Schlagwort-Archive: lärm

nabelschau (70)

die stadt, die sich nicht an ihre eigenen verordnungen hält. berlin ist schon speziell. zum einen ist es eine hoch moralische stadt, die in allen bereichen ein gutes auskommen der menschen miteinander fördern möchte, die auf projekte, kampagnen und aufrufe setzt. zum anderen schlägt aber immer wieder die preussische königs- und gutsmentalität durch, nach dem motto „das war schon immer so und letztendlich haben wir das sagen“. ob im sozialen bereich, in der bildungspolitik oder auch beim neuen flughafen: berlin beschäftigt die gerichte.

erst einmal wird dem bürger möglichst viel verweigert oder nicht zugestanden, obwohl die gesetzeslage ein anderes bild abgibt. also ist der bürger gezwungen, sein recht beim gericht einzufordern. dies macht nur ein teil der bürger, also hat berlin schon einmal gespart. so war der schallschutz der anwohner des neuen flughafens unzureichend umgesetzt worden. jetzt wurde ein urteil gefällt, das berlin zu einer sehr teuren nachrüstung auffordert. doch auch dazu erklärt die stadt schon, sie werde wohl nur einen teil der forderungen umsetzen. also gehen die gerichtsverhandlungen in die nächste runde.

sogar bei den kleinen aspekten der alltags schafft die stadt es regelmäßig, ihre bürger zu erzürnen. da gibt es zum beispiel eine rasenmäherverordnung, die den bürger auffordert, nur noch leise rasenmäher zu verwenden. eine gute entscheidung. werden aber öffentliche flächen gemäht und gepflegt, bekommt jeder mensch das gefühl, eine kompagnie von panzern sei in die strasse oder in den park eingefallen. dies natürlich auch gern am frühen morgen, obwohl die stadt damit wirbt, dass sie nie schläft, also auch eine menge menschen nachts arbeiten müssen. die dezibelwerte der städtischen schneidegeräte überschreiten mit garantie jeden grenzwert. gern wird argumentiert, dass es keine anderen geräte für das teilweise hohe gras gebe. das stimmt überhaupt nicht. manche mäher sind nur so laut, weil die leisen nicht gekauft werden.

eine stadt mit so viel grünfläche könnte ohne probleme in größerer stückzahl im laufe der zeit auf leisere mäher umstellen. aber berlin macht dies einfach nicht. und begeht somit täglich ordnungswidrigkeiten, die die ordnungsämter jedoch nicht ahnden. denn das grünflächenamt hat schon immer so gemäht, warum sollte es inzwischen anders mähen. aber eine veränderung hat es gegeben, die mitarbeiter an den mähern, laub- und hundekotsaugern, die tragen inzwischen ohrschützer. wahrscheinlich müsste man erst wieder ein gericht beschäftigen, das dann ohrschützer für alle bürger auf der strasse und bürger, die ihre fenster im sommer geöffnet haben, vorschreibt. das kann teuer werden 😉 be berlin: wo kein kläger da kein lärmschutz, keine sozialleistungen, keine veränderung.

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leben neben der berliner feuerwehr (13)

man wird als „idiot!“ von der berliner feuerwehr aus der fahrzeughalle heraus beschimpft, wenn man auf seinen balkon tritt, um zu schauen, was im hinterhof einen so röhrenden lärm am spätnachmittag eines freitags in der ferienzeit macht. man sieht zwei feuerwehrbeamte, die sich mit einem auf seinem motorrad sitzenden kollegen unterhalten, während dieses röhrende fahrzeug auf seine fahrtüchtigkeit getestet wird.

die zwei beamte bemerken, dass sie jemand vom balkon aus beobachtet, ziehen richtung arbeitsstätte und rufen ihrem kollegen auf dem motorrad noch lachend zu: „guck mal wer da auf dem balkon steht. hahaha.“ man muss nur in das verhöhnende lachen einstimmen, „hohoho“, schon wird das motorrad abgestellt und aus der deckung der fahrzeughalle heraus „idiot!“ gerufen.

als egozentrischer nachbar bezieht man diesen ausruf natürlich auf sich selbst, dabei war dies wahrscheinlich ein kosewort unter kollegen. und man darf so etwas natürlich nicht zurückrufen, da es dann beamtenbeleidigung wäre. man will es auch gar nicht zurückrufen. man möchte nur rufen: „machen sie das, was sie hier veranstalten, doch einfach vor ihrer eigenen wohnung.“

was dieses kleine, kurze ereignis aber auf alle fälle wieder beweist: sie wissen, was sie tun. da passiert die lärm- und abgasbelästigung nicht zufällig oder „mal“, sondern sie passiert bewusst, absichtlich und rücksichtslos und mit der rückendeckung höherer stellen. ja, das ganze wird als scherz gesehen, vom land berlin, vom bezirk, von den beamten der stadt. was für eine haltung gegenüber anderen menschen dahinter steckt, kann sich jeder selbst deuten.

ach, ich vergaß zu berichten, dass parallel zum testen des motorrads noch zwei private pkw im hinterhof gewaschen wurden, dass es nach drei tagen dauerregen endlich aufgehört hatte, dass ein wenig sonne rauskam, dass man die nacht durchgearbeitet hatte, dass …

schreibberatung und wohnen

neben vielen emotionalen und mentalen aspekten spielt bei der schreibberatung oft noch etwas anderes eine große rolle: das wohnen, die wohnung, der schreibtisch, um es einmal verkürzt darzustellen. und um es auf einen nenner zu bringen: es lenkt zu viel ab.

