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schreibpädagogik und der spielerische umgang mit sprache

sprache dient aufgrund von regeln und konventionen dazu, dass menschen sich miteinander verständigen können. wenn jemand zu mir sagt: „das ist ein stuhl“, dann habe ich eine ungefähre vorstellung davon, was er mir gerade zeigt oder auf was er sich bezieht. und dies sogar, wenn der gegenstand, auf den er zeigt, nicht aussieht wie ein sitzmöbel. werden die regeln und konventionen der sprache beiseite gelassen und begriffe vertauscht, kann es schnell passieren, dass menschen sich nicht mehr verstehen.

das beste beispiel für konflikte, die aus sprachlichen veränderungen entstehen können, sind die generationskonflikte. wenn zum beispiel heute ein junger mensch seinen eltern von seinen tätigkeiten am computer oder im internet berichtet, kann es schnell der fall sein, dass er verständnislos angeschaut wird. ja, er muss sich erklären oder man lässt die aussagen einfach im raum stehen, doch eltern haben das gefühl, keine kontrolle mehr über die tätigkeiten ihres kindes zu haben.

darum scheint auch die diskussion über die veränderung der sprache immer so eine moralische und existentielle zu sein. angst vor kontrollverlust könnte dabei eine große rolle spielen. wiederum im gegenzug dient zum beispiel die sprache der juristen und der bürokraten dazu, eine distanz aufzubauen, die macht signalisiert. hier soll möglichst kein missverständnis aufkommen können und gleichzeitig signalisiert werden, dass es sich um normen handelt.

die schreibpädagogik bricht teilweise die sprachkonventionen auf. das macht sie angreifbar, da ihr die ernsthaftigkeit abgesprochen werden kann, bietet aber gleichzeitig die möglichkeit sich spielerisch dem wort, der sprache anzunähern. ein schönes beispiel, dass ich vor kurzem im buch „deutsch! – das handbuch für attraktive texte“ von wolf schneider gefunden habe, handelt von der suche nach einem vergleichbaren begriff für „satt“ bei der nahrungsaufnahme für die flüssigkeitsaufnahme. es gibt zwar „durstig“, aber ist der durst gestillt, gibt es keinen begriff mehr. robert gernhardt hat dafür „schmöll“ vorgeschlagen. hier wurde sprache neu erfunden, auch wenn sie sich nicht durchsetzen konnte und wir bis heute immer noch sagen „ich habe keinen durst mehr“.

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