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schreibidee (336)

was ist die midlife-krise anderes, als das gewahr werden, dass man die eigentlichen ziele und seine ganz persönlichen lustfaktoren aus den augen verloren hat. das ruder soll herumgerissen werden, denn man wird älter und vieles blieb bis dahin unerfüllt. wahrscheinlich tun die hormone ihr übriges, dass man glaubt, dieses gefühl könne nicht auch schon mit zwanzig oder noch mit achtzig jahren aufkommen. man kann immer wieder den blick auf die eigene „lebensliste“ werfen. darum dieses mal eine schreibanregung zu „lebenslisten-texten“.

als einstieg können diverse selbstbefragungs-, assoziations- oder listenübungen angeboten werden. ziel aller übungen ist es, dass die schreibgruppenteilnehmerInnen am schluss eine ganz individuelle liste vor sich liegen haben, auf der die zehn punkte vermerkt sind, die sie in ihrem leben noch machen wollen oder die für sie in zukunft am wesentlichsten sind. diese listen werden nicht vorgestellt aber in eine reihenfolge gebracht: oben steht der allerwichtigste gedanken und bei den folgenden nimmt der grad der notwendigkeit ab.

nun werden zu jedem punkt auf der liste von den schreibenden begründungen von maximal 10 zeilen länge notiert. auch diese persönlichen gedanken werden nicht veröffentlicht. sind die begründungen geschrieben (vielleicht jeweils auf eine karteikarte), kann die liste noch einmal überblickt und eventuell spontan umgestellt werden. dann wird zum spitzenreiter der liste eine handlungsanweisung geschrieben. was muss getan werden, damit dieser wesentliche aspekt im eigenen leben umgesetzt wird? die handlungsanweisung sollte nicht länger als eine seite sein. zuhause können auch zu den anderen punkten handlungsanweisungen notiert werden.

aber in der schreibgruppe wird nun eine geschichte zum obersten listenplatz geschrieben. diese kann nur das eigen lebensthema aufgreifen, sie kann aber auch biografische züge tragen, das ist den schreibgruppenteilnehmerInnen überlassen. sie sollten aber darauf hingewiesen werden, dass der text später in der gruppe vorgelesen werden soll. wenn notwendig kann vorher ein cluster zum thema erstellt werden. anschließend werden die geschichten in der schreibgruppe vorgetragen und es findet eine feedbackrunde mit keiner speziellen fragestellung statt.

zum abschluss der schreibgruppe wird von allen teilnehmerInnen noch eine liste mit den zehn momentan überflüssigsten und am meisten energie raubenden aspekten ihres lebens notiert. auch hier kann der vorschlag gemacht werden, doch für jeden aspekt zuhause eine handlungsanweisung zu schreiben, wie man ihn aus seinem leben verbannen kann.

alle schreibideen aus diesem blog finden sich gebündelt hier: http://schreibideen.schreibboutique.de .

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„das leben wartet nicht“ von ulrike scheuermann – ein buchtipp

Ein „Navi“ auf dem Weg zum Wesentlichen im Leben

Wir leben in einer hochkomplexen, widersprüchlichen Welt. Dabei befinden wir uns beständig im Widerstreit zwischen unseren ureigenen, persönlichen Bedürfnissen und den Forderungen der Gesellschaft an uns. Da kann es leicht passieren, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Erst im Laufe der Zeit stellt man fest, dass man inzwischen etwas lebt, das einem selber nicht entspricht. Doch wie zurück auf die Spur des für mich Wesentlichen kommen?

Mein Tipp: Das neue Buch von Ulrike ScheuermannDas Leben wartet nicht – 7 Schritte zum Wesentlichen“ lesen und die darin angebotenen Übungen machen. In dem Buch begleitet die Autorin einen entlang eines roten Fadens von der Grundüberlegung „Wie ist mein Leben heute?“ bis zu dem Gedanken „So sollte mein Leben sein!“. Ausgehend von der Frage „Wie würde ich leben wollen, wenn ich Morgen oder in ein paar Wochen sterbe?“, navigiert sie die LeserInnen durch verschiedene Szenarien der Selbstannäherung.

