Schlagwort-Archive: finanzen

nabelschau (68)

seltsame diskurse – oder was verloren ging. es scheint, in den letzten jahrzehnten ist so manches im politischen und wissenschaftlichen diskurs verloren gegangen, das erst mühsam reaktiviert werden muss – was für eine zeitverschwendung. ob es diskussionen über die energiewende, über unser wirtschaftssystem, über rechte gewalt, über die arbeitswelt, über die folgen von multitasking, stress und burn-out oder über die folgen von lärm sind, alles war schon einmal da, alles ist schon erforscht, diskutiert und belegt. und komischerweise fangen wir heute wieder bei null an.

nein, komisch ist es eigentlich nicht. es ist die logische folge aus einer politik und wissenschaftspolitik, die etliche diskurse und forschungen lang an den rand drängen, nicht finanzieren, als gesellschaftsschädigend kompromittieren und runterspielen konnte. wie immer, lag es eigentlich nur am geld. die schwerpunkte für forschung und wissenschaft wurden verlagert und herrschaftskonformer gestaltet. faszinierend auch, dass sich vieles nicht überlebt hat, sondern momentan immer drängender in den vordergrund rückt.

nur, wieso wieder von vorn anfangen? kann man nicht einfach mal nachschlagen, welche konsequenzen vor jahrzehnten aus den diskursen heraus vorgeschlagen wurden. ein beispiel: schon vor drei jahrzehnten wurde die dezentralisierung der energieproduktion diskutiert, wurden alternative konzepte entwickelt, wurden die kosten in reale verhältnisse gesetzt, indem die langzeitkosten der jeweiligen energieproduktion berücksichtigt wurden (und somit auch die endlagerung eingerechnet wurde). der schluss war eindeutig: alternative energien rechnen sich.

und heute? wir fangen bei null an. auf der einen seite wird die energiewende propagiert, aber bei der diskussion darüber wird schon wieder auf großprojekte gesetzt, dieses mal sind es größenwahnsinnige windparks in der nordsee. und um den strom ins land zu bekommen bedarf es natürlich sofort weiterer stromleitungen, die dann auch noch überirdisch verlaufen, obwohl deren energieverlust enorm ist. und um erst gar keine weiteren diskussionen aufkommen zu lassen, werden wir momentan gebetsmühlenartig darauf vorbereitet, dass eine energiewende natürlich viel geld kostet, die sich im strompreis niederschlägt.

hier wird abermals der bürger für dumm verkauft (und sprachlich eingeschworen). wenn wir es so haben wollen, dann sollten wir auch dafür zahlen. um ein wenig verschwörungstheoretisches futter zu geben: Weiterlesen

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wortklauberei (109)

„fiskalpakt“

die staatfinanzen betreffend wird ein pakt (also vertrag) geschlossen. so könnte man den „fiskalpakt“ beschreiben. da klingt erst einmal schlicht und verständlich, wie zum beispiel „etatverhandlungen“, „steuergesetze“ oder „finanzministerium“. doch inzwischen wuchs sich der fiskalpakt eigentlich zu einer „überschuldungsverordnung und insolvenzpräventionsvertrag auf europolitischer ebene“ aus. irgendwo in den ministerien müssen in den letzten jahren menschen beschäftigt werden, die keine andere aufgabe haben, als worte zu schöpfen, die möglichst wenig von der eigentlichen sachlage preisgeben.

denn der fiskalpakt hat keine andere aufgabe, als die länder der eu daran zu hindern, so viele schulden aufzunehmen, dass ihnen irgendwann die eigenen finanzen um die ohren fliegen. nun gibt es aber schon vor dem schließen des paktes ein paar probleme: die staatfinanzen betreffend überfliegen viele länder der eu die angestrebten schallmauern. die neuverschuldung ist auch weiterhin enorm. man möchte aber gleichzeitig nicht alle sofort abstrafen, denn dann würden sie dem pakt gar nicht zustimmen. also baut man schon im vorfeld eine abweichung vom pakt (und macht einen nicht-pakt daraus).

