Schlagwort-Archive: freiheit

schreibberatung und kunst

alle schreibenden würden wahrscheinlich gern große künstlerInnen werden. und das schöne an kunst ist auch, dass alle schreibenden mit glück große künstlerInnen werden können. halt rufen hier die mahner hoher kunst: da muss schon arbeit reingesteckt werden, das muss man lernen! stimmt, hinter großer schreibkunst steckt nicht selten viel arbeit. doch neben der vielen arbeit steckt oft auch viel glück dahinter: zur richtigen zeit, die richtigen leute getroffen zu haben und hilfreiche unterstützung bekommen zu haben.

kunst kann man machen, große künstlerInnen werden kann man erhoffen. das steckt den rahmen ab, den schreibberatung leisten kann auf dem weg zum erfolg. schreibberatung kann nicht mehr, als anregungen geben, wie man seinen eigenen ausdruck findet. schreibberatung kann eventuell hilfestellungen zu einem flüssigeren text geben. wiederum lektorInnen können beim gesamtkonzept und bei der struktur, können das werk rund machen helfen. alle übrigen entscheidungen liegen bei den schreibenden und bei den konsumentInnen.

was kann nun schreibberatung im detail leisten? schreibberatung kann dazu anregen, der eigenen kreativität raum zu geben, sich gegen beschränkungen von außen zu behaupten, einen weg zu finden, der sich gut für einen selber anfühlt, und verschiedene formen des schreibens auszuprobieren. schreibberatung kann den schreibfluss fördern, kann schreibtechniken vermitteln, die das entwickeln von ideen und assoziationen erleichtern. schreibberatung kann dabei helfen, eine schreibdisziplin zu entwickeln, einen zeitplan aufzustellen, ausweichhandlungen zu reduzieren und die lust am schreiben wieder zu entdecken.

was schreibberaterInnen aber nie machen werden: beurteilen, ob es sich bei dem geschriebenen um kunst oder nicht handelt. es gibt keine klare definition von kunst, die so viel gewissheit entstehen ließe, dass man ein urteil abgeben könnte. auf einem ganz anderen blatt steht aber, dass in der schreibberatung natürlich ein feedback Weiterlesen

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biografisches schreiben und bürokratie

es gibt und gab regelungen in unserer gesellschaft, die menschen handlungsunfähig machten und machen. ein lied davon können asylbewerberInnen (allein das wort ist eine zumutung) singen. hier war die bürokratie die beste möglichkeit, zuwanderung zu verhindern. ein klassiker dabei war zum beispiel, dass für mitbürger aus anderen ländern eine aufenthaltsberechtigung ausgestellt wurde, wenn sie arbeit nachweisen konnten. sie bekamen aber meist arbeit nur, wenn sie eine aufenthaltsberechtigung nachweisen konnten. wo anfangen. vielleicht kennen sie ähnliche situationen.

in der eigenen lebensgeschichte kann die bürokratie eine große rolle spielen. es kann einem widerfahren sein, dass der eigene lebensweg durch gesellschaftliche regeln und ausführungen verstellt wurde. es beginnt eigentlich mit der einschulung. das bildungssystem hat nur wenig mit wirklichen kompetenzen zu tun, es hat mit wissensverwaltung zu tun. was haben sie in diesem zusammenhang erlebt? wie ging es weiter in lehre, studium und dann beruf? wie weit konnten sie wirklich das machen, das sie interessierte?

es ist ganz logisch, dass sich große soziale netze regeln geben müssen, um miteinander auszukommen und möglichst viele zu berücksichtigen. doch diese regeln müssten regelmäßig überprüft werden, um sie langfristig menschlicher zu gestalten. wie sind sie mit den regeln klar gekommen? welche regeln erlebten sie in ihrem leben überflüssig, nervend und inhuman? in welchen situationen war ihre ohnmacht am größten. oder für den perspektivwechsel die frage: wann fühlten sie sich frei? beim biografischen schreiben sollte die verwaltung unseres eigenen lebens ruhig auch einmal betrachtet werden, denn meist wird der einfluss auf unsere entwicklung unterschätzt.

