Schlagwort-Archive: hören

web 2.93 – memoryloops.net

so kann man biografische erinnerungen auch aufarbeiten: man kann sie aufnehmen, verorten (auf einen stadtplan projizieren) und allen für das handy oder den computer zur verfügung stellen. so können menschen, die die orte besuchen die erinnerungen von menschen, die früher dort lebten abrufen und sich anhören. teilweise sind erinnerungen miteinander verknüpft, andere stehen für sich allein. und wer die biografischen erinnerungen öfter hören möchte, der kann sie auch als mp3-datei herunterladen.

diese sammlung von lebensgeschichten auf dem münchner stadtplan sind wider das vergessen des dritten reiches und des nationalsozialismus. geschichten von zeitzeugen mit lokalem bezug bietet „memoryloops.net„. hier in berlin gibt es in schöneberg an etlichen orten schilder, die auf die ereignisse während des dritten reiches vor ort hinweisen. doch das web 2.0 bietet mehr nähe zum ort und zum geschehen. und es macht den abruf der informationen mit dem smartphone vor ort möglich.

anders formuliert: man mache sich ein hörbares bild von der vergangenheit vor ort. dafür bekam das angebot im internet die grimme online award vor ein paar tagen. berechtigterweise. und man wünscht sich solche erinnerungen und zeitzeugenberichte für viele städte in deutschland. damit die erinnerungen nicht verloren gehen und so weit weg scheinen. zu finden ist das angebot unter: http://www.memoryloops.net .

und in der folge sind sich solche verknüpfungen von biografischen erinnerungen mit orten noch zu anderen ereignissen vorstellbar.

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web 2.91 – einfach für alle

das internet mit seinen immer raffinierteren layouts, mit seinen content management systems, mit den diashows und den gallerien, mit den farb- und animationsorgien, dieses internet ist selten barrierefrei. soll heissen, es ist schwer zu lesen mit sehbeeinträchtigungen, die filme bei youtube haben meist keine untertitelung bei hörbeeinträchtigung, farbenblindheit lässt etliche seiten unsichtbar werden und der aufbau der seiten macht ein gehörgesteuertes surfen kompliziert und unübersichtlich. auf der anderen seite sind barrierefreie seiten im grafikdesign schlichter und weniger animiert. hier einen mittelweg zu finden, ist für menschen ohne programmierkenntnisse kompliziert.

aber man kann sich ja mal kundig machen, was es an hilfreichen tipps und informationen gibt. denn manche grundregeln lassen sich leicht umsetzen und helfen anderen menschen, auch an der digitalen welt ungestört teilhaben zu können. die „aktion mensch“ betreibt eine aufschlussreiche und informative homepage, auf der sich viele tipps befinden, um das internet barrierefreier zu machen: „einfach für alle“. aber wie schon geschrieben, bei vielen hinweisen muss man sich in die tiefen der programmierung einer seiter, der bearbeitung eines textes begeben. doch manchmal sind es auch die einfachen kleinen dinge, wie zum beispiel eine klare beschriftung der verwendeten bilder oder die verwendung von überschriften-formaten, die das surfen den anderen erleichtert.

probieren sie doch einmal die bedienungshilfen ihres computers aus und lassen sie sich ihre eigene homepage oder ihren pdf-text vorlesen. sie werden schnell feststellen, wo die darstellung hängt. ob sie das von sich aus ändern können, hängt von ihren kenntnissen ab, doch ein blick auf die seite von aktion mensch kann eventuell manche einfache änderung, die man bis dahin nicht bedachte, anregen. außerdem gibt es homepages, die ihre eigene webseite analysieren, wie weit deren erscheinung barrierefrei ist. und ein kompromiss zwischen technischem schnickschnack und barrierefreier erscheinung ist auch schon ein schritt. bei flash, javascript und formularen wird es teilweise erst einmal schwer bleiben. doch schritt für schritt könnte das netz verständlicher werden. die webseite der aktion mensch ist unter http://www.einfach-fuer-alle.de/ zu finden.

wie man den spass am schreiben abgewöhnt (06)

holde hörbücher

die digitalisierung der welt macht es möglich, bücher und ganze literarische werke auf relativ wenig speicherplatz akustisch festzuhalten. nicht die digitale speicherung der schriftzeichen, sondern die speicherung der laute des vorgelesenen soll uns literatur näher bringen. da das lesen meist von schauspielerInnen oder den autorInnen selber vorgenommen wird, unterwerfen wir uns beim hören von hörbüchern dem rhythmus und der betonung der anderen.

