagonisten herstellen, die sich im laufe der zeit als kotzbrocken entlarven und den blick auf die welt umkehren. oder wenn die tragik des bösen mitgefühl erweckt, dann werden leserInnen auf der suche nach klaren strukturen verstört aber eventuell auch ganz gespannt auf den fortgang der geschichte sein. in jeder erzählung oder geschichte sucht der mensch, wenn er sie sich zu gemüte führt, ein abbild, eine erklärung für das leben.

in der literatur suchen wir einen weiteren mosaikstein der antwort auf die frage, was denn der sinn des lebens sei. wir wollen in ein szenario eintauchen und uns von den autorInnen führen lassen. sie werden uns ein bild eröffnen, aus dem wir unsere schlüsse ziehen dürfen, wie wir lustig sind. kaum ein buch schafft es für die einzelnen leserInnen die suche endgültig abzuschließen. die entdeckung eines mosaiksteinchens eröffnet oft gleichzeitig neue nebenfragen und -schauplätze auf der suche nach dem sinn des lebens. und somit animiert das steinchen zu weiteren büchern, die wieder mosaiksteine und fragen liefern.

angenehme literatur erleichtert einem die suche nicht, sie begleitet einen nur. sie lässt die leserInnen aufseufzen, wenn vergleiche mit dem eigenen leben angestellt werden können. kreatives schreiben hat dazu das potential. da das kreative schreiben seine geschichten aus intuitiven momenten und assoziationen schöpft, eröffnet es neue perspektiven, sowohl den schreibenden als auch den lesenden. Weiterlesen