der widerstreit zwischen subjektiven bedürfnissen und den bedürfnissen der gesellschaft an einen wird selten offen ausgetragen, er findet nur noch mit stellvertreterInnen statt. und die stellvertreterInnen verwalten die finanzielle absicherung im auftrag der gesellschaft. doch wie gut können wir unsere vorstellungen von Weiterlesen

protest gegen ein gesetz der internetzensur in den usa

in den usa liegt ein gesetz im us-senat, das auswirkungen auf alle anbieter und schreiberlinge im www haben könnte. darum protestieren heute diverse netzanbieter und schwärzen ihre seiten. mehr informationen findet man hier bei wordpress.org: http://wordpress.org/news/2012/01/help-stop-sopa-pipa/ .

möge dieser protest erfolg haben.

„frei geschrieben“ von judith wolfsberger – ein buchtipp

auch dieses buch widmet sich dem wissenschaftlichen schreiben wie das vor kurzem vorgestellte buch. aber die herangehensweise der autorin ist eine völlig andere. hier werden schreibübungen und schreibanregungen zu den einzelnen arbeitsschritten gegeben, die ihre nähe zum kreativen schreiben nicht verleugnen können.

das buch von judith wolfsberger enthält schon im titel eine idee vom lustprinzip beim wissenschaftlichen arbeiten: „frei geschrieben – mut, freiheit & strategie für wissenschaftliche abschlussarbeiten„. es zeigt die schwierigkeiten, in die man beim verfassen einer wissenschaftlichen abschlussarbeit geraten kann, offen und unverblümt auf. und die autorin nimmt kein blatt vor den mund, wenn sie die situationen an den hochschulen beschreibt. die situationen, die es zusätzlich erschweren, eine interessante und spannende wissenschaftliche abschlussarbeit zu verfassen.

judith wolfsberger regt zu einer unkonventionelleren herangehensweise an, die vor allen dingen darauf ausgerichtet ist, für sich selber eine angenehmes zeitmanagement zu finden, in einen schreibfluss zu kommen und gleichzeitig fantasie und kreativität in die eigenen wissenschaftlichen texte einfließen zu lassen. dabei gibt sie schreibanregungen, die in kurzer zeit umzusetzen sind.

am besten eignet man sich das buch einige zeit vor dem verfassen einer abschlussarbeit an, um genug zeit für die umsetzung zu haben. dies wird einem später große vorteile bringen: die angst vor dem verfassen einer wissenschaftlichen abschlussarbeit könnte verflogen sein. das buch bietet viele beruhigungen und vor allen dingen anregungen zur zeitstrukturierung an. ein durchweg empfehlenswertes buch. es ist bei utb 2009 in der 2ten auflage erschienen. ISBN 978-3-8252-3218-4

liste (50) – freiheit

wer lust hat, kann sich diese seite ausdrucken und ausfüllen. ich schlage listen vor, die einem vielleicht einen überblick zu verschiedenen themen der eigenen lebensgeschichte geben können. dieses mal geht es um die „freiheit„.

das benötige ich noch in der zukunft, um vollständig frei sein zu können:

freiheit ist für mich:

in diesen momenten meines lebens fühlte ich mich sehr frei:

damit kann man mir die freiheit beschneiden:

in diesen momenten meines lebens fühlte ich mich sehr unfrei:

selbstbefragung (88) – saftig

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „saftiges„.

