Schlagwort-Archive: erlebnisse

biografisches schreiben und arbeit

hier habe ich schon öfter die bedeutung der arbeit für die eigene lebensgeschichte thematisiert, z.b. unter den überschriften „biografisches schreiben und … – … arbeiterbewegung – … arbeitsleben – … arbeitsverhältnisse“. die posts können hier über die suchfunktion aufgerufen werden. doch dieses mal möchte ich mich der frage widmen: wie viel arbeit macht biografisches schreiben?

viel, wenn man möglichst viele aspekte des eigenen lebens darstellen möchte. wie so oft steht hier die frage im vordergrund, wozu man seine eigene lebensgeschichte aufschreiben möchte. dies muss einem vor dem schreiben nicht bewusst sein, doch irgendwann gerät man an den punkt sich die frage zu stellen, wie viel arbeit man in seine biografie investieren möchte und warum.

wenn ich nur bestimme aspekte und lernerfahrungen meines lebens an andere generationen weitergeben möchte, kann ich mich inhaltlich beschränken. wenn ich nur die wichtigsten ereignisse für verwandte und bekannte auflisten möchte, kann ich mich auch beschränken. möchte ich aber meine persönliche entwicklung nachzeichnen, wird man schnell feststellen, dass dies ausufern kann. fängt man nämlich einmal an, das erlebte, das wahrgenommene und das gedachte zu notieren, wird man feststellen, dass es sich um viel mehr handelt, als man annahm. und wenn man noch genauer hinschaut, dann wird man feststellen, wie viele erlebnisse und ereignisse mit entscheidungen und überlegungen verknüpft sind.

nicht selten kommt das gefühl bei biografisch schreibenden im laufe der zeit auf, dass die eigene entwicklung nicht darzustellen ist, wenn man ein paar ereignisse unter den tisch fallen lässt, wenn man nur ausschnitte der eigenen gedanken und überlegungen wieder gibt. beläst man sie aber im text, wird es ein langer und eventuell für außenstehende langweiliger text. viel anstrengender und in arbeit ausartend ist aber der aspekt, dass man von hölzchen auf stöckchen kommt und den ausstieg aus der eigenen biografie nicht findet.

empfehlen kann man da zum beispiel: suchen sie eine thematik, einen aspekt aus, an dem sie ihr leben aufreihen. zum einen haben sie dadurch einen roten faden, zum anderen kann man auch ein einem detail die anderen entwicklungen festmachen, aber man beschränkt sich automatisch ein wenig.
oder sie entscheiden für sich „ich möchte mir die arbeit machen“. dann nehmen sie sich genug zeit für die überarbeitung. geben sie bekannten oder verwandten das unfertige werk zur rückmeldung. fühlen sie sich nicht persönlich getroffen, wenn das „zu viel“ zum thema wird. lesen sie sich ihre texte laut vor, um ein gespür für längen zu bekommen. gewichten sie ihre abschnitte mit einem punktesystem, um die abschnitte, die am wenigsten punkte erhalten, Weiterlesen

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biografisches schreiben und sonne

ganz schlicht: welche rolle hat die sonne in ihrem leben bisher gespielt? auf diese frage kann man den aspekt „sonne“ beim biografischen schreiben reduzieren. natürlich schließen sich meist andere fragen an: wie? was soll die sonne mit meinem lebens zu tun haben? warum sollte ich mich das fragen?

es ist eine möglichkeit, einen zugang zur eigenen lebensgeschichte zu finden. wenn man bei adam und eva beginnen möchte, dann basiert unser ganzes leben auf der sonne. die pflanzen benötigen die sonne, um energie mit hilfe des chlorophyls zu speichern und zu verwenden. inzwischen werden wir wie die pflanzen und bauen solaranlagen für unseren energiebedarf.

aber man kann an der sonne entlang die eigene lebensgeschichte wie an einer schnur aufreihen: wie waren die ersten familienurlaube? was spielte man als kind draußen? ging man in freibäder und an seen, um freundInnen zu treffen? was passierte da? wie war es mit den ersten flirts draußen? wie romantisch war der eigene naturbezug? garten und schönes wetter? wo fuhr man mit den eigenen kindern zum urlaub hin? hatte man einen job draußen oder drinnen? wie stark beeinflusst das wetter das eigene einkommen? spürt man den klimawandel? ist das eigene gemüt immer sonnig gewesen oder auch bewölkt? und wie war es mit der stimmung wann? wie ist der bezug zum eigenen körper? mag man es nackt in der sonne zu liegen? …

