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schreibidee (384)

manches taschenbuch umfasst textlich ungefähr 160 seiten und bietet einen großen lesegenuss. manche überregionale tageszeitung kommt täglich beinahe auf ähnliche textmengen und kann nie vollständig durchgelesen sondern nur selektiv wahrgenommen werden. da befindet sich jeden morgen ein neues taschenbuch im briefkasten. was für ein ausmaß an information. aber auch ein großes ausmaß an anregungen. darum eine schreibanregung zu „tageszeitungstexten“.

die vorgehensweise in der schreibgruppe wird dieses mal umgekehrt: nicht die gruppenleitung entwickelt im vorfeld die jeweiligen schreibanregungen, sondern die teilnehmerInnen gestalten ihre schreibideen selber. grundlage dafür ist die ausgabe einer überregionalen tageszeitung. alle teilnehmerInnen bekommen ein aktuelles exemplar der zeitung. dann werden sie eingeladen, die zeitung durchzugehen und sich zu überlegen, welche schreibanregungen man aus der vorliegenden zeitung entwicklen kann.

nach einer gewissen zeit stellen die schreibgruppenteilnehmerInnen ihre schreibideen vor. nun werden die ideen gesammelt, kurz diskutiert oder noch ein wenig verändert und erweitert, wenn sie sich ähneln, um im anschluss abzustimmen, welche idee man in der gruppe umsetzen möchte. wenn die texte geschrieben und vorgelesen sind, dann gibt es dieses mal eine feedbackrunde nicht zum entstandenen text sondern zur schreibidee: wie gut hat sie funktioniert, was könnte man noch anders machen und in welchen zusammenhängen lässt sie sich anwenden? im laufe des gruppentreffens entsteht so eine kleine sammlung von schreibanregungen, die auch bei weiteren schreibgruppentreffen noch umgesetzt werden können.

sollte es den teilnehmerInnen erst einmal schwer fallen, eigene schreibanregungen zu entwickeln (obwohl dies selten der fall ist), kann die schreibgruppenleitung ein paar anregungen geben: man kann den eigenen alltag in eine zeitungsmeldung verwandeln (oder nur in artikelüberschriften). man kann die geschichte hinter kurzmeldungen schreiben. man kann die todesanzeigen nutzen, um ein leben aufzuzeichnen. man kann seine zukunft in eine wettervorhersage packen. man kann aufgrund einer bekanntschaftsanzeige die folgenden kontakte in geschichten packen. man kann berufe erfinden und dafür stellenanzeigen formulieren. man kann einen kommentar über ein alltägliches ereignis verfassen. man kann eine textbesprechung für die zeitung zu einem eben geschriebenen text verfassen. man kann ausgehend von einer buchbesprechung, den anfang des buches selbst schreiben. man kann diverse collagetechniken anwenden. man kann absurde leserbriefe verfassen. man kann börsennachrichten zum eigenen geldbeutel verfassen … oder man erstellt eine ganz eigene zeitung für den morgigen tag und versendet sie an freunde und bekannte. eine ausgabe, in die gleich die schreibanregungen integriert sind.

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schreibidee (370)

dieses mal lasse ich all meine guten vorsätze sausen, schiebe ethische und moralische bedenken beiseite und empfehle ein schreiben, das alle vorurteile erlaubt, das jegliche spekulation einlädt, sich zu offenbaren. es darf auf teufel komm raus gedeutet und spekuliert werden. vielleicht entsteht ja ein fünkchen realität oder auch nur der spaß am schubladen entwerfen und füllen. darum eine schreibanregung zu „deut-lichen ge-schicht-en“.

man nehme als erstes ein gedicht von paul celan. die garantie, sperriges, metaphorisches und teils unergründliches zu lesen, ist gegeben. somit ist den gruppenteilnehmerInnen viel spielraum gegeben, sich im deuten auszuprobieren. zu dem gedicht werden jeweils zwei kurze deutungen geschrieben: zum einen eine deutung des gedichts (maximal zwei seiten), zum anderen eine deutung des autors (maximal zwei seiten). also: was meint das gedicht? wie der autor so? – so schlicht lässt sich die übung fassen. anschließend werden die ergebnisse nacheinander vorgetragen und zum abschluss über die verschiedenen deutungen diskutiert.

kennt sich die schreibgruppe gut und sind alle damit einverstanden, können gegenseitig texte zur deutung zur verfügung gestellt werden. sollte man lieber vorsicht walten lassen, empfiehlt es sich, dass die schreibgruppenleitung einen kürzeren literarischen text auswählt, den autor und die autorin vorstellt und alle schreibgruppenteilnehmerInnen dazu auffordert, anhand des textes ausführliche deutungen über die intention des autors, der autorin zu formulieren (etwas, das in einem sinnvollen text-feedback eigentlich nichts verloren hat). es dürfen rückschlüsse auf die person gezogen werden. die deutungen werden vorgelesen, es findet keine feedbackrunde statt. die aufgabe kann noch um deutungen von fotografien, gemälden oder skulpturen erweitert werden.

zum abschluss wird eine längere geschichte oder ein dialog geschrieben, in denen die deutung einer anderen person ein wichtiger bestandteil ist. wie dies umgesetzt wird, bleibt den schreibenden überlassen. es können sich zum beispiel die autorInnen in den text einschalten, es können therapeutische sitzungen nachvollzogen werden, es kann ein psychogramm erstellt werden oder es können beziehungskonflikte, die oft in deutungen münden, notiert werden. der spielraum ist groß – er darf ausgeschöpft werden. anschließend werden die texte vorgetragen und es findet eine ausführliche feedbackrunde statt (möglichst ohne deutungen).