  • welchen saft mögen sie am liebsten? warum?
  • wann erscheint ihnen ihr leben besonders saftig? beschreiben sie.
  • welche deftige tat möchten sie in ihrem leben noch vollbringen? wann?
  • was tun sie, wenn sie voller energie sind und vor kraft strotzen?
  • ab wann werden für sie texte und bücher vulgär? erklären sie.
  • in welchen lebenssituationen reissen sie sich zu sehr zusammen, würden sie gern direkter sein?
  • wenn sie alle möglichkeiten der welt hätten, womit würden sie sich als erstes berauschen (hier sind keine drogen gemeint)?
  • was bringt sie in ekstase? beschreiben sie.
  • was frisst ihre energie und wie wehren sie sich dagegen?
  • welche menschen im umfeld führen ein saftiges leben?

schreibpädagogik und verkörperung

eine gruppenleitung ist eine gruppenleitung ist eine gruppenleitung… sie leiten eine schreibgruppe an? sie machen dies ehrenamtlich und sind erstaunt, dass die teilnehmerInnen so viel von ihnen erwarten? sie können nicht mehr oder weniger als die teilnehmerInnen und doch lassen diese sie nicht aus der rolle der leitung? dabei würden sie so gern auf gleicher ebene mit allen andere der schreibgruppe kommunizieren.

sie verkörpern, wenn sie eine schreibgruppe ins leben gerufen haben und die ersten treffen organisierten, in den augen der anderen die schreibgruppenleitung. wenn ihnen diese rolle einmal zugeschrieben wurde, ist es kaum mehr möglich, eine andere rolle einzunehmen. sie werden genau beobachtet, alle probleme und beschwerden werden an sie gerichtet, ihr verhalten wird gern zwischendurch beurteilt.

es gibt das phänomen in gruppen, dass die rolle der gruppenleitung schnell gekoppelt wird mit der verantwortungsübergabe für alle ereignisse. gruppenteilnehmerInnen befreien sich in diesen momenten von der verantwortung. und wenn man versucht die verantwortung zurückzugeben oder freiheiten in der gestaltung der leitung und des ablaufs einzubauen, wehren sich die teilnehmerInnen. Weiterlesen

kreatives schreiben und motivation

warum ist jemand kreativ? da man sich gern ausdrückt und es eine angenehme erfahrung ist, etwas selbst geschaffen zu haben. formen der kreativität gibt es viele. eine davon ist das kreative schreiben. wendet sich jemand dem schreiben zu, ist motivation vorhanden, die nicht mehr erzeugt werden muss. aber sie sollte aufgegriffen oder verstärkt werden.

also man schreibt gern. nur was? es gibt eine unendliche palette von möglichkeiten, wie und zu was man schreiben könnte. die einen setzen sich hin und schreiben drauf los. die anderen suchen sich anleitungen, die ihnen themen anbieten, um los zu schreiben. auch hier sollte man immer danach gehen, was einem am meisten spaß macht. es gibt kein gutes und schlechtes kreatives schreiben, kein richtiges oder falsches. kreativ bedeutet, dass beinahe alles möglich ist.

so kann man sich an schreibideen orientieren, kann selber gesammelte ideen verarbeiten, kann beobachtungen zu papier bringen oder sich selber aufgaben stellen, die in einer gewissen zeit zu erledigen sind. der größte schritt für viele ist es, sich hinzusetzen und zu schreiben. man hat schon lange lust darauf, doch man schafft den einstieg kaum. hier helfen schreibanregungen, hier hilft ein zeitplan, der pro tag zum beispiel eine halbe stunde vorsieht, in der man schreibt.

wie beim wissenschaftlichen oder beruflichen schreiben, kann einem beim kreativen schreiben der eigene hohe anspruch im weg stehen. in diesen momenten sollte man sich vor augen führen, dass man schreiben zum hobby machen möchte und nicht zum beruf. Weiterlesen

selbstbefragung (65) – abschied

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um den „abschied„.