das fängt bei lebensgefährtInnen an, die immer wieder den schreibfluss unterbrechen oder beschränken, geht über kinder, die nicht verstehen, warum sie in nächster zeit leiser spielen sollten, bis zu dem standort des schreibtischs, der zu zentral platziert ist. gründe für ablenkungen kann es viele geben. hier eine kleine einteilung verschiedener faktoren mit vorschlägen zur veränderung:

  • mitmenschen: ob partnerInnen, kinder, verwandte oder bekannte – kommunizieren sie offen, wann ihre schreibzeiten sind, ab wann sie sich gestört fühlen und weshalb sie konzentriert arbeiten müssen.
  • andere lebenwesen: (haus)tiere, pflanzen, garten oder außerirdische – reduzieren sie hemmungslos ihre zuwendungen, wenn ihnen die zeit für das schreiben knapp wird. einzig beachtenswert, die tiere sollten nicht verhungern, die pflanzen nicht vertrocknen und die außerirdischen sich nicht aus dem staub machen. alles andere sei egal: ein garten darf einmal ein jahr lang voller unkraut sein und außerirdische dürfen sich langweilen 😉
  • standort: ihr schreibtisch sollte sich an einem ort befinden, an dem sie zum einen ungestört arbeiten können, zum anderen aber alles in reichweite haben, das sie auch noch benötigen. dazu gehören zum beispiel: getränk, essen, musik, notwendige literatur, computer, telefon und ähnliches.
  • lärm: lärm stresst zusätzlich. versuchen sie, möglichst viele lärmquellen auszuschließen – ob es nun nachbarn, maschinen, verkehr oder mitbewohner (s.o.) sind, versuchen sie dem lärm auszuweichen oder kommunizieren sie, dass sie sich gestört fühlen.
  • möbel: suchen sie sich sitz- und liegegelegenheiten aus, die für sie bequem sind. versuchen sie sich zwischendurch zu entspannen und begeben sie sich danach wieder in die position, die für sie angenehm ist.
  • schnickschnack: verbannen sie andere ablenkungen vom arbeitsplatz – zum beispiel computerspiele, bildbände, zeitschriften, fernseher, bastelanleitungen oder reinigungsgeräte. damit erschweren sie sich die kleinen fluchten.

sollte das zeitfenster ihres schreibprozesses Weiterlesen

leben neben der berliner feuerwehr (12)

senatsgeförderte ruhestörung durch berliner beamte. 22.30 uhr, gerade eben, die hitze lässt nach, der wind ist erfrischend. alle menschen um die feuerwache herum öffnen fenster und türen, um ihre wohnungen zu lüften, um den frischen wind und den abend zu genießen. eine ruhige wohngegend. der dienst der berliner beamten hat um 18.00 uhr begonnen.

um 22.30 uhr genießt man mit freunden, die zu besuch gekommen sind, gemeinsam kühle getränke auf der feuerwache, man unterhält sich über gott und die welt in einer lautstärke, damit es auch alle nachbarn in ihren wohnzimmern mitbekommen können. und man wäscht einen privat-pkw, wie man eigentlich von morgens bis abends bei schönem wetter einen privat-pkw wäscht. wie man schon seit 20 jahren seinen privat-pkw wäscht. denn man hat nichts zu tun. nichts außer ständigem autotüren schlagen, da der pkw ja auch rundum gereinigt werden muss. ach so, der grill ist auch wieder aufgebaut, die gemütliche sitzecke im hinterhof, alles was ein laubenpieper braucht.

seit 20 jahren schaffen es weder senat, noch bezirk, noch ordnungsamt, noch die feuerwehr selber, dafür zu sorgen, dass sich ihre eigenen beamten an ihre eigenen regeln halten. tja, und da soll , wie heute gehört, jemand festgestellt haben, dass es in berlin wenig korruption gebe 😉 ein schelm, der böses dabei denkt.

das leben neben der berliner feuerwehr demnächst auch auf http://www.kiez-on-the-blog.de .

schreibidee (272)

eines der interessantesten sinnesorgane ist das ohr. was auge und nase zwar auch schaffen, aber manchmal nicht ganz so gut, das kann das ohr perfekt: geräusche ignorieren. also es ist ja eigentlich nicht das ohr, das dazu fähig ist, sondern das gehirn. wir überhören aber viele dinge, die wir nicht hören wollen oder die hintergrund vor sich hinplätschern. aber wir können uns ebenso sehr bewusst auf bestimmte geräusche konzentrieren und fein herausfiltern. achtet man einmal darauf, dann stellt man fest, wie vielfältig die geräusche sind, die uns umgeben. darum eine anregung zu „geräusch-geschichten„.

alle schreibgruppenteilnehmerInnen werden aufgefordert, ein geräusch mitzubringen. die geräusche werden der reihe nach vorgestellt (ruhig mehrmals) und es werden von allen schreibenden assoziationen, die sie mit dem geräusch verbinden notiert. dann wählen sich alle jeweils ein geräusch aus und schreiben ein elfchen dazu. die elfchen werden kurz vorgetragen.

anschließend wird geräuscheraten gespielt. die schreibgruppenleitung spielt verschiedene aufgenommene geräusche aus dem alltag vor und die teilnehmerInnen raten, um welches geräusch es sich handeln könnte. außerdem werden wieder assoziationen zu den geräuschen notiert. zum schluss wählen die schreibenden ihr jeweiliges lieblingsgeräusch aus und schreiben eine kurze geschichte dazu. dabei kann das geräusch natürlich auch umdefiniert werden. das bedeutet, es kann etwas anderes darstellen, als es in der realität ist (wie man es von geräuschemachern bei filmen gewöhnt ist). die geschichten werden in der schreibgruppe vorgetragen.