so praktisch das hörbuch sein mag (kann man doch während einer autofahrt oder im öffentlichen nahverkehr ungestört literatur konsumieren), es unterscheidet sich im eindruck stark vom eigenen leseprozess. daraus ergibt sich ein vor- und ein nachteil: sollten wir uns dem schreiben widmen, bekommen wir eventuell ein gespür für einen angenehmen sprachrhythmus, da wir ihn im hörbuch öfter gehört haben. auf der anderen seite wird uns das lesen, die wahrnehmung von schrift und buchstaben immer fremder.

wenn wir sätze und geschichten nur noch hören, dann verwandelt sich die rolle von geschriebenem in einen konsumartikel. der leseprozess geht aber einen schritt weiter – wir bestimmen die geschwindigkeit, in der wir lesen. wir bestimmen die verarbeitung des gelesenen viel direkter während des leseprozesses. natürlich können wir auch ein hörbuch zwischendurch abschalten und uns gedanken über das gehörte machen, aber beim lesen, halten wir kurz inne, überlegen etwas und machen dann weiter.

das hörbuch kommt dem fernsehen nahe, es verwandelt uns in einen literaturkonsumenten, der seine passivität im gegensatz zum lesen erhöht. lesen, so seltsam es scheinen mag, ist ein aktiver prozess und geht mit vielen anderen verhaltensweisen einher. dies hat garantiert auswirkungen auf die lust am schreiben. sich aus einer passiven beschäftigung zu lösen und zu einer aktiven überzugehen fällt uns schwerer, als aus einem aktiven prozess in einen anderen aktiven prozess zu switchen.

schaut man es sich genau an, kann man beim lesen zum beispiel notizen an den rand des buches machen, eigene gedanken und ideen parallel notieren. haben sie schon einmal jemandem mit einem hörbuch gesehen, der ähnliches macht? in einem buch markiere oder unterstreiche ich nur, bei einem hörbuch ist das nicht möglich. doch der prozess des notierens und unterstreichens kann eine effektive vorstufe des eigentlichen schreibens sein. wenige menschen diktieren ihre texte in den computer – obwohl dies auch eine schreibmöglichkeit ist. aber hörbuch hören und gleichzeitig notizen diktieren ist technisch nicht so leicht umsetzbar.

ich glaube nicht, dass hörbücher automatisch die lust am schreiben nehmen. ich glaube aber, dass die verlagerung auf die passive seite, den einstieg in die aktive seite des schreibens erschweren. vielleicht sollte man sich seine bücher selber laut vorlesen und dies aufnehmen, um sie auf einem noch ganz anderen weg wahrzunehmen.

web 2.83 – tweetscapes.de

wie kann man die funktion des web 2.0 eigentlich veranschaulichen? da gibt es die schönen bunten verbindungsbilder entlang der verschiedenen sendewege des internet. und es gibt statistische schaubilder und kurven, die die stete zunahme der nutzung des internet zeigen. und es gibt die zähler der wörter, der buchstaben, der besucher oder der klicks in blogs und auf homepages. oder man klickt sich einfach nur durch die vielen, vielen seiten, tweets, fotos und dergleichen mehr.

aber nun gibt es eine darstellung, zumindest der tweets, die in deutschland teilweise abgesetzt werden in bild und ton. es ist ein experiment, ein multimediales klang-experiment. es nennt sich „tweetscapes„. auf einer deutschlandkarte leuchten die tweets auf, teils mit den „schlagworten“ (hashtags), teils ohne, aber immer mit einem ton. dieses experiment, an dem zum beispiel die universität der künste aus berlin und das deutschlandradio kultur beteiligt sind, zeigt was und in welcher frequenz getwittert wird.

dabei kann man eines feststellen: unglaublich, wie viel geschrieben, versendet und kommuniziert wird. spannend, über was kommuniziert wird. also, einfach mal reinschauen und vielleicht neues oder interessantes entdecken (habe gerade den namen „heveling“ immer wieder gesehen und danach gesucht, was es damit auf sich hat), vielleicht entsteht ja eine geschichte daraus oder ein tweet.