  • von wem haben sie sich zuletzt intensiv verabschiedet? beschreiben sie?
  • wie leicht oder schwer fallen ihnen abschiede? worin unterscheiden sie sich?
  • von wem oder was haben sie sich im laufe ihres lebens gern verabschiedet?
  • welcher abschied fiel ihnen am schwersten? warum?
  • wie verabschieden sie sich von menschen, die ihnen nahe stehen? beschreiben sie.
  • welchen menschen, der sich von ihnen verabschiedet hat, würden sie gern wiedersehen? warum tun sie es nicht?
  • ihr dramatischster abschied?
  • was machen sie, wenn sie nach dem abschied allein sind, am liebsten?
  • von welchen menschen oder situationen wollten sie sich in ihrem leben nie verabschieden, hätten gern die zeit angehalten?
  • wie erlebten sie berufliche abschiede (schule, uni, job…)? stellten diese für sie einen neuanfang oder einen verlust dar?

schreibidee (181)

soziale netze oder gesellschaften benötigen regeln, um alle internen prozesse aufeinander abzustimmen und in eine ordnung zu überführen. aber irgendwann können gruppen und netze den sinn der regeln aus den augen verlieren und sich selber immer mehr gegenseitig einschränken. die regelwut wird zu einem selbstläufer, der nicht mehr zu stoppen scheint. da wir momentan anscheinend in einer gesellschaft leben, die sich immer stärker bürokratisiert und beregelt kann es spaß machen einmal texte der „selbstbefreiung und verantwortungslosigkeit“ zu schreiben.

da die beiden begriffe selbstbefreiung und verantwortungslosigkeit sehr subjektive sind und von jedem menschen anders verstanden werden, macht es sinn, die schreibidee mit einem cluster zum begriff „verantwortunglos“ durch die teilnehmer zu starten. aus dem cluster ist der zweig auszuwählen, der einen jeweils am meisten in dem moment anspricht. nun wird eine geschichte geschrieben, die diesen zweig aufgreift. die geschichten werden sich gegenseitig vorgelesen.

mit großer wahrscheinlichkeit wird in etlichen oder allen texten die verantwortungslosigkeit verurteilt. doch selbst wenn dies nicht der fall ist, fordert man alle schreibgruppenteilnehmerInnen auf, einen text zu verfassen, der die verantwortunglosen aspekte der geschichte nicht sanktioniert oder negativ bewertet, sondern das recht auf verantwortungsloses bestärkt. es dürfen geschichten mit egoistischem oder subversivem charakter entstehen. die texte werden sie wieder gegenseitig vorgetragen. dieses mal soll ein feedback gegeben werden, das beurteilt, wie positiv das verantwortungslose wirkt.

im letzten schritt werden nun von teilnehmerInnen texte verfasst, in denen sie selber sich weigern die verantwortung für etwas, eine situation oder einen anderen menschen zu übernehmen. diese geschichten sollten ohne schlechtes gewissen verfasst werden. anders formuliert, alle dürfen sich einmal austoben, jegliche regeln und moral in ihrer geschichte über den haufen zu werfen. wenn die geschichte fertig ist, sollte noch fünf minuten lang ein fokussiertes freewriting stattfinden, das sich damit beschäftigt, wie es war so eine verantwortungslose geschichte zu schreiben. anschließend werden die geschichten vorgelesen (aber nicht das freewriting) und ein ganz normales feedback gegeben.

nabelschau (27)

terror der freiheit oder die verantwortung für die richtige entscheidung. unser leben ist vielfältig, vielschichtig, bunt und vor allen dingen unübersichtlich. am besten zeigen ökologische konzepte oder chaostheoretische überlegungen, dass eine klare linie schwer zu finden ist. denn eigentlich kann man kaum überblicken, welche handlung welchen effekt haben wird. so bietet uns der alltag zwar viele möglichkeiten aber mindestens ebenso viele entscheidungshilfen.

das internet ist einer der besten orte, um sich darin zu verlieren. von link zu link geklickt landet man auf seiten, von denen eine interessanter als die andere ist. doch man hat überhaupt nicht die zeit, die geballten informationen, aufzunehmen, zu analysieren und daraufhin eine umfassende entscheidung zu treffen. je mehr wissen und damit möglichkeiten zur verfügung gestellt werden, um so stärker ist man zur selbstbeschränkung aufgefordert.

gern werden deshalb gewichtige entscheidungen nicht mehr ohne experten getroffen. doch schon gerichtsverfahren zeigen, dass gutachten durch andere gutachten leicht zu widerlegen sind. es gibt keine klarheiten und sicherheiten, die uns experten eindeutig liefern können, auch wenn wir sie gern hätten. doch wie soll man sich in dieser vielfalt noch entscheiden?

