Schlagwort-Archive: humor

„das hier ist wasser“ von david foster wallace – ein buchtipp

david foster wallace, ein genialer schriftsteller, der viel zu früh starb, hielt vor ein paar jahren eine rede zum collegeabschluss über das lernen, das denken und das leben. dabei zeigte er auf, was es heisst für das lebens zu lernen. vor allen dingen machte er die absolventInnen darauf aufmerksam, dass das lernen nach dem abschluss erst so richtig losgeht, wenn man die üblichen bahnen des alltags verlassen möchte. dieser text ist unter dem titel „das hier ist wasser – anstiftung zum denken“ als kleines büchlein erschienen und findet anscheinend reissenden absatz.

auf fünfundzwanzig großzügig bedruckten seiten schafft es wallace, die tragik des lebens, der wahrnehmung und des blickwinkels wunderbar darzustellen. andere kluge köpfe haben dies sicherlich schon viel differenzierter, durchdachter und drastischer formuliert. aber bei wallace blitzt ein schuss humor durch, der erst einmal unterhält und in zweiter linie die distanzierung von allen großen „wahrheiten“ untermauert. ein text der unzulänglichkeiten unserer sozialen konstruktionen entlarvt und dabei gleich eine alternative anbietet, die so einfach klingt und laut david foster wallace so anstrengend ist: die augen offen zu halten. nicht aufzuhören, den blickwinkel und die eigene position zu verändern, um auf eine große entdeckungsreise zu gehen.

ein text, der sich für jede lehranstalt und für jeden lernprozess eignet. ein text der gesellschaftskritik mit dem aufruf zur eigenen entscheidungsfreude vereint. das taschenbuch gibt den text zweisprachig wieder und kann somit auch im englisch-unterricht verwendet werden. er sei allen ans herz gelegt, die die meinung teilen, am leben lernen könnte ein abenteuer und gleichzeitig unglaublich nervig sein. das buch ist 2012 bei kiepenheuer & witsch in köln erschienen. ISBN 978-3-462-04418-8

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kreatives schreiben und klischee

klischees sind meist stereotype, die nicht mit ganz so geballter wucht daherkommen, wie die klassischen vorurteile. die grenzen sind jedoch verschwimmend und uneindeutig. so gehört es zum beispiel zu den klischees, wie sich bestimmte berufsgruppen verhalten oder wie sie auftreten. es gibt klischees über die geschlechter und ihr verhalten oder über regionale bevölkerungsgruppen (die bayern, die ostfriesen, …). klischees enthalten immer bewertungen und einordnungen.

schaut man sich literatur an, dann lebt sie entweder vom aufbrechen der klischees, indem sich protagonistInnen eben nicht so verhalten, wie es das klischee vermuten lässt oder indem das klischee überzeichnet wird und daraus eine humoreske oder satire entsteht. das kreative schreiben kann diese stilmittel aufgreifen und in texte einfliessen lassen.

man kann sich einmal vornehmen, die klischees auszureizen. als lebendes beispiel macht dies zum beispiel die politische tunte. die tunte ist die reaktion schwuler männer auf das klischee, keine richtigen männer zu sein, sondern eher weiblich (in negativer bezeichnung „weibisch“). also sagten sich manche männer, „wenn schon, denn schon“ – und überzeichneten die weibliche rolle, die ihnen angehaftet wurde. dies geschieht immer mit einem augenzwinkern, wohl wissend, dass sie auch nur die klischees gegenüber frauen aufgreifen und eben ausreizen. ähnlich kann man nun beim kreativen schreiben verfahren. so kann man einmal einen echten kerl (einen macker) als protagonisten zeichnen, wie er nie im realen leben auftaucht.

oder man greift sich eine berufsgruppe (wie den „verrrückten professor“, die „dominante raumpflegerin“, den „lonesome cowboy“, die „zynische millionärin“ oder die „faulen beamtInnen“) und zeichnet sie überspitzt. dabei ist die gratwanderung zwischen witzigen texten und, ich formuliere es mal drastisch, „schwachsinnigen“ texten, schwierig. fühlt man sich unsicher in diesem bereich, dann sollte man seinen text an anderen menschen ausprobieren: funktioniert er, dann lachen die menschen herzlich über die scherze. funktioniert der text nicht, dann erntet man höchstens schenkelklopfer der untersten schublade. man kann mit den klischees spielen und sie gleichzeitig durch die überzeichnung demontieren. viele sitcoms basieren zum beispiel darauf, ebenso wie die imitationen von personen. politische satire lebt zum teil auch davon.

doch die überzeichnung darf eben nicht zu stark überzeichnen, da sie sonst ins fach der clownerie rutscht. überzeichnet sie zu wenig, dann werden die witze nicht verstanden. gerade bei den klischees zeigt sich, wie schwer geschriebener humor umsetzbar ist.