zu finden ist die seite unter http://tweetscapes.de .

schnickschnack (111)

nicht nur die schreibpädagogik ist eine meiner professionen, sondern auch die psychologie. und in der psychologie schlug mein herz schon immer für die kritische psychologie. eine psychologie, die den menschen, das einzelne subjekt, in den vordergrund stellt, die gesellschaftstheoretische analysen heranzieht, da die gesellschaftlichen zustände untrennbar mit dem leben des einzelnen verknüpft sind. eine psychologie, die sich gegen heilsversprechen und psychologische deutungen, ja die psychologisierung der gesellschaft wehrt.

entstanden ist die kritische psychologie aus den überlegungen der studierenden in den 60er jahren. sie ist ein produkt aus der bewegung „zerschlagt die psychologie“, eine profession, die als herrschaftswissenschaft verstanden werden kann. die kritische psychologie versucht dabei den goldenen mittelweg, also den versuch, kritisch an die eigene profession mit all ihren forschungsmethoden heranzugehen. und das buch, das viele der hier genannten überlegungen in sich vereint ist die „grundlegung der psychologie“ von klaus holzkamp.

das buch beginnt, salopp geschrieben bei adam und eva, also der menschwerdung, um daraus später schlüsse für die strebungen und verhaltensweisen des menschen zu ziehen. und nun gibt es die vorlesungsreihe klaus holzkamps zum buch auf youtube zu hören. die erste folge ist online. mein tipp, unbedingt reinhören (dabei sollte man die organisatorischen fragestellungen zu beginn der veranstaltung den universitären abläufen zurechnen).

zu finden ist die vorlesung unter: http://www.youtube.com/watch?v=DY6Geea_qa4 .

selbstbefragung (136) – singen

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um das “singen“.

  • singen sie gern? warum?
  • was würden sie gern singen können?
  • was können sie singen?
  • was lassen sie gern professionelle singen?
  • ab wann schmerzt sie gesang? beschreiben sie.
  • mögen sie chorgesang? warum?
  • ihre lieblingssängerinnen?
  • ihre lieblingssänger?
  • wessen stimme können sie überhaupt nicht singen hören?
  • mit wem möchten sie gern gemeinsam singen?

hier können sie weitere 1000 fragen als pdf-datei runterladen.

schnickschnack (108) – „bla bla“

interaktive animationen sind manchmal gruselig überladen, so wie zur zeit manche adventskalender im web (anscheinend hat inzwischen jede firma einen adventskalender mit preisen). andere animationen kommen ganz schlicht daher und machen, zumindest mir, viel spaß. eine solche gibt es aus kanada. den link habe ich in der zeitschrift „lürzer´s archiv“ gefunden, die versucht „gute werbung“ zu bündeln.

doch die animation „bla bla“ von vincent morisset ist keine werbung, sondern nur eine geschichte über die kommunikation der menschen. einfach mal reinschauen und sich wie wild durch das bild klicken. auf die figuren, auf die kugeln oder einfach nur in der landschaft rumklicken und sich überraschen lassen, was passiert. der ton sollte an sein. viel spaß damit.

http://blabla.nfb.ca/#/blabla/de

schnickschnack (97)

erwähnung des eigenen blogs in einem anderen blog freut einen meist. und manchmal freut es einen noch ein wenig mehr. wenn man das gefühl hat, dass die arbeit, die man in den eigenen blog steckt, teilweise exakt auch die erreicht, die man erreichen möchte (also natürlich nicht ausschließlich und exklusiv, dann würde man keinen blog bespielen). aber wenn dieser blog hier mit seinen 300 schreibideen auf einem blog über die aktivitäten zum thema „deutsch für ausländer“ erwähnt und empfohlen wird, dann gefällt das.

und http://landeskunde.wordpress.com setzt sich mit internetangeboten und -entwicklungen in der vermittlung der sprache auseinander. schon fand sich ein hübscher link zur deutschen welle, der das „alltagsdeutsch“ aus einheimischer sicht in sendebeiträgen erklärt. das ist nicht nur für menschen aus anderen ländern, die die deutsche sprache lernen wollen ganz interessant. auch als einheimischer kann man sich noch einmal zu weiteren spracherkundungen anregen lassen. und doch fällt die auswahl der deutschen welle auf. es handelt sich wohl um den versuch, die eigenheiten dieses landes mit einem sprachkurs für fortgeschrittene zu verknüpfen.