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biografisches schreiben und freiheit

freiheit ist ein weiter begriff. es gibt keine eindeutigen und klaren definitionen, was denn unter freiheit zu verstehen ist. außerdem ist zu unterscheiden zwischen gesellschaftlichen voraussetzungen, die freiheiten zulassen, und dem persönlichen denken, wie frei man sich fühlt. denn selbst in gesellschaften, die eine menge freiheiten geben, kann der einzelne das gefühl haben, eingeengt und fremdbestimmt zu sein.

zur subjektiven vorstellung von freiheit gehört eben die lebensgeschichte. welche erfahrungen von freiheit habe ich denn im laufe meiner lebens gemacht? wie weit wurde mir vermittelt, dass ich über viele aspekte meines lebens selbst bestimmen kann? durfte ich als kind die erfahrung relativer freiheit machen? bin ich menschen begegnet, die ein leben abseits vieler konventionen und regeln führten, und beeindruckten mich die menschen?

der mensch ist ein zwiespältiges wesen. zum einen strebt er hohe freiheitsgrade an, wenn sie ihm möglich erscheinen. doch er möchte nicht allein in der welt stehen. so kann eine vielzahl von entscheidungsoptionen auch angst verursachen. die wortwörtliche „qual der wahl“ kommt hier zum tragen. nicht selten fehlen anhaltspunkte ob derer entscheidungen getroffen werden können. so begrüssen viele eine struktur, die ihnen vermittelt und vorgegeben ist. andere wiederum gestalten ihre freiheit auf kosten weiterer mitmenschen. und generell bleiben wir soziale wesen, die auf kontakt zu anderen menschen angewiesen sind. so ist freiheit ohne lebensgeschichte und kontext nicht benennbar.

das biografische schreiben bietet hier eine gute möglichkeit, sich seinem eigenen, ganz persönlichen freiheitsbegriff anzunähern. man kann sich beim notieren der eigenen lebensgeschichte fragen: in welchen momenten fühlte ich mich zu sehr eingeschränkt? wann habe ich mich eventuell selber eingeschränkt? habe ich inzwischen eine form für mich gefunden, die vielen meiner bedürfnisse nahe kommt und die mir viele selbstständige entscheidungen ermöglicht? Weiterlesen

„die kunst, frei zu sein“ von tom hodgkinson – ein buchtipp

was für ein hoher anspruch im titel des buches. „frei sein“, eine wendung, die jeder mensch woanders verorten würde. doch es gibt gemeinsamkeiten, die wir in den industrieländern wahrscheinlich teilen, die uns daran hindern, sich frei zu fühlen. ein beispiel ist in den letzten posts angesprochen worden, die zeitknappheit unter der viele leiden. hodgkinson hatte sich in seinem buch „anleitung zum müßiggang“, das hier auch schon vorgestellt wurde, diesem thema gewidmet.

das neue buch von tom hodgkinson, „die kunst, frei zu sein – handbuch für ein schönes leben„, ist die konsequente fortsetzung des vorherigen buches. wenn ich einmal anfange festzustellen, dass mir ständig zeit gestohlen wird, stellt sich unweigerlich die frage, was raubt mir eigentlich diese lebensgrundlage. geht man nun schritt für schritt weiter, bekommt man einen blick für die inzwischen gesellschaftlich verordneten korsetts, denen schwer zu entgehen ist. hodgkinson stellt sich ihnen in seinem buch und versucht sich in einem alternativen leben. das ist nichts neues, „downshifting“, „entschleunigung“ und dergleichen mehr sind schon länger angesagt.