man kann aber auch auf einer anderen ebene gegen klischees anschreiben. wie oben erwähnt, kann man das exakte gegenteil darstellen (eventuell auch überzeichnet, aber das ist oft nicht notwendig). so genügen manchmal schon ein paar kleinigkeiten und eigenschaften, die klischees verschwinden lassen: die skateboard-fahrende nonne, der schwule metzger, frauen in „männerberufen“, männer in „frauenberufen“, großzügige schwaben oder bayern ohne folklore … . es handelt sich dabei letztendlich um aufklärung im besten sinne. nämlich zu zeigen, dass es in allen lebensbereichen menschen gibt, die nicht Weiterlesen

biografisches schreiben und klischee

eines der schwierigsten unterfangen ist es, sich selber einmal nach vorurteilen abzuklopfen. sie sind vermittelt, sie sind gelernt und sie haben eine funktion: menschen schneller bei der ersten kurzen begegnung einordnen zu können. als wir noch nicht kommunizieren konnten war dies überlebenswichtig: freund oder (fress)feind. doch heutzutage können wir uns in den meisten momenten kundig machen und das freund-feind-schema ist sowieso stark beeinflusst von moden, gesellschaften und politik. also verwenden wir klischees eigentlich nur, um uns die welt ein wenig einfacher zu machen.

der mensch ist so komplex und jeder mensch ist ein individuum mit ganz subjektiven ansichten und verhaltensweisen. um die welt übersichtlicher zu gestalten, sind die „…“ so und so. manchmal kann es sich bei einer solchen form der verallgemeinerung, tatsächlich um den kleinsten gemeinsamen nenner einer gruppe handeln. doch es braucht eigentlich nur einen menschen dieser gruppe, der aus dem schema herausfällt und unsere verallgemeinerung ist auch schon hinfällig. aber den schritt machen wir beim klischee nicht mehr. wir beharren auf unseren aussagen, um die anstrengung der begegnung mit fremden menschen, zu reduzieren. das klischee ist also ein ausdruck von bequemlichkeit.

wann waren wir in unserem leben also zu bequem, um uns mit den menschen, die uns begegnen, auseinanderzusetzen? wen haben wir damit verletzt? wann wurden wir mit klischees zu unserer eigenen person konfrontiert und wie haben wir darauf reagiert? was machten wir, als ein klischee uns gegenüber auch noch zutraf? haben wir uns in unserem leben die zeit genommen, andere menschen kennenzulernen? es gibt viele fragen für das biografische schreiben, die ein wenig unsere eigenen vorurteile oder die konfrontation mit vorurteilen gegenüber uns selber beleuchten können.

da wir aber gerade bei vorurteilen und klischees recht widerständig sind, sie aufzuheben und zu relativieren, könnten man, wenn man über seine eigene lebensgeschichte schreibt, andere menschen, die einem nahestehen, befragen, was sie glauben, welche klischees man Weiterlesen

in berlin gehen die uhren ein wenig anders

es ist nicht neu, aber es ist vom meteorologischen institut der fu berlin endlich einmal festgehalten worden: berlin hat keine normale zeitrechnung 😯 darum eröffnet der neue flughafen nach der berliner zeitrechnung auch pünktlich. hier sind die tage länger, das will nur keiner wahrhaben. danke für die aufklärung und die geschenkten stunden 😀

„goethe ruft an“ von john von düffel – ein buchtipp

ein sehr amüsantes buch. vor allen dingen menschen, die schreibpädagogisch, schreibdidaktisch tätig sind oder die schreibgruppen anleiten, werden ihren spaß mit diesem buch haben. aber auch menschen, die schon einmal an schreibgruppen teilgenommen haben, kommen auf ihre kosten. auf dem buchumschlag des buches „goethe ruft an“ von john von düffel steht, es handle sich um „eine komödie über die jagd nach erfolg“.

davon handelt das buch sicherlich auch. aber noch viel mehr spaß machten mir die gedanken und auslassungen zum schreiben an sich. ein schriftsteller mit einer schreibblockade übernimmt die anleitung einer leicht „elitären“ schreibgruppe für einen sehr erfolgreichen schriftstellerkollegen. einer der erfolge des kollegen ist seinem konzept des „leichtschreibens“ geschuldet. verstrickungen, verwicklungen und eifersüchteleien sind der hintergrund vor dem sich die humorvolle tragik der suche nach dem perfekten text, dem perfekten buch abspielt.