viel schwerwiegender ist etwas ganz anderes: der pakt wird am reissbrett entworfen und verlagert die nationalen entscheidungsstrukturen auf eine internationale, europäische ebene. das heisst, schlagartig werden unsere demokratischen strukturen übergangen und einige wenige beschließen diesen pakt. das realisierte irgendwann auch unsere regierung (mit ein wenig unterstützung durch das bundesverfassungsgericht). doch eigentlich ist das immer noch nicht alles: teile der nationalen finanzpolitik werden mit dem fiskalpakt ausgelagert und auf die europäische ebene übertragen. die entscheidungen über unsere staatfinanzen entziehen sich somit dem einfluss von uns wählern. wir wähler haben keinen demokratisch direkten zugriff mehr auf die entscheidungen über unsere steuergelder.

darum schlägt der finanzminister plötzlich eine volksabstimmung vor. denn bis jetzt hat auch nicht das europäische parlament (das wir ja mitwählen) über den fiskalpakt entschieden, sondern nur einige wenige menschen (regierungschefInnen, ministerInnen und mitarbeiterInnen). der fiskalpakt hebelt also unsere demokratie aus. dafür ist das wort „fiskalpakt“ ein possierlicher begriff, der ein weiteres mal die dimensionen verschleiert. faszinierend, wie sprache weitreichende entscheidungen klein und übersichtlich macht. ich muss da immer an „kernenergie“ denken. (übrigens haben wir in bürokratischen zusammenhängen keine probleme damit, längere und differenziertere begriffe zu verwenden.)

ein possierlicher vogel hat den schönen namen: fiskalwürger – siehe: http://www.tierdoku.com/index.php?title=Fiskalwürger

wortklauberei (108)

rekapitalisierung / restrukturierung der banken

„Im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes schließlich können Unternehmen des Finanzsektors den Finanzmarktstabilisierungsfonds für Rekapitalisierungen unter bestimmten Bedingungen in Anspruch nehmen.“ (wikipedia zu „rekapitalisierung“)

aha, da haben wir sie wieder, diese wortungetüme, die etwas „positives“ suggerieren und eigentlich einen „negativen“ hintergrund haben. wer wollte schon begriffen wie „stabilisierung“, „fonds“ und „rekapitalisierung“ etwas zerstörerisches anheften. auch rettungsfonds klingt noch zu hübsch für das, was da gerade geschieht. darum vielleicht einmal im umgangssprachlichen format:

die konstrukte „geld“ und „kapital“ (so ist der geldschein nie so viel wert, wie auf ihm steht, also in der produktion nicht so teuer) waren für menschen, die banken leiten, banken protegieren und banken für die himmelspforten der gesellschaft halten, ein anlass, den besitz andere menschen zu verzocken. sie bauten auf die gedanklichen konstruktionen noch ein paar luftschlösser, die immer höher wuchsen und irgendwann zusammenkrachten. dabei wurde der besitz anderer menschen vernichtet. da man aber angst hat, dass die anderen noch existierenden luftschlösser auch zusammenkrachen, beatmet man die banken künstlich weiter mit dem restlichen besitz der menschen, deren besitz zum großteil schon vernichtet wurde.

faszinierend – diebstahl ist in unserer gesellschaft eine straftat, die im vergleich zu machen körperlichen und sozialen vergehen relativ hoch bestraft wird. ab einer gewissen gesellschaftlichen höhe wird diebstahl nicht mehr bestraft sondern gerettet. noch absurder wird es, wenn die kanzlerin erklärt, man dürfe nun die misswirtschaft einzelner länder der eu nicht der gesamten bevölkerung des zusammenschlusses aufbürden, wobei sie im selben atemzug exakt das gleiche in ihrem land getan hat. die misswirtschaft einzelner banken wurde der gesamten bevölkerung aufgebürdet.

manches kann man vielleicht noch unter solidarität verbuchen, da ein crash noch mehr menschen in mitleidenschaft ziehen würde. aber sich dann einer sprache zu bedienen, die die mechanismen einer zocker- und selbstbedienungshaltung verschleiert, die einigen wenigen weiterhin einen freibrief ausstellt, das zeigt, wie gut sprache funktioniert. folgt man den formulierungen, kann man glauben, dass „wir“ mit all dem nichts zu tun haben, dass es bei uns ja ehrlicher zugeht und wir immer nur in der eu blechen sollen. noch faszinierender finde ich, dass diese sprachliche verschleierung auch noch funktioniert. so werden wir auch morgen noch retten, fonds gründen, rekapitalisieren und restrukturieren, obwohl schon längst die struktur den bach runter und das kapital futsch ist.