Nachdem man sich einen Überblick über den Ist-Zustand verschafft hat, werden die eigenen Werte gewichtet, wird auf das Wesentliche fokussiert, eine letzte „weise“ Vorlesung vorbereitet, das Selbst-“Bewusstsein“ weiterentwickelt, werden Beziehungen geheilt und wird selbstlose Liebe ausprobiert. Um die aufeinander aufbauenden Schritte nachvollziehen zu können, bietet die Autorin viele verschiedene selbstreflexive Übungen an. Der Großteil der Übungen animiert zu schriftlichen Annäherungen. Dafür wurden Schreibtechniken des Kreativen und Biografischen Schreibens von Ulrike Scheuermann weiterentwickelt und auf die Fragestellungen abgestimmt. Außerdem können eigene Ideen, Vorstellungen und Gedanken in Bildern, Clustern und Storyboards visualisiert werden.

Das Buch bietet viele Möglichkeiten, sich selbst wieder näher zu kommen. Es gibt Anregungen, Informationen und kleine Stories zum Nachdenken. Ulrike Scheuermann motiviert dazu, dem „Carpe-Diem“-Prinzip zu folgen und Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Die klare Struktur und die verständliche Sprache des Buches machen es einem leicht, alle angebotenen Schritte nachzuvollziehen und auszuprobieren. Und, wie ich finde, ein wichtiger Aspekt: Die letztendliche Entscheidung, wohin die Reise gehen soll, wird einem selber überlassen. So ist das Buch ein flexibles „Navi“, das die subjektiven Bedürfnisse und die persönlichen Ziele der LeserInnen berücksichtigt.

Zwei Aspekte des Buches ließen beim Lesen in mir Widerspruch aufkommen:

  • Die für meinen Geschmack etwas zu häufige Betonung, dass die Reise zum Wesentlichen anstrengend sei. Zu selten wird mir dargestellt, dass solche Schritte der Selbstannäherung auch befreiend sein können, sich gut anfühlen und ein positives Erleben verursachen können.
  • Die Denkanregungen zum Begriff der „Weisheit“ fokussieren für mich zu sehr auf das Entwickeln von Gelassenheit und Versöhnung. Ich bin der Meinung, nur wenn es auch Unruhe und Widerstand gibt, können Lebenskonzepte entstehen, die Gelassenheit und Versöhnung erst ermöglichen. Dies gehört für mich auch zur Vorstellung von Weisheit. Ohne Kritik und Aufregung wird leicht ein unangenehmer oder unmenschlicher Status Quo erduldet. Oder wie eine Bekannte einmal formulierte: „Wenn ich mich nicht mehr aufrege, dann bin ich tot.“.

Aber dies soll der Empfehlung des Buches „Das Leben wartet nicht – 7 Schritte zum Wesentlichen“ keinen Abbruch tun, denn es regt zum Denken, zum Diskurs und zum Einnehmen einer eigenen Haltung an. Also ein „Navi“, das einen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Wesentlichen im eigenen Leben führt. Das Buch ist 2011 in der Reihe „MensSana“ bei Knaur Taschenbuch in München erschienen. ISBN 978-3-426-87555-1

biografisches schreiben und loslassen

beim biografischen schreiben bekommt „das loslassen“ eine ganz andere bedeutung. natürlich geht es auch beim schreibprozess zur eigenen lebensgeschichte darum, die texte und geschichten loszulassen. doch hier steht diese entscheidung nicht im vordergrund, da oft nur für sich selber geschrieben wird, ganz klar ist, dass die intimsten details des eigenen lebens nicht für andere bestimmt sind.

bei aufschreiben der eigenen biografie stellt sich eher die frage, wann musste man was oder wen in seinem leben loslassen? eine frage, die meist nicht leicht fällt, ebenso wie das damalige loslassen schwer fiel. allein der begriff „loslassen“ beinhaltet ja schon, dass man etwas festhält. ursache scheint das festhalten an vorstellungen zu sein, die man während der eigenen entwicklung irgendwann über den haufen wirft. dabei kann es die vorstellung eines lebensziels sein oder die vorstellung von einer beziehung zu einem bestimmten menschen. es kann aber auch die idee sein, dass gerade alles ganz in ordnung ist und sich nichts ändern sollte.

aber das leben an sich ist tückisch und basiert auf dem prinzip des kommen und gehens. da der mensch fähig ist, darüber zu reflektieren, kann die erkenntnis darüber (zum beispiel beim tod eines geliebten menschen) eine erschreckende sein. Weiterlesen