wie findet man den genialen ersten satz eines buches? wie schreibt man, wenn man nicht ganz zu dieser welt gehört? wie geht „tiefschreiben“? wie baut man distanz zu seinen literarischen vorbildern auf? warum möchte man schriftsteller bleiben, wenn man erfolglos ist? diese und viele andere fragen werden enorm humorvoll ausgebreitet und erörtert. dazu kommen die verschiedenen charaktere, angefangen beim scheiternden hauptakteur über den allwissenden kollegen, den frustrierten literaturkritiker, die bestsellerautorin von „bahnhofsbuchhandlungs-büchern“, die aketische lyrikerin und ihr homosexueller mann, die der geschichte noch eins draufsetzen.

ein lesenwertes buch, eine schöne satire. das buch ist 2011 im dumont buchverlag in köln erschienen. ISBN 978-3-8321-9649-3 .

wortklauberei (104)

endlagersuchgesetz

wie lautet es bei den schwäbischen kabarettischen sängern „ernst & heinrich“ so schön? „such, such, such!“ und „der mensch ist ein suchender.“ und inzwischen macht er dafür sogar gesetze. wir suchen ja schon lang ein endlager für den atommüll, aber anscheinend wurde nie richtig gesucht. nach gefühlt einem halben jahrhundert wird jetzt ein gesetz erlassen, damit endlich mal richtig gesucht wird. abgesehen von der frage, ob man das nicht schon von anfang an wusste, dass es wahrscheinlich keinen anständigen ort für ein endlager gibt, ist die wortschöpfung für den titel des gesetzes einer der schönsten und bürokratischsten: das „endlagersuchgesetz“.

da kommen einem viele ideen in den sinn: erst einmal die schlichten varianten: die ostereiersuchverordnung oder die versteckenspielensuchregeln. doch dann kann man weiter gehen: wo kommen wir gerade nicht so richtig weiter? was benötigt wahrscheinlich noch ein gesetz? zum beispiel ein rettungsschirmbürgermitsprachesuchgesetz wäre chic. oder ein werdrehtanderbenzipreisschraubesuchgesetz – um auch den populistischen bereich abzudecken. doch dann kämen da noch das woentstehenmonopole(undpreisabsprachen)suchgesetz, das wiealsradfahrerindergroßstadtüberlebensuchgesetz, das wogibteswährendderfussballeuropameisterschaftkneipenohnepublicviewingsuchgesetz, das atomkraftwerkausschaltknopfsuchgesetz, das ichweißgarnichtmehrwasichsuchsuchgesetz in frage.

doch nicht genug damit, als nächstes sollten die schützunsnichtfliegervorfluglärmverordnung, das tvwerbeunterbrechungsverkürzungsgesetz, die gutefilmezurprimetimesendeverordnung, das ruhezoneninöffentlichenverkehrsmittelnvergrößerungsgesetz, die wirerziehenunserekinderzuhausezuegotrippernverhinderungsverordnung, das vorratsdatenspeicherungskammerundservergesetz und das tauschhandelistwiedererwünschtgesetz erlassen werden.

und wenn alle gesetze und verordnungen berarbeitet und erlassen wurden, dann wird man sicherlich auch ein endlager finden. aber so lang kommt bei mir der strom einfach aus der steckdose.

100 „wortklaubereien“ aus diesem blog

worte, werbung, wortwendungen, polit- und beratersprech – ein weites feld, in dem sich immer wieder begrifflichkeiten oder aussagen finden, die absurd, fragwürdig, irrwitzig oder einfach nur kracher sind. ich fühle mich nicht als saubermann der deutschen sprache – ich greife nur gern skurriles auf (auch wenn es nicht tagesaktuell ist) und versuche, es auseinander zu klauben. nun sind die 100 klaubereien voll, darum hier eine linksliste zu den verschiedenen auffälligkeiten:

wortklauberei (01): „tiefkühlkost“
wortklauberei (02): „seitenflügel“
wortklauberei (03): „ausbildung“
wortklauberei (04): „zeitnah“
wortklauberei (05): „wellness“
wortklauberei (06): „mit dem wort links habe ich keine berührungsängste“
wortklauberei (07): „wintereinbruch“
wortklauberei (08): „verantwortungsloses system“
wortklauberei (09): „dienstleistungsgesellschaft“
wortklauberei (10): „garnier-koffein-augen-roll-on“
wortklauberei (11): „finanzmarktstabilisierungsanstalt“
wortklauberei (12): „die genuss-molkerei“
wortklauberei (13): „schicksalsreportage“
wortklauberei (14): „handy“
wortklauberei (15): „rauschtrinken“
wortklauberei (16): „clashen lassen“
wortklauberei (17): wort des jahres: „finanzkrise“
wortklauberei (18): „kinderleicht-regionen“
wortklauberei (19): „… dass niemals wieder ein vorstandsvorsitzender der deutschen bank ein renditeziel von 25 prozent vorgibt“
wortklauberei (20): „kampfmittelbeseitigung“
wortklauberei (21): unwort des jahres: „notleidende banken“
wortklauberei (22): „always ultra mit secure guard schutzkonturen“
wortklauberei (23): „ein herz für erzeuger“
wortklauberei (24): „eine neue zeit beginnt. wir sind bereit.“
wortklauberei (25): „in dieser unendlichen weite des tabellen-ozeans“
wortklauberei (26): „cesar – zeig deine liebe“
wortklauberei (27): „wir werden das konjunkturtal überwinden“
wortklauberei (28): „up-&-awake-pads“
wortklauberei (29): „athletisches design“
wortklauberei (30): „zwei leben. eine liebe. sheba“
wortklauberei (31): „karriere lounge“
wortklauberei (32): „creativ catering“
wortklauberei (33): „bunte eier aus bodenhaltung“
wortklauberei (34): „das stinkt doch nach pfusch“
wortklauberei (35): „schicken sie ihren gaumen auf weltreise“
wortklauberei (36): „bossnapping“
wortklauberei (37): „bad bank“
wortklauberei (38): „sei welt – sei meister – sei berlin“
wortklauberei (39): „stück für stück ins homoglück“
wortklauberei (40): „gesundheitskasse“
wortklauberei (41): „endlich gibt es tempo auch als toilettenpapier“
wortklauberei (42): „trendwende“
wortklauberei (43): „internationaler tag des kusses“
wortklauberei (44): „frauenpolitik & genderpolitik in der friedrich-ebert-stiftung“
wortklauberei (45): „basisfahrplan“
wortklauberei (46): „analog-käse“
wortklauberei (47): „kundenlebenswert“
wortklauberei (48): „dienstleistungsbereitschaft“
wortklauberei (49): „du bist nicht auf der welt, um zu schweigen“
wortklauberei (50): „sprachbox“
wortklauberei (51): „black puty”
wortklauberei (52): „eine gute id“
wortklauberei (53): „unsere kommune ist demenzfreundlich“
wortklauberei (54): „millionisieren”
wortklauberei (55): „verschwulung des bezirks“
wortklauberei (56): „wutbürger“
wortklauberei (57): „wahre liebe kribbelt nicht. sie brutzelt.“
wortklauberei (58): „neujahr“
wortklauberei (59): „der vorsatz“
wortklauberei (60): „amt warnt vor asthma durch babyschwimmen“
wortklauberei (61): „abends mit gesundem gemüse kochen“
wortklauberei (62): „thailändisches überschwemmungsamt“
wortklauberei (63): „die unnötigen zeilenumbrüche des nachrichtentextes wurden automatisch entfernt“
wortklauberei (64): „transformationspartnerschaft“
wortklauberei (65): „lebensqualität“
wortklauberei (66): „eine entscheidung der konsequenz“
wortklauberei (67): „stumpfsinn“
wortklauberei (68): „grenzwert“
wortklauberei (69): „warnschussarrest“
wortklauberei (70): „mozarella in „herzli“-form zum muttertag“
wortklauberei (71): „angsthase“
wortklauberei (72): „eifersucht“
wortklauberei (73): „rumgurken“
wortklauberei (74): „lehruntauglich“
wortklauberei (75): „nicht kirchensteuerpflichtig = vd“
wortklauberei (76): „smartbucher“
wortklauberei (77): „schlichtgefieder“
wortklauberei (78): „lasst benni nicht im heim sterben”
wortklauberei (79): „sozialer patriotismus“
wortklauberei (80): „schmutzfangmatten“
wortklauberei (81): „krümelschutz“
wortklauberei (82): „bundestrojaner“
wortklauberei (83): „dumpf-muffiger fehlton“
wortklauberei (84): „flexiquote“
wortklauberei (85): „schuldenschnitt“
wortklauberei (86): „un-möglich“
wortklauberei (87): „un-gehalten“
wortklauberei (88): „auf der grundlage eines festen kompasses“
wortklauberei (89): „der breite widerstand ist friedlich“
wortklauberei (90): „selbstausfragung“
wortklauberei (91): „kochblockade“
wortklauberei (92): „care-verpflichtungen“
wortklauberei (93): „verfassungsschutz“
wortklauberei (94): „globalzufriedenheit“
wortklauberei (95): „ausgeflöckel“
wortklauberei (96): „for you. vor ort“
wortklauberei (97): „ehrensold“
wortklauberei (98): „einschaltquote“
wortklauberei (99): „billiges geld“
wortklauberei (100): „fettstufe“

viel spaß damit!