nun ist es an der zeit, längere geschichten zu schreiben. dazu sollen sich die schreibgruppenteilnehmerInnen eines von zwei szenarien vorstellen. entweder jemanden, der geräuschen nicht ausblenden kann oder jemand, der in sich in absoluter stille befindet. wie ist dies passiert? was für einen umgang finden die personen damit? oder überhaupt, wie fühlt es sich an? die geschichten werden anschließend vorgelesen und es gibt eine ausführliche feedbackrunde.

und zum schluss kann die schreibgruppe versuchen, drei minuten lang überhaupt keine geräusche zu machen und auf das zu achten, was um sie herum zu hören ist. das sollte nicht notiert werden, da dann zusätzliche geräusche entstehen. doch danach kann man sich über das gehörte austauschen.

leben neben der berliner feuerwehr (11)

pfingstsonntag – karneval der auto-kultur auf dem hinterhof der feuerwache. schon wenn sie auf ihren balkon treten wollen, da heute schönes wetter mit angenehmen temperaturen ist, sehen sie, heute wird wieder reparatur- und waschtag sein. denn da steht er wieder geschickt geparkt, der große leiterwagen, der in der fahrzeughalle immer so im weg ist, wenn man sein eigenes auto reparieren möchte. da muss man dann schon mal prioritäten setzen.

autos sind per se existenziell, vor allen dingen wenn man aus dem angrenzenden dünn besiedelten bundesland kommt. da haben auf der landstrasse autos noch echte bedeutung, da macht man was her. und wenn die gehöfte so weit auseinander liegen, dann stört es einen auch nicht, wenn man am sonntag nachmittag bei schönem wetter die zeit nutzt, um den trecker zu reparieren. also, warum sollte das hier stören, wenn das kulturgut auto gehegt und gepflegt wird?

auf anderen strassen berlins wird jetrommelt und jefeiert, da kann man doch hier mal ruhig in seinem cabrio über den hof fahren und zeigen, wie das verdeck hoch und runter fährt, nachdem man in der garage seinen eigenen kleinen rave gefeiert hat. oder man schleift an karrosserien rum, in der großen fahrzeughalle bei geöffneten toren, um alle teilhaben zu lassen an der autokulur, wenn schon auf den anliegenden strassen so wenig los ist.

mein vorschlag für die zukunft: man könnte sich überlegen, einen kleinen autokorso auf dem hinterhof seine runden drehen zu lassen, wenn sonst so wenig los ist. zuschauer gibt es: all die anwohner, die auf ihren balkonen sitzen und lesen oder schreiben oder einfach nur den arbeitsfreien tag genießen wollen. aus dem cabrio kommt der rave beim karneval der auto-kultur. und dann könnte man noch die bezirksstadträtin, die für umwelt und dergleichen zur schirmherrin machen.

p.s.: ist immer nur die eine schichtbesetzung. wenn man sie sieht, weiß man, heute gibt es wieder rambazamba im hinterhof.

leben neben der berliner feuerwehr (10)

wie groß der privatzirkus eigentlich ist. tja, da hat man urlaub, befindet sich also ganztägig in seiner wohnung, um andere arbeiten zu verrichten. und erst in diesem moment bekommt man so richtig mit, welcher zirkus auf der feuerwache der berliner feuerwehr stattfindet. nicht genug, dass der schichtwechsel immer ein gehöriger aufriss im hinterhof ist, kaum ist die schicht gewechselt (nach 18.00 uhr), stehen auch schon drei private autos vor den fahrzeughallen für die einsatzfahrzeuge, um gewaschen, gesaugt und poliert zu werden.

der effekt: gerade kommen viele menschen von der arbeit nach hause in ihre wohnungen. der hinterhof hallt wie eine waschstrasse, dabei ist cosy-wash gerade mal 500 meter entfernt. und das schärfste: die einsatzfahrzeuge, die vom einsatz zurück kommen, können nicht in die fahrzeughalle gefahren werden, da gerade alle einfahrten versperrt sind. sie parken sozusagen in zweiter reihe auf dem hinterhof. dies bedeutet, sollte ein einsatz notwendig sein, fängt die rangiererei auf dem hof erst richtig an, denn der schnellstart aus der fahrzeughalle ist nicht möglich.

bleibt weiterhin die frage im raum, weshalb so etwas eigentlich nicht zuhause oder eben bei cosy-wash gemacht werden kann? antwort: weil das schon immer so war! abgesehen von der tatsache, dass die auf den hof schallenden lautsprecher (extra eingeschaltet, der einsatz sollte ja neben dem staubsaugen nicht überhört werden) das gesamte wohngebiet informiert, wo es brennt oder unfälle passiert sind. da freut sich jeder arbeitnehmer, der nach einem anstrengenden job nach hause kommt.

nach 19.00 uhr wurde dann der partykeller im fitnessraum eröffnet. jetzt wurde die musik so laut gedreht, dass selbst bei geschlossenen fenstern in der nachbarschaft der bass zu hören war. juhuu, hier wird wirklich gearbeitet. ach, und habe ich schon bemerkt, dass es dem bezirk steglitz-zehlendorf vollkommen egal ist.

leben neben der berliner feuerwehr (09)

ja, die grillkohle für ostern liegt bereit, um 17.30 uhr wird dann das osterfeuer mit druckluft entzündet. schön, wenn es so wunderbares wetter an den feiertagen ist. jeder mensch möchte das genießen. doch nicht in einem berliner bezirk. einem bezirk, der unfähig ist, den eigenen städtischen angestellten einhalt zu gebieten. denn sie grillen, sie grillen immer bei schönem wetter, sie gröhlen über den hof und sie bekommen gäste während der dienstzeit, die hier ihre fahrzeuge waschen und reparieren.