nur, es scheint, wie wenn jemand bei vielen beiträgen ins klischeetöpfchen tief hineingegriffen hat. da gibt es beiträge zur steuerberatung, zum stau, zu schrebergärten, zur zünftigen handwerkssprache, zum spreewald, zum besuch am rhein oder zur verwaltungssprache und dergleichen mehr. aha denkt man sich, manches davon sollten fremdsprachlerInnen schon kennen, doch irgendwie fehlt einem dann doch sehr viel. ob dies nun die geschichte ist (doch der neandertaler taucht auf …) oder kunst, kultur, literatur und dergleichen mehr. erstaunlich, was man so unter alltag verstehen kann. wer spricht denn bei uns die „zünftige handwerkssprache“ und wer scheitert nicht irgendwann an der „verwaltungssprache“? aber doch, einfach mal reinlesen oder reinhören und eigene mp3-dateien zu den wörtern und der sprache verfassen, die man selber im alltag verwendet. hier geht´s lang: http://www.dw-world.de/dw/0,,9214,00.html?maca=de-DKpodcast_alltagsdeutsch_de-2283-xml-mrss

schreibidee (272)

eines der interessantesten sinnesorgane ist das ohr. was auge und nase zwar auch schaffen, aber manchmal nicht ganz so gut, das kann das ohr perfekt: geräusche ignorieren. also es ist ja eigentlich nicht das ohr, das dazu fähig ist, sondern das gehirn. wir überhören aber viele dinge, die wir nicht hören wollen oder die hintergrund vor sich hinplätschern. aber wir können uns ebenso sehr bewusst auf bestimmte geräusche konzentrieren und fein herausfiltern. achtet man einmal darauf, dann stellt man fest, wie vielfältig die geräusche sind, die uns umgeben. darum eine anregung zu „geräusch-geschichten„.

alle schreibgruppenteilnehmerInnen werden aufgefordert, ein geräusch mitzubringen. die geräusche werden der reihe nach vorgestellt (ruhig mehrmals) und es werden von allen schreibenden assoziationen, die sie mit dem geräusch verbinden notiert. dann wählen sich alle jeweils ein geräusch aus und schreiben ein elfchen dazu. die elfchen werden kurz vorgetragen.

anschließend wird geräuscheraten gespielt. die schreibgruppenleitung spielt verschiedene aufgenommene geräusche aus dem alltag vor und die teilnehmerInnen raten, um welches geräusch es sich handeln könnte. außerdem werden wieder assoziationen zu den geräuschen notiert. zum schluss wählen die schreibenden ihr jeweiliges lieblingsgeräusch aus und schreiben eine kurze geschichte dazu. dabei kann das geräusch natürlich auch umdefiniert werden. das bedeutet, es kann etwas anderes darstellen, als es in der realität ist (wie man es von geräuschemachern bei filmen gewöhnt ist). die geschichten werden in der schreibgruppe vorgetragen.

nun ist es an der zeit, längere geschichten zu schreiben. dazu sollen sich die schreibgruppenteilnehmerInnen eines von zwei szenarien vorstellen. entweder jemanden, der geräuschen nicht ausblenden kann oder jemand, der in sich in absoluter stille befindet. wie ist dies passiert? was für einen umgang finden die personen damit? oder überhaupt, wie fühlt es sich an? die geschichten werden anschließend vorgelesen und es gibt eine ausführliche feedbackrunde.

und zum schluss kann die schreibgruppe versuchen, drei minuten lang überhaupt keine geräusche zu machen und auf das zu achten, was um sie herum zu hören ist. das sollte nicht notiert werden, da dann zusätzliche geräusche entstehen. doch danach kann man sich über das gehörte austauschen.

liste (46) – musik

wer lust hat, kann sich diese seite ausdrucken und ausfüllen. ich schlage listen vor, die einem vielleicht einen überblick zu verschiedenen themen der eigenen lebensgeschichte geben können. dieses mal geht es um „musik„.