schreibidee (350)

die deutschen haben einen seltsamen begriff, der schwer zu erklären ist und stark politisch besetzt ist: die „heimat“. heimat kann überall sein, wird aber meist sehr eng gedacht, also auf den eigenen ort, den eigenen kiez, das eine haus, die eine wohnung bezogen. ist die heimat einmal benannt, dann beginnt das spiel „meine heimat – deine heimat“. ganz selbstverständlich ist die eigene heimat die beste und die fremde nur bedrohlich. es wird zeit, diese vorstellungen zu untergraben, mit der schreibanregung zu „heimat-jedichten“.

dafür sind erst einmal heimatbegriffe zu suchen: die schreibgruppenteilnehmerInnen notieren sehenswürdigkeiten, wichtige gebäude oder institutionen aus ihrer heimat (was sie dafür halten, bleibt ihnen überlassen). nun suchen sie nach worten, die sich auf ihre sehenswürdigkeiten reimen, also zum beispiel „eiffelturm“ und „zweifelwurm“. im anschluss werden zwei vierzeiler in der form „abab aabb“ geschrieben.

doch nicht genug damit: am besten klingen die gedichte in der heimatsprache (also in der landessprache oder im ortsüblichen dialekt). dazu werden die gedichte noch einmal überarbeitet. im anschluss werden die hochdeutsche und die sprachlich veränderte version vorgetragen. es findet keine feedbackrunde statt.

im vorfeld des treffens wurde die schreibgruppe aufgefordert, texte über ihre heimat mtizubringen. dies sollten möglichst touristenführer oder ähnliches sein. man kann auch den lexikoneintrag zum wohnort, oder die fremdenverkehrsbotschaft aus dem internet ausgedruckt mitbringen. einen dieser texte (nicht länger als eine seite) wählen die teilnehmerInnen nun aus. dieser text soll stück für stück verdichtet werden. als erstes wird er auf einen zehnzeiligen abschnitt verdichtet, dann auf maximal zwölf verse (dies sich nicht reimen müssen) und zum schluss auf vier zeilen.

zum abschluss wird der heimattext weitergegeben an andere schreibgruppenteilnehmerInnen. diese verdichten die fremde heimat ebenso, wie oben beschrieben. und auch dieses „heimatjedicht“ sollte noch einmal in die ortsübliche sprache, in den ortsüblichen dialekt übertragen werden. dann werden der heimattext, die erste verdichtung, die zweite verdichtung und die dialektversion vorgetragen. anschließend findet eine feedbackrunde statt. darin kann auch die vorstellung von heimat diskutiert und der wettbewerb, welches der schönere dialekt, die schönere sprache gestartet werden.

sollte noch ein wenig zeit übrig sein, könnten die teilnehmerInnen im vorfeld mitgebrachte heimatgedichte von anderen schriftstellerInnen vortragen und damit den heimatabend beenden 😉

schreibberatung und lachen

im rahmen von beratungen kann lachen viele funktionen habe. eine sehr häufige und sicherlich im kontext von schreibschwierigkeiten oft auftauchende funktion, ist die scham, ob der probleme. diese scham und unsicherheit wird gern mit einem lachen überspielt, wenn davon berichtet wird. manchmal kann man es aufgrund des klangs des lachens vermuten. aber man sollte davon absehen, jedes lachen in einem beratungskontext zu deuten. auch in der schreibberatung kommt man mit fragen weiter als mit deuten. darum wäre es in diesen momenten angebracht, nachzufragen, ob den klientInnen das schildern ihrer schwierigkeiten unangenehm ist.

aber es gibt noch eine andere form des lachens: das vorher gesagte soll möglichst wieder weggewischt werden, die schwere aus dem gespräch genommen werden. so kann es in einer schreibberatung vorkommen, dass ratsuchende persönlich und humorvoll gegen ende des gesprächs agieren. sie ziehen sich eventuell damit aus der situation und bauen eine distanz zum gesagten auf. beratende sollten sich überlegen, wann sie mitlachen und wann nicht. das mag jetzt sehr schwierig klingen, aber meist bekommt man im laufe der zeit ein gespür dafür, wann etwas relativiert und überspielt werden soll und wann einfach nur fröhlichkeit herrscht.

ich hatte schon sehr heitere klientInnen in beratungen doch im laufe des gesprächs zeigte sich, welche ängste, probleme oder schwierigkeiten im hintergrund eine rolle spielten. da schien es hilfreich, zwar teilweise mitzulachen (da die ratsuchenden wirklich witzig und humorvoll waren), aber gleichzeitig immer wieder zur eigentlichen fragestellung zurück zu kehren. man kommt sich zeitweise wie der zerstörer einer Weiterlesen

schreibpädagogik und lachen

gruppen sind ein sensibles gefüge von individuen, die in einen sozialen kontakt für eine gewisse zeit treten. in diesen gefügen gibt es dynamiken, wie sie während aller anderen sozialen kontakt auch auftreten. da schreibgruppen meist freiwillige und nicht vorgegebene zusammenschlüsse sind, ist das auskommen miteinander meist sehr positiv und freundlich.

