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„empört euch!“ von stéphane hessel – ein buchtipp

eigentlich ist es ein büchlein, wie man es selten in den buchhandlungen findet. gerade einmal 30 seiten und doch inzwischen so viel gelesen. da äußert sich ein über neunzigjähriger diplomat und philosoph über die möglichkeit und notwendigkeit des widerstands in der heutigen gesellschaft. aus der eigenen lebensgeschichte ergibt sich für ihn ein postulat der empörung gegen die verletzung der menschenrechte. sein aufruf überschreitet die forderungen des neudeutschen „wutbürgers“ bei weitem.

so formuliert er: „ich sage den jungen: wenn ihr sucht, werdet ihr finden. „ohne mich“ ist das schlimmste, was man sich und der welt antun kann. den „ohne mich“-typen ist eines der absolut konstitutiven merkmale des menschen abhanden gekommen: die fähigkeit zur empörung und damit zum engagement.“ er fordert alle auf, verantwortung zu übernehmen, gewaltfrei widerstand gegen eine welt im gewinn- und konkurrenzwahn zu leisten. er erinnert an die überlegungen der résistance für eine gerechte welt, um zukünftig totalitarismus und nationalsozialismus zu verhindern.

so klein das büchlein sein mag, so verständlich ist die kurze botschaft. wahrscheinlich benötigt man ab und zu eine erinnerung an die kraft der empörung und notwendigkeit einer veränderung. also, wo sind die ideale und utopien der zukunft? stéphane hessel bietet mit „empört euch!“ einen anstoss zum nachdenken. das buch ist 2010 bei ullstein in berlin erschienen. ISBN 978-3-550-08883-4

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bloggen wie gott in frankreich

unser nachbarland kann man um vieles beneiden: das gute essen, die lebhafte kulturszene, die philosophen, die filme, den gesellschaftlich verankerten intellektualismus und den unverkrampfteren umgang mit sozialismus (obwohl dies zur zeit ein wenig in frage zu stellen ist). und nun auch noch um das bloggen. in der zuletzt erwähnten süddeutschen zeitung vom 28.02. wird die bloggerszene frankreichs beschrieben.

neid, da kommt neid auf. zum einen wird anscheinend in frankreich viel mehr gebloggt. zum anderen wird anders gebloggt. blog haben eine gesellschaftliche funktion des sozialen und politischen austauschs. in den blogs wird anscheinend mehr über gesellschaftliche belange diskutiert und diese diskussionen werden auch mehr beachtet. das soll nicht heißen, dass es in deutschland solche blogs nicht auch gibt und sie nicht zu genüge gelesen werden.

aber die diskussionskultur lässt doch weiterhin zu wünschen übrig. manche tageszeitung schließt ihre diskussionsforen über nacht, da ohne moderation gar nichts geht. einen diskurs pflegen ist nicht unbedingt die stärke dieses landes. wird es wahrscheinlich auch nicht so schnell werden. man schaue sich als vorbild nur die talkshows im fernsehen an. meist handelt es sich nur noch um eine aneinanderreihung von plattitüden. und was vor allen dingen auffällt, es sind immer die gleichen gäste. viele wollen sich nicht dem diskurs, vor allen dingen dem politischen, aussetzen. woher die angst rührt ist unklar, bietet aber „meinungsmacherInnen“ zu viel raum. so wird auch im blog die diskussion um gesellschaftliche entwicklungen schwierig und bleibt oft beschränkt auf aussagen wie „stimme ich zu“ oder „stimme ich nicht zu“ in verschiedensten ausformungen. vielleicht ergibt sich noch häufiger tiefschürfendes, wenn die zahl der bloggerInnen weiter steigt und zahlen wie in frankreich erreicht.