meine fünf lieblingsmusikstücke:

diese musikrichtungen gefallen mir am besten:

diese musikinterpreten mag ich am meisten:

diese musik gefällt mir überhaupt nicht:

dabei höre ich am liebsten musik:

storytelling

schlicht formuliert, werden geschichten erzählt. wir alle erzählen geschichten. wenn wir uns in kneipen, auf partys oder bei empfängen treffen, erzählen wir geschichten. immer wenn menschen ungezwungener kommunizieren und keine einseitige kommunikation stattfindet werden geschichten erzählt. bevor geschrieben wurde, wurden geschichten erzählt. heute werden auch schriftlich viele geschichten erzählt. so ist storytelling ein sehr weit zu fassender begriff, der mit verschiedenen bedeutungen belegt wird.

denn storytelling ist heutzutage auch eine methode. diese methode geht weit über die gute-nacht-geschichte hinaus, die kindern am bett erzählt wird. so wird wissen in geschichten verpackt, um durch das mentale hintertürchen die zuhörer zu erreichen. märchen und fabeln sind wahrscheinlich die berühmteste variante des lehrhaften (pädagogischen) geschichten erzählens. die geschichte bietet die möglichkeit von der realtität zu abstrahieren und einen „neuen“, „unwahrscheinlichen“ oder „alternativen“ weg einer problemlösung oder einer fragestellung aufzuweisen.

darum ist geschichtenerzählen (storytelling) inzwischen auch im therapeutischen, im pädagogischen und im wirtschaftlichen bereich angelangt. wenn man tatsachen in geschichten verpackt nimmt man ihnen die gewalt und scharfe realität, ohne die botschaft dabei zu verlieren. letztendlich kann das storytelling auch im kreativen und biografischen schreiben angewendet werden. packen sie zum beispiel ihr leben in ein märchen, suchen sie metaphern für die botschaften die sie vermitteln möchten. aber auch in den visuellen kreationen wie filmen und videos werden zuhauf geschichten erzählt, die nicht nur eine platte geschichte sind, sondern die gleichzeitig eine botschaft vermitteln.

so gibt es zum beispiel das angebot, mit hilfe von fotografien und einer schulung im storytelling, die eigene lebensgeschichte zu erzählen. Weiterlesen

schreibidee (248)

die welt lärmt, besser geschrieben, der mensch überzieht die welt mit einem teppich aus lärm. etliche untersuchungen zeigen, dass die lärmemissionen stetig zunehmen, und gleichzeitig die stressreaktionen der menschen, indem sie körperliche beschwerden bekommen, auch anwachsen. manch einer ist schon vollständig abgestumpft für die leisen töne. darum widmet sich diese schreibanregung den „leisen geschichten„.

je nach altersgruppe der teilnehmerInnen der schreibgruppe kann man einen unterschiedlichen einstieg in die thematik wählen.
bei jüngeren schreibenden kann das spiel „stille post“ gewählt werden. ein satz wird in der runde der reihe nach zugeflüstert. meist kommt am schluss ein ganz andere satz an, als am anfang der ersten person zugeflüstert wurde. die „stille post“ wird in der schreibgruppe erst einmal nicht aufgelöst, sondern alle schreiben zu dem satz, wie sie ihn verstanden haben eine geschichte, die nicht länger als eine seite ist. dann werden in der gleichen reihenfolge wie geflüstert wurde, die geschichten vorgelesen.
bei älteren teilnehmerInnen kann man einen wortbeitrag, entweder aus dem radio oder aus einem hörbuch, sehr leise abspielen, so dass es schwer ist, alles zu verstehen. anschließen schreiben die schreibgruppenteilnehmerInnen auch eine einseitige geschichte zu dem gehörten. diese geschichten werden ebenso vorgelesen.

im nächsten schritt werden wörter und redewendungen, ja eigenschaften für leise texte gesammelt. wodurch zeichnet sich eine geschichte aus, die leise daher kommt. so wirkt zum beispiel eine handlung, die sich langsam und stetig entwickelt, ruhig und leise. es sind die kleinen gesten und ereignisse, die den text schleichend fortführen. natürlich spielt auch die wortwahl eine rolle.

nachdem die kriterien aufgelistet wurden, schreiben alle teilnehmerInnen eine längere „leise geschichte“. diese geschichten werden anschließend in einer ruhigen atmosphäre (hier fördert zum beispiel kerzenlicht die ruhe) vorgetragen. in der feedbackrunde wird vor allen dingen darauf eingeganen, wie leise und eventuell beruhigend der text gewirkt hat.

zum abschluss werden dann noch flüstergedichte verfasst. es gibt keine weitere vorgabe, als die tatsache, dass das gedicht beim vortragen geflüstert werden muss. welche formulierungen und worte, diesen flüsterton vielleicht unterstreichen oder verstärken, bleibt die entscheidung der schreibenden. für einen ruhigen ausklang werden dann alle gedichte der reihe nach vorgeflüstert ohne folgende feedbackrunde.