aber es gibt noch einen zweiten effekt, den man an schreibgruppen feststellen kann, wenn man an ihnen teilnimmt. oft sind die gruppen sehr fröhlich. da unterscheiden sie sich in der „quantität“ der fröhlichkeit von vielen anderen freizeitgruppen. zurückführen lässt sich dies wahrscheinlich auf zwei aspekte: zum einen werden häufig witzige und humorvolle texte verfasst. zum anderen hat das schreiben eine entspannende und für viele befreiende wirkung.

ich möchte hier klar zwischen kreativem und biografischem (oder wissenschaftlichem) schreiben unterscheiden. die beiden letzteren orientieren sich an lebensgeschichten und forschungsansätzen, oft nicht unbedingt heitere themen, die es schwer machen, lachend durch eine gruppe zu steuern. die inhaltlichen anforderungen an beide bereiche sind klarer umrissen und eingegrenzt.

da es beim kreativen schreiben in gruppen zwar auch oft kleine inhaltliche oder stilistische vorgaben gibt, sonst aber das freie assoziieren und formulieren gefördert wird, ist deren wirkung nicht selten heiterer. wer hat es nicht schon einmal erlebt, dass ein text in der schreibgruppe auftaucht, der mindestens ein lächeln in alle gesichter zaubert, wenn nicht sogar dazu führt, dass die gesamte gruppe in einen lachkrampf verfällt. neben dem schreiben hat auch das lachen einen befreienden und entspannenden effekt.

wahrscheinlich entsteht darum manchmal in schreibgruppen eine art wettbewerb, einen witzigen text schreiben zu müssen. hier ist die rückmeldung der anderen teilnehmerInnen beim vortragen und beim feedback durch das lachen meist direkter und Weiterlesen

kreatives schreiben und lachen

zwei blickwinkel zum lachen im rahmen des kreativen schreibens möchte ich hier kurz einnehmen.

zum einen die frage, wie man lachen in texten beschreibt. man kann natürlich notieren „sie / er lacht“. doch wie schon beim biografischen schreiben aufgezeigt, gibt es unendlich viele varianten des lachens. so kann man verhalten, laut, prustend oder scheppernd, schallend, … lachen. man kann kichern, kreischen, giggeln, gackern oder glucksen. wegen der großen bandbreite sollte man vielleicht bei der beschreibung des lachens nach passenden metaphern suchen, die das lachen abbilden, zumindest dann, wenn die emotionale äußerung in der geschichte eine rolle spielt.

auch beim schreiben von dialogen wird gern ein lachen oder lächeln dazwischen geschoben. doch werden die dialoge vorgelesen, vorgetragen oder vorgespielt, bedarf es meist mehr, als nur ein schlichtes lachen zu notieren. es ist ein großer unterschied, ob sich jemand amüsiert oder jemand anderen auslacht, ob jemand eine situation belacht oder mit seinem lachen ins lächerliche zieht. darum kann man bei szenen oder dialogen kaum darauf verzichten, das lachen näher zu beschreiben, anhaltspunkte für die form der äußerung zu geben.

beinahe noch schwieriger ist es, texte zu verfassen, die zum lachen bringen. ja gut, gags und kleine witzigkeiten enthalten viele texte des kreativen schreibens. manchmal entstehen in schreibgruppen regelrechte wettbewerbe, wer denn den witzigsten text geschrieben habe. aber eine durch und durch humorvolle geschichte nach david-sedaris-art oder auf Weiterlesen

liste (90) – lachen

wer lust hat, kann sich diese seite ausdrucken und ausfüllen. ich schlage listen vor, die einem vielleicht einen überblick zu verschiedenen themen der eigenen lebensgeschichte geben können. dieses mal geht es um das „lachen“.

die witzigsten momente meines lebens:

dafür haben mich andere ausgelacht:

mit diesen menschen lache ich am liebsten zusammen:

in diesen momenten verging mir das lachen vollständig:

über diese bücher, fernsehserien, kleinkunstprogramme etc. habe ich am meisten gelacht:

biografisches schreiben und lachen

„heiter weiter“ könnte man zum motto seines lebens machen. doch oft gestalten sich lebensläufe nicht ganz so entspannt und fröhlich. aber jeder mensch kennt situationen, in denen er sich vor lachen ausschüttelte. jeder mensch hat freunde und bekannte, die es immer wieder schaffen, einen zum lachen zu bringen. nur wenigen menschen ist das lachen vollständig vergangen. etliche untersuchungen sollen auch gezeigt haben, dass lachen gesund sei, so dass sich inzwischen menschen zu „lach“-gruppen zusammengeschlossen haben.