nabelschau (67)

gentrifizierung ist überall. ein moderne, seltsamer begriff, der etwas beschreibt, das es schon immer gegeben hat. die schwierigkeit besteht darin, dass die doppeldeutig des begriffes inzwischen zu einem politikum wird. übersetzt heisst gentrification eigentlich „aufwertung“. und das kleine wörtchen „wert“ spielt die hauptrolle in diesem zusammenhang. denn es geht um die gerechtigkeit und verteilung in gesellschaften. ein beispiel:

einer der schönsten biergärten in berlin, am rand eines parks gelegen, seit jahrzehnten dort ansässig, ist im sommer treffpunkt von vielen menschen. der vorteil des gartens war es, dass er weit genug von wohnhäusern entfernt war und somit niemanden der rege betrieb bis in die tiefe nacht störte. in den letzten zwei jahren entstanden in der nähe des biergartens edle häuser mit penthouse- und loft-atmosphäre. der kenner konnte ahnen, was dies bedeutete. menschen mit viel geld platzierten sie in die nähe eines großen biergartens, da sie den ausblick von der anhöhe über die stadt schätzen.

vor ein paar tagen dann die erwartbare konsequenz: um 22.00 uhr wurden auf die bierbänke und tische an denen hunderte saßen kleine schildchen gestellt, auf denen stand, dass man sich nach 22.00 uhr bitte ruhig verhalten möge. es ist logisch, dass das nicht funktionieren kann. das ruhebedürfnis von vierzig oder fünfzig menschen wird über das soziale leben von hunderten gestellt, da man neben einen biergarten edelwohnungen stellen musste. über kurz oder lang wird der treffpunkt reglementiert und eingeschränkt werden. die „aufwertung“ führt zu „verdrängung“.

das wäre auch nicht so das problem, wenn es nicht weit entfernt, alternativen gäbe. doch dem ist nicht so. berlin ist ein schönes beispiel dafür, wie sukzessive eine innenstadt, eine mitte zu einem sterilen, langweiligen und muffigen ort wird. der potsdamer platz hat einen vorgeschmack gegeben. denn auf“wert“ung bedeutet geld. nur leider bedeutet geld heute einförmigkeit, langeweile und tristesse auf hohem niveau. ausgedrückt wird sich über wohnlage, design und autos. aber eben nicht mehr über lebenäußerungen, soziales miteinander und kreativität. es entstehen austauschbare zentren der sterilität und bewachungen.

wie schon geschrieben, das hat es schon immer gegeben. aber es offenbart sich inzwischen krasser, die kontraste werden immer größer, die finanzielle schere klafft weiter auseinander. inzwischen kann jeder die gesellschaftliche ungerechtigkeit sehen. und das macht menschen zweifelnd, lässt machtverhältnisse in frage stellen. unzufrieden sind alle, sowohl die an den rand gedrängten der gesellschaft, als auch die housekeeping-verwahrten in den zentren. seltsam, dass dies kaum jemand ändern möchte, sondern alle auf eskalationen warten.

nabelschau (57)

40 millionen versus 2,1 milliarden. ein tag, zwei zahlen. der bundesumweltminister will zur bekämpfung des klimawandels für die weltgemeinschaft 40 millionen euro zur verfügung stellen. hübsch, aber zu wenig. deutsche firmen haben im letzten jahr waffen für 2,1 milliarden vertickt. gruselig und teilweise fragwürdig. beides zeigt, dass die eigentlichen schwierigkeiten auf der welt immer noch nicht verstanden werden oder verstanden werden wollen.

keiner macht die rechnung auf, wie viele menschen im letzten jahr durch naturkatastrophen umgekommen sind und wie viele durch kriege. es mag sein, dass der krieg zahlenmäßig immer noch vorn liegt, ich weiß es nicht. aber es ist damit zu rechnen, dass der klimawandel schnell aufholt. beinahe alle meteorologen und wissenschaftler sind sich einig, dass extreme wetterlagen zunehmen. doch irgendwie geht das in die gesamtrechnung immer noch nicht ein. man kann sich ja gegen manches unglück versichern.