doch hodgkinson geht noch weiter. er schaut genau hin, welche lebenskonzepte ihn beständig einschränken, eigentlich dem zu folgen, was ihm spaß macht und für ihn lebensqualität ausmacht. er findet viele dinge. angefangen bei staatlichen verordnungen, banken und krediten, arbeitsverhältnissen, nahrungsmitteln bis zu schuldbewusstsein und erziehungskonzepten. er versucht sich dagegen zu wehren und wirft bei den schilderungen alternativer möglichkeiten immer einen blick zurück, meist ins mittelalter. denn dort haben seiner ansicht nach und der nach der meinung etlicher historiker, viel entspanntere lebensvorstellungen geherrscht. erst mit dem aufkommen puritanistischer, religiös unterfütterter vorstellungen, legte sich der mensch immer mehr korsetts an.

letztendlich landet der autor bei einem anarchischen lebensprinzip, das möglichst viel freiheit verwirklichen soll, das zwar manche einschränkung fordert dafür aber emotionalen reichtum bietet. teilweise klingt das leichter geschrieben als getan, aber der logik des buches kann man sich schwer entziehen. das buch bedient die vorstellung, dass es ja so nicht für immer weitergehen kann. es bietet anregungen, sich der fremdbestimmung stück für stück zu entziehen, kooperativere und solidarischere lebenskonzepte wieder zu verwirklichen und vor allen dingen wieder mehr spaß zu haben. das buch liest sich flüssig und angenehm und regt auf alle fälle zum weiterdenken an, wenn nicht zum umkrempeln des eigenen lebens. und man kann sich nach der lektüre sicher sein, man ist nicht allein mit dem wunsch nach mehr selbstverfügung über die lebensbedingungen. lesenswert.

das buch ist bei heyne 2009 als taschenbuch in münchen und als hardcover bei rogner & bernhard 2007 in berlin erschienen. ISBN 978-3-453-63004-8 (taschenbuch)

selbstbefragung (55) – anarchie

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um „anarchie„.

  • gibt oder gab es lebenssituationen, in denen sie alle regeln ihres lebens über den haufen geworfen haben? beschreiben sie.
  • wie wichtig sind ihnen gesellschaftliche regeln? warum?
  • was halten sie von robin hood oder anderen „rächern der enterbten“?
  • welche gesellschaftlichen konventionen nerven sie am meisten?
  • welche gesellschaftliche konventionen sollte ihrer meinung nach eingeführt werden?
  • wozu würde ihrer ansicht nach gesetzeslosigkeit führen? begründen sie.
  • finden sie unsere gesetze gerecht?
  • erlauben sie sich anarchische gedanken oder fällt es ihnen schwer? warum?
  • wie weit fühlen sie sich am erstellen gesellschaftlicher regeln beteiligt?
  • wie wichtig ist es ihnen, in ihrem leben mutig zu sein?

die freiheit des bloggers

manchmal kommt man erst so richtig auf den geschmack des bloggens, wenn man feststellt, dass man im gegensatz zu vielen anderen dingen im leben die erfahrung macht, dass einem niemand reinredet in den eigenen ablauf. ja, man kann sogar für sich entscheiden, wann man was macht. und so bleibt es die große freiheit eines bloggers, zu entscheiden, „die woche des kreativen schreibens“ einfach zu verlängern, da alle ideen noch nicht veröffentlicht sind und manche ereignisse die geplante regelmäßigkeit durchkreuzen. also, langer satz, kurzer sinn: aus der woche des kreativen schreibens in diesem blog werden einfach zwei wochen des kreativen schreiben, um den blick auf die kreativität und auf die umsetzungsideen noch gerichtet zu lassen.

womit verhindert man kreativität?

ganz einfach: man geht davon aus, keine zu besitzen, nicht kreativ sein zu können. aber, wie kommt ein mensch zu dieser auffassung. es gibt da wahrscheinlich zwei gegensätzliche wirkmechanismen.