Poetry Slam für die Wissenschaft

Das Slam Format macht längst auch in anderen Genres Schule. Längst hat die Wissenschaft den ursprünglichen Gedanken von Marc Kelly Smith aufgegriffen.

In Chicago der 80ér Jahre besuchte er Jazz- und Blues-Sessions genauso gerne und oft, wie Lesungen in Universitäten und Buchhandlungen. Während die Stimmung bei den Konzerten fantastisch war, blieben meist die Lesungen spröde und langweilig. Warum, so fragte er sich, „…konnte jemand etwas, was ihm offensichtlich wichtig erschien, derart schlecht vorbereitet vortragen, und dieses dann noch in einer derart sterilen Atmosphäre eines nüchternen weißen Raums mit Stuhlreihen von der selben Farbe, ohne Bar, ohne eine flairerzeugende Beleuchtung…“ In diesen Gedanken liegen die Wurzeln für die weltweite Entwicklung des Poetry Slam.

Wissenschaftler, die sich aus dem Elfenbeinturm der Universitäten heraus und auf das schnöde Volk außerhalb der „scientific cummunity“ zu bewegen, slammen auch. Das Publikum erfährt beispielsweise mehr über die mehrdimensionale Faltung von Molekülen, die indigene Kultur im Disney Film Pocahontas oder über das Phänomen schmutziger Toiletten unter soziologischen Gesichtspunkten und im internationalen Vergleich.

Wissenschaftler rocken die Bühne mit ihren Forschungsarbeiten. Dahinter steht das kreative wissenschaftliche Schreiben ansteckender, begeisterungsfähiger, schräger Vorträge. In der Bar, mit flairerzeugender Beleuchtung und ohne Stuhlreihen. Der Science Slam Berlin hat die Webpage www.scienceslam-berlin.de , Bewerbungen sind jederzeit möglich. Das Publikum kommt am 4. April 2011 wieder auf seine Kosten.

(von Sabine Samonig)

wortklauberei (49)

„du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“

jawoll ja, da stimmt man doch sofort zu und vermutet einen revolutionären aufruf dahinter. wie sonst sollte man die äußerung „du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“ verstehen. macht den mund auf, lasst euch nichts gefallen, schaut nicht weg, reiht euch ein! oder richtet sich der satz an eltern, die ihren kleinen kindern das sprechen beibringen sollten, anstatt sie mit süssigkeiten abzufüttern?

weit gefehlt. dieser satz prangt auf plakatwänden und wirbt für die handy-flatrate von vodafone. oh, wie treffend der aufruf erscheint. oder anders formuliert, es hätte des plakates gar nicht bedurft, um die menschen auf ihr rederecht aufmerksam zu machen. denn wer durch die straßen zieht, glaubt neben dem lärm der verbrennungsmotoren, nur noch geplapper zu hören.

auf dem bürgersteig, in der u-bahn, im buchladen, im zug, in der bäckerei, im kino, beim frisör, im discounter, in und vor den kneipen und natürlich in den wohnungen. die menschen schweigen schon lang nicht mehr. sie belabern sich gegenseitig mit vielen nichtigkeiten und seltsamerweise finden die wichtigen gespräche wohl nicht am handy statt. oder es finden überhaupt keine wichtigen gespräche mehr statt. doch das wäre eine unterstellung, die nicht glaubwürdig erscheint.

denn das soziale gefüge ist noch nicht aus den fugen geraten, also müssen sich die menschen auch noch über die existentiellen dinge des lebens verständigen. doch wenn man es richtig versteht, dann nicht im mobilen raum. das ist ein trost, der einen auffordert die plakatkampagne zu starten „du bist nicht auf der welt, um zu plappern“. wäre doch einmal etwas für den sozialen frieden 😆