doch ist das haus mal weggespült, sind die kinder verhungert oder hat ein wirbelsturm alles mitgenommen, dann kann man das nicht rückgängig machen und dann zahlt das keiner. man kann nur hoffen, dass regierungen und die weltgemeinschaft einspringen, um überhaupt wieder eine existenz gründen zu können. und die gestorbenen macht es nicht wieder lebendig. 40 millionen scheinen in diesem moment als schlechter witz. setzt man diese summe in beziehung zu den kosten in afghanistan, verstärkt sich die schieflage.

schaut man sich dann noch an, wie europa auf der un-konferenz zum thema migration argumentiert und wie es sich verhält an seinen grenzen, dann scheint alles noch absurder. und es scheint kein umdenken in aussicht. wenn ich in einem land leben würde, in dem regelmäßig der monsun mein haus wegspült, dann würde ich auch versuchen mich vom acker zu mache und dorthin zu gehen, wo dies nicht passiert. und was glauben sie, wie wird die zukunft der menschheit auf der welt aussehen. kriege scheinen in diesen momenten beinahe wie ein zuckerschlecken. aber naturgewalten scheinen so weit weg und schicksalshaft. ich empfehle: schnell umdenken!

schreibgruppen selber gründen (08)

geld / kosten

generell ist schreiben eines der preiswertesten hobbys, wenn man nicht gerade einen füller aus platin, hangeschöpftes papier und ein laptop der extraklasse verwendet. somit sind auch die kosten für schreibgruppen im überschaubaren bereich. dazu ist es aber notwendig, dass die gruppe sich selbstorganisiert. ist die nicht der fall, kann es schnell etwas teurer werden. sucht man sich zum beispiel eine professionelle schreibgruppenleitung (was sicherlich viele vorteile hat), dann ist diese natürlich zu bezahlen.

es gibt noch mehr details, die kosten für eine schreibgruppe verursachen können. vor allen dingen ein raum, der sich für gemeinsames schreiben eignet, ist nicht immer für lau zu haben. da kommt es auf die umgebung an, in der man lebt. für selbstorganisierte gruppen stellen in manchen regionen stadt(teil)zentren räume kostenlos zur verfügung, andere hätten gern die übernahme der selbstkosten und richtige tagungsstätten verlangen auch miete.

früher hatten viele kneipen kleinere hinterzimmer und nicht unbedingt nur säle oder große räume für feiern. das ist heute nicht mehr so oft der fall. doch wenn man solch einen ort findet und das gefühl hat, dass genug ruhe zum schreiben herrscht, dann kann man solche räume, wenn getränke konsumiert werden, oft auch kostenfrei erhalten.

für kleinere schreibgruppen kann man sich auch privat bei jemandem treffen. doch dabei sollte man gut überlegen, ob man den veranstaltungsort zum beispiel reihum wechselt oder sich immer bei derselben person trifft, da sie den idealen raum besitzt. soll nebenher gegessen und getrunken werden? gibt es einen klaren zeitlichen anfang und ein Weiterlesen

nabelschau (29)

kurze unterbrechung. dieser beitrag darf im internet aus rechtlichen gründen nicht gezeigt werden. das ist ja ein ding. als surfer, der gerade den drang verspürte, schnell die nachrichten im livestream zu betrachten, bekommt man das gefühl, etwas illegales zu machen. dabei ist es ein öffentlich-rechtliches angebot. doch schlagartig als ein schrubbeliges fussballspiel thema war, waren auch schon ton und bild weg. eben nur die botschaft „dieser beitrag darf im internet aus rechtlichen gründen nicht gezeigt werden“ prangte auf dem bildschirm.

und man weiß nicht, wie lang wird denn nun der beitrag dauern. reicht es für einen gang zum klo oder zum kühlschrank? oder verpasst man dann die wettervorhersage? auf der anderen seite kommt freude auf. der ganze abend des ersten öffentlich-rechtlichen stand unter dem motto fussball. dies passiert immer häufiger. man fragt sich, ob es nicht noch andere mitbürger gibt, die diesem sport nichts abgewinnen können. warum spielen die am abend? und wenn sie am abend gespielt haben, weshalb darf dann in der nacht kein ausschnitt gezeigt werden?