also kann man die eigene biografie auch einmal unter einem humorvollen gesichtspunkt betrachten. kann man sich an situationen erinnern, die randvoll mit lachanfällen waren? was war der auslöser? wie erinnert man sich heute an die situationen? waren drogen im spiel 😉 ? mit welchen menschen hat man immer sehr viel zusammengelacht und tut es vielleicht auch heute noch? wie viel lachen kam in den eigenen beziehungen vor? kann man über sich selbst lachen?

noch interessanter wird es oft, wenn man bei der eigenen lach-lebensgeschichte genauer betrachtet, was einem zum lachen beigebracht wurde. sehr oft wird menschen beigebracht, dass man nicht zu laut und nicht zu auffällig lacht. vor allen dingen männern wird anscheinend das tiefe, kumpelhafte lachen vermittelt, aber so aus voller inbrunst laut loslachend erlebt man sie selten. genetisch bedingt kann das nicht sein, da es auch anders geht. also gibt es wohl die unausgesprochene regel, dass männer nicht kreischen, nicht losprusten und nicht den ganzen raum mit ihrem lachen füllen.

doch wer hat einem dies vermittelt? ebenso, wie manche frauen ausschließlich die hohen tonlagen bedienen, obwohl ihre stimmfrequenzen Weiterlesen

selbstbefragung (155) – lachen

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um das „lachen“.

  • wann haben sie das letzte mal gekreischt vor lachen?
  • über was lachen sie am liebsten? beschreiben sie.
  • wie oft lachen sie am tag?
  • wie gehen sie damit um, wenn sie sich einmal lächerlich gemacht haben? warum?
  • wer hat für sie die schönste „lache“?
  • mit wem würden sie gern viel zusammen lachen?
  • bei was vergeht ihnen zur zeit das lachen? beschreiben sie.
  • welche künstler bringt sie am meisten zum lachen?
  • welche fernsehserie bringt sie am meisten zum lachen?
  • welches war der (aber)witzigste moment in ihrem leben?

die letzten 150 selbstbefragungen sind als links hier gebündelt: https://schreibschrift.wordpress.com/2012/01/05/1500-fragen-zur-selbstbefragung-aus-diesem-blog/

wortklauberei (96)

„for you. vor ort“

hallelujah, ein wortspiel, das seinesgleichen sucht. wenn man das liest, dann spürt man die verzweiflung der insolvenzverwaltung darüber, dass der drogeriemarktkette die kunden wegbleiben. menschen mit einer schreibschwäche werden sich durch diesen kurzen spruch bestätigt fühlen, dass man „vor“ auch mit „f“ schreiben kann und sich keiner daran stört. also greife ich diese grandiose aussage auf und erweitere sie um folgende:

  • for sex. vor spiel
  • for me. vor fahrt
  • for books. vor wort
  • for us. vor stellung
  • for jobs. vor stand
  • for peace. vor marsch
  • for children. vor schule
  • for you. vor schrift
  • for flowers. vor garten

weitere vor schläge (for fight 😉 ) werden gern entgegen genommen. for text. vor bringen.

buy, bei, bay, bai, bye!

schnickschnack (114)

es sieht ein wenig unaufgeräumt und improvisiert aus, was da an den wänden und auf platten befestigt oder montiert ist. es sieht aus, wie wenn ein kind, ein wenig collagetechniken mit allem möglichen material ausprobiert hat. doch kaum sind diese abfolgen von reaktionen auf eine bewegung, ein anstossen in gang gesetzt, können auge und kamera den nun folgenden effekten kaum mehr hinterherkommen. es passiert etwas.

gestern haben die tagesthemen auf den programmierer und in seinen eigenen worten „kinetic artistjoseph herscher aufmerksam gemacht. es ist ihm eine freude, abfolgen von bewegungen und schlichten effekten zu langen reaktionsketten aufgrund eines auslösers zusammenzustellen. wenn man sie sich anschaut, dann hat man manchmal das gefühl, die dinger sind beinahe perpetuum mobiles, da sie eigenständig kräfte entwickeln. aber dem ist natürlich nicht so. und was so spielerisch aussieht, ist bis auf das letzte detail, teilweise bis auf das kleinste gewicht, den einen millimeter ausbalanciert und reagiert.

neben der tüftelei steckt für mich unglaublich viel kreativität in den reaktionsketten. auf der homepage von joseph herscher findet man etliche youtube-filme solcher abläufe (leider teilweise mit werbeeinblendungen, die man wegklicken kann). einfach nur ein spass zum anschauen: http://www.josephherscher.com/ .