es gibt so viele möglichkeiten die sonne in die betrachtungen und als startpunkt einzubeziehen. dies natürlich nur, wenn es einem schwer fällt, einen ausgangspunkt für das aufschreiben der eigenen biografie zu finden. ansonsten sind die sonne, das wetter, die natur eventuell einzelne aspekte in der eigenen lebensgeschichte. man erinnert sich oft an harte winter oder heisse sommer im zusammenhang mit anderen ereignissen. diese müssen nicht mit dem wetter im zusammenhang stehen, doch die temperaturen können Weiterlesen

schreibidee (360)

wenn man anfängt nach schreibanregungen zu suchen, dann fängt man auch meist an, mit offeneren sinnen durch die welt zu laufen. man betrachtet dinge, die man erlebt hat, auch unter dem aspekt, ob diese eine geschichte wert sind. und je öfter man mit den ausgefahrenen antennen durch die welt läuft, um so häufiger nimmt man ereignisse und anekdoten wahr. darum dieses mal eine schreibanregung zu „anekdoten-sammlungen“.

diese schreibidee benötigt eigentlich einen längeren vorlauf, macht also in schreibgruppen sinn, die sich regelmäßig treffen und in denen gern auch mal kleinere aufgaben übernommen werden. dann kann man die gruppenteilnehmerInnen dazu einladen, sich ein notizbuch anzulegen, das sie möglichst immer mit sich herumtragen. in dieses notizbuch werden über einen längeren zeitraum alle erlebnisse, eindrücke oder szenen notiert, die einem „geschichtsträchtig“ scheinen.

ob es nun im öffentlichen nahverkehr, auf der strasse, am arbeitsplatz oder im nachtleben ist, es gibt immer wieder ereignisse, die einen schmunzeln lassen, einen empören oder vielleicht einen tief bewegen. solche momente sollten in dem notizbuch vor allen dingen festgehalten werden. wenn die aufgabe von der schreibgruppe konsequent verfolgt wird, dann sammeln sich im laufe der zeit eine ganze menge geschichten (und notizen) an.

als erstes werden bei dem anekdoten-sammlung- schreibgruppentreffen von allen teilnehmerInnen ihre notizbücher durchforstet. nun notieren sich die teilnehmerInnen die szenen noch einmal in einem kleinen abschnitt von ein paar sätzen. der schwerpunkt liegt noch nicht darauf, eine geschichte daraus zu machen, sondern in ein paar worten das erlebte wiederzugeben.

anschließend stellen alle teilnehmerInnen ihre abschnitte in der schreibgruppe vor. die schreibgruppe wählt aus dem persönlichen pool der ereignisse pro person zwei beispiele aus, zu denen sie später eine geschichte hören möchte (dies macht man am besten per stimmzettel oder durch kurze abstimmungen per handaufzeigen). nun schreiben die teilnehmerInnen zu den gewählten notizen zwei geschichten. die geschichten werden anschließen in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine feedbackrunde statt.

zum abschluss wählt die schreibgruppe aus den jeweils zwei dargebotenen geschichten noch einmal eine aus. und aus allen ausgewählten geschichten kann eine anekdoten-sammlung der schreibgruppe erstellt werden. entweder veröffentlcht man diese gemeinsam im internet, man kopiert oder druckt ein kleines büchlein oder man veranstaltet eine lesung dazu. der titel könnte zum beispiel lauten „die letzten drei monate in xy – anekdoten, die das leben schrieb“.

natürlich können die kurzbeschreibungen der notizen auch ausgetauscht werden und andere gruppenteilnehmerInnen schreiben eine geschichte dazu, oder man wählt selber die bevorzugte geschichte aus. die sammlung lässt sich über einen längeren zeitraum fortführen und es werden immer wieder neue geschichten von den schreibenden beigesteuert. der alltag bietet zumindest anregungen ohne ende.

biografisches schreiben und lust (2)

über die lustvollen erlebnisse im eigenen leben wurde hier schon nachgedacht und darüber wie man sie in die eigene biografie einbinden könnte (siehe https://schreibschrift.wordpress.com/2009/06/15/biografisches-schreiben-und-lust/). doch dieses mal möchte ich den blick auf die lust am biografischen schreiben lenken, denn die beschäftigung mit dem eigenen leben hat auch eine sehr angenehme komponente, mit der wenige rechnen.

beim biografischen schreiben geht es nicht nur darum, vergangenheiten aufzuarbeiten, verdecktes offenzulegen und erinnerungen zu reaktivieren. es geht auch darum, sich seiner zu vergewissern, also für sich selbst eine haltung zu finden, die nicht mit vergangenem hadert. oft wird erklärt, dass der schritt dorthin anstrengend und schwer sei. sich all die widrigkeiten zu vergegenwärtigen, um sie loszulassen, koste viel energie und es gehe einem dann nicht immer gut. das ist möglich, doch oft genug ist das gegenteil der fall.