da sind sie wieder, die widersprüche des lebens. zum einen unterliegen die sportnachrichten ausschließlich vermarktungsstrategien. der konsument staatlicher sendebetriebe wird diesen vermarktungsstrategien unterworfen und kann nichts dagegen machen. im internet kann er nicht sehen, was zu den tagesnachrichten gehört. aus finanzgründen findet zensur statt. eine tolle sache.
zum anderen ist es eine labsal, dass immer dann, wenn fussball kommt, bild und ton verschwinden. das sollte patentiert werden. man könnte ein wenig unterhaltungsmusik im hintergrund einblenden und im vordergrund eine zeitangabe, wann es weitergeht, abbilden. hier wäre dem fussballphoben zuschauer genüge getan. vielleicht sollte dies auch bei den tv-übertragungen als alternative angeboten werden, um bei schöner musik ein buch lesen zu können.

natürlich kann man das ding auch ausschalten, aber man wollte ja nur die nachrichten sehen.

wortklauberei (47)

„kundenlebenswert“

wenn man der marketingbranche oder manchem verkaufstrainer zuhört, dann ist der mensch nicht in erster linie mensch, sondern kunde. so werden wir schon als kunde geboren, denn unsere eltern benötigen windeln, babynahrung und creme. danach werden wir als potentieller kunde umworben, da wir angeblich bestimmten dingen weiter vertrauen, wenn wir erwachsen sind und geld zum ausgeben haben. anschließend sind wir endlich kunde und bleiben dies auch, bis wir das gras von unten anschauen. selbst dann wollen manche noch nicht aufhören, uns als kunden zu betrachten, und buchen weiterhin gebühren ab, obwohl wir gar nicht mehr existieren.

und als lebenslanger kunde kommt schon eine ganz schöne summe zusammen, die wir auf den markt für gegenleistungen werfen. natürlich gibt es in diesem moment menschen, die ausrechnen, wieviel geld wir wohl im laufe unseres lebens zur verfügung haben. das ergebnis nennt sich dann freundlicherweise „kundenlebenswert„. besonders hübsch erscheint die wortschöpfung durch die doppeldeutigkeit ihres zweiten teils, „lebenswert“. es ist nicht mehr zu fragen, wann ist das leben lebenswert, sondern, wie hoch ist ihr lebenswert?

es beschleicht einen, wenn man solche worte liest, das gefühl ein stück aas zu sein, auf das eine gruppe geier blicken und darauf warten, sich streitend darauf zu stürzen. man versteht von mal zu mal die selbstversorger besser, die recht selten zum kunden mutieren und versuchen, sich dem markt zu entziehen. das ist ein schweres stück arbeit, da es auch dann noch viele möglichkeiten gibt, mit dem marketing in berührung zu kommen. alle anderen sind berechnet, aber sie verhalten sich selten so eindeutig, wie es sich der markt wünscht. immerhin ein trost.

wortklauberei (40)

„gesundheitskasse“

verdrehte welt könnte man zur entwicklung auf dem sektor der krankheitbehandlungsindustrie sagen. denn dort, wo krankheit eine rolle spielt, wird nur noch von gesundheit gesprochen. das fängt bei der gesundheitsministerin an und endet eben bei der gesundheitskasse. dabei ist der begriff der „gesundheit“ ein schwieriger. ab wann ist denn ein mensch gesund? wer definiert die jeweils subjektive befindlichkeit, wer sagt welche verhaltensweise eine problematische ist?
hier kommt die „kasse“ ins spiel. es wird gezahlt oder ausgezahlt, also geld in verbindung gebracht mit gesundheit oder besser geschrieben, eigentlich mit krankheit. alle anwendungen, die geld kosten, deuten auf krankheit hin, so jedenfalls eine der hauptargumentationen im hintergrund der definition von „gesundheit“. denn man könnte auch formulieren, dass ein mensch, der sich den irdischen genüssen jeglicher art verschrieben hat, eventuell früher erkrankt als ein mensch, der sportliche askese übt. der genießer würde aber seinen lebensstil als sehr angenehm beschreiben und sich in diesem moment also gesund fühlen.

