Schlagwort-Archive: patriarchat

biografisches schreiben und männer

immer wieder wird diskutiert, wie groß denn nun die geschlechterdifferenzen seien. ein paar biologische und medizinische phänomene lassen sich festmachen, aber auch hier ist vieles nicht so eindeutig, wie lang angenommen wurden. und doch wird jedem jungen mann nahegelegt (auch heute zu großen teilen noch), die männliche rolle einzunehmen. dekonstruktionisten versuchten lang, diese vorgaben zu relativieren. doch so lang die verteilung von arbeitsplätzen und die beteilung am profit eher männern zugesprochen wird, wird sich am rollenverständnis nichts ändern.

was bedeutet es nun in der lebensgeschichte „mann zu sein“ oder eben „nicht mann zu sein“? die meisten männer im deutschsprachigen raum haben in ihrem leben einen abschnitt, der entweder wehrdienst, zivildienst oder in-den-krieg-ziehen heisst. dieser lebensabschnitt folgt kurz nach der schule oder schon zu schulzeiten (beim krieg). und er hinterlässt bei jedem seine wirkung. wie sah die aus? wie sahen die erlebnisse aus? änderte sich etwas dadurch im eigenen leben?

es lohnt sich, beim biografischen schreiben einen blick darauf zu werfen, wie weit man mit der rolle als mann konfrontiert wurde. hat sie einem immer gefallen oder gibt es momente, wo einen die rituale der männlichkeit nerven? aus der sicht von frauen kann in der biografie betrachtet werden, inwieweit sie einen umgang mit der männerrolle gefunden haben. wo begegnete einem ein ausdruck von männlichkeit und was hat man davon gehalten? in die biografie vieler frauen fällt sicher auch die etablierung des feminismus. welchen effekt hatte dieser auf das eigene leben?

und dann gibt es noch spezielle aspekte beim thema „männer“ im biografischen schreiben. war man zum beispiel teil eines männerbundes? wie erlebte man diese zeit und welche bedeutung hatte er? oder distanzierte man sich irgendwann von der männerrolle (zum beispiel als transgender – aber dies ist sicherlich die modernere variante) und welche reaktionen kamen vom näheren umfeld. es gab zeiten, da war schon das leisten des zivildienstes in den augen anderer die abkehr von der männlichkeit.

das mündet in der frage, wie man andere männer erlebt hat. an erster stelle natürlich den vater. welche rolle nahm der mann vater gegenüber tochter oder sohn ein? welche rolle nahm der vater als mann in der familie ein. wurde ihm von der mutter Weiterlesen

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wortklauberei (101)

„männer färben nicht – männer tunen“

jawoll ja, das ist doch mal ein satz, der wäre auch zu kaisers zeiten angekommen, wenn zu dieser zeit ebenso viele anglizismen durch den raum schwirrten wie heute. ja, es ist ein satz aus großvaters zeiten, als sie alle glatze hatten, die männer, einen gezwirbelten schnurrbart und seltsame hüte trugen. schon damals bauten sie an ihre kutsche breitreifen und einen flotten heckspoiler.

aber nein, es ist der spot für ein haarfärbemittel, das männer kaufen sollen. wir erinnern uns sofort an bundeskanzler, der nicht gefärbt hat. wir erinnern uns an haarteile die leider jedem menschen sichtbar werden. wir erinnern uns an die vielen glatzen und halbglatzen, die mit seiten- und hinterhaar zugedeckt werden sollen. an die blonden strähnchen die in den 80ern des letzten jahrhunderts auch männer verschämt auf ihrem kopf erstellen ließen. „tunen“ bedeutet so viel wie „abstimmen“. doch womit wird abgestimmt, was wird abgestimmt?

man kann das auto-tuning vielleicht zu raten ziehen: da wird der motor aufgemotzt (das haar fluffig gemacht), die karosserie lackiert (eben farbe ins haar gebracht), die breitreifen montiert (durch haareinpflanzungen der schopf dichter bestückt) und der heckspoiler angebracht (ich schreibe nur vo-ku-hi-la). ich glaube, nicht die ollen kamellen der macker-welt nerven so an dem werbspruch. es sind die verschämtheiten der männer, die erst solche sprüche möglich und den verkauf des haarfärbemittels zunehmen lassen.

dem kann man nur entgegen halten: liebe männer färbt eure haare so oft und so abgestimmt (auf eure kleidung, euren hund oder euer auto), wie ihr wollt. was ist schon dabei? früher habt ihr euch kriegsbemalung ins gesicht geschmiert – auch das war make-up!