der erste und sicherlich bekanntere ist eine übertriebene ernsthaftigkeit. das fängt mich der kleinigkeit an, dass eltern meinen ihr kind müsse so aufgeklärt und gelehrt sein, dass es sich nicht in fantasien und ideen verstricken kann. dies sind die kinder, die schon wie kleine erwachsene wirken. dabei greifen eltern den wunsch der kinder auf, wie ihre eltern zu sein und überhäufen sie mit wissen und verantwortung. diese ernsthaftigkeit zieht sich weiter durch das leben der menschen: es wird nicht mehr gespielt, es wird gelernt. es wirkt jeder emotionale ausdruck, jeder kontrollverlust sehr bedrohlich. es wird vermittelt, dass jede anstrengung, jede leistung noch nicht genug ist, sondern noch besser sein könne.
dieses wirkungen der umwelt lösen bei den menschen meist aus, dass sie sich nicht genug anstrengen, dass sie das noch besser machen können. in solchen momenten besteht kein „spielraum“ für kreatives, würde es doch vermitteln, dass man aus sich etwas schöpft, das genügt. aber es genügt eben nicht. dieses geringe selbstwertgefühl passt wunderbar zu einem grenzenlosen leistungsprinzip. die entdeckung des kreativen wäre widerstand gegen die gelernten strukturen.

doch es gibt noch eine andere möglichkeit, kreative bestrebungen von anfang an zu ersticken. es handelt sich bei der zweiten vorgehensweise beinahe um das gegenteil der eben geschilderten. kritiklose begeisterung bei allem was kinder machen, machen die kleinen eher zu tyrannen, denn zu kreativen. lernen und entwicklung gehen einher mit einschränkungen und begrenzungen. in einer grenzenlosen umwelt, die mir alles ermöglicht und jede meiner äußerungen bejaht, muss ich keine kraft entwickeln etwas zu überwinden. mein dasein scheint einzig richtig zu sein. doch erst grenzen lassen mich alternativen denken, veranlassen mich nach kreativen auswegmöglichkeiten zu suchen.
nun bedeutet dies aber nicht, dass erst die richtige härte, strenge und einschränkung in meiner entwicklung zu kreativen ausdrücken führt. Weiterlesen

„das ende der liebe“ von sven hillenkamp – ein buchtipp

der untertitel des buches gibt einen hinweis auf die problematik, die der text von sven hillenkamp aufgreift. „das ende der liebe – gefühle im zeitalter unendlicher freiheit„. unendlich bedeutet, ich habe alle möglichkeiten, die ich mir nur vorstellen kann. die schwierigkeit für den menschen besteht darin, dass dies einen verlust von kontrolle oder halt bedeuten kann. natürlich wünschen wir uns alle die freiheit. die freiheit über jede lebenssituation verfügen und daraufhin entscheiden zu können.

aber gleichzeitig kann es uns immer schwerer fallen, wählen zu können. für was entscheide ich mich denn, wenn ich ein unendliches angebot vor mir habe. abgesehen von der tatsache, dass es wirkliche freiheit in den heutigen gesellschaften nicht gibt, etwas, das auch hillenkamp sieht, gaukeln aber vor allen dingen die digitalen medien, gaukelt die digitale revolution vor, einen ganz neuen freiheitsgrad auch im sozialen kontakt zu erleben. man sehe sich nur die portale der partnersuche und sexuellen kontakte an. die auswahl an potentiellen partnerInnen ist unüberschaubar. es wird versucht durch suchkriterien die möglichkeiten einzuschränken. na ja, und was suchen wir dann? den idealen menschen, das perfekte, das, was wir schon immer wollten.

ab diesem moment entsteht für uns eine vorstellung von einem menschen, der all unsere sehnsüchte und bedürfnisse stillt, mit dem der sex einmalig ist, der zu keinen komplikationen und schwierigkeiten führt, bei dem wir keine angst haben müssen, dass er uns einmal verlassen könnte. doch genau diese gefahr nimmt eigentlich zu. denn das wissen um eine beinahe unendliches angebot an potentiellen partnerInnen, lässt uns ahnen, dass es noch eine passendere person geben könnte. gleichzeitig sind wir bemüht, perfekt für die interessentInnen zu wirken, die auf uns zukommen. wohl wissend, dass es jemand besseren als uns geben könnte. laut hillenkamp kann in diesem moment die vorgegaukelte freiheit und unendlichkeit in einen terror der wahlmöglichkeiten umschlagen.