nun sollte man meinen, der bezirk hätte ein interesse, dies zu unterbinden. weit gefehlt: „ihm fehle das personal (also dem bezirk)“. man nimmt mit dem ordnungsamt einfach mehr geld ein, wenn man nur nach parksündern sucht, die die abzocke mit parkscheinen in wohngebieten kontrollieren. aber die bezirksstadträtin für kinder … und umweltschutz lässt sich regelmäßig verleugnen. sie fühlt sich dafür nicht zuständig, obwohl der petitionsausschuss des abgeordnetenhauses vor über zehn jahren zu verstehen gegeben hat, es müsse sich etwas ändern. und in zehn jahren ist so gut wie nichts geschehen. (ach so, es gibt da auch diverse informationen des bezirks: hier zum grillen, hier zur kontrolle und hier zum lärm, eine große farce.

eher das gegenteil ist der fall. inzwischen passt die kleinfeuerungsanlage mit leiter oben drauf anscheinend nicht mehr in die fahrzeughalle. sie wird nun dauerhaft auf dem hinterhof geparkt. ohne abgasabsaugschlauch ohne russfilter, immer schön tag und nacht vom hinterhof aus in den einsatz fahren. bei der rückkehr vom einsatz muss das ding dann ordentlich rangiert werden.

ach ja, und dann werden fahrzeuge der mitarbeiter der berliner feuerwehr immer größer, jedenfalls, was die dezibelwerte angeht. ein schichtwechsel kommt so langsam dem leben neben der stadtautobahn gleich. der seit ein paar jahren installierte sicht- und schallschutz tut ein übriges, damit es im hinterhof jeder merkt, dass hier eine neue schicht beginnt. so lässt sich eben auch windgeschützter grillen, nachdem man vorher alle bäume und büsche fällen musste.

ja, die bezirksstadträtin interessiert das nicht, was mitten im wohngebiet geschieht. das umweltamt immer nur sukzessive, aber eigene einrichtungen werden per se nicht kontrolliert. und die leitung der feuerwehr, die lebt vom rettungsbonus. angeblich sollten ihre mitarbeiter in umweltschutz geschult werden, da muss dann aber jemand das mit der nachhaltigkeit nicht verstanden haben. was für ein glück, dass im herbst gewählt wird, auch in berlin wird es veränderungen geben. vielleicht kann man dann das schöne wetter an feiertagen neben städtischen beamten auch irgendwann mal genießen, ohne das gefühl zu haben an einer autobahnraststätte mit grillstation, waschanlage und reparaturbetrieb zu wohnen.

ach, habe ich schon betont, dass die berliner feuerwehr die einzigen im wohngebiet sind, die sich so verhalten?

schreibidee (248)

die welt lärmt, besser geschrieben, der mensch überzieht die welt mit einem teppich aus lärm. etliche untersuchungen zeigen, dass die lärmemissionen stetig zunehmen, und gleichzeitig die stressreaktionen der menschen, indem sie körperliche beschwerden bekommen, auch anwachsen. manch einer ist schon vollständig abgestumpft für die leisen töne. darum widmet sich diese schreibanregung den „leisen geschichten„.

je nach altersgruppe der teilnehmerInnen der schreibgruppe kann man einen unterschiedlichen einstieg in die thematik wählen.
bei jüngeren schreibenden kann das spiel „stille post“ gewählt werden. ein satz wird in der runde der reihe nach zugeflüstert. meist kommt am schluss ein ganz andere satz an, als am anfang der ersten person zugeflüstert wurde. die „stille post“ wird in der schreibgruppe erst einmal nicht aufgelöst, sondern alle schreiben zu dem satz, wie sie ihn verstanden haben eine geschichte, die nicht länger als eine seite ist. dann werden in der gleichen reihenfolge wie geflüstert wurde, die geschichten vorgelesen.
bei älteren teilnehmerInnen kann man einen wortbeitrag, entweder aus dem radio oder aus einem hörbuch, sehr leise abspielen, so dass es schwer ist, alles zu verstehen. anschließen schreiben die schreibgruppenteilnehmerInnen auch eine einseitige geschichte zu dem gehörten. diese geschichten werden ebenso vorgelesen.

im nächsten schritt werden wörter und redewendungen, ja eigenschaften für leise texte gesammelt. wodurch zeichnet sich eine geschichte aus, die leise daher kommt. so wirkt zum beispiel eine handlung, die sich langsam und stetig entwickelt, ruhig und leise. es sind die kleinen gesten und ereignisse, die den text schleichend fortführen. natürlich spielt auch die wortwahl eine rolle.

nachdem die kriterien aufgelistet wurden, schreiben alle teilnehmerInnen eine längere „leise geschichte“. diese geschichten werden anschließend in einer ruhigen atmosphäre (hier fördert zum beispiel kerzenlicht die ruhe) vorgetragen. in der feedbackrunde wird vor allen dingen darauf eingeganen, wie leise und eventuell beruhigend der text gewirkt hat.

zum abschluss werden dann noch flüstergedichte verfasst. es gibt keine weitere vorgabe, als die tatsache, dass das gedicht beim vortragen geflüstert werden muss. welche formulierungen und worte, diesen flüsterton vielleicht unterstreichen oder verstärken, bleibt die entscheidung der schreibenden. für einen ruhigen ausklang werden dann alle gedichte der reihe nach vorgeflüstert ohne folgende feedbackrunde.

schreibidee (247)

eine emission bekommen wir kaum reduziert. sie stresst uns, sie raubt uns den schlaf und sie durchdringt fenster und wände, ein wenig gedämpft, aber immer noch hörbar. natürlich schreibe ich hier vom lärm und von der lautstärke mit der masseinheit dezibel. doch wie kann man lautstärke in texte packen? dies soll in der folgenden schreibanregung zu „lauten texten“ geschehen.