bekommt er in diesem moment geld von der „gesundheitskasse“ oder, wie es im moment schon gehandhabt wird, wenn er nicht regelmäßig an kursen oder lauftreffen teilnimmt, werden im die bonusrückzahlungen verwehrt. soll heißen, der gesunde hat in die kasse einzuzahlen, hat sich zu schämen, ob seines laxen umgangs mit seinem eigenen körper, der der gesellschaft dienen sollte. und somit wird die „gesundheitskasse“ zum gesellschaftlichen maßstab, denn es gibt keine kranken mehr. es gibt nur noch menschen, die sich bemühen, gesund zu sein. warum man dazu dann aber noch eine kasse oder eine ministerin braucht verschwindet hinter den begriffen. schön ist es aber, dass wir uns alle so bemühen 😆

selbstbefragung (05) – geld und finanzen

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich ab nun ein wenig unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „geld und finanzen„.

  • was würden sie machen, wenn sie eine million euro geschenkt bekommen? (die klassiker-frage)
  • hört bei ihnen die freundschaft beim thema geld auf?
  • was können sie mit dem begriff kapitalismuskritik anfangen? warum ist das so?
  • welche rolle spielt geld in ihrem leben, abseits der existenzsicherung?
  • was zählt für sie zur „existenzsicherung“?
  • was machen sie lieber: freundInnen geld leihen oder freundInnen geld schenken? warum?
  • was würden sie an unseren steuerabgaben ändern?
  • haben sie das gefühl, dass mit ihren steuern gemacht wird, was sie sinnvoll finden?
  • welches gefühl haben sie gegenüber geld? begründen sie ihre aussage.
  • sind sie ein sparsamer mensch? warum?

wortklauberei (17)

wort des jahres: „finanzkrise“


das wort des jahres ist bestimmt worden. es heißt, oh staune, finanzkrise„, da darüber gerade so viele reden. doch das wort ist eigentlich ein seltsames konstrukt. denn finanzen können keine krise haben. ähnlich wie der der nervenkrise, die auch eher eine menschenkrise ist, da der nerv an sich erkranken kann, aber von keiner krise erschüttert werden kann. so haben also anscheinend das geld und die konten zur zeit eine krise. wie das aussieht kann einem aber niemand erklären. wie verhält sich geld in der krise, wie gebärden sich krisenhafte finanzen. blicke ich auf mein konto, dann befinden sich meine werte beständig in der krise 😮 .


interessanter und aufschlussreicher wäre sicherlich die aussage, wir haben eine „bevölkerungs- oder gesellschaftskrise“, da dadurch überhaupt die eigentliche verbindung zu den menschen formuliert wird. doch das würde bedeuten, dass zugegeben werden müsste, dass viele menschen ihren arbeitsplatz verlieren könnten, dass soziale absicherungen plötzlich im orbit verschwunden sind, dass erspartes sich minimiert hat und dass steuern erhöht werden. das hätte aber den effekt, dass die ganze durch den begriff „finanzkrise“ aufgebaute distanz flöten wäre und die menschen noch stärker realisierten, wie sehr sie die ökonomische entwicklung betrifft.


also wird weiterhin von der „finanzkrise“ und der „rezession“ gesprochen, wie wenn es sich jeweils um lebende prozesse handelt. ich wusste es ja schon immer, dass die ökonomie eigentlich lebendig ist und kleine wichtel in der deutschen bank die taler aufhäufen, sie blankpolieren und zählen. leider kenne ich keinen dieser wichtel. ob die auch schon globalisiert sind und einen mindestlohn erhalten?

aktionswoche „deutschland liest – treffpunkt bibliothek“

die öffentliche bibliothek ist auch eine institutionen des bildungsauftrages der gesellschaft wie das fernsehen. sie wird weiterhin gern genutzt, auch wenn ihre ausstattung inzwischen in vielen bereichen zu wünschen übrig lässt. auch hier ergibt sich das problem, dass die finanzen beständig verringert wurden und somit für viele bibliotheken die neuanschaffungen geringer ausfielen. aber bürgerInnen nutzen weiterhin das große angebot, ein buch nicht selbst kaufen zu müssen, wenn es ausgeliehen werden kann.