ein spannendes gedankenspiel auf die soziale interaktion von menschen angewendet. das buch beleuchtet die schwierigkeiten der kommunikation, die ausdifferenzierung der szenen und vorstellungen, eben damit auch das ende der liebe, die ein soziales konstrukt ist und wahrscheinlich von einem anderen ersetzt werden wird. schon der stil des buches bindet einen, da eine klare, „laute“ und provozierende sprache zum nachdenken und inneren diskurs anregt. mancher gedanke erschreckt und zertrümmert die romantisierenden träume. ein buch, das ernüchtern kann, gleichzeitig aber aufschreckt und den widerstand in einem herausfordert. wirklich lesenswert, da selten die digitalisierung des zusammenlebens so schonungslos seziert wird. das buch ist 2009 bei klett-cotta erschienen. ISBN 978-3-608-94608-6

kreatives schreiben und unausweichlichkeit

je mehr literatur zu den schreibanlässen und zum schreibverhalten von schriftstellerInnen auftaucht, um so häufiger lässt sich feststellen, dass es im leben der menschen einen moment gibt, in dem sie gar nicht mehr anders können. das kreative schreiben kann in diesem zusammenhang für manche ein einstieg sein.

wichtig scheint, dass sich solch ein bedürfnis nicht planen lässt. eher das gegenteil ist der fall. manche menschen träumen davon einmal ein großer schriftsteller, eine große schriftstellerin werden zu wollen. doch sie stellen fest, dass sie nach vielen anstrengungen und bemühungen, büchern und schreibgruppen, den nächsten schritt zur bekanntheit nicht schaffen. und dann gibt es die anderen, die schon immer mal ganz gern geschrieben haben, aber selten ambitionen hatten, anderen ihre texte zu unterbreiten. sie haben für sich geschrieben, da es wieder und wieder ein inneres bedürfnis war.

irgendwann platzt der knoten. irgendwann sitzen sie an einem text, an gedichten oder an romanen und können nicht anders. viele freie minuten werden dann schreibend verbracht. sie empfinden das schreiben in diesem moment nicht als arbeit, sondern als befriedigung. es zieht sie mit, es gibt ihnen das, was sie schon lang für sich gesucht haben, aber nicht benennen konnten.

und das kreative schreiben kann solch ein auslöser sein, der den knoten platzen lässt. Weiterlesen

kreatives schreiben und gelesenes

 

macht man sich daran, texte zu verfassen, sollte man sich nicht zu sehr selbst beschränken. indem man sich sagt, man möchte nicht mit vorbildern arbeiten, sondern ganz eigene und individuelle texte verfassen. alle menschen orientieren sich beim schreiben an dingen, die sie im vorfeld gelesen haben.

so kann es hilfreicher sein, sich einmal ganz und gar den werken zuzuwenden, die einem wirklich etwas bedeutet haben. in einer schreibgruppe ließe sich zum beispiel über die lieblingsbücher der teilnehmerInnen austauschen. welcher stil gefällt einem am besten? welchen stil würde man gern selber können? es gibt vielfältige möglichkeiten, den austausch anzuregen. die zeitschrift „literaturen“ hat zum beispiel die rubrik, autorInnen beschreiben zu lassen, was sie gerade lesen. was lesen sie denn momentan? bringt es sie auf ideen, ändert sich dadurch ihr stil ein wenig?

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social software und nutzungsbestimmungen

 

da, wie im vorigen post berichtet, bei der social software die gefahr größer ist, dass kommunikation aus dem ruder laufen kann, versuchen die anbieter von plattformen dieser software, durch ihre nutzungsbestimmungen, missverständnissen und übergriffigkeiten vorzubauen. wenn man sich diese bestimmungen genauer betrachtet, handelt es sich dabei inzwischen um moralkataloge, die der freiheit des webs extrem widersprechen.

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