zum einstieg geht es um das gehör. welche worte klingen laut? das ist eine seltsame frage, doch es gibt einen unterschied, ob ich zum beispiel das wort „lispeln“ laut vorlese oder das wort „baden“. „a“s und „o“s fördern wohl den lauten eindruck. es sollen worte in der schreibgruppe gesammelt werden, die gelesen und gesprochen den eindruck von mehr lautstärke hinterlassen.

aus diesen worten suchen sich die teilnehmerInnen jeweils zehn stück und verfassen mit ihnen eine geschichte. die „laut“malerischen geschichten werden kurz vorgelesen. anschließend sammelt die gruppe laute ereignisse. was macht so richtig krach? anschließend wählen sich die schreibenden ein ereignis aus, das sie auf zwei seiten ausführlich beschreiben. dabei sollten sie darauf achten, dass das gefühl der lautstärke beim vorlesen gut vermittelt wird. es gibt eine kurze feedbackrunde, die nur kurz beleuchtet, wie gut die lautstärke vermittelt wurde.

und nun wird mit hilfe der beiden vorbereitungsübungen eine laute geschichte geschrieben. wie dabei lautstärke dargestellt wird, bleibt den autorInnen überlassen. empfehlenswert scheint es, für die lauten stellen worte zu verwenden, die die lautstärke ausdrücken. die geschichten werden im anschluss vorgelesen. anschließend findet eine feedbackrunde statt.

zum abschluss wird das genre gewechselt. denn es wird ein lautes gedicht verfasst. das gedicht darf später ruhig geschrien und gebrüllt werden. aber auch hier sollten die worte die grundlage für einen ausdrucksstarken vortrag bilden. wie wäre es mit einem geschrienen liebesgedicht, das von den angebeteten nicht überhört werden kann? die gruppenleitung sollte darauf achten, dass die räume für das gruppentreffen einen lautstarken vortrag erlauben.

leben neben der berliner feuerwehr (08)

frühling, sonniger sonntag, die private waschstrasse ist eröffnet. schön, wenn endlich sonnenstrahlen die letzten zwei wochenenden aufhübschen. nicht schön, wenn jeden sonnigen sonntagnachmittag in folge ein privat-pkw nach dem anderen rangiert, gewaschen und getrocknet wird. da sehnt man den frostigen winter wieder herbei, während dem einfach einmal ruhe im hinterhof herrschte. denn nun stehen wieder reifenwechsel an, besucher kommen auf die feuerwache, um ihre pkws und wohnmobile einer vollreinigung zu unterziehen.

alternativ könnte die nachbarschaft finanziell an der waschstrasse beteiligt werden, sozusagen als entschädigung für die verminderte lebensqualität neben einer berliner feuerwache und für ein lärmendes wochenende durch landesbeamte. da würde ich dann sogar hier die telefonnummer der feuerwachen angeben, damit man sich für eine rundum-wäsche des eigenen fahrzeugs anmeldet (es werden auch unterboden und radkasten gereignet sowie der innenraum mit viel engagement ausgesaugt). mit den einnahmen ließen sich schallisolierende fenster einbauen und die folgekosten für die umweltschäden begleichen.

leben neben der berliner feuerwehr (07)

von der raucherzone zur partyzone. wahrscheinlich die letzten zwei sommertage, es wird noch einmal warm, es scheint die sonne. die konsequenzen in der nachbarschaftlichen feuerwache: autoreparaturen in der garage gegenüber, motorrad rangieren am samstag, gequatsche bis tief in die nacht auf dem hof. am sonntag noch ein wenig schöner, eigentlich dauerbeschallung durch die heitere runde um den aschenbecher, am nachmittag der grill an, so zum kaffee. längst meldet das meteorologische institut gewitter und windböen, macht nichts, ist ja die feuerwehr. war doch ein grillnachmittag mit freunden geplant. man vermutet, dass irgendwann die feuerwache nicht mehr geschlossen werden muss, sondern sich selbst grillt. doch man hat es ja im griff und schon immer gemacht.

ach ja, freunde. es vergeht eigentlich kein tag, an dem nicht besuch kommt, der sich in der ferienzeit langweilt. beinahe jeden abend wird die raucherzone zur partyzone bis mitternacht oder später. die restlichen anwohner versuchen sich in ihrem sommerurlaub von den strapazen des arbeitsjahres zu erholen, die feuerwehr erholt sich während der arbeit. nur wenn es kleine hunde regnet, dann kann man ungestört fenster und türen geöffnet lassen. wenn es dann wenigstens interessante gespräche wären, die die eigene wohnung beschallen. gegenschall ist auch nicht die lösung. aber da hier gern tipps abgegeben werden, hier ein tipp: wie wäre es, einfach die eigene nachbarschaft am eigenen wohnort tag und nacht zu beschallen? so ganz privat, so richtig laut. oder wollen feuerwehrbeamte des landes berlin zuhause auch schlafen? fänd ich jetzt wirklich übertrieben.

p.s.: die zentrale beschwerdestelle der berliner feuerwehr ist glaube ich inzwischen ein fake mit anrufbeantworter. es ändert sich nichts, es gibt keine konsequenzen. sind wahrscheinlich alle im urlaub oder in der raucherzone.

leben neben der berliner feuerwehr (06)

bezahlte rücksichtslosigkeit können sich nur städtische beamte leisten. sonntag mittag 13.30 uhr. ein schöner sommertag, ruhe im hinterhof, auf den straßen, die menschen nehmen auf den balkonen ihr essen zu sich, ruhen sich von einer stressigen woche aus, bereiten sich auf das fussballspiel seelisch und moralisch vor.