schreibidee (198)

wir werden dem mainstream unterworfen. also, zumindest versucht ein weltweit pädagogisches projekt, den menschen seit über zehn jahren beizubringen, dass es zwar körperliche unterschiede gibt, aber ansonsten die geschlechterrollen transportierte und konstruierte sind. im gender-mainstreaming wird männern beigebracht, dass es auch frauen gibt, und frauen wird erklärt, dass männer existent sind. ansonsten paaren, lieben, trennen und beharken sich die beiden geschlechter weiter gegenseitig. aber so lang diese diskussion noch nicht einfach von „menschen“ ausgeht, so lang werden ungerechtigkeiten gegenseitig verteil. und da die literatur, das schreiben gern ihr spiel mit der moral und dem tabu spielen darf, sollen dieses mal in der schreibidee „patriarchale pamphlete“ verfasst werden. vielleicht auch, um die eine oder andere geschlechterrolle zu entlarven 😮

als einstieg werden erst einmal symbole und ausdrücke des patriarchats am flipchart von den schreibgruppenteilnehmerInnen gesammelt. angefangen bei phallussymbolen über sprachliche festschreibungen bis zu eigenschaftszuschreibungen kann alles aufgelistet werden. diese sammlung vor augen, werden die teilnehmerInnen aufgefordert einmal einen text zu verfassen, weshalb männer von frauen benachteiligt werden. dieser sollte nicht länger als zwei seiten sein. die texte werden in der schreibgruppe vorgetragen.

anschließend wird von allen jeweils ein cluster erstellt, das sich um den begriff „patriarchale protestbewegung“ dreht. wie könnte so eine bewegung aussehen? was wären ihre forderungen? mit welchen mitteln würde die bewegung kämpfen? was würde die bewegung als positiven erfolg werten? beim clustern sollte der fantasie keine grenze gesetzt werden, es darf durch und durch patriarchal gedacht werden.

aus dem cluster ist nun ein pamphlet (flugschrift, streitschrift, schmähschrift) zu verfassen. dieses pamphlet sollte nicht länger als eine seite sein, da sie sonst von anderen bei der ersten männer-großdemonstration 😉 nicht gelesen werden würde. ja, es soll kämpferisch argumentiert werden. anschließend werden die pamphlete mit dem richtigen tonfall in der schreibgruppe vorgetragen. im feedback können dann weitere aktionsformen des patriarchalen protestes diskutiert werden, um zum abschluss dieses schreibgruppentreffens eine neue bewegung zu gründen.

allen menschen, die diese schreibidee kritisieren möchten sei geschrieben, in der nächsten schreibidee wird der matriarchale protest raum finden.

selbstbefragung (69) – geschlechterrollen

die fragebögen zur selbstbefragung versuche ich unter rubriken zu bündeln. dieses mal geht es um die „geschlechterrollen„.

  • was sind sie, männlich oder weiblich? woran machen sie das fest?
  • wie wäre es für sie, die andere geschlechterrolle einzunehmen? begründen sie.
  • wo sehen sie frauen benachteiligt?
  • wo sehen sie männer benachteiligt?
  • wo benachteiligen sie selber wen? beschreiben sie.
  • warum kommt es, ihrer meinung nach, überhaupt zu benachteiligungen?
  • was darf man ihrer ansicht nach als mann überhaupt nicht machen? warum?
  • was darf man ihrer ansicht nach als frau überhaupt nicht machen? warum?
  • und was machen sie, was man überhaupt nicht machen darf?
  • was lieben sie an der jeweils anderen geschlechterrolle?

wortklauberei (44)

„frauenpolitik & genderpolitik in der friedrich-ebert-stiftung“

fällt ihnen etwas auf? es gibt frauen und es gibt geschlecht, aber männer gibt es nicht mehr. in der überschrift zu einer broschüre der spd-nahen friedrich-ebert-stiftung stehen sie noch. „frauen – männer – gender„. in der politik sind sie verschwunden. dabei regieren hauptsächlich weiterhin männer die welt. hier wird es absurd, da anscheinend unter „männerpolitik“ einzig machterhalt verstanden wird und sie deshalb in bezug auf die geschlechterrollen gar nicht erwähnenswert scheint.

dabei gibt es schon seit jahren in berlin, den versuch ein männerhaus ins leben zu rufen, dass es männern, die von ihren frauen geprügelt werden, einen unterschlupf zu bieten (man unterschätze diese problematik nicht). oder es gibt schon seit jahrzehnten den versuch, die wehrpflicht für männer abzuschaffen, um die koppelung „mann – kampf – tod“ endlich aufzuheben. doch auch hier kein erfolg. hat eigentlich mal jemand die vielen männer gefragt, ob sie die ihnen gesellschaftlich zugeschriebene rolle einnehmen wollen?