die schönen momente im leben vergessen wir gern schneller, als die widrigen. das schmerzhafte und problematische bleibt anscheinend besser im langzeitgedächtnis haften und scheint leichter abrufbar zu sein. fragen sie einmal andere menschen, welches die eindrücklichsten erlebnisse in ihrem leben waren und sie bekommen oft traumatische ereignisse geschildert. viele schreibtechniken des biografischen schreibens können aber auch darauf angewendet werden, sich verstärkt an die schönen dinge der eigenen biografie zu erinnern.

und plötzlich fällt menschen auf, wie viele schöne momente sie erlebt haben. es geht mir hier nicht um vorstellungen des „positive thinking“, sondern um das gleichgewicht Weiterlesen

schreibidee (278)

früher sprach man von großen konflikten. heute sind sie alle gute freunde, kumpel und kumpeline. „hotel mama“ liegt im trend und der staat verpflichtet beim empfang von finanzieller unterstützung sogar dazu, die eltern lang nicht zu verlassen. die generationen pflegen momentan einen seltsamen umgang miteinander und unterscheiden sich doch. die schreibanregung gibt raum für „generationen-geschichten„.

die schreibgruppenteilnehmerInnen werden aufgefordert, eine kurze charakteranalyse von drei generationen zu verfassen. man beschreibe die eigene generation mit ihren eigenheiten, dann die der eltern mit ihren erfahrungen und eigenheiten und die generation der großeltern. diese abrisse dreier generationen werden in werden in der schreibgruppe vorgelesen.

und da ich davon ausgehe, dass es auch weiterhin generationskonflikte gibt, da es unterschiedliche erfahrungen und vorstellungen gibt, sind nun zwei kurze geschichten zu generationskonflikten zu schreiben. zum einen ein konflikt zwischen der eigenen und der elterngeneration, zum anderen einen konflikt zwischen der eltern- und der großelterngeneration. wo die geschichte angesiedelt ist, ob sie biografische züge oder nicht annimmt, ist den schreibenden überlassen. die geschichten zu den generationskonflikten werden in der schreibgruppe vorgetragen und es wird in der feedbackrunde diskutiert, wie weit man die konliktlinien nachvollziehen kann.

zum abschluss wird eine lange geschichte (es sollte genug zeit zur verfügung stehen) geschrieben, in der drei generationen eine rolle spielen. in welchem zeitalter sie angesiedelt sind, ob es konflikte gibt oder nicht, ob alle beinander leben oder weit voneinander entfernt oder ob es ein familiengeheimnis gibt oder nicht, bleibt den schreibgruppenteilnehmerInnen überlassen. anschließend werden die geschichten in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine feedbackrunde statt.

biografisches schreiben und vielfalt

manche menschen glauben im alter, ihr leben wäre doch ein ruhiges, ja geradezu langweiliges gewesen, das keinen anderen menschen interessieren könnte. kommt man jedoch mit ihnen ins gespräch, stellt sich sehr schnell heraus, was in ihrem leben alles los war. manchmal waren es kleinigkeiten oder weltereignisse, die etwas auslösten, veränderten und vor allen dingen von den menschen alles forderten. alle sind bemüht aus ihrer perspektive, das beste aus ihrem leben zu machen. allein dieses bemühen ist einen bericht wert.

und wenn man dann mal anfängt nachzufragen oder die menschen sich hinsetzen und anfangen, sich schriftlich an manches zu erinnern, dann wird das erlebte mehr und mehr. schön öfter habe ich in schreibgruppen den effekt erlebt, dass die teilnehmerInnen über die vielfalt ihres eigenen leben erstaunt waren. wen hatte man nicht alles in der zwischenzeit vergessen, welche schwierigkeiten hatte man so gut verdrängt, dass man glaubt, nichts erlebt zu haben. auch die schönen ereignisse verblassen teilweise, wenn man sie sich nicht immer wieder ins gedächtnis ruft. und das biografische schreiben ist eine der besten möglichkeiten, es sich ins gedächtnis zu rufen.