doch da, auf einem kleinen fleckchen befinden sich städtische beamte, die nichts zu tun haben, aber einen ganzen batzen geld für ihre arbeit bekommen. da es wahre männer sind, die beinahe ihr fleisch noch selber jagen und zeigen müssen wo der hammer hängt, werfen sie mal wieder den grill an. nicht, dass sie dies erst am donnerstag gemacht hätten, der sonntag ist abermals willkommen. ein proteinshake macht nicht so schön auf sich aufmerksam und zieht nicht die gesamte umwelt mit in das eigene privatvergnügen.

um das ritual noch ein wenig zu steigern, wird die kohle nicht profan entzündet. man hat druckluft-gasflaschen, die man nach der spiritusgabe und dem ersten entflammen einsetzen kann, um dem glühprozess nachdruck zu verleihen. ja, unsere luft soll noch ein wenig verpesteter werden, dafür haben wir die städtische berufsfeuerwehr in berlin. eine leitung haben diese wachen anscheinend nicht, niemanden der sich verantwortlich fühlt. wer auf der einen seite angeblich um gut nachbarschaftliche verhältnisse bemüht ist, nervt den rest nicht, während der gesammelt auf seinem balkon sitzt, die fenster offen hat und versucht sich zu erholen. nein, hier möchte jemand einfach nur sein ding machen, scheiss drauf wie die reaktionen sind. ihm kann ja nichts geschehen, er ist ja beamter. beamter in einer behörde, die nicht einmal mehr ihre beschwerdestelle besetzt. das nenne ich preussische gutsherrenart.

leben neben der berliner feuerwehr (05)

sommer sonne stinkerei. es ist wie immer in solchen momenten ein wunderbarer sommertag. er wurde schon tage vorher angesagt. man wartete lang genug dieses jahr darauf. gegen mittag öffnet man die balkontür, denn kindergeschrei ist schon von weitem vernehmbar. und es kommt, was kommen musste und was immer wieder besonders bei schönem wetter kommt: eine kita ist zu besuch. und diese kita wird im freizeitpark feuerwache in der abenteuerecke einzeln und zu zweit mit dem leiterwagen hoch und runter gefahren. begründet wird das schauspiel damit, dass den kindern die angst vor der feuerwehr genommen werden soll. ein löbliches unterfangen, kann wegen mir stunde um stunde auf einem übungsgelände stattfinden. aber im hinterhof, nahe an der nachbarschaft (ach ja, in der eile des halbstündigen unterfangens haben wir wieder einmal vergessen den teuren abgasabsaugschlauch anzuschließen), die kleinfeuerungsanlage mal so zur schönwetteruntermalung anzuwerfen, zeigt kindern wie scheissegal der berliner feuerwehr umweltschutz ist. ach so, scheissegal sind der berliner feuerwehr auch die bürger. wenn sie versuchen das beschwerdetelefon zu erreichen, dann gibt es keine mitarbeiter, die mit ihnen sprechen. dann gibt es mail, fax, adresse als durchsage, um dann nach dem piep sprechen zu dürfen. sie sprechen und ihre beschwerde versinkt in den tiefen der landesbehörde, denn seit jahren ändert sich nichts. doch schriftlich wird sie noch einmal bestätigt, um dann wieder einen ausredenbrief zu erhalten. aber aus dem schriftwechsel wird demnächst einmal ein buch 😆

na dann, das ordnungsamt des bezirks angerufen. auch die müssten einen inzwischen kennen. das ordnungsamt verweist auf das umweltamt, das auch schon diverse gespräche mit der feuerwache führte. aber sonst könne man noch die wache anrufen. der versuch zu verbinden scheiterte am besetztzeichen. aber freundlicherweise wollte man einem die nummer nennen, da könne man dann ja selber anrufen. also noch das umweltamt angerufen. den mitarbeiter aufgefordert etwas in dieser sache zu unternehmen. und der erste mitarbeiter, der dies zusagte. doch inzwischen war so viel zeit vergangen, dass sowieso schon alles zum himmel stank und das letzte kind einen blick über die dächer werfen durfte. Weiterlesen

leben neben der berliner feuerwehr (03)

ja, es wurde wärmer, ja, so langsam kriecht der sommer unter den wolken hervor, ja, die nächte sind auch warm. die konsequenz, wenn man neben der berliner feuerwehr lebt: hatte der löschzug des nachts einen einsatz, dann wird das gerät ungefähr eine halbe stunde lang in der tiefen nacht im hof überholt. die fahrzeughalle steht leer aber es scheppert und rumpelt durch die nacht ohne unterlass. faszinosum dabei ist es, kommt es zu ungefähr ebenso großen und ausführlichen einsätzen im winter oder bei schlechtem wetter, dann geht das nötigste ganz fix und der rest wird in der fahrzeughalle erledigt.

der große unterschied zwischen winter- und sommernächten besteht darin, das vielleicht auch noch einmal zum nachlesen für feuerwehrbeamte, dass anwohner ihre fenster und türen zu den hinterhöfen offen haben, um ein wenig frische luft schnappen zu können, nach den heißen tagen. viele davon haben vor allen dingen die schlafzimmer geöffnet. ich habe schon vor längerer zeit vorgeschlagen, die fahrzeughalle abzureißen, da sie sowieso keinen sinn mehr macht. und ich habe anscheinend die bedeutung des „tages der offenen tür“ falsch verstanden.