österreich hat es immerhin geschafft einen nationalen männerbericht zu veröffentlichen. in deutschland wird nicht untersucht, wie die situation von männern in der gesellschaft ist, sondern männer werden einfach abgeschafft. das wird keinen effekt haben, jedenfalls keinen effekt in die richtung, die man gern mit der genderpolitik erreichen würde, denn man bleibt ab diesem moment gezwungen, für sich allein zu agieren und seine position zu „erkämpfen, verteidigen und erhalten“. so drängt man mann immer wieder in die rolle, aus der man ihn gern raus hätte.

wie sollten männer lernen, über die eigene geschlechterrolle zu reflektieren und nicht nur verunsicherung zu spüren, wenn kein raum dafür angeboten wird. das argument ist meist, das würde schon in der genderpolitik stecken, wer sich die programme, auch der familienministerin betrachtet, findet männer kaum. es ist schon lang an der zeit, endlich „männerpolitik“ zu machen, solange „gender“ nicht die geschlechterrollen in den hintergrund gedrängt hat.

gleichberechtigung in der literatur

deutschland hat vor beinah genau fünfzig jahren die gleichberechtigung von mann und frau gesetzlich festgeschrieben. dass diese noch nicht verwirklicht ist, darin sind sich sicherlich alle leserInnen einig. noch einmal eindringlich aufgezeigt wurde die problematik in der literatur in einer diskussion im blog. doch auch grundsätzlich liegt noch vieles im argen. das der kampf der geschlechter (oder das wunderbare gender-mainstreaming) längst nicht überflüssig geworden sind, zeigt ein kleiner überblick mit dazugehöriger diskussion in der süddeutschen zeitung. zu finden sind die texte mit den leserInnenkommentaren hier: http://www.sueddeutsche.de/leben/artikel/166/183593/

und ein blick in die literatur zeigt, dass das thema der gleichberechtigung zwar gern schriftlich aufgegriffen, aber nicht unbedingt zu veränderungen führt. sicher, es gab in den letzten jahrzehnten verbesserungen bei der annäherung der geschlechter. aber es gab auch ein verharren in festgefügten patriarchalen strukturen, zum beispiel bei der literaturkritik (was man natürlich wieder nicht so pauschal schreiben kann), bei der literaturpreisvergabe (was man natürlich wieder nicht so pauschal schreiben kann), bei den buchverlegerInnen (was man natürlich wieder nicht so pauschal schreiben kann) oder bei den lesegewohntheiten (was man natürlich nicht so pauschal schreiben kann).

ähnliches lässt sich von allen kreativen berufen sagen. bis heute ist schwer zu klären, woran dies liegen mag. früher war die ablehnung von frauen eindeutig. doch heute ist dies eigentlich nicht mehr usus. hier spielen wahrscheinlich zwei entwicklungen ineinander. frauen haben aus der benachteiligung ihre konsequenzen gezogen. sie suchen sich ihre eigenen räume, die nur für frauen da sind. doch damit entziehen sie sich auch teilweise dem markt. denn der versuch sich einen eigenen markt zu schaffen, von frauen für frauen, wird in vielen bereichen nicht genutzt. das sieht in der literatur nicht anders aus. gelesen wird doch meist, was gefällt. selten werden leserInnen ein buch danach auswählen, ob es von einem mann oder einer frau geschrieben wurde.

anders sieht es sicherlich bei literaturpreisen und verlagen aus. hier hatten lang männer das sagen. das ändert sich nur langsam (siehe suhrkamp und wagenbach). doch hier schadet eventuell der rückzug in die eigenen frauenzusammenhänge. das dilemma aller emanzipationsbewegungen, die versuchen sich eigene räume zu schaffen, besteht darin, dass die gesellschaft (weiterhin männlich dominiert) das gern zulässt, um weiter nicht gestört zu werden. störungen treten erst dadurch auf, dass frauen auf die angestammten posten drängen. und dass die sichtweise, frauen schrieben ganz andere („bessere“) literatur als männer über bord geworfen werden. frauen schreiben genauso gut oder schlecht wie männer. frauen sollten ihre literatur mit dem gleichen selbstbewusstsein vertreten, wie männer. und die leserInnen entscheiden dann per kauf, was sie gut finden. hierzu sollten frauen aber auch in den verlagen und lektoraten die gleichen posten einnehmen. übrigens sind schreibende männer auch erst einmal eine große ausnahme unter männern (abseits des journalismus). sie werden vom patriarchen ebenso beäugt, da sie bereit sind ihre emotionen in texte fließen zu lassen. das ist vielen nicht männlich genug. und heroische-patriarchale literatur hat nicht gerade großen erfolg auf dem buchmarkt. nur leider verfestigen die gender-diskussionen gern die gegensätzlichen vorstellungen, anstatt sie aufzulösen. da frauen, auch beim buchkauf, keine minderheit sind, sollten sie ihr gewicht in die waagschale werfen und den markt beeinflussen. doch da müssten sie einer meinung sein. das sind sie genauso wenig wie die männer. also bleibt nur die möglichkeit, nicht auf das eigene geschlecht zu beharren, sondern auf die generell geschaffene  literatur.