einmal mit der erinnerungen angefangen, ergibt gern eins das andere, und immer mehr details werden wieder erinnerbar. wenn man sie dann aufschreibt, schützt man sich davor, vieles schnell wieder zu vergessen. wer ernsthaft noch einmal einen blick auf seine vergangenheit werfen möchte, der führe am besten ein kleines notizbuch bei sich, um erinnerungsfetzen, die einem an verschiedenen orten begegnen können, gleich zu notieren. auslöser können dabei zum beispiel gerüche, geräusche, bilder oder auch Weiterlesen

schreibidee (206)

kaum hat man einmal angefangen, aufmerksamer auf der suche nach kleinen begebenheiten und geschichten durch die welt zu laufen, fällt einem auch immer mehr auf. man notiert auf kleine zettelchen, in kladden oder auf blöcke. dazwischen schieben sich diverse schreibideen und all dies liegt auf halde. denn man kann gar nicht so viel schreiben, wie man möchte. irgendwann sammeln sich diese notizen wie fallobst in allen winkeln der wohnung an. zeit eine schreibanregung für „fallobst-geschichten“ zu geben.

vor dem treffen der schreibgruppe werden die teilnehmerInnen aufgefordert, all ihre übrig gebliebenen ideen, die sie auch anderen zur verfügung stellen wollen, mitzubringen. als einstieg werden alle aufgefordert den sitznachbarInnen links von ihnen, eine schreibanregung zu überreichen, die sie extra für sie ausgewählt haben. wie die anregung (eben eine begebenheit oder eine schreibidee) dann umgesetzt wird, bleibt den teilnehmerInnen überlassen. sind die texte fertiggestellt, werden sie in der schreibgruppe vorgetragen. beim feedback dürfen die ideenlieferantInnen eine rückmeldung geben, ob sie sich die umsetzung ihrer anregung so vorgestellt haben.

in der zweiten runde werden alle (oder zumindest ein großteil) der mitgebrachten ideen und anregungen auf dem flipchart gesammelt und allen zur verfügung gestellt. alle schreibgruppenteilnehmerInnen können sich die anregung auswählen, die ihnen am besten gefällt, und verfassen dazu eine geschichte. die fallobst-geschichten werden anschließend, nach einer längeren bearbeitungzeit vorgetragen und es findet eine feedbackrunde statt.

am schluss des schreibgruppentreffens sollte überlegt werden, ob man die schreibanregungen aller teilnehmerInnen nicht in einer liste sammelt, notiert, und beim nächsten treffen verteilt. so haben alle einen großen pool an schreibideen, den sie für sich nutzen können, wenn sie lust dazu haben. es kann natürlich auch sein, dass sich ihre fallobst-menge danach einfach nur erhöht hat. aber, man kann ja immer darauf zurückgreifen, wenn einem mal nichts einfällt, worüber man schreiben könnte.

biografisches schreiben und soziale netze im web

das web 2.0 bietet gute möglichkeiten, sich mit anderen menschen auszutauschen und zu verbinden. kriterien für diese netzbildungen sind zum beispiel gemeinsame hobbys, ein ähnlicher musikgeschmack oder auch soziales engagement. warum also nicht einmal ein soziales netzwerk zum austausch biografischer erinnerungen ins leben rufen.

dafür gäbe es unzählige möglichkeiten. man könnte virtuelle jahrgangstreffen gründen oder bestimmte einschneidende gesellschaftliche ereignisse zur erinnerung ausrufen. ähnliches geschieht schon auf den zeitzeugen-webseiten. dort wird aber von außen animiert, archiviert und moderiert. interessanter wird es sicherlich noch einmal, wenn die „zeitzeugInnen“ aufgrund eines eigenen internetzugangs die gründung selber übernehmen.

so könnten menschen, die sich im rahmen des biografischen schreibens an bestimmte ereignisse in ihrer kindheit erinnern, andere dazu aufrufen, diese mit ihnen in der digitalen welt zu teilen. zum einen sind die erinnerungen meist verschieden, zum anderen ergeben sich soziale kontakte zu menschen mit ähnlichen erinnerungen. der austausch regt zur größeren detailgenauigkeit bei den erinnerungen an.

schwieriger wird es, die älteren generationen anzuregen, sich ins web zu trauen. es gibt eine große differenz bei der internetnutzung zwischen den jungen und den älteren generationen. es ist zwar zu verzeichnen, dass immer mehr ältere das internet nutzen, doch auch die art und weise der nutzung unterscheidet sich gehörig von den jüngeren generationen. gerade die sozialen netzwerke werden eher von jüngeren menschen genutzt. an diesem punkt wäre also noch aufklärungsarbeit zu leisten.

doch langfristig könnte man sich zum beispiel die koppelung von schreibgruppen zum biografischen schreiben, computerkursen bei bedarf und der anregung, selber ein netzwerk zu gründen, vorstellen. Weiterlesen