nun kann man natürlich darüber spekulieren, warum dieses zur hochform der inszenierung von geschäftigkeit auflaufende verhalten immer gern mit dem beginn der schulferien einhergeht. aber vielleicht ist es auch nur eine klimatische frage. und da wundert sich noch jemand, dass anwohner sich beschweren. aber laut ordnungsamt ist das ja ein privatgelände (wohl mit großem maschinenpark und nachtarbeit). ja, die lauen sommernächte 😆

kreatives schreiben und ruhe

vor jahrzehnten begab ich mich einmal ans nordkap mit dem fahrrad. ich bewegte mich durch regionen, in denen sich kaum ein mensch aufhielt, zeltete an orten, an denen tag und nacht weder ein auto noch andere technische geräte vorbeikamen. einzige geräuschkulisse bildete die natur, was nicht bedeutete, dass es ruhig war. allein die durch das schmelzwasser angewachsenen flüsse tosten in die täler. kaum am nordkap angekommen stellte ich fest, dass es sich um einen touristischen versammlungspunkt handelte, der hauptsächlich von schweizern, österreichern und deutschen mit lärmenden kindern bevölkert wurde.

wenn man sich heute umschaut, finden sich in deutschland eigentlich keine orte mehr, an denen man unbehelligt von sozialgeräuschen, wie autos, kleinflugzeugen, handyklingeln oder reisegruppen sein kann. selbst der besuch von berggipfeln oder inseln wird umgeben sein von menschlichen äußerungen. motorboote, andere wanderer, helikopter, alles ist irgendwann möglich. so wurde zum beispiel festgestellt, dass die singvögel immer lauter singen, da der umweltlärm sonst nicht zu übertreffen ist. vor dieser geräuschkulisse entstehen normalerweise texte.

spannend erscheint es mir, ob andere texte entstehen, wenn die eigentliche geräuschkulisse wirklich nur die natur wäre. also der versuch mit einer schreibgruppe orte zu finden, die allein tschilpen und das kratzen der stifte über das papier aussenden. wie würde dies bei den teilnehmerInnen ankommen, was wäre es für eine kommunikation. erstaunlich ist zum beispiel der effekt, dass viele menschen in der „reinen“ natur sehr viel verhaltener sprechen. dass sie in diesem moment entweder sehr ruhig werden oder eine unruhe sie erfasst, da der dauerhafte schallreiz abhanden gekommen ist. wie wirkt sich dies auf schreibreize aus? verfällt man automatisch in eine meditativere stimmung oder erscheint dieser schritt aus dem alltag bedrohlich? texte der ruhe scheinen anders zu sein als die üblichen kreativen werke. der versuch wäre es wert.

nabelschau (10)

heimwerkerInnen-exzesse. ein gericht in spanien hatte vor ein paar tagen entschieden, dass dauerhafter lärm der folter gleich kommt, da ihm schwer auszuweichen ist, und eine hohe haftstrafe gegen eine kneipenbesitzerin verhängt, die die strasse mit popmusik beschallte. in deutschland sind die regelungen, was lärm angeht, eher schwach und es gibt berechtigungen andere konstant damit zu belästigen. nur bei der nachtruhe versteht dieses land keinen spaß.

dabei liegt das übel an ganz anderen orten. die dichte der baumärkte steigt konstant, denn „selbst ist der mann“, inzwischen auch die frau, beim verschönern des eigenen lebensumfeldes. von der kloschüssel bis zum parkettboden kann alles selbst installiert, verlegt, geschraubt und gehämmert werden. der feine unterschied zu professionellen anbietern des wohnungsverschönerungsgewerbes, bei heimwerkerInnen dauert die veränderung eine ewigkeit.

besonders menschen mit dem hang zum perfektionismus machen sich gern selbst ans werk, weiß man doch nie genau, ob die meisterbetriebe gründlich genug sind, wenn man ihnen nicht über die schulter schaut. so werden das eigenheim oder die ferienbutze mit großer liebe und sorgfalt im laufe der jahre in ein kleines paradies verwandelt. doch bis es so weit ist, nutzen die heimwerkerInnen jeden freien moment, meist momente, an denen andere menschen auch nicht der beschaffung des lebensunterhaltes nachgehen müssen, um zu basteln. dieses basteln setzt inzwischen alle möglichkeiten an brummenden, surrenden und ratternden geräten ein, die ein baumarkt gegen einen kleinen obulus zur verfügung stellt.

daneben soll es natürlich perfekt werden, soll heißen, kaum ist man am einen ende des häuschens oder der wohnung angelangt, kann man am anderen schon wieder anfangen. Weiterlesen

nabelschau (09) – berliner feuerwehr als freizeitpark

bürokraten-sprech. mein briefkasten liefert in letzter zeit viel stoff zum nachdenken und vor allen dingen zum übersetzen. so fand sich vor einiger zeit, folgendes meisterwerk im kasten, das an alle anwohner gerichtet war (oben rechts in der ecke überigens mit dem tollen logo „be berlin“:

sehr geehrte damen und herren, wie sie sicherlich mitbekommen haben, finden zur zeit umfangreiche bauarbeiten auf dem gelände der feuerwache statt. (ja, liebe feuerwehr, das habe ich mitbekommen, als in den letzten wochen bei mir in der küche die gläser in den regalen klirrten. zu dem ist mir aufgefallen, dass beinahe der gesamte hinterhof aufgerissen und zugeschüttet mit baumaterialien ist. das scheint mir „umfangreich“. und so wie ich ihre behörde kenne, gab es schon ein paar beschwerden, sonst wäre der brief überhaupt nicht verfasst worden.) sofern es zu keinen komplikationen kommt, ist mit einer bauzeit von ca. 10 wochen zu rechnen. (es ist also schon zu komplikationen gekommen, sonst wäre der brief nie so formuliert worden. wir können also mit großer sicherheit davon ausgehen, dass die bauzeit sich verlängert und das gesamte frühjahr der balkon nicht nutzbar ist.) in dieser zeit kann es zu lärmbelästigungen kommen. („kann“ ist schön formuliert. es kommt beinahe sieben stunden am stück zu lärmbelästigungen, ihre schöne sichtschutzwand, die sie letzten sommer an der einen seite des hinterhofs aufgebaut haben, sorgt dafür, dass der lärm volle pulle gegen die anderen häuser brettert. auch das beseitigen beinahe aller bäume und büsche auf ihrem hinterhof in den letzten jahren senkt die lärmbelästigung nicht.) in zusammenarbeit mit der baufirma und der bauleitung sind wir bemüht, die unannehmlichkeiten für sie so gering als möglich zu halten. (das glauben sie nicht wirklich. denn wäre das ihr anliegen, dann würden nicht nur zwei mitarbeiter der baufirma den hof häppchenweise umgraben, sondern dann würden mehr mitarbeiter schneller alles umgraben. und dann würden auch ihre zudem stattfindenden zwei schichtwechsel nicht zwei stunden dauern, sondern eine halbe stunde wie früher. dann würde nicht…). bei fragen stehe ich ihnen gerne, unter der oben aufgeführten telefonnummer, zur verfügung. mit freundlichen grüßen… (tja, nett gemeint, aber ich weiß jetzt schon, dass sich durch die antworten die grundsituation nicht ändern wird. aber schön, dass sie sich mal gemeldet haben.) 😆 hier bekommt zwischen den zeilen lesen immer wieder ein große bedeutung.

in den kommentaren finden sich die schönwetterentwicklungen, die sich jedes jahr wiederholen.

nabelschau (05)

berlin schneit zu. ein seltenes ereignis, das vermerkt werden muss. die welt erscheint in solchen momenten angenehm gedämpft. langjährige „berliner“ sind schon genervt, zu viel winter, zu viel schnee. ab drei zentimeter neuschnee geben die räumdienste auf und lassen liegen, was nicht zu vollständig zu beherrschen ist. der einwurf, dass es viel ekliger wäre, wenn das alles als regen runterkäme, wird mit einem kurzen nicken toleriert. gleich darauf wird nachgeschoben, dass es dieses jahr reicht mit dem winter.

schade eigentlich, wird die stadt doch für ein paar tage ein wenig ruhiger. sonst brummt, schreit und poltert sie ungehörig durch den alltag. jetzt bremsen grippewelle und schneegestöber den tatendrang. doch auszeiten sind auszuhalten. wer konsequent auf hochtouren läuft, den überfällt gern in momenten des innehaltens die ganzen beiseite gelegten gedanken und bedenken. da scheint schnee plötzlich eine provokation zu sein, einen auf sich zurückzuwerfen. und wer hatte noch einmal die grippe erfunden?

diese form der dämpfung wünscht man sich manchmal fürs internet. einfach zehn zentimeter neuschnee, die das gelärme und die empörung ob aktueller entwicklungen und dem leben an sich zudecken. ein wenig abkühlen, zittern statt twittern. jeder muss sich seinen weg durch den belag bahnen, die gruppenwanderungen werden erschwert und der hype erschwert. mensch dreht sich schwerer um sich selbst, die gefahr auszurutschen ist zu groß. lieber eine schlittenfahrt durch eine landschaft, die in pastell daher kommt, keine brüllende werbung auf jeder seite, kein rennen, um die nase vorne zu haben. einfach schreiben bei dem sich die texte aufbauen, wie eine schneedecke und die worte leicht wie flocken fallen.

berlin scheint so hell wie selten, sand und rollsplitt, die bei einem zentimeter schnee tonnenweise aufs parkett geworfen wurden, sind verdeckt. die hundescheiße verschwindet unter weißen häubchen. eigentlich ein grund zur freude. und dann die bewegung gründen: „jedem haus seine schippe – hals- und beinbruch können kein lebensziel sein“. berlin schneit zu.

p.s.: jetzt ist dann alles wieder matsch 😦

wortklauberei (14)

„handy“

es wäre einmal interessant, wer den namen für das „mobile phone“ im deutschen erfunden hat. ein witz besagt, es wären die schwaben gewesen, da sie immer fragten „hänn die des kabel vergässa?“. doch es ist zu vermuten, dass das „handy“ seinen namen der tatsache verdankt, dass es in der hand liegt und von dieser gehalten wird. aber wann das geschah ist schwer zu sagen. waren die früheren mobiltelefone doch eher von der größe einer schweinshaxe und hatten die form eines walkie-talkie.

heute verschwinden die dinger in der hand und werden in kindersöckchen gepackt. so sollten sie inzwischen eigentlich „losy“ heißen. und nicht zu vergessen, sie sind eine seuche geworden. es vergeht kein tag, an dem einem nicht jemand vor den füssen rumlatscht und nicht vom fleck kommt, da schnell im gehen die neuste sms gelesen werden muss. es vergeht kein tag, an dem nicht ein autofahrer einen fast vom fahrrad schmeißt, da die rechte hand das telefon ans ohr hält. und es geht vor allen dingen kein tag, an dem nicht jemand über den gesamten u-bahnhof brüllt, da er nicht glauben kann, dass so etwas kleines einen guten empfang haben kann.

so plädiere ich dafür, den namen des geräts zu verändern in „loudy“, „wriggly“ oder „killy“. aber es würde mir auch gefallen, wenn man sich dazu durchringen könnte, worte wie „nervy“ oder „strahly“ zu verwenden. das „y“ sollte man auf keinen fall beseitigen, ist es doch so süss, das kleine. 🙄