leider erheben viele bibliotheken inzwischen eine gebühr für die mitgliedschaft, die das ausleihen für familien wieder zu einem kostenfaktor werden lässt. da ist der internetanschluss mit der teilweise kostenlos zur verfügung gestellten literatur die preiswertere alternative. nun starten heute die bibliotheken in deutschland eine aktionswoche und imagekampagne für ihr angebot. eine sinnvolle sache, über viele veranstaltungen zum preiswerten bücher lesen einzuladen.

auf der homepage http://www.treffpunkt-bibliothek.de ist das gesamte bundesweite programm für die aktionswoche vom 24ten oktober bis zum 31ten oktober zu finden. besucherInnen der seite können die angebote für ihre region auswählen und es wird vieles geboten. die webseite ist erfrischen layoutet. leider kommen die begleittexte für die aktionswoche sehr altbacken und rechtfertigend daher. anstatt das wirklich interessante programm auf der extra für die aktionswoche eingerichteten internetseite in den vordergrund zu rücken und die vielfalt der bibliotheken aufzuzeigen, verstellen beinahe wissenschaftlich-bürokratische begründungen für das bibliothekswesen den weg. leselust kann anders dargestellt werden. trotzdem ist die seite ein pool an informationen, aus dem man sich auswählen sollte, was einen interessiert. denn bibliotheken sind toll! 😀

schreibidee (63)

zur „woche des grundeinkommens“ auch die schreibidee für den heutigen tag. schon öfter wurde hier vorgeschlagen, in schreibgruppen utopien entwickeln zu lassen. doch dieses mal soll es ganz konkret werden. der gruppe kann die aufgabe gestellt werden: „wie würde unsere gesellschaft aussehen, wenn es überhaupt kein geld gibt?„.

es gibt verschiedene ideen, wie solche gesellschaften funktionieren könnten. momentan werden diese ideen wieder aktuell, da die finanzkrise das geldsystem in frage stellt. angefangen bei der idee, dass gehortetes geld im laufe der zeit an wert verliert, also möglichst schnell wieder in den kreislauf eingezahlt werden sollte, über die gedanken zum grundeinkommen bis zu der etablierung von tauschringen, wird an dem gedanken gearbeitet, so wie jetzt das geld verwendet wird, schadet es zu vielen menschen.

doch wie würde eine gesellschaft aussehen, die nicht geld als wert besitzt. wären alle ins elend gestürzt? worauf begründet sich besitz? oder würde es sich um eine gerechtere gesellschaft handeln? um sich den utopien in der schreibgruppe anzunähern, empfiehlt es sich im kleinen zu beginnen. wie würde der persönliche tagesablauf aussehen, wenn kein geld existiert. was verändert sich? (keine kreditkarte, kein supermarkt, kein steuern, keine fahrgebühren für den nahverkehr, keine konten, keine banken, keine börse, keine rabatte und keine sonderangebote?) oder doch alles da, aber auf anderem wege? strebt der mensch automatisch nach eigenem besitz, das ihn den anderen gegenüber herausragen lässt? das könnten die anschließenden fragen sein, die nach dem notieren eines tagesablaufs ohne geld, zur diskussion gestellt werden. anschließend wird dazu aufgefordert eine gesellschaft zu entwerfen, die ohne geld existiert. und dann stellen sich die teilnehmerInnen der schreibgruppe ihre utopien gegenseitig vor. bei dieser schreibidee sollte auf alle fälle genug zeit für diskussionen zur verfügung stehen. und vielleicht entstehen dabei weitere ideen eines gerechteren zusammenlebens, kreative ideen, die utopien sind und sein dürfen.

biografisches schreiben und finanzen

 

die überschrift scheint erst einmal unpassend, denn in eine lebensgeschichte oder biografie gehören sicher nicht die steurerklärung oder vergangene kontoauszüge. doch es spielt natürlich eine rolle, wie im laufe des lebens die eigene finanzielle situation aussieht. dies bezieht sich nicht nur auf das elternhaus, wo es in deutschland doch immer noch bei vielen menschen den zusammenhang zwischen der finanziellen situation der eltern und den bildungschancen gibt.

es geht bei diesen betrachtungen darum (auch wegen der momentanen aktuellen ereignisse) inwieweit ich mich zum beispiel im laufe meines lebens abgesichert gefühlt habe. Weiterlesen