was für ein hoher anspruch im titel des buches. „frei sein“, eine wendung, die jeder mensch woanders verorten würde. doch es gibt gemeinsamkeiten, die wir in den industrieländern wahrscheinlich teilen, die uns daran hindern, sich frei zu fühlen. ein beispiel ist in den letzten posts angesprochen worden, die zeitknappheit unter der viele leiden. hodgkinson hatte sich in seinem buch „anleitung zum müßiggang“, das hier auch schon vorgestellt wurde, diesem thema gewidmet.
das neue buch von tom hodgkinson, „die kunst, frei zu sein – handbuch für ein schönes leben„, ist die konsequente fortsetzung des vorherigen buches. wenn ich einmal anfange festzustellen, dass mir ständig zeit gestohlen wird, stellt sich unweigerlich die frage, was raubt mir eigentlich diese lebensgrundlage. geht man nun schritt für schritt weiter, bekommt man einen blick für die inzwischen gesellschaftlich verordneten korsetts, denen schwer zu entgehen ist. hodgkinson stellt sich ihnen in seinem buch und versucht sich in einem alternativen leben. das ist nichts neues, „downshifting“, „entschleunigung“ und dergleichen mehr sind schon länger angesagt.
doch hodgkinson geht noch weiter. er schaut genau hin, welche lebenskonzepte ihn beständig einschränken, eigentlich dem zu folgen, was ihm spaß macht und für ihn lebensqualität ausmacht. er findet viele dinge. angefangen bei staatlichen verordnungen, banken und krediten, arbeitsverhältnissen, nahrungsmitteln bis zu schuldbewusstsein und erziehungskonzepten. er versucht sich dagegen zu wehren und wirft bei den schilderungen alternativer möglichkeiten immer einen blick zurück, meist ins mittelalter. denn dort haben seiner ansicht nach und der nach der meinung etlicher historiker, viel entspanntere lebensvorstellungen geherrscht. erst mit dem aufkommen puritanistischer, religiös unterfütterter vorstellungen, legte sich der mensch immer mehr korsetts an.
letztendlich landet der autor bei einem anarchischen lebensprinzip, das möglichst viel freiheit verwirklichen soll, das zwar manche einschränkung fordert dafür aber emotionalen reichtum bietet. teilweise klingt das leichter geschrieben als getan, aber der logik des buches kann man sich schwer entziehen. das buch bedient die vorstellung, dass es ja so nicht für immer weitergehen kann. es bietet anregungen, sich der fremdbestimmung stück für stück zu entziehen, kooperativere und solidarischere lebenskonzepte wieder zu verwirklichen und vor allen dingen wieder mehr spaß zu haben. das buch liest sich flüssig und angenehm und regt auf alle fälle zum weiterdenken an, wenn nicht zum umkrempeln des eigenen lebens. und man kann sich nach der lektüre sicher sein, man ist nicht allein mit dem wunsch nach mehr selbstverfügung über die lebensbedingungen. lesenswert.
das buch ist bei heyne 2009 als taschenbuch in münchen und als hardcover bei rogner & bernhard 2007 in berlin erschienen. ISBN 978-3-453-63004-8 (taschenbuch)
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