schnickschnack (113)

im rahmen der selbstoptimierung kann alles noch ein wenig effektiver und schneller werden. einer der boomenden begriffe ist das „zeitmanagement“. so sind inzwischen jeder und jede aufgerufen, sich selber perfekt zu takten. und da die zeiten zwischen arbeit und freizeit in vielen berufen verschwimmen, da die erreichbarkeit eines jeden im vordergrund steht, darum ist vieles verbesserungsbedürftig.

also gestalten sie sich doch ihr leben noch ein wenig schneller, gehetzter, getakteter und effektiver. wozu zeit mit überflüssigem wie smalltalk oder hobbies verschwenden, es geht doch auch anders 😉 schon vor einiger zeit erschienen im magazin der süddeutschen zeitung 33 hilfreiche tipps, wie man im rahmen der selbstoptimierung noch mehr zeit sparen kann: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36760 .

so humorvolle die ratschläge sind, sie treffen ins schwarze, bei dem planungs- und organisationswahnsinn, dem die meisten von uns inzwischen unterliegen. wenn kinder und jugendliche schon mit terminkalendern rumlaufen, um noch ihren alltag überblicken zu können und wenn erwachsene sich piepend auf den nächsten zeitabschnitt aufmerksam machen lassen müssen, dann scheint irgendetwas nicht mehr zu stimmen.

die einfachere variante bestünde darin, den kalender in einer reform verändern zu lassen und jedem tag 36 stunden zu zu weisen. die veränderung von kalendern diente auch früher schon den wirtschaftlichen anforderungen, warum darauf im rahmen der wirtschaftskrisen nicht zurückgreifen? 😯

„auf sie mit idyll“ von wiglaf droste – ein buchtipp

wie der vollständige titel des buches „auf sie mit idyll – die schöne welt der musenwunder“ schon sagt, finden sich darin kurze und etwas längere texte, die sich vor allen dingen der literatur aber auch sonst den schönen künsten und dem schönen leben zuwenden. wiglaf droste berichtet darin von seiner zeit als stadtschreiber in rheinsberg, portätiert krimiautoren und widmet sich den aktuellen politischen entwicklungen.

aber vor allen dingen beschäftigt sich droste mit dem gebrauch unserer sprache. er kommt in fahrt, wenn er das gefühl hat, dass sprache verhunzt wird, dass sie verschleiern und verstecken soll. und er hat keine hemmungen, eigene sprachkreationen (und kleine bösartigkeiten) in den text einfließen zu lassen. eine sehr amüsantes buch, das einen animiert, gleich selber zum stift zu greifen und sich der glosse zu zu wenden.

gewürzt wird ein teil der texte mit kleinen zwei- oder vierzeilern, mit einer „hymne auf die lesebrille“ oder eben solchen rhythmischen und direkten aussagen wie „das leben muss weggelebt, wachheit ist der schlüssel, und ohne klare bewusstsein ist alles nur tran und dschumm und pooftütentum.“ (droste über die erkenntnisse von janwillem van de wetering). ein durch und durch empfehlenswertes buch für menschen, die während des lesens gern lachen. es ist 2011 bei der edition tiamat erschienen. ISBN 978-3-89320-145-7.

die literale revolution in einem sketch

einfach nur mal reinschauen und schon versteht man das buch besser: http://www.youtube.com/watch?v=5PgAEmvtG9U 😆

der tipp stammt aus dem blog von studierenden des studiengangs biografisches und kreatives schreiben http://schreibmutige.schreibboutique.de .

schnickschnack (112)

wenn schon digital und web-orientiert, dann richtig – heute ist so ein tag. im netz finden sich nicht nur innovative, multimediale experimente oder homepages, es finden sich auch erinnerungsstücke, über deren entdeckung man sich freut. erinnern sie sich noch an die „muppets“? diese schrägen, teils anarchischen hand- und ganzkörper-puppen mit denen ganze shows gestaltet wurden. und in diesen shows traten meist musikerInnen oder schauspielerInnen von rang und namen auf.

wer etwas von sich hielt oder von dem etwas gehalten wurde, ging in die muppet show. mindestens ein lied, ein musikstück pro show wurde mit den gästen umgesetzt. dabei entstanden schräge szenen und aberwitzige duetts mit synchronisierten handpuppen. aber auch die einzelnen puppen mutierten zu stars, die wiederum in andere shows eingeladen wurden. erfinder dieser show waren jim henson und frank oz (mehr infos hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Muppet_Show). leider wurde die show auf wunsch von henson beendet und die rechte gehören inzwischen disney. die muppets werden nicht mehr im fernsehen gezeigt.

aber man kann sie teilweise auf youtube finden und sich an schräge szenen und lieder erinnern, zum beispiel hier: http://www.youtube.com/watch?v=zCRUPWDIgYM und http://www.youtube.com/watch?v=ARUM0-jtjIg. aber noch viel mehr muppet ist bei youtube zu finden – eine schöne erinnerung.